Anguttara Nikaya

19. Kapitel: brāhmana-vagga

A.IV. 181 Der Krieger

Der mit vier Eigenschaften ausgerüstete Krieger, ihr Mönche, ist des Königs würdig, geeignet zum Königsdienst, gilt als des Königs Leibwache. Welches sind diese vier Eigenschaften? Da versteht sich der Krieger auf die Wahl des Standortes, er trifft aus der Ferne, er schießt wie der Blitz, durchdringt [mit seinem Schuß] gar gewaltige Gegenstände. Der mit diesen vier Eigenschaften ausgerüstete Krieger, ihr Mönche, ist des Königs würdig, geeignet zum Königsdienst, gilt als des Königs Leibwache.

Ebenso, ihr Mönche, ist der mit vier Eigenschaften ausgerüstete Mönch würdig der Opfer, würdig der Gastspende, würdig der Gaben, würdig des ehrfurchtsvollen Grußes, ist in der Welt der beste Boden für gute Werke. Welches sind diese vier Eigenschaften? Da versteht sich der Mönch auf die Wahl des Standortes, er trifft aus der Ferne, er schießt wie der Blitz, durchdringt gar gewaltige Gegenstände.

Wie aber versteht sich der Mönch auf die Wahl des Standortes? 

So, ihr Mönche, versteht sich der Mönch auf die Wahl des Standortes.

Wie aber trifft der Mönch aus der Ferne? 

So, ihr Mönche, trifft der Mönch aus der Ferne.

Wie aber schießt der Mönch wie der Blitz? 

So, ihr Mönche, schießt der Mönch wie der Blitz.

Wie aber durchdringt der Mönch gar gewaltige Gegenstände? 

So, ihr Mönche, durchdringt der Mönch gar gewaltige Gegenstände.

Der mit diesen vier Eigenschaften ausgerüstete Mönch, ihr Mönche, ist würdig der Opfer, würdig der Gastspende, würdig der Gaben, würdig des ehrfurchtsvollen Grußes, ist in der Welt der beste Boden für gute Werke.

Vgl. A.III.134; A.IV.196.


A.IV. 182 Das eiserne Gesetz der Natur

Für vier Dinge, ihr Mönche, kann niemand sich verbürgen, kein Asket, kein Priester, kein Götterwesen, kein guter oder böser Geist, noch irgend jemand in der Welt. Für welche vier Dinge?

Für diese vier Dinge, ihr Mönche, kann niemand sich verbürgen, kein Asket, kein Priester, kein Götterwesen, kein guter oder böser Geist, noch irgend jemand in der Welt.


A.IV. 183 Reden und Schweigen

Einst weilte der Erhabene im Bambushain bei Rājagaha, an der Fütterungsstätte der Eichhörnchen. Da nun begab sich der Brahmane Vassakāra, der Minister aus Magadhā, dorthin, wo der Erhabene weilte. Dort angelangt wechselte er mit dem Erhabenen freundlichen Gruß, und nach Austausch höflicher und zuvorkommender Worte setzte er sich zur Seite nieder. Seitwärts sitzend sprach nun der Brahmane Vassakāra, der Minister aus Magadhā, zum Erhabenen also:

»Das behaupte ich, Herr Gotama, das ist meine Ansicht: Wer auch immer von Gesehenem spricht: 'Das habe ich gesehen', der begeht darum nichts Böses. Wer von Gehörtem, von Empfundenem, von Erkanntem spricht: 'Das habe ich gehört, das habe ich empfunden, das habe ich erkannt', der begeht darum nichts Böses.« -

»Nicht sage ich, Brahmane, daß man über alles Gesehene sprechen soll, noch auch, sage ich, Brahmane, daß man über alles Gesehene nicht sprechen soll. Nicht sage ich, Brahmane, daß man über alles Gehörte, Empfundene oder Erkannte sprechen soll, noch auch sage ich, Brahmane, daß man über alles Gehörte, Empfundene oder Erkannte nicht sprechen soll.

Über solches Gesehene, Gehörte, Empfundene und Erkannte, wobei dem Sprecher die schlechten Eigenschaften zunehmen, die guten Eigenschaften schwinden, darüber soll man nicht sprechen. Doch über solches Gesehene, Gehörte, Empfundene und Erkannte, wobei, wenn man nicht davon spricht, die guten Eigenschaften schwinden und die schlechten Eigenschaften zunehmen, darüber soll man sprechen.«

Und der Brahmane Vassakāra, der Minister aus Magadhā, durch des Erhabenen Rede erfreut und befriedigt, erhob sich von seinem Sitze und entfernte sich.


(*1) Gefolgt wurde hier dem Text in ChS, der mit dem vorhergehenden Abschnitt besser übereinstimmt als die Lesart in PTS, welcher die früheren Auflagen dieses Werkes folgten.


A.IV. 184 Todesfurcht

Einstmals begab sich Jānussoni, der Brahmane, dorthin, wo der Erhabene weilte. Dort angelangt wechselte er mit dem Erhabenen freundlichen Gruß, und nach Austausch höflicher und zuvorkommender Worte setzte er sich zur Seite nieder. Seitwärts sitzend sprach nun Jānussoni, der Brahmane, zum Erhabenen also:

»Das behaupte ich, Herr Gotama, das ist meine Ansicht: Keinen gibt es unter den Sterblichen, der nicht vor dem Tode in Furcht und Angst geriete.«-

»Es gibt, Brahmane, Sterbliche, die vor dem Tode in Furcht und Angst geraten. Und es gibt, Brahmane, Sterbliche, die vor dem Tode nicht in Furcht und Angst geraten.

Wer aber, Brahmane, unter den Sterblichen gerät vor dem Tode in Furcht und Angst?

 

 

 

Diese vier Sterblichen, Brahmane, geraten vor dem Tode in Furcht und Angst.

Welcher Sterbliche aber, Brahmane, gerät vor dem Tode nicht in Furcht und Angst.

 

 

 

Diese vier Sterblichen, Brahmane, geraten vor dem Tode nicht in Furcht und Angst.« -

»Vortrefflich, Herr Gotama! Vortrefflich, Herr Gotama! Gleichwie man, Herr Gotama, das Umgestürzte wieder aufrichtet oder das Verborgene enthüllt oder den Verirrten den Weg weist oder in die Finsternis ein Licht bringt, damit, wer Augen hat, die Gegenstände sehen kann, ebenso hat der Herr Gotama auf mancherlei Weise die Lehre aufgezeigt. So nehme ich meine Zuflucht zum Herrn Gotama, zur Lehre und zur Mönchsgemeinde. Als Anhänger möge mich der Herr Gotama betrachten, als einen, der von heute ab zeitlebens Zuflucht genommen hat.«


A.IV.185 Die Wahrheiten des Priesters

Einst weilte der Erhabene bei Rājagaha auf der Geierspitze. Zu jener Zeit aber lebten am Ufer der Sappinī, im Kloster der Wanderasketen, zahlreiche hochangesehene Wanderasketen, wie Annabhāra, Varadhara, der Wanderasket Sakuludāyi und andere hochangesehene Wanderasketen.

Da nun begab sich der Erhabene, nachdem er sich gegen Abend aus seiner Zurückgezogenheit erhoben hatte, ans Ufer der Sappinī zum Kloster der Wanderasketen. Zu jener Zeit nun hatte sich unter jenen andersfährtigen Wanderasketen, während sie zusammen dasaßen, ein Gespräch darüber entsponnen, welches die Wahrheiten des Priesters seien.

Der Erhabene nun begab sich dorthin, wo jene Wanderasketen weilten und setzte sich auf dem ihm angebotenen Sitze nieder. Nachdem er sich gesetzt hatte, wandte er sich an jene Wanderasketen und sprach:

»Zu welchem Gespräche, o Wanderasketen, sitzt ihr da beisammen, und bei welcher Unterhaltung habt ihr euch unterbrochen?« -

»Es hat sich da, Herr Gotama, als wir so zusammen saßen, ein Gespräch darüber entsponnen, welches die Wahrheiten des Priesters seien.« -

»Vier Wahrheiten des Priesters, o Wanderasketen, verkünde ich, nachdem ich sie selber erkannt und verwirklicht habe. Welche vier?

 

 

 

Diese vier Wahrheiten des Priesters, o Wanderasketen, verkünde ich, nachdem ich sie selber erkannt und verwirklicht habe.«


[WG] Es gibt hier eine abweichende Übersetzung, in einer Fußnote in D.33 f66 verweist Karl Eugen Neumann auf diese Sutte mit folgendem Text:

«Alle Wesen sind in Unwissen», sabbe pānā avijjā: ein Ausspruch, den der Meister in einer Unterredung mit bekannten, hochangesehenen Pilgern, wie Annabhāro, Varadharo, Sakuludāyī und vielen anderen, als die erste der vier Wahrheiten der Heiligen bezeichnet, Anguttarantkāyo, IV.185: «Alle Wesen sind in Unwissen»; ein Heiliger, der also die Wahrheit, keine Unwahrheit sagt, führt nun Gotamo weiter aus, wird sich darum nicht als einen Asketen oder Heiligen betrachten, wird sich darum weder besser noch minder bedünken und auch nicht gleichstellen: jedoch was daran wahr ist, das hat er verstanden und wird an den Wesen nicht mehr aufgebracht werden, wird ihnen mit Erbarmen begegnen. Denn er weiß ja: «Alle Wesen sind in Unwissen.»


(*1) kāmā. Dies bezieht sich lt. K sowohl auf die Sinnenobjekte (vatthu-kāmā; objektive Sinnlichkeit) wie auf die sinnlichen Leidenschaften (kilesa-kāmā; subjektive Sinnlichkeit). Die Übersetzung beschränkte sich im Hinblick auf den Schluß dieses Abschnittes auf die Wiedergabe der zweiten Bedeutung.

(*2) Nämlich sinnliches, feinkörperliches und unkörperliches Dasein.

(*3) Siehe A.III.71 m. Anm. - K hierzu ist gleichlautend mit VisM XXI 7a.

(*4) Im Unterschied zum 'Fastentag der Freien Asketen' (s. A.III. 71) spricht der wahre Priester d.i. der Heilige, auch hierbei die Wahrheit.


A.IV. 186 Tiefsinnige Fragen

Einst begab sich ein gewisser Mönch dorthin, wo der Erhabene weilte. Dort angelangt, begrüßte er den Erhabenen ehrfurchtsvoll und setzte sich zur Seite nieder. Seitwärts sitzend sprach jener Mönch zum Erhabenen also:

»Recht so, Mönch! Recht so! Edel ist dein Tiefsinn (*2), gut dein Scharfblick, trefflich deine Frage. Du fragst also, o Mönch: 'Von wem, o Herr, wird die Welt gelenkt, wodurch wird sie hin und her gezerrt, wessen Macht ist die Welt unterworfen?'«

»Ja, o Herr!« -

»Vortrefflich, o Herr!« sagte da jener Mönch, durch des Erhabenen Worte erfreut und befriedigt, und stellte dem Erhabenen eine weitere Frage:

»'Wissensreich und ein Kenner der Lehre', so spricht man, o Herr. Inwiefern aber, o Herr, ist da einer wissensreich und ein Kenner der Lehre?«-

»Recht so, Mönch! Recht so! Edel ist dein Tiefsinn, gut dein Scharfblick, trefflich deine Frage. Du fragst also, o Mönch: 'Wissensreich und ein Kenner der Lehre - so spricht man, o Herr. Inwiefern aber, o Herr, ist da einer wissensreich und ein Kenner der Lehre?'« -

»Ja, o Herr!« -

»Viele Lehren, o Mönch, wurden von mir verkündet: 

Wenn da der Mönch auch nur von einer einzigen vierteiligen Strophe den Sinn und den Wortlaut kennt und die Lehre befolgt, so genügt das, um ihn wissensreich und einen Kenner der Lehre zu nennen.« -

»Vortrefflich, o Herr!« sagte da jener Mönch, durch des Erhabenen Worte erfreut und befriedigt, und stellte dem Erhabenen eine weitere Frage:

»'Kundig und von durchdringender Weisheit', so spricht man, o Herr. Inwiefern aber, o Herr, ist da einer kundig und von durchdringender Weisheit?«

»Recht so, Mönch! Recht so! Edel ist dein Tiefsinn, gut dein Scharfblick, trefflich deine Frage. Du fragst also, o Mönch: 'Kundig und von durchdringender Weisheit - so spricht man, o Herr. Inwiefern aber, o Herr, ist man kundig und von durchdringender Weisheit?'« -

»Ja, o Herr!« -

So, o Mönch, ist einer kundig und von durchdringender Weisheit.« -

»Vortrefflich, o Herr!« sagte da jener Mönch, durch des Erhabenen Worte erfreut und befriedigt, und stellte dem Erhabenen eine weitere Frage:

»'Weise und von hoher Einsicht', so spricht man, o Herr. Inwiefern aber, o Herr, ist da einer weise und von hoher Einsicht?« -

"Recht so, Mönch! Recht so! Edel ist dein Tiefsinn, gut dein Scharfblick, trefflich deine Frage. Du fragst also: 'Weise und von hoher Einsicht - so spricht man, o Herr. Inwiefern aber, o Herr, ist man weise und von hoher Einsicht?'« -

»Ja, o Herr!« -

»Der Weise von hoher Einsicht, o Mönch, 

So, o Mönch, ist da einer weise und von hoher Einsicht.«


(*1) Die gleiche Frage findet sich in Versform in Samy. I,63.

(*2) ummaggo; hier als 'Weisheit' (paññā) erklärt, »wegen ihres Auftauchens (aus den Fluten des Nichtwissens?; ummajan'atthena).«


A.IV.187 Menschenkenntnis I

Einst weilte der Erhabene im Bambushaine bei Rājagaha, am Fütterungsplatz der Eichhörnchen. Da nun begab sich der Brahmane Vassakāra, der Minister aus Magadhā, dorthin, wo der Erhabene weilte . . . und sprach zu ihm also:

»Mag wohl, Herr Gotama, ein schlechter Mensch einen schlechten Menschen also erkennen: 'Jener ist ein schlechter Mensch'?« -

»Unmöglich ist es, Brahmane, es kann nicht sein, daß ein schlechter Mensch einen schlechten Menschen also erkennt: 'Jener ist ein schlechter Mensch'.« -

»Mag aber, Herr Gotama, ein schlechter Mensch einen guten Menschen also erkennen: 'Jener ist ein guter Mensch'?« -

»Unmöglich ist es, Brahmane, es kann nicht sein, daß ein schlechter Mensch einen guten Menschen also erkennt: 'Jener ist ein guter Mensch'.« -

»Mag nun ein guter Mensch einen guten Menschen also erkennen: 'Jener ist ein guter Mensch'?« -

»Wohl möglich ist es, Brahmane, daß ein guter Mensch einen guten Menschen also erkennt: 'Jener ist ein guter Mensch'.« -

»Mag aber, Herr Gotama, ein guter Mensch einen schlechten Menschen also erkennen: 'Jener ist ein schlechter Mensch'?« -

»Auch das ist wohl möglich, Brahmane, daß ein guter Mensch einen schlechten Menschen also erkennt: 'Jener ist ein schlechter Mensch' (vgl. Thg. 61).« -

»Wunderbar ist es, Herr Gotama, erstaunlich ist es, Herr Gotama, wie da der Herr Gotama dies so richtig erklärt hat.

Einstmals, Herr Gotama, hielt man sich in der Versammlung des Brahmanen Todeyya über die anderen auf. Man sagte: 'Ein Tor ist dieser König Eleyya, daß er an den Asketen Rāmaputta (*1) glaubt und vor dem Asketen Rāmaputta solch äußerste Unterwürfigkeit bezeigt, wie, daß er ihm ehrfurchtsvollen Gruß darbietet, sich vor ihm erhebt, die Hände faltet und ihm Achtung erweist. Auch diese Ergebenen des Königs Eleyya, wie Yamaka, Moggalla, Ugga, Nāvindaki, Gandhabba und Aggivessa, auch diese sind Toren, daß sie an den Asketen Rāmaputta glauben und vor ihm solch äußerste Unterwürfigkeit bezeigen.'

Auf solche Weise aber überführte sie der Brahmane Todeyya: 'Was meinen da die Verehrten: ist nicht wohl der König Eleyya weise und bei den wichtigen Verhandlungen, den wichtigen Besprechungen der allerklügste?'«

'Ja, o Herr', erwiderten jene, 'weise ist der König Eleyya, ist bei den wichtigen Verhandlungen, den wichtigen Besprechungen der allerklügste.' -

'Weil nun aber, Verehrte, der Asket Rāmaputta noch weiser ist als der weise König Eleyya und bei den wichtigen Verhandlungen, den wichtigen Besprechungen der allerklügste ist, eben deshalb glaubt der König Eleyya an den Asketen Rāmaputta und bezeigt ihm solch äußerste Unterwürfigkeit. Was meinen da die Verehrten: sind nicht wohl die Ergebenen des Königs Eleyya, wie Yamaka, Moggalla, Ugga, Nāvindaki und Aggivessa weise und bei den wichtigen Verhandlungen, den wichtigen Besprechungen die allerklügsten?'-

'Ja, o Herr, sie sind es.' -

'Weil nun aber, Verehrte, der Asket Rāmaputta noch weiser ist als die weisen Ergebenen des Königs Eleyya, eben deshalb glauben auch sie an den Asketen Rāmaputta und bezeigen ihm solch äußerste Unterwürfigkeit.'

Wunderbar ist es, Herr Gotama, erstaunlich ist es, Herr Gotama, wie da der Herr Gotama so richtig erklärt hat: 'Unmöglich ist es, Brahmane, es kann nicht sein, daß da ein schlechter Mensch einen schlechten Menschen oder einen guten Menschen also erkennt: Dieser ist ein schlechter Mensch, jener ist ein guter Mensch. Wohl möglich ist es aber, Brahmane, daß ein guter Mensch einen guten Menschen oder einen schlechten Menschen also erkennt: Dieser ist ein guter Mensch, jener ist ein schlechter Mensch.'

Ich muß nun gehen, Herr Gotama. Viele Pflichten warten meiner, viele Geschäfte.« -

»Wie es dir beliebt, Brahmane.«

Und der Brahmane Vassakāra, der Minister aus Magadhā, durch die Rede des Erhabenen erfreut und befriedigt, erhob sich von seinem Sitze und entfernte sich.


(*1) K: Uddaka Rāmaputta, der ehemalige Lehrer des Buddha vor seiner Erleuchtung.


A.IV. 188 Upaka

Einst weilte der Erhabene bei Rājagaha auf der Geierspitze. Da nun begab sich Upaka, der Sohn der Mandikā, dorthin, wo der Erhabene weilte. Dort angelangt, begrüßte er den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Seitwärts sitzend sprach Upaka der Sohn der Mandikā, zum Erhabenen also (*1):

»Das behaupte ich, o Herr, das ist meine Ansicht: 'Wer einem anderen einen Vorwurf macht, ihn aber nicht ganz und gar begründen kann, der ist darum zu tadeln, ist zu verurteilen.'« - »Wenn man, Upaka, einem anderen einen Vorwurf macht, ihn aber nicht begründen kann, so ist man darum zu tadeln, zu verurteilen. Du aber, Upaka, machst einem anderen einen Vorwurf und kannst ihn nicht begründen, bist also darum zu tadeln, zu verurteilen.« -

»Gleichwie etwa, o Herr, wenn man einen Badenden, während er mit dem Kopfe aus dem Wasser emportaucht, mit einer großen Schlinge fängt, genau ebenso wurde ich, o Herr, der ich mich überhob, vom Erhabenen gleichsam mit einer großen Wortschlinge gefangen.« -

»Was das Unheilsame ist, habe ich, o Upaka, dargetan. Es gibt unzählige Sätze, unzählige Worte, unzählige Lehren des Vollendeten, die da besagen, was das Unheilsame ist. Und daß man dieses Unheilsame zu überwinden hat, auch dies habe ich, o Upaka, dargetan. Es gibt unzählige Sätze, unzählige Worte, unzählige Lehren des Vollendeten, die da besagen, wie man das Unheilsame zu überwinden hat. Was das Heilsame ist, habe ich, o Upaka, dargetan. Es gibt unzählige Sätze, unzählige Worte, unzählige Lehren des Vollendeten, die da besagen, was das Heilsame ist. Und daß man dieses Heilsame zu entfalten hat, auch dies habe ich, o Upaka, dargetan. Es gibt unzählige Sätze, unzählige Worte, unzählige Lehren des Vollendeten, die da besagen, wie man das Heilsame zu entfalten hat.«

Und Upaka, der Sohn der Mandikā, durch des Erhabenen Rede erfreut und befriedigt, erhob sich von seinem Sitze, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und, ihm die rechte Seite zukehrend, entfernte er sich. Er begab sich nun zum Māgadher König Ajātasattu, der Vedehi Sohn, und berichtete ihm das ganze Gespräch, das zwischen ihm und dem Erhabenen stattgefunden hatte.

Auf seine Worte hin geriet der Māgadher König Ajātasattu, der Vedehi Sohn, außer sich vor Zorn und sprach zu Upaka, dem Sohne der Mandikā, also: »Wahrlich, geradezu ein Verderb ist dieser Salzarbeiter-Bursche (*2), dieser Maulheld, dieser Freche, daß er da meint, ihn, den Erhabenen, Heiligen, vollkommen Erleuchteten angreifen zu dürfen! Fort mit dir, Upaka! Verderben über dich, auf daß ich dich nicht mehr zu sehen brauche!«


(*1) Upaka war ein Freund und Anhänger des Devadatta (s. A.IV.68). Seine folgenden Worte beziehen sich auf die strengen Äußerungen des Buddha über Devadatta.

(*2) Offenbar eine verachtete Kaste, aus der Upaka stammte.


A.IV. 189 Zu verwirklichende Dinge

Es gibt vier Dinge, ihr Mönche, die zu verwirklichen sind. Welche vier?

Welche Dinge aber, ihr Mönche, sind leibhaftig (*1) zu verwirklichen? 

Welche Dinge aber, ihr Mönche, sind in der Erinnerung (sati) zu verwirklichen? 

Welche Dinge aber, ihr Mönche, sind mit dem Gesichtssinn (cakkhunā, wtl; durch das Auge, nämlich das 'himmlische Auge', dibba-cakkhu) zu verwirklichen? 

Welche Dinge, ihr Mönche, sind durch Weisheit zu verwirklichen? 

Dies, ihr Mönche, sind die vier Dinge, die zu verwirklichen sind.


(*1) kāyena, 'leibhaftig'. (nāma-kāyena: mit der Geistgruppe, K)

(*2) attha vimokhā; s. A.I.35; A.IV.87; A.X.29.

(*3) Die 'Erinnerung an früheres Dasein' (pubbenivās'ānussati) ist, ebenso wie das im folgenden erwähnte 'himmlische Auge', eine der 6 'höheren Geisteskräfte' (abhiññā; s. A.III.102). Diese beiden werden ausführlich beschrieben in A.III.59.


A.IV. 190 Fasttag (Uposatha)

Einstmals weilte der Erhabene im Ostkloster bei Sāvatthi, in der Halle der Mutter Migāras. Zu jener Zeit nun, es war an einem Uposatha-Tage, da saß der Erhabene inmitten der Jüngerschar. Und der Erhabene, über die lautlose, schweigende Jüngerschar blickend, wandte sich an die Mönche und sprach:

»Schweigsam, ihr Mönche, ist diese Jüngerschar; lautlos, ihr Mönche, ist diese Jüngerschar, lauter, gefestigt im Echten (sāre patitthitā; im Kernhaften, im Wesentlichen, im wahren Gehalt der Lehre). Solcherart, ihr Mönche, ist diese Mönchsversammlung, solcherart ist diese Jüngerschar, wie man sie selten zu sehen bekommt in der Welt. Solcherart, ihr Mönche, ist diese Mönchsversammlung, solcherart ist diese Jüngerschar, daß sie würdig ist der Opfer, würdig der Gastspende, würdig der Gaben, würdig des ehrfurchtsvollen Grußes, der beste Boden in der Welt für gute Werke. Solcherart, ihr Mönche, ist diese Mönchsversammlung, solcherart ist diese Jüngerschar, daß bei ihr selbst eine kleine Gabe groß ist, eine große Gabe aber noch größer. Solcherart, ihr Mönche, ist diese Mönchsversammlung, solcherart ist diese Jüngerschar, daß es wert ist, mit Reisezehrung versehen, selbst etliche Tagesmärsche zurückzulegen, um sie zu sehen. Solcherart, ihr Mönche, ist diese Mönchsversammlung.

Es gibt Mönche in dieser Mönchsversammlung, die als Himmelswesen verweilen. Es gibt Mönche in dieser Mönchsversammlung, die als Brahma-Götter verweilen. Es gibt Mönche in dieser Mönchsversammlung, die in Reglosigkeit verweilen. Es gibt Mönche in dieser Mönchsversammlung, die als Heilige verweilen.

Wie aber, ihr Mönche, verweilt ein Mönch als Himmelswesen (*1)? Da gewinnt der Mönch, ganz abgeschieden von den Sinnendingen, abgeschieden von unheilsamen Geisteszuständen, die mit Gedankenfassen und Überlegen verbundene, in der Abgeschiedenheit geborene, von Verzückung und Glücksgefühl erfüllte erste Vertiefung und weilt in ihr. Nach Stillung von Gedankenfassen und Überlegen gewinnt er den inneren Frieden, die Einheit des Geistes, die von Gedankenfassen und Überlegen freie, in der Sammlung geborene, von Verzückung und Glücksgefühl erfüllte zweite Vertiefung und verweilt in ihr. Nach Loslösung von der Verzückung weilt er gleichmütig, achtsam, klar bewußt, und ein Glücksgefühl empfindet er in seinem Inneren, von dem die Edlen künden: 'Der Gleichmütige, Achtsame weilt beglückt'; so gewinnt er die dritte Vertiefung und weilt in ihr. Nach dem Schwinden von Wohlgefühl und Schmerz und dem schon früheren Erlöschen von Frohsinn und Trübsinn, gewinnt er die leidlos-freudlose, in der völligen Reinheit von Gleichmut und Achtsamkeit bestehende vierte Vertiefung und weilt in ihr. So, ihr Mönche, verweilt ein Mönch als Himmelswesen.

Wie aber, ihr Mönche, verweilt ein Mönch als eine Brahma-Gottheit (*2)? Da durchdringt ein Mönch mit einem von Güte, von Mitleid, von Mitfreude und von Gleichmut erfüllten Geiste die eine Himmelsrichtung, ebenso die zweite, ebenso die dritte, ebenso die vierte. So durchdringt er oben, unten, quer inmitten, allerwärts, in allem sich wiedererkennend, die ganze Welt mit einem von Güte, Mitleid, Mitfreude oder Gleichmut erfüllten Geiste, einem weiten, umfassenden, unermeßlichen, von Haß und Übelwollen befreiten. So, ihr Mönche, verweilt ein Mönch als eine Brahma-Gottheit.

Wie aber, ihr Mönche, verweilt ein Mönch in Reglosigkeit (*3)? Da gewinnt ein Mönch durch völlige Aufhebung der Körperlichkeits-Wahrnehmungen, durch das Schwinden der Rückwirk-Wahrnehmungen, durch das Nichtbeachten der Vielheits-Wahrnehmungen, in der Vorstellung 'Unendlich ist der Raum', das Gebiet der Raumunendlichkeit und weilt darin. Durch völlige Überwindung des Raumunendlichkeit-Gebietes gewinnt er dann, in der Vorstellung 'Unendlich ist das Bewußtsein', das Gebiet der Bewußtseinsunendlichkeit und weilt darin. Durch völlige Überwindung des Bewußtseinsunendlichkeits-Gebietes aber gewinnt er, in der Vorstellung 'Nichts ist da', das Gebiet der Nichtsheit und weilt darin. Durch völlige Überwindung des Gebiets der Nichtsheit aber gewinnt er das Gebiet von Weder- Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung und weilt darin. So, ihr Mönche, verweilt der Mönch in Reglosigkeit.

Wie aber, ihr Mönche, verweilt ein Mönch als Heiliger? Da versteht ein Mönch der Wirklichkeit gemäß: 'Dies ist das Leiden'; versteht der Wirklichkeit gemäß: 'Dies ist die Entstehung des Leidens'; versteht der Wirklichkeit gemäß: 'Dies ist die Erlöschung des Leidens'; versteht der Wirklichkeit gemäß: 'Dies ist der zur Erlöschung des Leidens führende Pfad'. So, ihr Mönche, verweilt ein Mönch als Heiliger.


(*1) devappatto viharati. Die vier Vertiefungen werden als 'himmlische Weilungen' (dibba-vihāra) bezeichnet.

(*2) brahmappatto. Die vier im folg. genannten meditativen Geisteszustände gelten als brabmavihāra, Brahma- oder Gottgleiche, d.i. erhabene Weilungen.

(*3) āneñjapatto hoti. Dies bezieht sich auf die im folg. genannten Unkörperlichen Vertiefungen; vgl. M.106.


    Oben  


> Brahma- oder Gottgleiche, d.i. erhabene Weilungen.

(*3) āneñjapatto hoti. Dies bezieht sich auf die im folg. genannten Unkörperlichen Vertiefungen; vgl. M.106.


    Oben