Der Löwe, ihr Mönche, der König der Tiere, tritt des Abends aus seiner Höhle heraus. Aus der Höhle herausgetreten, springt er empor. Empor gesprungen, späht er nach allen vier Seiten. Nachdem er nach allen vier Seiten gespäht hat, stößt er dreimal sein Löwengebrüll aus. Und warum? Um den kleinen, von der Fährte abgeirrten Lebewesen keinen Schaden zuzufügen.
Als Löwen aber, ihr Mönche, bezeichnet man den Vollendeten, Heiligen, vollkommen Erleuchteten. Legt nämlich, ihr Mönche, der Vollendete vor einer Versammlung die Lehre dar, so gilt dies als sein Löwenruf. Zehn Kräfte (*1) sind es, ihr Mönche, mit denen ausgerüstet der Vollendete in den Versammlungen den höchsten Platz behauptet, den Löwenruf erschallen läßt und das Reich der Heiligkeit aufrichtet.
Welches sind diese zehn Kräfte?
Dies, ihr Mönche, sind die zehn Kräfte des Vollendeten, mit denen ausgerüstet der Vollendete in den Versammlungen den höchsten Platz behauptet, den Löwenruf erschallen läßt und das Reich der Heiligkeit aufrichtet.
(*1) dasa tathāgata-balāni; auch in M.12. Ausführlich erklärt im Vibhanga, p.335 (Nānavibhanga) des Abhidhamma und im Kommentar dazu.
(*2) Beispiele für solche Möglichkeiten und Unmöglichkeiten sind genannt in A.I.25. - K: Das Wissen davon, was eine Ursache für die Entstehung eines Vorgangs sein kann und was nicht.
(*3) Dies bezieht sich auf die Modifizierung eines Kamma-Ergebnisses (vipāka) je nach Daseinsform (gati), äußeren Lebensumständen (upadhi), Zeitumständen (kāla), rechter oder unrechter Handlungsweise (payoga).
(*4) sabbatthagāmini-patipadam, wtl: den überallhin führenden Pfad. K: ein Wirken (patipadā = kamma), das zu allen Daseinsfährten, d.i. Wiedergeburten führen kann. Wenn unter vielen Menschen jeder nur ein Wesen getötet hat, so weiß der Vollendete, daß den einen seine Willensverfassung (cetanā) zur Hölle führen wird, den anderen zum Tierreich. In dieser Weise erkennt er unfehlbar die wahre Beschaffenheit der bei einem und demselben Vorgang als heilsame oder unheilsame Willensverfassung rechnenden Wirkenspfade.
(*5) Vibhanga-Komm.: Die Verschiedenartigkeit der Daseinsgruppen (khandha), Sinnengrundlagen (āyatana) und Bewußtseinselemente (dhātū).
(*6) Edle oder niedrige Gesinnung, mit der Neigung zu entsprechendem Umgang.
(*7) Dies bezieht sich auf die Stärke oder Schwäche der 5 geistigen Fähigkeiten (Vertrauen usw.) oder der geistigen Befleckungen (kilesa), auf Charakterveranlagung, vorhandene oder mangelnde Begabungen usw.
(*8) Voller Text in A.IV.192.
Der Erhabene sprach zum ehrwürdigen Ananda:
»Mit denjenigen Dingen, Ananda, die zur durchschauenden Verwirklichung dieser und jener Begriffsgebiete (*1) führen, damit, Ananda, bin ich wohl vertraut; und ich behaupte, daß ich die Lehre hinsichtlich dieser oder jener Begriffsgebiete in solcher Weise darzulegen vermag, daß der danach Handelnde Seiendes als seiend und Nichtseiendes als nichtseiend erkennen wird; daß er Gemeines als gemein und Edles als edel erkennen wird; daß er Übertreffbares als übertreffbar und Unübertreffbares (*2) als unübertreffbar erkennen wird; und daß er dies, wie es zu erkennen, zu verstehen und zu verwirklichen ist (*3), genau so erkennen, verstehen und verwirklichen wird. Solche Möglichkeit besteht dann. Die höchste der Erkenntnisse aber, Ananda, ist die wirklichkeitsgemäße Erkenntnis in diesen Dingen. Eine höhere und erhabenere Erkenntnis als eben diese, Ananda, die gibt es nicht: das sage ich.«
Hier folgt die Wiederholung der Zehn Kräfte des Vollendeten, wie in Text 21.
(*1) Lies mit ChS: adhivutti-padānam; K erklärt mit adhivacana (Benennung, Bezeichnung, Begriff) und bezieht es auf die Daseinsgruppen, Sinnengrundlagen und Bewußtseinselemente, »weil diese (drei Begriffe) die Hauptsache sind in einer philosophischen Darlegung der Lehre« (tesam tesam dassanabhūtāya desanāya padhānattā).
(*2) sa-uttaram, anuttaram; vgl. Satipatthāna-sutta. Hier vielleicht im Sinne von »unzulänglich und befriedigend«.
(*3) ñātayyam datthayyam sacchikātayyam = (lt. K) ñātabbam usw. Diese Formen sind durch ungewöhnliche Assimilierung von vy zu yy (statt bb) entstanden. Die Lesart in PTS und ChS, ñāteyam usw., ist unmöglich.
Es gibt Dinge, ihr Mönche, die in Werken zu überwinden sind und nicht in Worten. Es gibt Dinge, ihr Mönche, die in Worten zu überwinden sind und nicht in Werken. Es gibt Dinge, ihr Mönche, die weder in Werken noch in Worten zu überwinden sind, sondern eben durch wiederholtes weises Erkennen.
Welche Dinge aber, ihr Mönche, sind in Werken zu überwinden und nicht in Worten? Da hat ein Mönch in irgendeiner Hinsicht etwas Unheilsames in Werken begangen. Verständige Ordensbrüder aber, die die Sache untersucht haben, sprechen also zu ihm: »Der Verehrte hat da etwas Unheilsames in Werken begangen. Gut wäre es, wollte der Verehrte seinen schlechten Wandel in Werken aufgeben und einen guten Wandel in Werken pflegen!« Von verständigen Ordensbrüdern, die die Sache untersucht haben, also ermahnt, gibt jener seinen schlechten Wandel in Werken auf und pflegt einen guten Wandel in Werken. Diese Dinge, ihr Mönche, gelten als solche, die in Werken zu überwinden sind und nicht in Worten.
Welche Dinge aber, ihr Mönche, sind in Worten zu überwinden und nicht in Werken? Da hat der Mönch in irgendeiner Hinsicht etwas Unheilsames in Worten begangen. Verständige Ordensbrüder aber, die die Sache untersucht haben, sprechen also zu ihm: »Der Verehrte hat da etwas Unheilsames in Worten begangen. Gut wäre es, wollte der Verehrte seinen schlechten Wandel in Worten aufgeben und einen guten Wandel in Worten pflegen!« Von verständigen Ordensbrüdern, die die Sache untersucht haben, also ermahnt, gibt er seinen schlechten Wandel in Worten auf und pflegt einen guten Wandel in Worten. Diese Dinge, ihr Mönche, gelten als solche die in Worten zu überwinden sind und nicht in Werken.
Welche Dinge aber, ihr Mönche, sind weder in Werken noch in Worten zu überwinden, sondern eben durch wiederholtes weises Erkennen? Gier, Haß, Verblendung, Zorn, Wut, Verkleinerungssucht, Herrschsucht und Geiz - diese Dinge sind weder in Werken noch in Worten zu überwinden, sondern eben durch wiederholtes weises Erkennen.
Übler Neid, ihr Mönche, ist weder in Werken noch in Worten zu überwinden, sondern eben durch wiederholtes weises Erkennen. Was aber, ihr Mönche, ist übler Neid? Da wird ein Hausvater oder dessen Sohn reich an Schätzen und Korn, an Silber und Gold. Einer seiner Diener oder Untergebenen aber denkt bei sich: »Ach, daß doch dieser Hausvater oder des Hausvaters Sohn nicht reich sein möchte an Schätzen und Korn, an Silber und Gold!« Oder es ist da ein Asket oder Priester, der Gewand, Almosenspeise, Wohnstätte und die erforderlichen Heilmittel und Arzneien hält. Und einer der Asketen oder Priester denkt bei sich: »Ach, daß ihm dies doch nicht zuteil werden möchte!« Das, ihr Mönche, nennt man üblen Neid. Übler Neid aber, ihr Mönche, ist weder in Werken noch in Worten zu überwinden, sondern eben durch wiederholtes weises Erkennen.
Übler Ehrgeiz, ihr Mönche, ist weder in Werken noch in Worten zu überwinden, sondern eben durch wiederholtes weises Erkennen. Was aber, ihr Mönche, ist übler Ehrgeiz? Obwohl da einer vertrauenslos ist, möchte er doch gerne, daß man ihn für vertrauensvoll hält. Obwohl er sittenlos ist, möchte er doch gerne, daß man ihn für sittenrein hält. Obwohl er unwissend ist, möchte er doch gerne, daß man ihn für wissensreich hält. Obwohl er an Geselligkeit Freude hat, möchte er doch gerne, daß an ihn für losgelöst hält. Obwohl er träge ist, möchte er doch gerne, daß man ihn für strebsam hält. Obwohl er unachtsam ist, möchte er doch gerne, daß man ihn für achtsam hält. Obwohl er ungesammelt ist, möchte er doch gerne, daß man ihn für gesammelt hält. Obwohl er töricht ist, möchte er doch gerne, daß man ihn für weise hält. Obwohl er nicht triebversiegt ist, möchte er doch gerne, daß man ihn für einen Triebversiegten hält. Das, ihr Mönche, nennt man üblen Ehrgeiz. Übler Ehrgeiz aber, ihr Mönche, ist weder in Werken noch in Worten zu überwinden, sondern eben durch wiederholtes weises Erkennen.
Wenn da, ihr Mönche, Gier, Haß, Verblendung, Zorn, Wut, Verkleinerungssucht, Herrschsucht, Geiz, übler Neid und übler Ehrgeiz den Mönch beherrschen, so hat man von ihm zu wissen: »Nicht erkennt dieser Verehrte derart, daß ihn aufgrund dieser Erkenntniss keine Gier mehr ankommt; daher eben beherrscht die Gier diesen Verehrten. Nicht erkennt dieser Verehrte derart, daß ihn aufgrund dieser Erkenntnis nicht mehr Haß, Verblendung, Zorn, Wut, Verkleinerungssucht, Herrschsucht, Geiz, übler Neid und übler Ehrgeiz ankommen; daher eben wird er davon beherrscht.«
Wenn aber, ihr Mönche, Gier, Haß, Verblendung, Zorn, Wut, Verkleinerungssucht, Herrschsucht, Geiz, übler Neid und übler Ehrgeiz den Mönch nicht beherrschen, so hat an von ihm zu wissen: »Dieser Verehrte erkennt derart, daß ihn aufgrund dieser Erkenntnis keine Gier mehr ankommt; daher eben beherrscht die Gier nicht mehr diesen Verehrten. Dieser Verehrte erkennt derart, daß ihn aufgrund dieser Erkenntnis nicht mehr Haß, Verblendung, Zorn, Wut, Verkleinerungssucht, Herrschsucht, Geiz, übler Neid und übler Ehrgeiz ankommen; und daher eben wird er nicht mehr davon beherrscht.«
Einst weilte der Erhabene bei Sahājāti im Lande der Cetier. Da nun sprach der ehrwürdige Mahā-Cunda zu den Mönchen:
»Da, ihr Brüder, behauptet ein Mönch, wenn er von Erkenntnis spricht: 'Ich kenne diese Lehre und verstehe sie!' Da behauptet ferner ein Mönch, wenn er von geistiger Entfaltung spricht: 'Ich habe den Körper gemeistert, habe die Sittlichkeit entfaltet, den Geist entfaltet, die Weisheit entfaltet.' Oder er behauptet, wenn er von beidem, der Erkenntnis und der Geistesentfaltung, spricht: 'Ich kenne diese Lehre und verstehe sie. Ich habe den Körper gemeistert, habe die Sittlichkeit entfaltet, den Geist entfaltet, die Weisheit entfaltet.'
Wenn nun aber, Brüder, diesen Mönch Gier, Haß, Verblendung, Zorn, Wut, Verkleinerungssucht, Herrschsucht, Geiz, übler Neid und übler Ehrgeiz beherrschen, so hat man von ihm zu wissen: 'Nicht erkennt dieser Verehrte derart, daß ihn aufgrund dieser Erkenntnis keine Gier mehr ankommt; daher eben beherrscht die Gier diesen Verehrten. Nicht erkennt dieser Verehrte derart, daß ihn aufgrund dieser Erkenntnis nicht mehr Haß, Verblendung, Zorn, Wut, Verkleinerungssucht, Herrschsucht, Geiz übler Neid und übler Ehrgeiz ankommen; daher eben wird er davon beherrscht.'
Gleichwie da, ihr Brüder, ein Unbemittelter sich als bemittelt ausgibt, ein Unbegüterter als begütert, ein Armer als reich; und bei irgendeiner eintretenden Geldangelegenheit nicht imstande ist, Geld oder Getreide, Silber oder Gold zur Verfügung zu stellen, da weiß man von ihm: 'Obwohl dieser Verehrte unbemittelt ist, gibt er sich als bemittelt aus; obwohl er unbegütert ist, gibt er sich als begütert aus; obwohl er arm ist, gibt er sich als reich aus. Dieser Verehrte ist ja bei einer eintretenden Geldangelegenheit nicht imstande, Geld oder Getreide, Silber oder Gold zur Verfügung zu stellen.' Ebenso auch (ist es mit jenem Mönch).
Da, ihr Brüder, behauptet ein Mönch, wenn er von Erkenntnis spricht: 'Ich kenne diese Lehre und verstehe sie!' Da behauptet ferner ein Mönch, wenn er von geistiger Entfaltung spricht: 'Ich habe den Körper gemeistert, habe die Sittlichkeit entfalte den Geist entfaltet, die Weisheit entfaltet.' Oder er behauptet, wenn er von beiden der Erkenntnis und der Geistesentfaltung, spricht: 'Ich kenne diese Lehre und verstehe sie. Ich habe den Körper gemeistert, habe die Sittlichkeit entfaltet, den Geist entfaltet, die Weisheit entfaltet.'
Wenn nun aber, ihr Brüder, Gier, Haß, Verblendung, Zorn, Wut, Verkleinerungsucht, Herrschsucht, Geiz, übler Neid und übler Ehrgeiz diesen Mönch nicht beherrschen, so hat man von ihm zu wissen: 'Dieser Verehrte erkennt derart, daß ihn aufund dieser Erkenntnis nicht mehr Gier, Haß, Verblendung, Zorn, Wut, Verkleinengssucht, Herrschsucht, Geiz, übler Neid und übler Ehrgeiz ankommen; und daher eben wird er nicht mehr davon beherrscht.'
Gleichwie da, ihr Brüder, ein Bemittelter sich als bemittelt bezeichnet, ein
Beehrter
als begütert, ein Reicher als reich; und bei irgendeiner eintretenden Geldangelegenheit
wohl imstande ist, Geld oder Getreide, Silber oder Gold zur Verfügung zu stellen, da
weiß man von ihm: 'Weil eben dieser Verehrte bemittelt ist, bezeichnet er sich als
bemittelt; weil er begütert ist, bezeichnet er sich als begütert; weil er reich ist,
bezeichnet er sich als reich. Dieser Verehrte ist ja bei einer eintretenden Geldangelegenheit wohl imstande, Geld oder Getreide, Silber oder Gold zur Verfügung zu
stellen.' Ebenso auch, ihr Brüder, (ist es mit jenem Mönch).«
Zehn Allheitsgebiete gibt es, ihr Mönche. Welche zehn?
Da nimmt einer die Erde als Allheit (kasina) wahr, über sich, unter sich, ringsrum, einheitlich, unermeßlich; ein anderer nimmt das Wasser als Allheit wahr, andere das Feuer, den Wind, das Blaue, das Gelbe, das Rote, das Weiße, den Raum oder das Bewußtsein, über sich, unter sich, ringsherum, einheitlich, unermeßlich. Das, Mönche, sind die zehn Allheitsgebiete (kasina; hierüber ausführlich in VisM, Kap. IV, V. - Vgl. auch A.X.29).
Einst weilte der ehrwürdige Mahā-Kaccāna im Lande der Avantier auf dem Runden Berge bei Kuraraghara (Falkenheim). Da kam die Laienjüngerin Kālī aus Kuraghara zum ehrwürdigen Mahā-Kaccana, begrüßte ihn ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Seitwärts sitzend sprach sie zum ehrwürdigen Mahā-Kaccāna also: »Dies, o Ehrwürdiger, hat der Erhabene auf die Fragen hinsichtlich der Töchter (Maras) (*1) erwidert:
- 'Als ich die Heerschar, die so lieblich schöne,
- hatt' überwunden und ich einsam aussann (*2)
- des Heils Erringung und des Herzens Frieden,
- ja, da erkannte, da erschaute ich mein Glück.
- Drum wähl' ich keinen Menschen mir zum Freunde,
- mach' keinen Menschen zum Genossen mir'.
»Wie aber, o Ehrwürdiger, hat man den Sinn dieser kurzen Worte des Erhabenen ausführlich zu verstehen?«
-»Einige Asketen und Priester, o Schwester, die die Erreichung der Erdallheit (pathavī-kasina) als Höchstes betrachten, haben dieses Ziel erreicht. Das Höchste aber, o Schwester, das es bei der Erreichung der Erdallheit gibt, das hat der Erhabene erkannt. Und in dieser Erkenntnis hat der Erhabene den Genuß dabei gesehen, hat das Elend gesehen, hat die Entrinnung gesehen (*3) und hat den Erkenntnisblick erlangt hinsichtlich des rechten und verkehrten Pfades (*4). Als er aber Genuß, Elend und Entrinnen (dabei) sah und den Erkenntnisblick erlangte hinsichtlich des rechten und des verkehrten Pfades, da erkannte er die Erreichung des Ziels und des Herzens Frieden.
Einige Asketen und Priester, o Schwester, die die Erreichung der Wasserallheit - der Feuerallheit - der Windallheit - der Allheit Blau - der Allheit Gelb - der Allheit Rot - der Allheit Weiß - der Raumallheit - der Bewußtseinsallheit als das Höchste betrachten, haben dieses Ziel erreicht. Das Höchste aber, o Schwester, das es bei der Erreichung (dieser Allheiten) gibt, das hat der Erhabene erkannt. Und in dieser Erkenntnis hat der Erhabene den Genuß dabei gesehen, hat das Elend gesehen, hat die Entrinnung gesehen und hat den Erkenntnisblick erlangt hinsichtlich des rechten und verkehrten Pfades. Als er aber Genuß, Elend und Entrinnen dabei sah und den Erkenntnisblick erlangte hinsichtlich des rechten und verkehrten Pfades, da erkannte er die Erreichung des Ziels und des Herzens Frieden.
So, o Schwester, hat man den Sinn jener kurzen Worte des Erhabenen ausführlich zu verstehen.«
(*1) Die drei Töchter Māras, der Personifikation des bösen Prinzips, sind Begehren, Unlust und Gier (tanhā, arati, rāga). Der erwähnte Vers findet sich im Samyutta-Nikaya (PTS I, 126; Geiger I,195).
(*2) ChS und Ceylon-Kom. haben jhāyam statt jhāyī.
(*3) Lies in PTS assādam statt ādim. - Vgl. A.III.104.
(*4) maggāmagga-ñānanadassana; vgl. VisM, Kap. XX. - In dieser Stelle weist »Genuß« auf die 2. Wahrheit von der Leidensentstehung hin; »Elend« auf die 1. Wahrheit; »Entrinnung« auf 3. Wahrheit; »der rechte Pfad« auf die 4. Wahrheit.
Einst weilte der Erhabene im Jetahaine bei Sāvatthī, im Kloster des Anāthapindika. Und zahlreiche Mönche kleideten sich in der Frühe an, nahmen Gewand und Schale und begaben sich nach Sāvatthī um Almosenspeise. Da aber sagten sich jene Mönche: »Zu früh ist es noch, um in Sāvatthī um Almosenspeise zu gehen. So laßt uns denn zum Kloster der andersfährtigen Wanderasketen gehen!« Und jene Mönche begaben sich zum Kloster der andersfährtigen Wanderasketen. Dort angelangt, wechselten sie freundlichen Gruß, und nach Austausch höflicher und zuvorkommender Worte setzten sie sich zur Seite nieder. Nachdem sie sich gesetzt hatten, sprachen jene andersfährtigen Wanderasketen zu den Mönchen:
»Der Asket Gotama, ihr Brüder, belehrt also seine Jünger: 'Geht, ihr Mönche, und ergründet alle Dinge. Immer wieder alle Dinge ergründend, möget ihr verweilen!' Auch wir, ihr Brüder, belehren auf diese Weise unsere Jünger. Was ist da also o Brüder, die Besonderheit, was ist der Unterschied und die Verschiedenheit zwischen dem Asketen Gotama und uns in der Darlegung der Lehre und der Unterweisung?«
Jene Mönche aber weder billigten noch mißbilligten die Worte der andersfährtigen Wanderasketen. Ohne zu loben oder zu tadeln erhoben sie sich von ihren Sitzen und gingen fort, denkend: »Vom Erhabenen werden wir den Sachverhalt dieser Rede erfahren.« Nachdem nun jene Mönche von ihrem Almosengange in Sāvatthī zurückgekehrt waren, begaben sie sich am Nachmittag, nach Beendigung des Mahles, zum Erhabenen und (teilten ihm die Sache mit).
(Und der Erhabene sprach:) »Auf diese Worte, ihr Mönche, wäre den andersfährtigen Wanderasketen in folgender Weise zu erwidern: 'Was, ihr Brüder, ist das einfache Problem mit einer einfachen Aussage und einer einfachen Erklärung; was das - zweifache Problem mit einer zweifachen Aussage und einer zweifachen Erklärung; was das dreifache Problem mit einer dreifachen Aussage und einer dreifachen Erklärung; was das vierfache... fünffache... sechsfache. .. siebenfache... achtfache... neunfache... zehnfache Problem mit einer zehnfachen Aussage und einer zehnfachen Erklärung?' Auf diese Fragen, ihr Mönche, werden die andersfährtigen Wanderasketen nichts erwidern können und überdies noch in Verdruß geraten. Und warum? Weil das eben, ihr Mönche, nicht in ihrem Gebiete liegt. Keinen sehe ich, ihr Mönche, in der Welt mit ihren guten und bösen Geistern und ihren Brahmagöttern, mit ihrer Schar von Asketen und Priestern, Göttern und Menschen, der durch eine Erklärung dieser Probleme das Herz befriedigen könnte, außer dem Vollendeten oder einem Jünger des Vollendeten oder einem, der es durch ihn erfahren hat.
Ich habe gesagt, daß es ein einfaches Problem gibt mit einer einfachen Aussage und einer einfachen Erklärung. Mit Bezug worauf aber habe ich dies gesagt?
Ein Mönch, ihr Mönche, der sich von diesem einen Dinge völlig abwendet, sich völlig von ihm entsüchtet, sich völlig befreit, das völlige Ende wahrnimmt, ein solcher macht, das Ziel völlig durchschauend, noch bei Lebzeiten dem Leiden ein Ende.
Welches aber ist dieses eine Ding? Daß alle Wesen durch Nahrung bestehen.
Der Mönch, der sich von diesem einen Dinge völlig abwendet, sich völlig von ihm entsüchtet, sich völlig befreit, das völlige Ende wahrnimmt, ein solcher macht, das Ziel völlig durchschauend, noch bei Lebzeiten dem Leiden ein Ende. Wurde also gesagt, daß es ein einfaches Problem gibt, mit einer einfachen Aussage und einer einfachen Erklärung, so wurde dies mit Bezug hierauf gesagt (*1).
Ich habe gesagt, daß es ein zweifaches Problem gibt, mit einer zweifachen Aussage und einer zweifachen Erklärung. Mit Bezug worauf aber habe ich dies gesagt?
Ein Mönch, ihr Mönche, der sich von zwei Dingen abwendet, sich völlig von ihnen entsüchtet, sich völlig befreit, das völlige Ende wahrnimmt, ein solcher macht, das Ziel völlig durchschauend, noch bei Lebzeiten dem Leiden ein Ende.
Welches aber sind diese zwei Dinge? Das Geistige und das Körperliche (nama-rupa).
Welches sind die drei Dinge? Die drei Arten der Gefühle (angenehmes, unangenehmes und neutrales Gefühl). -
Welches sind die vier Dinge? Die vier Arten der Nahrung (āhāra). -
Welches sind die fünf Dinge? Die fünf die Objekte des Anhaftens bildenden Daseinsgruppen (pañcupādāna-kkhandha). -
Welches sind die sechs Dinge? Die sechs eigenen Sinnengrundlagen (ajjhattika-āyatana: Auge, Ohr usw). -
Welches sind die sieben Dinge? Die sieben Bewußtseinsstätten (viññānatthitiyo; s. A.VII.41). -
Welches sind die acht Dinge? Die acht Weltgesetze (lokadhamma; s. A.VIII.5, 6) -
Welches sind die neun Dinge? Die neun Daseinsformen der Wesen (sattāvāsa; s. A.IX.24). -
Welches sind die zehn Dinge? Die zehn unheilsamen Wirkensfährten (akusala-kammapatha; s. A.X.176).
Der Mönch, der sich von diesen zehn Dingen völlig abwendet, sich völlig von ihnen entsüchtet, sich völlig befreit, das völlige Ende wahrnimmt, ein solcher macht, das Ziel völlig durchschauend, noch bei Lebzeiten dem Leiden ein Ende. Wurde also gesagt, daß es ein zehnfaches Problem gibt, mit einer zehnfachen Aussage und einer zehnfachen Erklärung, so wurde dies mit Bezug hierauf gesagt.«
(*1) Daß es eine Lehre gibt, durch deren Durchdringung man Erlösung findet, das ist die »Aussage« (uddesa). Welches diese eine Lehre ist, das ist das »Problem« (oder die Frage: pañhā). Daß alle Wesen von Nahrung abhängig sind, das bildet die »Erklärung« (veyyākarara).
Einst weilte der Erhabene im Bambushaine bei Kajangalā. Und zahlreiche Laienjünger aus Kajangalā begaben sich zur Kajangaler Nonne, begrüßten sie ehrerbietig und setzten sich zur Seite nieder. Seitwärts sitzend sprachen die Laienjünger zur Kajangaler Nonne also:
»Dies, o Ehrwürdige, hat der Erhabene über die Großen Fragen gesagt: 'Ein einfaches Problem gibt es mit einer einfachen Aussage und einer einfachen Erklärung. Ein zweifaches Problem ... ein dreifaches ... vierfaches ... fünffaches ... sechsfaches ... siebenfaches ... achtfaches ... neunfaches ... zehnfaches Problem mit einer zehnfachen Aussage und einer zehnfachen Erklärung.' Wie aber, o Ehrwürdige, hat man den Sinn dieser kurzen Worte des Erhabenen ausführlich zu verstehen?«
-»Nichts habe ich, ihr Brüder, darüber vom Erhabenen gehört und nichts darüber aus seinem Munde vernommen. Auch von geistig entwickelten Mönchen habe ich darüber nichts gehört und nichts aus ihrem Munde vernommen. Vielleicht aber fällt mir hierzu das Richtige ein. So höret denn und achtet wohl auf meine Worte!«
»Ja, o Ehrwürdige!« erwiderten die Laienjünger aus Kajangalā der Kajangaler Nonne. Und die Kajangaler Nonne sprach:
»Der Erhabene hat also gesagt, daß es ein einfaches Problem gibt mit einer einfachen Aussage und einer einfachen Erklärung. Mit Bezug worauf aber hat dies der Erhabene gesagt?
Ein Mönch, ihr Brüder, der sich von diesem einen Dinge völlig abwendet, sich völlig von ihm entsüchtet, sich völlig befreit, das völlige Ende wahrnimmt, ein solcher macht, das Ziel völlig durchschauend, noch bei Lebzeiten dem Leiden ein Ende. Welches aber ist dieses eine Ding? Daß alle Wesen durch Nahrung bestehen. - Welches sind die zwei Dinge? Das Geistige und das Körperliche. - Welches sind die drei Dinge? Die drei Arten der Gefühle. - Der Mönch, der sich von diesen drei Dingen völlig abwendet, sich völlig von ihnen entsüchtet, sich völlig befreit, das völlige Ende wahrnimmt, ein solcher macht, das Ziel völlig durchschauend, noch bei Lebzeiten dem Leiden ein Ende.
... Welches sind die vier Dinge? Die vier Grundlagen der Achtsamkeit. Der Mönch, ihr Brüder, der in diesen vier Dingen seinen Geist vollkommen entfaltet hat, das völlige Ende wahrnimmt, ein solcher macht, das Ziel völlig durchschauend, noch bei Lebzeiten dem Leiden ein Ende.
Welches sind die fünf Dinge? Die fünf geistigen Fähigkeiten. -
Welches sind die sechs Dinge? Die sechs Elemente des Entrinnens (siehe A.V.200; A.VI.13). -
Welches sind die sieben Dinge? Die sieben Glieder der Erleuchtung. -
Welches sind die acht Dinge? Der edle achtfache Pfad. Der Mönch, ihr Brüder, der in diesen acht Dingen seinen Geist vollkommen entfaltet hat und das völlige Ende wahrnimmt, ein solcher macht, das Ziel völlig durchschauend, noch bei Lebzeiten dem Leiden ein Ende.
Welches sind die neun Dinge? Die neun Daseinsformen der Wesen. - Der Mönch, der sich von diesen neun Dingen völlig abwendet, sich völlig von ihnen entsüchtet, sich völlig befreit, das völlige Ende wahrnimmt, ein solcher macht, das Ziel völlig durchschauend, noch bei Lebzeiten dem Leiden ein Ende.
Welches sind die zehn Dinge? Die zehn heilsamen Wirkensfährten. - Der Mönch, ihr Brüder, der in diesen zehn Dingen seinen Geist vollkommen entfaltet hat und das völlige Ende wahrnimmt, ein solcher macht, das Ziel völlig durchschauend, noch bei Lebzeiten dem Leiden ein Ende.
Hat also der Erhabene gesagt, daß es ein zehnfaches Problem gibt, mit einer zehnfachen Aussage und einer zehnfachen Erklärung, so wurde dies mit Bezug hierauf gesagt.
So, Brüder, verstehe ich ausführlich den Sinn dessen, was der Erhabene in kurzen Worten hinsichtlich der Großen Fragen gesagt hat. Wenn ihr wollt, Brüder, so möget ihr zum Erhabenen gehen und ihn darüber befragen. Wie es euch der Erhabene erklären wird, so möget ihr es euch merken.
-»Gut, Ehrwürdige«, erwiderten die Laienjünger aus Kajangalā der Kajangaler Nonne. Den Worten der Nonne Beifall spendend und ihr dankend, erhoben sie sich von ihren Sitzen. Darauf begrüßten sie die Nonne ehrerbietig, und, ihr beim Fortgehen die rechte Seite zukehrend, begaben sie sich zum Erhabenen. Dort angelangt, begrüßten sie den Erhabenen ehrerbietig und teilten ihm alles mit, was sie mit der Kajangaler Nonne gesprochen hatten.
(Und der Erhabene sprach:) »Recht so, recht so, ihr Hausleute! Weise, ihr Hausleute, ist die Nonne aus Kajangalā. Ein hohes Wissen, ihr Hausleute, besitzt die Nonne aus Kajangalā. Auch wenn ihr zu mir gekommen wäret und hättet mich darüber befragt, so hätte auch ich es genau so erklärt. Denn dieses ist eben der Sinn davon, und so möget ihr es euch merken.«
Wieweit, ihr Mönche, es Kasier und Kosaler gibt und wieweit sich das Reich des Kosaler-Königs Pasénadi erstreckt, soweit eben gilt der Kosaler-König Pasénadi als der Höchste. Doch auch beim Kosaler-König Pasénadi, ihr Mönche, da zeigt sich Veränderung und Wechsel (»Wechsel« viparināma; K erklärt als 'Sterben'). Solches erkennend, ihr Mönche, wendet der wissende, edle Jünger sich davon ab. Sich davon abwendend, wird er beim Höchsten entsüchtet, um wieviel mehr noch beim Niedrigen.
Wieweit, ihr Mönche, Sonne und Mond kreisen, die Himmel im Glanze erstrahlen, tausendmal so weit reicht eine Welt. In dieser tausendfachen Welt gibt es tausend Monde, tausend Sonnen, tausend Merus, die Könige der Berge, tausend Rosenapfel-Kontinente, tausend westliche Goyāna-Kontinente, tausend nördliche Kuru-Kontinente, tausend östliche Videha-Kontinente (siehe A.III.81, Anm.), viertausend Weltmeere, tausendmal vier Große Götterkönige, tausend Himmel der vier Großen Götterkönige, tausend Himmel der Dreiunddreißig, tausend Himmel der Yāma-Götter, tausend Himmel der Seligen Götter, tausend Himmel der Schöpfungsfreudigen Götter, tausend Himmel der über die Erzeugnisse anderer verfügenden Götter, tausend Brahmawelten. Aber auch beim großen Brahma, ihr Mönche, da zeigt sich Veränderung und Wechsel. Solches erkennend, ihr Mönche, wendet der wissende, edle Jünger sich davon ab. Sich davon abwendend, wird er beim Höchsten entsüchtet, um wieviel mehr noch beim Niedrigen.
Es kommt eine Zeit, ihr Mönche, wo diese Welt untergeht. Beim Untergang der Welt aber, ihr Mönche, werden die Wesen gewöhnlich unter den Strahlenden Göttern wiedergeboren. Dort verweilen sie, geistgezeugt, Wonne genießend, im eigenen Glanze strahlend, die Lüfte durchquerend und in Seligkeit dahinlebend, lange Zeiten hindurch. Bei einem Weltuntergang aber, ihr Mönche, da gelten die Strahlenden Götter als die Höchsten. Aber auch bei den Strahlenden Göttern, ihr Mönche, da zeigt sich Veränderung und Wechsel. Solches erkennend, ihr Mönche, wendet der wissende, edle Jünger sich davon ab. Sich davon abwendend, wird er beim Höchsten entsüchtet, um wieviel mehr noch beim Niedrigen.
Zehn Allheitsgebiete (kasina) gibt es, ihr Mönche. Welche zehn? Da nimmt einer die Erde als Allheit wahr, über sich, unter sich, ringsherum, einheitlich, unermeßlich. Ein anderer nimmt das Wasser als Allheit wahr, andere das Feuer, den Wind, das Blaue, das Gelbe, das Rote, das Weiße, den Raum oder das Bewußtsein, über sich, unter sich, ringsherum, einheitlich, unermeßlich. Als höchstes aber, ihr Mönche, von diesen zehn Allheitsgebieten gilt es, wenn einer das Bewußtsein als Allheit wahrnimmt, über sich, unter sich, ringsherum, einheitlich, unermeßlich. Solcherart wahrnehmende Wesen gibt es, ihr Mönche. Aber auch bei den solcherart wahrnehmenden Wesen, ihr Mönche, da zeigt sich Veränderung und Wechsel. Solches erkennend, ihr Mönche, wendet der wissende, edle Jünger sich davon ab. Sich davon abwendend, wird er beim Höchsten entsüchtet, um wieviel mehr noch beim Niedrigen.
Acht Überwindungsgebiete (abhibhāyatana) gibt es, ihr Mönche (abhibhāyatana; s. A.VIII.65). Welche acht?
Am eigenen Körper Formen wahrnehmend, sieht da einer nach außen hin begrenzte Formen, schöne oder häßliche; und diese überwindend, ist er sich dessen bewußt, daß er dies weiß und kennt. Dies ist das erste Überwindungsgebiet.
Am eigenen Körper Formen wahrnehmend, sieht da einer nach außen hin unbegrenzte Formen, schöne oder häßliche; und diese überwindend, ist er sich dessen bewußt, daß er dies weiß und kennt. Dies ist das zweite Überwindungsgebiet.
Am eigenen Körper keine Formen wahrnehmend, sieht da einer nach außen hin begrenzte Formen, schöne oder häßliche; und diese überwindend, ist er sich dessen bewußt, daß er dies weiß und kennt. Dies ist das dritte Überwindungsgebiet.
Am eigenen Körper keine Formen wahrnehmend, sieht da einer nach außen hin unbegrenzte Formen, schöne oder häßliche; und diese überwindend, ist er sich dessen bewußt, daß er dies weiß und kennt. Dies ist das vierte Überwindungsgebiet.
Am eigenen Körper keine Formen wahrnehmend, sieht da einer nach außen hin blaue Formen, von blauer Farbe, blauem Aussehen, blauem Glanz. Gleichwie etwa Flachsblüte oder ein beiderseits geglätteter Benaresstoff blau ist, von blauer Farbe, blauem Aussehen, blauem Glanz; ebenso auch sieht da einer, am eigenen Körper keine Formen wahrnehmend, nach außen hin blaue Formen, von blauer Farbe, blauem Aussehen, blauem Glanz. Und diese überwindend, ist er sich dessen bewußt, daß er dies weiß und kennt. Dies ist das fünfte Überwindungsgebiet.
Am eigenen Körper keine Formen wahrnehmend, sieht da einer nach außen hin gelbe Formen, von gelber Farbe, gelbem Aussehen, gelbem Glanz. Gleichwie etwa die Kannikāra-Blüte (*1) oder ein beiderseits geglätteter Benaresstoff gelb ist, von gelber Farbe, gelbem Aussehen, gelbem Glanz; ebenso auch sieht da einer am eigenen Körper keine Formen wahrnehmend, nach außen hin gelbe Formen, von gelber Farbe, gelbem Aussehen, gelbem Glanz. Und diese überwindend, ist er sich dessen bewußt, daß er dies weiß und kennt. Dies ist das sechste Überwindungsgebiet.
Am eigenen Körper keine Formen wahrnehmend, sieht da einer nach außen hin rote Formen, von roter Farbe, rotem Aussehen, rotem Glanz. Gleichwie da etwa die Eibischblüte (bandhujīvaka, pentapetes phoenicea, Hibiskus) oder ein beiderseits geglätteter Benaresstoff rot ist, von roter Farbe, rotem Aussehen, rotem Glanz; ebenso auch sieht da einer, am eigenen Körper keine Formen wahrnehmend, nach außen hin rote Formen, von roter Farbe, rotem Aussehen, rotem Glanz. Und diese überwindend, ist er sich dessen bewußt, daß er dies weiß und kennt. Dies ist das siebente Überwindungsgebiet.
Am eigenen Körper keine Formen wahrnehmend, sieht da einer nach außen hin weiße Formen, von weißer Farbe, weißem Aussehen, weißem Glanz. Gleichwie etwa der Morgenstern oder ein beiderseits geglätteter Benaresstoff weiß ist, von weißer Farbe, weißem Aussehen, weißem Glanz; ebenso auch sieht da einer, am eigenen Körper keine Formen wahrnehmend, nach außen hin weiße Formen, von weißer Farbe, weißem Aussehen, weißem Glanz. Und diese überwindend, ist er sich dessen bewußt, daß er dies weiß und kennt. Dies ist das achte Überwindungsgebiet. Diese acht Überwindungsgebiete gibt es, ihr Mönche.
Als höchstes aber von diesen acht Überwindungsgebieten gilt es, ihr Mönche, wenn da einer, am eigenen Körper keine Formen wahrnehmend, nach außen hin weiße Formen sieht, von weißer Farbe, weißem Aussehen, weißem Glanz; und wenn er, diese überwindend, sich dessen bewußt ist, daß er dies weiß und kennt. Solcherart wahrnehmende Wesen gibt es, ihr Mönche. Aber auch bei den solcherart wahrnehmenden Wesen, ihr Mönche, da zeigt sich Veränderung und Wechsel. Solches erkennend, ihr Mönche, wendet sich der wissende, edle Jünger davon ab. Sich davon abwendend, wird er beim Höchsten entsüchtet, um wieviel mehr noch beim Niedrigen.
Vier Wege des Fortschritts gibt es, ihr Mönche. Welche vier? Den mühsamen Fortschritt, verbunden mit langsamem Verständnis; den mühsamen Fortschritt, verbunden mit schnellem Verständnis; den mühelosen Fortschritt, verbunden mit langsamem Verständnis; den mühelosen Fortschritt, verbunden mit schnellem Verständnis (vgl. A.IV.161-162). Der höchste aber von diesen vier Wegen des Fortschritts ist der leichte Fortschritt, verbunden mit schnellem Verständnis. Solcherart wahrnehmende Wesen gibt es. Aber auch bei solcherart wahrnehmenden Wesen da zeigt sich Veränderung und Wechsel. Solches erkennend, ihr Mönche, wendet der wissende, edle Jünger sich davon ab. Sich davon abwendend, wird er beim Höchsten entsüchtet, um wieviel mehr noch beim Niedrigen.
Vier Arten der Wahrnehmung gibt es, ihr Mönche. Welche vier? Einer nimmt Begrenztes wahr; einer nimmt Erhabenes wahr; einer nimmt Unbegrenztes wahr; einer nimmt in der Vorstellung 'Nichts ist da', das Nichtheitsgebiet wahr (*2). Diese vier Arten der Wahrnehmung gibt es. Die höchste aber von diesen vier Arten der Wahrnehmung ist es, wenn einer, in der Vorstellung 'Nichts ist da', das Nichtheitsgebiet wahrnimmt. Solcherart wahrnehmende Wesen gibt es. Aber auch bei solcherart wahrnehmenden Wesen, ihr Mönche, da zeigt sich Veränderung und Wechsel. Solches erkennend, ihr Mönche, wendet der wissende, edle Jünger sich davon ab. Sich davon abwendend, wird er beim Höchsten entsüchtet, um wieviel mehr noch beim Niedrigen.
Das, ihr Mönche, ist die höchste unter den Ansichten der anderen Asketen, nämlich: »Hätte es nicht [in früherem Dasein Wiedergeburt erzeugendes Wirken] geben, so wäre mir jetzt kein [Dasein] beschieden; wenn es [jetzt] kein [Karma] geben wird, so wird mir kein [künftiges Dasein] beschieden sein (*3).« Bei einem, ihr Mönche, der solche Ansicht hat, kann man erwarten, daß er keine Zuneigung zum Dasein mehr haben wird und keine Abneigung gegen die Aufhebung des Daseins. Wesen mit solcherart Ansichten gibt es. Aber auch bei Wesen mit solchen Ansichten, ihr Mönche, da zeigt sich Veränderung und Wechsel. Solches erkennend, ihr Mönche, wendet der wissende, edle Jünger sich davon ab. Sich davon abwendend, wird er beim Höchsten entsüchtet, um wieviel mehr noch beim Niedrigen.
Es gibt da, ihr Mönche, einige Asketen und Brahmanen, welche die absolute Reinheit (paramattha-visuddhi; vgl. Snp., v. 788: suddham paramam) verkünden. Als Höchstes aber, ihr Mönche, gilt es bei den Lehrern der absoten Reinheit, wenn man nach völliger Überwindung des Nichtheitsgebietes in das Gebiet der Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung eingetreten ist. Dieses lernen sie kennen und zu dessen Verwirklichung weisen sie die Lehre. Solcherart de Wesen gibt es. Aber auch bei Wesen, die solches lehren, da zeigt sich Veränderung und Wechsel. Solches erkennend, ihr Mönche, wendet der wissende, edle Jünger sich davon ab. Sich davon abwendend, wird er beim Höchsten entsüchtet, um wieviel mehr noch beim Niedrigen.
Es gibt da, ihr Mönche, einige Asketen und Brahmanen, welche das höchste Nibbāna bei Lebzeiten verkünden. Als Höchstes aber, ihr Mönche, gilt bei den Lehrern des höchsten Nibbāna bei Lebzeiten, bei den sechs Grundlagen des Sinneneindrucks Entstehen und Vergehen, den Genuß, das Elend und die Entrinnung der Wirklichkeit gemäß erkannt zu haben und so die haftlose Erlösung zu gewinnen. Mich aber, ihr Mönche, der ich solches lehre, solches verkünde, beschuldigen einige Asketen und Brahmanen in falscher, nichtiger, unehrlicher, unwahrer Weise, indem sie sagen: Nicht verkündet der Asket Gotama der Sinnendinge völlige Durchschauung, nicht verkündet er der körperlichen Dinge völlige Durchschauung, nicht verkündet er der Gefühle völlige Durchschauung.« Doch gewiß verkünde ich, ihr Mönche, der Sinnendinge völlige Durchschauung, der körperlichen Dinge völlige Durchschauung, der Gefühle völlige Durchschauung; und schon bei Lebzeiten gestillt, entwähnt, kühl geworden, verkünde ich das haftlose völlige Nibbāna.
(*1) Skr: karnikāra, sterospermum acerifolium; eine Baumblüte, die häufig als Beispiel für die gelbe Farbe dient.
(*2) K: Die begrenzte Wahrnehmung ist die der Sinnensphäre; die erhabene die der feinkörperlichen Sphäre; die unbegrenzte die des Überweltlichen (lokuttara; d.i. im achtfachen Pfad und Fruchtbewußtsein der Heiligkeitsstufen), das »Nichtheitsgebiet« ist die dritte unkörperliche Vertiefung. Die vierte unkörperliche Vertiefung, das »Gebiet von Weder-Wahrnehmung-noch-Nicht-Wahrnehmung«, zählt nicht mehr als eine Wahrnehmungsart (s. A.IX.36 Ende).
(*3) Die Wiedergabe folgt der Erklärung des Kommentars. Vgl. Anm. zu A.VII.52.
Einst weilte der Erhabene im Jetahain bei Sāvatthi im Kloster des Anāthapindika. Damals nun war gerade der Kosalerkönig Pasénadi aus einer Schlacht siegreich heimgekehrt, nachdem er seinen Zweck erreicht hatte (lt. K war dies die Besiegung des Königs Ajātasattu). Und König Pasénadi machte sich nun auf den Weg zum Kloster. Nachdem er mit dem Wagen, soweit der Fahrweg reichte, gefahren war, stieg er ab und betrat zu Fuß das Klostergelände.
Damals nun wandelten gerade zahlreiche Mönche im Freien auf und ab. Zu ihnen ging der König hin und sprach: »Wo, Ehrwürdige, weilt wohl jetzt der Erhabene, Heilige, Vollkommen-Erleuchtete? Wir wollen, Ehrwürdige, diesen Erhabenen aufsuchen, den Heiligen, Vollkommen-Erleuchteten.« - »Jene Zelle mit der verschlossenen Tür ist es, o König. Dorthin begib dich leise und tritt ohne Übereilung auf die Terrasse. Dann räuspere dich und klopfe an die Tür. Der Erhabene wird dir dann die Tür öffnen.«
Der Kosalerkönig Pasénadi begab sich nun leise zu jener verschlossenen Zelle und trat ohne Übereilung auf die Terrasse. Darauf räusperte er sich und klopfte an die Tür. Der Erhabene öffnete ihm, und der König trat in die Zelle ein. Mit seinem Haupte zu Füßen des Erhabenen fallend, überhäufte er mit Küssen die Füße des Erhabenen und umschlang sie mit seinen Armen, dabei seinen Namen kundgebend: »Pasénadi bin ich, o Ehrwürdiger, der Kosalerkönig. Pasénadi bin ich, o Ehrwürdiger, der Kosalerkönig.«
-»Warum aber, o König, erweisest du diesem Körper solch höchste Ehrerbietung und liebevolle Hingabe?«
-»Aus Dankbarkeit und Erkenntlichkeit, o Ehrwürdiger, erweise ich dem Erhabenen solch höchste Ehrerbietung und liebevolle Hingabe. Denn der Erhabene, o Ehrwürdiger, wandelt vielen Menschen zum Heil, vielen Menschen zum Wohl; und viele hat er in der heiligen Pfadlehre gefestigt, nämlich im Guten und Heilsamen. Aus diesem Grunde erweise ich dem Erhabenen solch höchste Ehrerbietung und liebevolle Hingabe.
Ferner, o Ehrwürdiger, ist der Erhabene sittenrein, ist von gereifter Sittlichkeit, von edler, heilbringender Sittlichkeit, ist mit heilbringender Sittlichkeit ausgestattet. Auch aus diesem Grunde erweise ich dem Erhabenen solch höchste Ehrerbietung und liebevolle Hingabe.
Ferner, o Ehrwürdiger, bewohnt der Erhabene seit langer Zeit als Waldeinsiedler waldeinsame, abgelegene Behausungen. Auch aus diesem Grunde erweise ich dem Erhabenen solch höchste Ehrerbietung und liebevolle Hingabe.
Ferner, o Ehrwürdiger, ist der Erhabene zufrieden mit allem, was auch immer er erhält an Gewand, Almosenspeise, Wohnstatt und den nötigen Heilmitteln und Arzneien. Auch aus diesem Grund erweise ich dem Erhabenen solch höchste Ehrerbietung und liebevolle Hingabe.
Ferner, o Ehrwürdiger, ist der Erhabene würdig der Opfer, würdig der Gastspende, würdig der Gaben, würdig des ehrfurchtsvollen Grußes, ist in der Welt der beste Boden für gute Werke. Auch aus diesem Grunde erweise ich dem Erhabenen solch höchste Ehrerbietung und liebevolle Hingabe.
Ferner, o Ehrwürdiger, was da jene asketentümlichen, der Erschließung des Geistes förderlichen Gespräche sind, als wie Gespräche über Bescheidenheit, Zufriedenheit, Einsamkeit, Abgeschiedenheit, Willenskraft, Sittlichkeit, Sammlung, Weisheit, Befreiung und den Erkenntnisblick der Befreiung - solche Gespräche werden dem Erhabenen nach Wunsch, ohne Mühe und Schwierigkeit zuteil. Auch aus diesem Grunde erweise ich dem Erhabenen solch höchste Ehrerbietung und liebevolle Hingabe.
Ferner, o Ehrwürdiger, wird der Erhabene nach Wunsch, ohne Mühe und Schwierigkeit der vier Vertiefungen teilhaftig, der erhaben-geistigen, gegenwärtiges Wohl gewährenden. Auch aus diesem Grunde erweise ich, dem Erhabenen solch höchste Ehrerbietung und liebevolle Hingabe.
Ferner, o Ehrwürdiger, erinnert sich der Erhabene an mannigfache frühere Daseinsformen... Auch aus diesem Grunde erweise ich dem Erhabenen solch höchste Ehrerbietung und liebevolle Hingabe.
Ferner, o Ehrwürdiger, erkennt der Erhabene mit dem Himmlischen Auge, dem geklärten, übermenschlichen, wie die Wesen abscheiden und wiedererscheinen, gemeine und edle, schöne und häßliche, glückliche und unglückliche. Er erkennt, wie die Wesen je nach ihren Taten wiedererscheinen... Auch aus diesem Grunde erweise ich dem Erhabenen solch höchste Ehrerbietung und liebevolle Hingabe.
Ferner, o Ehrwürdiger, hat der Erhabene durch Versiegung der Triebe sich noch bei Lebzeiten die triebfreie Gemütserlösung und Weisheitserlösung zu eigen gemacht, sie selber erkennend und verwirklichend. Auch aus diesem Grunde erweise ich dem Erhabenen solch höchste Ehrerbietung und liebevolle Hingabe.
Ich muß nun gehen, o Ehrwürdiger. Viele Geschäfte und Angelegenheiten habe noch zu erledigen.«
-»Wie es dir beliebt, o König.«
Und Pasénadi, der Kosalerkönig, erhob sich von seinem Sitze, begrüßte den Erhabenen ehrfurchtsvoll, und, ihm die Rechte zukehrend, entfernte er sich.