Anguttara Nikaya

A.IV. 196 Kasteiung - kein Weg zur Erlösung

Einst weilte der Erhabene im Großen Walde bei Vesālī, in der Halle des Giebelhauses. Da begaben sich nun die Licchaver Sālha und Abhaya dorthin, wo der Erhabene weilte. Dort angelangt, begrüßten sie den Erhabenen ehrerbietig und setzten sich zur Seite nieder. Seitwärts sitzend sprach nun Sālha, der Licchaver, zum Erhabenen also:

»Es gibt, o Herr, einige Asketen und Priester, die lehren auf zweierlei Weise den Strom durchkreuzen (d.h. einen Erlösungsweg): durch sittliche Reinheit und durch strenge Kasteiung (tapo-jiguccha, wtl: abstoßende Kasteiung). Was aber, o Herr, sagt der Erhabene hierüber?« -

»Sittliche Reinheit, Sālha, sage ich, ist eine gewisse Asketentugend. Doch solche Asketen und Priester, welche die strenge Kasteiung lehren, in der strengen Kasteiung das Wesentliche erblicken, der strengen Kasteiung anhängen, sind nicht imstande, den Strom zu durchkreuzen. Auch jene Asketen von unlauterem Wandel in Werken, Worten und Gedanken und unlauterer Lebensweise sind unfähig des Erkenntnisblickes, unfähig der höchsten Erleuchtung.

Es ist wie mit einem Manne, Sāila, der gern über einen Fluß setzen möchte. Mit einer scharfen Axt versehen geht er in den Wald und erblickt dort einen großen, kerzengeraden, jungen, festen Baumstamm. Den fällt er an der Wurzel, schneidet ihm die Krone ab und reinigt ihn völlig von Zweigen und Blätterwerk. Dann behaut er ihn mit der Axt, beschneidet ihn mit dem Messer, bearbeitet ihn mit dem Hobel, schleift ihn mit einem runden Sandstein glatt und läßt ihn in den Fluß hinab. Was glaubst du da, Sālha, ist wohl jener Mann imstande, den Fluß zu kreuzen?« -

»Das wohl nicht, o Herr. Und warum nicht? Jener Baumstamm, o Herr, ist wohl außen gut bearbeitet, aber innen nicht gesäubert (d.h.: nicht vom Kern befreit). Da steht zu erwarten, daß der Baumstamm sinken und der Mann elend ums Leben kommen wird.«-

»Ebenso nun auch, Sālha, sind jene Asketen und Priester, welche die strenge Kasteiung lehren, in der strengen Kasteiung das Wesentliche erblicken, der strengen Kasteiung anhängen, nicht imstande, den Strom zu durchkreuzen. Auch jene Asketen von unlauterem Wandel in Werken, Worten und Gedanken und von unlauterer Lebensweise sind unfähig des Erkenntnisblickes, unfähig der höchsten Erleuchtung.

Doch solche Asketen und Priester, welche nicht die strenge Kasteiung lehren, in ihr nicht das Wesentliche erblicken, ihr nicht anhängen, sie sind imstande, den Strom zu kreuzen. Auch jene Asketen von lauterem Wandel in Werken, Worten und Gedanken und lauterer Lebensweise, sie sind fähig des Erkenntnisblickes, fähig der höchsten Erleuchtung.

Es ist, Sālha, wie mit einem Mann, der gern über einen Fluß setzen möchte. Mit einer scharfen Axt versehen geht er in den Wald und erblickt dort einen großen, kerzengeraden, jungen, festen Baumstamm. Den fällt er an der Wurzel, schneidet ihm die Krone ab und reinigt ihn völlig von Zweigen und Blätterwerk. Dann behaut er ihn mit der Axt, beschneidet ihn mit dem Messer und befreit ihn mittels eines Holzmeißels völlig vom Kern. Darauf bearbeitet er ihn mit dem Hobel und schleift ihn mit einem Sandstein glatt. So zimmert er das Boot, versieht es mit Ruder und Steuer und läßt es in den Fluß hinab. Was glaubst du da, Sālha, ist wohl jener Mann imstande, den Fluß zu kreuzen?«-

»Das wohl, o Herr. Und warum? Jener Baumstamm ist ja außen gut bearbeitet und auch innen völlig gesäubert. Das Boot ist fertig und mit Ruder und Steuer versehen. Da darf man erwarten, daß das Boot nicht untergehen und der Mann heil das andere Ufer erreichen wird.« -

»Ebenso nun auch, Sālha, sind solche Asketen und Priester, die nicht die strenge Kasteiung lehren, in ihr nicht das Wesentliche sehen, ihr nicht anhängen, wohl imstande, den Strom zu kreuzen. Auch jene Asketen von lauterem Wandel in Werken, Worten und Gedanken und lauterer Lebensweise, sie sind fähig des Erkenntnisblickes, fähig der höchsten Erleuchtung.

Wenn sich auch, Sālha, ein Krieger auf mancherlei Kunststücke im Bogenschießen (*1) versteht, so ist es dennoch durch drei Eigenschaften, daß er des Königs würdig wird, geeignet zum Königsdienst und als Leibwache des Königs gilt. Durch welche drei Eigenschaften? Er trifft aus der Ferne, er schießt wie der Blitz und durchdringt mit seinem Schuß gar gewaltige Gegenstände (vgl. A.III.184; A.IV.181).

Gleichwie, Sālha, der Krieger aus der Ferne trifft, ebenso auch besitzt der edle Jünger rechte Sammlung des Geistes (sammā-samādhi). Was es auch immer an Körperlichkeit gibt, ob vergangen, gegenwärtig oder zukünftig, eigen oder fremd, grob oder fein, gewöhnlich oder edel, fern oder nahe: von aller Körperlichkeit weiß der recht gesammelte, edle Jünger der Wirklichkeit gemäß, in rechter Weisheit: 'Das gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst.' Was es auch immer an Gefühl gibt, an Wahrnehmung, geistigen Bildekräften, an Bewußtsein, ob vergangen, gegenwärtig oder zukünftig, eigen oder fremd, grob oder fein, gewöhnlich oder edel, fern oder nahe: von allem Gefühl, aller Wahrnehmung, allen geistigen Bildekräften, allem Bewußtsein weiß er der Wirklichkeit gemäß, mit rechter Weisheit: 'Das gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst.'

Gleichwie, Sālha, der Krieger wie der Blitz schießt, ebenso auch besitzt der edle Jünger rechte Erkenntnis. Der recht erkennende edle Jünger versteht der Wirklichkeit gemäß: 'Dies ist das Leiden'; er versteht der Wirklichkeit gemäß: 'Dies ist die Entstehung des Leidens'; er versteht der Wirklichkeit gemäß: 'Dies ist die Erlöschung des Leidens'; er versteht der Wirklichkeit gemäß: 'Dies ist der zur Erlöschung des Leidens führende Pfad.'

Gleichwie, Sālha, der Krieger gar gewaltige Gegenstände durchdringt, ebenso auch besitzt der edle Jünger rechte Befreiung. Der recht befreite Jünger, Sālha, hat die gewaltige Masse des Nichtwissens durchdrungen.«


(*1) kanda-citrakāni; kanda, Pfeil, Bogenkunst; citraka, Gefechtsart, Kampfmanöver (so auch in Skr.).


A.IV. 197 Die Königin Mallikā

Einst weilte der Erhabene im Jetahaine bei Sāvatthī, im Kloster des Anāthapindika. Da nun begab sich die Königin Mallikā (Gattin des Königs Pasenadi) dorthin, wo der Erhabene weilte. Dort angelangt, begrüßte sie den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Seitwärts sitzend sprach nun die Königin Mallikā zum Erhabenen also:

»Was ist wohl, o Herr, die Ursache, was ist der Grund, wenn ein Weib häßlich ist, von unschöner Gestalt, gar übel aussieht, dabei arm und dürftig ist, ohne Vermögen und Macht?

Und was, o Herr, ist die Ursache, was ist der Grund, wenn ein Weib hübsch und unschöner Gestalt, gar übel aussieht, doch dabei reich und wohlhabend ist, im Besitze von großem Vermögen und großer Macht?

Und was, o Herr, ist die Ursache, was ist der Grund, wenn ein Weib hübsch und stattlich aussieht, Anmut und außergewöhnliche Schönheit besitzt, dabei aber arm und dürftig ist, ohne Vermögen und Macht?

Und was, o Herr, ist die Ursache, was ist der Grund, wenn ein Weib hübsch und stattlich aussieht, Anmut und außergewöhnliche Schönheit besitzt, dabei reich und wohlhabend ist, im Besitze von großem Vermögen und großer Macht? « -

»Da ist, Mallikā, ein Weib jähzornig und äußerst erregbar. Wenn man ihr auch nur das geringste sagt, wird sie ärgerlich, gerät in Zorn und Wut, ist eigensinnig, legt Verstimmung, Groll und Mißtrauen an den Tag. Weder Asketen noch Priestern spendet sie Speise und Trank, Kleidung, Wagen, Blumen, Wohlgerüche, Balsam und das Nötige an Lagerstatt, Wohnung und Beleuchtung. Sie ist neidisch gesinnt, beneidet die anderen um das, was ihnen an Geschenken, Hochschätzung, Achtung, Ehre, Verehrung und Huldigung zuteil wird, sie ist eifersüchtig (*1) und mißgünstig. Sollte sie nun nach dem Tode zu dieser Welt zurückkehren, so wird sie, wo auch immer sie wiedergeboren wird, häßlich sein, von unschöner Gestalt, gar übel aussehen, und sie wird arm und dürftig sein, ohne Vermögen und Macht.

Da ist, Mallikā, ein Weib jähzornig und äußerst erregbar. Wenn man ihr auch nur das geringste sagt, wird sie ärgerlich, gerät in Zorn und Wut, ist eigensinnig, legt Verstimmung, Groll und Mißtrauen an den Tag. Aber sie spendet den Asketen und Priestern Speise und Trank, Kleidung, Wagen, Blumen, Wohlgerüche, Balsam und das Nötige an Lagerstatt, Wohnung und Beleuchtung. Sie ist nicht neidisch gesinnt, beneidet nicht die anderen um das, was ihnen an Geschenken, Hochschätzung, Achtung, Ehre, Verehrung und Huldigung zuteil wird, sie ist nicht eifersüchtig und mißgünstig. Sollte sie nun nach dem Tode zu dieser Welt zurückkehren, so wird sie, wo auch immer sie wiedergeboren wird, häßlich sein, von unschöner Gestalt, gar übel aussehen, doch sie wird reich und wohlhabend sein, von großem Vermögen und großer Macht.

Da ist, Mallikā, ein Weib sanftmütig und geduldig. Wann man ihr auch mancherlei sagt, so wird sie nicht ärgerlich, gerät nicht in Zorn und Wut, ist nicht eigensinnig und legt nicht Verstimmung, Groll und Mißtrauen an den Tag. Doch sie spendet weder Asketen noch Priestern Speise und Trank, Kleidung, Wagen, Blumen, Wohlgerüche, Balsam und das Nötige an Lagerstatt, Wohnung und Beleuchtung. Sie ist neidisch gesinnt, beneidet die anderen um das, was ihnen an Geschenken, Hochschätzung, Achtung, Ehre, Verehrung und Huldigung zuteil wird, sie ist eifersüchtig und mißgünstig. Sollte sie nun nach dem Tode zu dieser Welt zurückkehren, so wird sie, wo auch immer sie wiedergeboren wird, hübsch und stattlich aussehen, Anmut und außergewöhnliche Schönheit besitzen, aber sie wird arm und bedürftig sein, ohne Vermögen und Macht.

Da ist, Mallikā, ein Weib sanftmütig und geduldig. Wenn man ihr auch mancherlei sagt, so wird sie nicht ärgerlich, gerät nicht in Zorn und Wut, ist nicht eigensinnig und legt nicht Verstimmung, Groll und Mißtrauen an den Tag. Sie spendet auch Asketen und Priestern Speise und Trank, Kleidung, Wagen, Blumen, Wohlgerüche, Balsam und das Nötige an Lagerstatt, Wohnung und Beleuchtung. Sie ist nicht neidisch gesinnt, beneidet nicht die anderen um das, was ihnen an Geschenken, Hochschätzung, Achtung, Ehre, Verehrung und Huldigung zuteil wird, sie ist nicht eifersüchtig und mißgünstig. Sollte sie nun nach dem Tode zu dieser Welt zurückkehren, so wird sie, wo auch immer sie wiedergeboren wird, hübsch und stattlich aussehen, Anmut und außergewöhnliche Schönheit besitzen, und sie wird reich und wohlhabend sein, von großem Vermögen und großer Macht.

Das eben, Mallikā, ist die Ursache, das ist der Grund, daß da ein Weib häßlich ist . . . ohne Vermögen und Macht; daß da ein Weib häßlich ist . . . im Besitze von großem Vermögen und großer Macht; daß da ein Weib hübsch und stattlich aussieht . . . ohne Vermögen und Macht; daß da ein Weib hübsch und stattlich aussieht . . . von großem Vermögen und großer Macht.« -

Nach diesen Worten sprach die Königin Mallikā zum Erhabenen also: »Wenn ich nun, o Herr, in früherer Geburt jähzornig und äußerst erregbar war und, wenn man mir nur das geringste sagte, ärgerlich wurde, in Zorn und Wut geriet, eigensinnig war, Verstimmung, Groll und Mißtrauen an den Tag legte, so bin ich eben jetzt, o Herr, häßlich, von unschöner Gestalt, sehe gar übel aus. Wenn ich nun, o Herr, in früherer Geburt den Asketen und Priestern Speise und Trank gespendet habe, Kleidung, Wagen, Blumen, Wohlgerüche, Balsam und das Nötige an Lagerstatt, Wohnung und Beleuchtung, so bin ich eben jetzt, o Herr, reich und wohlhabend, im Besitz von großem Vermögen. Wenn ich nun, o Herr, in früherer Geburt nicht neidisch gesinnt war, die anderen nicht um das beneidete, was ihnen an Geschenken, Hochschätzung, Ehre, Verehrung und Huldigen zuteil ward, wenn ich nicht eifersüchtig und mißgünstig war, so bin ich eben jetzt, o Herr, von großer Macht.

Es gibt, o Herr, in diesem königlichen Haushalt adelige Jungfrauen, Brahmanenjungfrauen und Bürgermädchen, über die ich als Königin gebiete. Von heute ab, o Herr, will ich nun sanftmütig und geduldig sein. Wenn man mir auch mancherlei sagt, so will ich nicht ärgerlich werden, nicht in Zorn und Wut geraten, nicht eigensinnig sein und nicht Verstimmung, Groll und Mißtrauen an den Tag legen. Den Asketen und Priestern will ich Speise und Trank spenden, Kleidung, Wagen, Blumen, Wohlgerüche, Balsam und das Nötige an Lagerstatt, Wohnung und Beleuchtung. Ich will nicht neidisch gesinnt sein . . . nicht will ich eifersüchtig sein und mißgünstig.

Vortrefflich, o Herr! Vortrefflich, o Herr! . . . So nehme ich, o Herr, meine Zuflucht zum Erhabenen, zur Lehre und zur Mönchsgemeinde. Als Anhängerin möge mich der Erhabene betrachten, als eine, die von heute ab zeitlebens Zuflucht genommen hat.«


(*1) upadussati; nicht in PTS Dict.; hat in diesem Zusammenhang vielleicht die hier wiedergegebene Bedeutung. Im Skr. (Boe): moralisch sinken.


A.IV. 198 Selbstqual und Nächstenqual (vgl. M. 51)

Vier Arten von Menschen, ihr Mönche, sind in der Welt anzutreffen. Welche vier?

Da ist einer, ihr Mönche, ein Selbstquäler, der Übung der Selbstqual ergeben. Da ist einer ein Nächstenquäler, der Übung der Nächstenqual ergeben. Da ist einer sowohl ein Selbstquäler, der Übung der Selbstqual ergeben, als auch ein Nächstenquäler, der Übung der Nächstenqual ergeben. Da ist einer weder ein Selbstquäler, der Übung der Selbstqual nicht ergeben, noch ist er ein Nächstenquäler, der Übung der Nächstenqual nicht ergeben; ist ohne Selbstqual, ohne Nächstenqual, schon bei Lebzeiten gestillt, erloschen, kühl geworden und verweilt in seligem Gefühle, heilig gewordenen Herzens.

Wie aber, ihr Mönche, ist einer ein Selbstquäler, der Übung der Selbstqual ergeben?

Da ist einer ein Unbekleideter, von ungezügeltem Benehmen (*1), ein Handablecker (*2), folgt keinem Anruf (beim Almosengang), wartet nicht ab, nimmt keine zu ihm gebrachten Gaben an, auch keine Vergünstigung (eigens für ihn zubereitete Speise), keine Einladung. Er nimmt nichts an direkt vom Topf (*3) oder der Pfanne (*4), nichts innerhalb der Hausschwelle, noch dort wo sich Feuerholz und Mörser befinden (*5); nimmt nichts an, wo zwei zusammen speisen (*6), nichts von einer Schwangeren oder Säugenden, nichts von einer, die gerade vom Manne kommt, nichts auf öffentliche Ankündigung hin (*7), nichts wo ein Hund wartet oder Fliegen umherschwärmen. Er ißt weder Fleisch noch Fisch, trinkt keinen Wein und Branntwein, keinen gegorenen Gerstenschleim (thusodakam, wtl: Spreuwasser). Er nimmt nur von einem einzigen Hause Almosen an, begnügt sich mit einer einzigen Handvoll Reis; er nimmt von zwei oder sieben Häusern Almosen an, begnügt sich mit zwei oder sieben Handvoll Reis. Er lebt nur von einer Darreichung, oder von zweien oder sieben. Er nimmt nur einen über den anderen Tag Nahrung zu sich oder nur nach zwei oder sieben Tagen. In solchen Zeitabständen, selbst bis zu einem halben Monat, nimmt er Nahrung zu sich.

Er lebt von Kräutern, Hirse, wildem Reis und Korn, Wasserpflanzen [und Baumsäften], Reispulver, dem Schaum von gekochtem Reis, von Ölsamenpaste, Gräsern und Kuhmist; er nährt sich von den Wurzeln und Früchten des Waldes, von abgefallenen Früchten (siehe A.III.94).

Er trägt Gewänder aus Hanf oder damit gemischtem Fasergewebe, Gewänder aufgelesen vom Leichenfeld oder dem Abfallhaufen; er kleidet sich in Baumrinde, Antilopenfelle oder Streifen daraus, in Gewänder geflochten aus Gras, Baumfasern oder Rindenstreifen; er trägt einen Schurz aus Menschenhaar, Roßhaar oder aus Eulenflügeln.

Er rauft sich Haar und Bart aus, befolgt die Regel des Ausraufens von Haar und Bart; oder er ist ein Stetigsteher, verschmäht das Sitzen; oder er bleibt in hockender Stellung, befolgt die Regel der Hockaskese; oder er ist ein Dornenschläfer, ruht auf einem Dornenlager; des Abends steigt er zum dritten Male ins Bad hinab.

Derart übt er sich in gar vielfacher Weise in solch körperlicher Kasteiung und Schmerzensaskese. So, ihr Mönche, ist einer ein Selbstquäler, der Übung der Selbstqual ergeben (gleich wie in A.III.157).

Wie aber, ihr Mönche, ist einer ein Nächstenquäler, der Übung der Nächstenqual ergeben? Da ist einer ein Hammel- oder Schweineschlächter, ein Vogelsteller, Pirscher, Jäger, Fischer, Räuber, Henker, Kerkermeister oder was es da sonst noch an grausamem Handwerk gibt. So, ihr Mönche, ist einer ein Nächstenquäler, der Übung der Nächstenqual ergeben.

Wie aber, ihr Mönche, ist einer sowohl ein Selbstquäler, der Übung der Selbstqual ergeben, als auch ein Nächstenquäler, der Übung der Nächstenqual ergeben? Da ist einer ein gesalbter adeliger König oder ein mächtiger Brahmane. Der hat im Osten der Stadt eine neue Opferhalle (*8) errichten lassen. Und mit geschorenem Haar und Bart, in ein rauhes Fell gekleidet, den Körper mit ausgelassener Butter oder Öl bestrichen, den Rücken mit einem Hirschhorn reibend, tritt er zusammen mit der Königin und dem Hofpriester in die Opferhalle ein. Dort bereitet er sich auf dem bloßen, mit Gras bestreuten Fußboden sein Lager. Einer Kuh, die ein ihr gleichendes Kalb bei sich hat, wird an einem Euter die Milch gemolken und damit der König bedient. Mit der Milch vom zweiten Euter wird die Königin bedient, mit der Milch vom dritten der Hofpriester, die Milch vom vierten Euter wird dem Feuer geopfert; den Rest trinkt das Kalb. Und der König befiehlt: 'So viele Stiere sollen zum Opfern erschlagen werden, so viele Farren, so viele Färsen, so viele Ziegen, so viele Widder, so viele Pferde; so viele Bäume sollen gefällt werden, um als Opferpfosten zu dienen; soviel Gras soll gemäht werden, um als Opfergras zu dienen.' Und seine Knechte, Diener und Arbeiter führen, aus Furcht vor Strafe, vor Angst zitternd, tränenden Angesichtes, weinend, die Vorbereitungen aus. So, ihr Mönche, ist einer sowohl ein Selbstquäler, der Übung der Selbstqual ergeben, als auch ein Nächstenquäler, der Übung der Nächstenqual ergeben.

Wie aber, ihr Mönche, ist einer weder ein Selbstquäler, nicht der Übung der Selbstqual ergeben, noch ist er ein Nächstenquäler, nicht der Übung der Nächstenqual ergeben; ist ohne Selbstqual, ohne Nächstenqual, schon bei Lebzeiten gestillt, erloschen, kühl geworden und verweilt in seligem Gefühle, heilig gewordenen Herzens?

Da erscheint der Vollendete in der Welt, der Heilige, vollkommen Erleuchtete, der in Wissen und Wandel Bewährte, der Gesegnete, der Kenner der Welt, der unvergleichliche Lenker führungsbedürftiger Menschen, der Meister der Götter und Menschen, der Erleuchtete, der Erhabene. Er erklärt diese Welt mit ihren guten und bösen Geistern und ihren Brahma-Göttern, mit ihrer Schar von Asketen und Priestern, mit ihren Göttern und Menschen, nachdem er sie selber erkannt und durchschaut hat. Er verkündet die Lehre, die am Anfang schöne, in der Mitte schöne und am Ende schöne; dem Sinne wie dem Wortlaut nach verkündet er den ganz vollkommenen, lauteren Reinheitswandel.

Jene Lehre vernimmt nun ein Hausvater oder der Sohn eines Hausvaters oder einer aus anderem Stande. Nachdem er jene Lehre vernommen hat, gewinnt er Vertrauen zum Vollendeten und, von Vertrauen erfüllt, überlegt er bei sich: »Beengend ist das Hausleben, eine Stätte des Schmutzes; frei wie der Himmel aber ist die Hauslosigkeit (*9). Nicht leicht ist es für einen, der in der Häuslichkeit lebt, den ganz vollkommenen, lauteren, heiligen Wandel in seiner ganzen Reinheit zu erfüllen. Wie, wenn ich nun mit geschorenem Haar und Barte, mit dem fahlen Gewande bekleidet, vom Hause fortzöge in die Hauslosigkeit?« Und nach kurzer Zeit verläßt er einen kleineren oder größeren Besitz, einen kleineren oder größeren Verwandtenkreis, schert sich Haar und Bart, legt das fahle Gewand an und zieht vom Hause fort in die Hauslosigkeit.

Also ein hausloser Mönch geworden, erfüllt er die Lebensregeln der Mönche. Dem Töten hat er entsagt, vom Töten steht er ab. Ohne Stock, ohne Schwert, zartfühlend, voll Liebe ist er auf das Wohl aller lebenden Wesen und Geschöpfe bedacht. Dem Nehmen von Nichtgegebenem hat er entsagt, vom Nehmen des Nichtgegebenen steht er ab. Was man ihm gibt, das nimmt er, und wartet ab, bis man ihm gibt; ehrlich, lauteren Herzens lebt er. Der Unkeuschheit hat er entsagt; keusch und entsagend lebt er, steht ab vom Geschlechtsverkehr, dem gemeinen. Dem Lügen hat er entsagt, vom Lügen steht er ab. Die Wahrheit spricht er, der Wahrheit ist er verbunden, zuverlässig, vertrauenswürdig, kein Betrüger der Menschen. Dem Hinterbringen hat er entsagt, vom Hinterbringen steht er ab. Was er hier gehört hat, erzählt er dort nicht wieder, um jene zu entzweien; und was er dort gehört hat, erzählt er hier nicht wieder, um diese zu entzweien. So einigt er Entzweite, festigt Verbundene. Eintracht liebt er, an Eintracht findet er Freude und Gefallen, Eintracht fördernde Worte spricht er. Roher Rede hat er entsagt, von roher Rede steht er ab. Milde Worte, die dem Ohre wohltun, liebreich sind, zum Herzen dringen, höflich, die vielen lieb und angenehm sind, solche Worte spricht er. Dem unnützen Geschwätz hat er entsagt, von unnützem Geschwätz steht er ab. Zur rechten Zeit spricht er, den Tatsachen und dem Zwecke gemäß, spricht über die Lehre und die Zucht. Seine Rede ist gehaltvoll, gelegentlich mit Gleichnissen geschmückt, gemessen, dem Gegenstande angepaßt.

Er meidet die Zerstörung von Keim- und Pflanzenleben. Nur zu einer Tageszeit nimmt er Nahrung zu sich (d.h. nur am Vormittag), und des Nachts bleibt er nüchtern; des unzeitigen Essens enthält er sich. Er meidet Tanz, Gesang, Musik und den Besuch von Schaustellungen, verwirft Blumenkränze, Wohlgerüche, Salben sowie jederart Schmuck, Zierat und Schönheitsmittel. Hohe und üppige Betten benutzt er nicht. Gold und Silber nimmt er nicht an. Rohes Fleisch und Getreide nimmt er nicht an. Frauen und Mädchen nimmt er nicht an. Er besitzt keine Diener oder Dienerinnen, keine Ziegen, Schafe, Hühner, Schweine, Elefanten, Rinder oder Pferde, keinen Grund und Boden. Er übernimmt keine Aufträge, tut keine Botendienste. Von Kauf und Verkauf hält er sich fern und benutzt nicht falsches Maß, Metall und Gewicht. Die schiefen Wege der Bestechung, Täuschung und Betrügerei hat er verworfen. Stechen, Erschlagen, Binden, Überfallen, Plündern und Gewalttat liegen ihm fern.

Er begnügt sich mit dem Gewande daß seinen Körper schützt, mit der Almosenspeise, womit er sein Leben fristet. Wohin er auch immer zieht, damit eben nur versehen geht er. Gleichwie ein beschwingter Vogel, wohin er auch immer fliegt, stets nur seine Flügel mit sich trägt, ebenso auch begnügt sich der Mönch mit dem Gewande, das seinen Körper schützt, mit der Almosenspeise, womit er sein Leben fristet.

Durch die Befolgung dieser edlen Sittlichkeit empfindet er in seinem Inneren ein untadeliges Glück.

Erblickt er nun mit dem Auge eine Form, so haftet er weder am Ganzen noch an den Einzelheiten. Und weil bei unbewachtem Auge Begehren und Mißstimmung, üble, unheilsame Einflüsse in ihn einströmen möchten, daher bemüht er sich dem zu wehren; er bewacht das Auge und zügelt es. Vernimmt er mit dem Ohre einen Ton - riecht er mit der Nase einen Duft - schmeckt er mit der Zunge einen Saft - fühlt er mit dem Körper etwas Tastbares - ist er sich im Geiste eines Gedankens bewußt, so haftet er weder am Ganzen noch an den Einzelheiten. Und weil bei unbewachtem Geiste Begehren und Mißstimmung, üble, unheilsame Einflüsse in ihn einströmen möchten, daher bemüht er sich, dem zu wehren; er bewacht den Geist und zügelt ihn.

Durch die Ausübung dieser edlen Sinnenzügelung empfindet er in seinem Inneren ein untadeliges Glück.

Wissensklar ist er beim Kommen und Gehen, wissensklar beim Hinblicken und Wegblicken, wissensklar beim Beugen und Strecken, wissensklar beim Tragen von Gewand und Almosenschale, wissensklar beim Essen, Trinken, Kauen und Schmecken, wissensklar beim Entleeren von Kot und Urin, wissensklar beim Gehen, Stehen und Sitzen, beim Einschlafen und Aufwachen, beim Reden und Schweigen.

Ist er nun mit dieser edlen Sittlichkeit ausgerüstet, ausgerüstet mit dieser edlen Sinnenzügelung, ausgerüstet mit dieser edlen Achtsamkeit und Wissensklarheit, so wählt er sich eine abgeschiedene Wohnstätte im Walde, am Fuße eines Baumes, auf einem Berg, in einer Kluft, einer Bergeshöhle, auf einem Leichenfelde, im Walddickicht, in einer Lichtung oder auf einem Streulager. Nach dem Male, vom Almosengang zurückgekehrt, setzt er sich mit gekreuzten Beinen nieder, den Körper gerade aufgerichtet, die Achtsamkeit sich gegenwärtig haltend.

Weltliche Begierde hat er verworfen, begierdelosen Geistes weilt er, von Begierde läutert er seinen Geist. Haß und Übelwollen hat er verworfen, haßlosen Geistes weilt er; von Wohlwollen erfüllt zu allen lebenden Wesen und Geschöpfen, läutert er seinen Geist von Haß und Übelwollen. Geistige Starrheit und Mattigkeit hat er verworfen, frei von Starrheit und Mattigkeit verweilt er: hellen Geistes (*10), achtsam und wissensklar läutert er seinen Geist von Starrheit und Mattigkeit. Aufgeregtheit und Gewissensunruhe hat er verworfen, frei von Unruhe weilt er und, von innerem Frieden erfüllt, läutert er seinen Geist von Aufgeregtheit und Gewissensunruhe. Zweifelsucht hat er verworfen, zweifelentronnen weilt er, er zweifelt nicht am Guten und läutert seinen Geist von Zweifelsucht.

Hat er nun diese fünf Hemmungen beseitigt, die Befleckungen des Geistes kennengelernt, die lähmenden, so gewinnt er, ganz abgeschieden von den Sinnendingen . . . die erste Vertiefung . . . die zweite Vertiefung . . . die dritte Vertiefung . . . die vierte Vertiefung und weilt in ihr.

Mit derart gesammeltem Geiste, der geläutert ist, rein, fleckenlos, ungetrübt, geschmeidig, gefügig, fest und unerschütterlich, richtet er seinen Geist auf die erinnernde Erkenntnis früherer Daseinsformen, . . . auf die Erkenntnis des Abscheidens und Wiedererscheinens der Wesen (*11) . . . auf die Erkenntnis der Triebversiegung: 'Dies ist das Leiden'. erkennt er der Wirklichkeit gemäß; 'Dies ist die Entstehung des Leidens', erkennt er der Wirklichkeit gemäß; 'Dies ist die Erlöschung des Leidens', erkennt er der Wirklichkeit gemäß; 'Dies ist der zur Erlöschung des Leidens führende Pfad', erkennt er der Wirklichkeit gemäß. 'Dies sind die Triebe', erkennt er der Wirklichkeit gemäß; 'Dies ist die Entstehung der Triebe', erkennt er der Wirklichkeit gemäß; 'Dies ist die Erlöschung der Triebe', erkennt er der Wirklichkeit gemäß; 'Dies ist der zum Erlöschen der Triebe führende Pfad', erkennt er der Wirklichkeit gemäß. Also erkennend, also schauend, wird sein Geist befreit vom Sinnlichkeits-Trieb, befreit vom Daseins-Trieb, befreit vom Nichtwissens-Trieb. Im Befreiten aber erhebt sich die Erkenntnis des Befreitseins, und er weiß: 'Versiegt ist die Wiedergeburt, erfüllt der heilige Wandel, getan ist, was zu tun war, nichts weiteres gibt es mehr zu tun nach diesem hier.'

So, ihr Mönche, ist einer weder ein Selbstquäler, nicht der Übung der Selbstqual ergeben,, noch ist er ein Nächstenquäler, nicht der Übung der Nächstenqual ergeben; ist ohne Selbstqual, ohne Nächstenqual, schon bei Lebzeiten gestillt, erloschen, kühl geworden und verweilt in seligem Gefühle, heilig gewordenen Herzens.

Diese vier Menschen, ihr Mönche, sind in der Welt anzutreffen.


(*1) mutt'ācāro, 'einer, der sich in seinem Benehmen gehen läßt', sich ostentativ über die Anstandsregeln hinwegsetzt.

(*2) Nach dem Essen wäscht er nicht die Hand (mit der er, wie in Indien üblich, aß), sondern leckt sie ab. Über eine alternative Erkl. des K siehe Rhys Davids, »Dialogues of the Buddha« I, 22.

(*3) na kumbhi-mukhā, K: aus dem Topf (direkt) Herausgenommenes; Subk: weil er im Topf Lebewesen vermutet.

(*4) kalopi. Um welche Gefäßart es sich dabei handelt, ist ungewiß, s. Rhys Davids, I. c.

(*5) Das heißt vermutlich, daß er auch in Vor- oder Nebenräumen des Hauses nichts entgegennimmt. Die Wiedergabe von danda ('Stock') mit 'Feuerholz' ist freilich ungewiß; vielleicht bedeutet es 'innerhalb des Holzgitters der Veranda'.

(*6) K: und nur einer aufsteht und die Almosenspeise anbietet.

(*7) samkittīsu; wtl: 'bei Zusammenrufungen' (?), nämlich von Asketen zu gemeinsamer Speisung bei Hungersnot, wofür die Unterstützer der Asketen unter sich Reis sammelten. Doch die strikten unter den nackten Asketen nahmen solche Speisung nicht an (so lt. K).

(*8) santhāgāram, bedeutet gewöhnlich eine Halle für Rats- oder Gemeindeversammlung aber hier vom K als yaññā-sālā erklärt, d.i. Opferhalle.

(*9) pabbajjā, wtl: das Hinausziehen, nämlich aus dem Hausleben ins Mönchstum.

(*10) āloka-saññī, wtl: des Lichtes bewußt; vgl. A.IV.41: Wahrnehmung des Lichtes (āloka-saññā).

(*11) Der vollständige Text für diese beiden Erkenntnisse findet sich in A.III.59.


A.IV. 199 Die 36 Fährten des Begehrens

Also sprach der Erhabene: »Das Begehren (tanhā) will ich euch weisen, ihr Mönche, das netzartige, rastlos treibende, weitgespannte, verstrickende (*1), worin diese Menschheit versunken ist und verfangen, verwickelt (*2) und verwoben wie verworrene Fäden (*3), verflochten wie ein Binsenstrick (*4), so daß sie nicht hinauskommt über die niederen Welten, die Leidensfährten, die Daseinsabgründe, den Kreislauf des Daseins (samsāra). So höret denn, ihr Mönche, und achtet wohl auf meine Worte.« - »Ja, o Herr!« erwiderten jene Mönche dem Erhabenen. Und der Erhabene sprach:

»Was ist nun, ihr Mönche, dieses Begehren, das netzartige, rastlos treibende, weitgespannte, verstrickende, worin diese Menschheit versunken ist und verfangen, verwickelt und verwoben wie verworrene Fäden, verflochten wie ein Binsenstrick, so daß sie nicht hinauskommt über die niederen Welten, die Leidensfährten, die Daseinsabgründe, den Kreislauf des Daseins?

Es gibt da, ihr Mönche, achtzehn durch die eigene Person bedingte Fährten des Begehrens (*5) und achtzehn äußerlich bedingte Fährten des Begehrens.

Was sind nun die achtzehn durch die eigene Person bedingten Fährten des Begehrens? Besteht da, ihr Mönche, der Gedanke: 'Ich bin (*6)', so entstehen auch die Gedanken 'Das bin ich (*7)' - 'Genauso bin ich' - 'Anders bin ich (K: besser oder geringer)' - '[Ewig] seiend bin ich' - 'Nicht [ewig] seiend bin ich (*8)' - 'Ich mag wohl sein (*9)' - 'Ich mag wohl das sein' - 'Ich mag wohl genauso sein' - 'Ich mag wohl anders sein' - 'Möchte ich doch sein (*10)!' - 'Möchte ich doch das sein!' - 'Möchte ich doch genauso sein!' - 'Möchte ich doch anders sein!' - 'Ich werde sein' - 'Ich werde das sein' - 'Ich werde genauso sein' - 'Ich werde anders sein'. Dies sind die achtzehn durch die eigene Person bedingten Fährten des Begehrens.

Was sind nun die achtzehn äußerlich bedingten Fährten des Begehrens? Besteht da, ihr Mönche, der Gedanke: 'Aus diesem Grunde bin ich (*11)', so entstehen auch die Gedanken 'Aus diesem Grunde bin ich das (*12)' - 'Aus diesem Grunde bin ich genauso' - 'Aus diesem Grunde bin ich anders' - 'Aus diesem Grunde bin ich [ewig] seiend' - 'Aus diesem Grunde bin ich nicht [ewig] seiend' - 'Aus diesem Grunde mag ich wohl sein' - 'Aus diesem Grunde mag ich wohl das sein' - 'Aus diesem Grunde mag ich wohl genauso sein' - 'Aus diesem Grunde mag ich wohl anders sein' - 'Aus diesem Grunde möchte ich genauso sein' - 'Aus diesem Grunde möchte ich anders sein' - 'Aus diesem Grunde möchte ich sein' - 'Aus diesem Grunde möchte ich das sein' - 'Aus diesem Grunde werde ich sein' - 'Aus diesem Grunde werde ich das sein' - 'Aus diesem Grunde werde ich genauso sein' - 'Aus diesem Grunde werde ich anders sein.' Dies sind die achtzehn äußerlich bedingten Fährten des Begehrens.

Somit gibt es achtzehn durch die eigene Person bedingte Fährten des Begehrens und achtzehn äußerlich bedingte Fährten des Begehrens. Dies nennt man, ihr Mönche, die sechsunddreißig Fährten des Begehrens. Solcherart gibt es sechsunddreißig vergangene Fährten des Begehrens, sechsunddreißig zukünftige Fährten des Begehrens, sechsunddreißig gegenwärtige Fährten des Begehrens, also einhundertundacht Fährten des Begehrens.

Das, ihr Mönche, ist das Begehren, das netzartige, rastlos treibende, weitgespannte, verstrickende, worin die Menschheit versunken ist und verfangen, verwickelt und verwoben wie verworrene Fäden, verflochten wie ein Binsenstrick, so daß sie nicht hinauskommt über die niederen Welten, die Leidensfährten, die Daseinsabgründe, den Kreislauf des Daseins.


(*1) Die letzten drei Ausdrücke beziehen sich auf das vorhergehende Bild vom Netz.

(*2) tantākulajāto; K: wie schlecht aufbewahrtes, von Mäusen angefressenes Webergarn.

(*3) Freie Wiedergabe für gunāgunthikajāto; lt. K und Subk. entweder der zwecks Glättens mit einer dickflüssigen Substanz eingeschmierte Weberfaden (pesakāra-kañjiya-sutta) oder das von Zweigen herabhängende geflochtene Nest einer gewissen Vogelart.

(*4) muñja-babbajāto, Gras und Binsen; K: ein daraus geflochtener Strick.

(*5) tanhā-vicaritāni (K zu Vibh.: tanhā-pavattiyo); in etwas unterschiedlicher Reihenfolge auch im Vibhanga XVII (PTS, p. 396ff.) des Abhidhamma-Kanons; von den dortigen Erklärungen (zit. Vibh.) und dem Kommentar dazu (VibhK) wird im folgenden Gebrauch gemacht.

(*6) Vibh.: »Wie entsteht da der Gedanke 'Ich bin'? Bei der Körperlichkeit, dem Gefühl, der Wahrnehmung, den geistigen Bildekräften und dem Bewußtsein überkommt ihn das Verlangen (chanda) 'Ich bin', der Dünkel (māna) 'Ich bin', die Ansicht (ditthi) 'Ich bin.' Wenn dies da ist, so gibt es auch solche Erweiterungen (papañcitāni) davon, wie 'Das bin ich', 'Genauso bin ich' usw.«

(*7) D.i. allgemein betrachtet; K: die 5 Daseinsgruppen in ihrer Gesamtheit und ohne Beziehung auf andere Wesen (wie bei den folgenden beiden Begriffen).

(*8) as'asmī'ti hoti, sat'asmī'ti hoti (Vibh.: sāt'asmī'ti). Die beiden Begriffe asa und sata (sātā) sind ungewöhnlich und in ihrer Ableitung unsicher. Vibh. erklärt wie folgt: "Von der Körperlichkeit . . . dem Bewußtsein in ihrer Gesamtheit denkt er: 'Ich bin beständig, dauernd, ewig, nicht dem Wandel unterworfen'; derart denkt er: '[Ewig] seiend bin ich' (as'asmī'ti). Von der Körperlichkeit . . . dem Bewußtsein in ihrer Gesamtheit denkt er: 'Ich werde zugrundegehen, vernichtet werden, werde nicht mehr sein'; derart denkt er: 'Nicht [ewig] seiend bin ich' (sāt'asmī'ti).« - Dementsprechend erklären auch die Kommentare (zu Ang. und Vibh.), da sich diese beiden Sätze auf die Ewigkeits- und Vernichtungsansicht (s. Wtb: ditthi) beziehen. Vibh. K nimmt asa als die altindische Wurzel as und erklärt mit atthi, 'es ist', was der Subk. (Mūla-Tīkā) mit 'stets vorhanden' (sadā samvijjati) erläutert. Vibh. K: sāta = nicht-ewig (assato). Eine spätere Glosse (Sammohavinodani-Yojanā) erklärt sāta mit cheda, 'Vernichtung'.

(*9) san'ti; K: = siyam (Optative), was auch die Lesart im Vibh. ist (siyan'ti). Diese Begriffsgruppe bringt lt. K ein 'zweifelndes Nachdenken' (samsaya-parivitakka) zum Ausdruck.

(*10) api'ham (oder ap'āham) san'ti. Dies und die folgenden drei Begriffe bringen lt. K ein 'wünschendes Sinnen' (patthanā-kappana) zum Ausdruck.

(*11) iminā asmī'ti. K: »Auf Grund dieser (zu einer anderen Daseinskontinuität, d.i. anderer Persönlichkeit gehörenden) Körperlichkeit, auf Grund dieses Gefühls, dieser Wahrnehmung, dieser geistigen Bildekräfte, dieses Bewußtseins.« Vibh.: »Diese (5 Gruppen) einzeln nehmend.« Es handelt sich hier um die äußeren Hilfsmittel oder Bedingungen zur Verwirklichung des Begehrens (Personen, Dinge, Vorgänge), um äußere Kennzeichen des begehrten Zustandes usw. Diese werden dann ebenso Gegenstände der Anhänglichkeit, wie das begehrte Objekt selber (s. I. Abs. des folg. Textes). Diese Hilfsmittel oder Bedingungen mögen materieller Art sein oder auch ideeller, wie z.B. Glaubensvorstellungen, auf die sich Zukunftswünsche gründen. - Es ist in diesem Zusammenhang besonders fruchtbar, die drei Äußerungsformen des Begehrens (Verlangen, Dünkel, Ansichten) hier im einzelnen anzuwenden.

(*12) Vibh. K: »Durch diesen Ehrenschirm, dieses Schwert, diese Weihehandlung bin ich ein Adliger; durch dieses vedische Wissen, diese Hofpriesterstellung usw. bin ich ein Brahmane usw.«


A.IV. 200 Liebe und Haß

So, ihr Mönche, entstehen vier Dinge: durch Liebe entsteht Liebe, durch Liebe entsteht Haß, durch Haß entsteht Liebe, durch Haß entsteht Haß.

Wie aber, ihr Mönche, entsteht Liebe durch Liebe? Da wird einer von einem Menschen geachtet, geliebt und geschätzt, und auch die anderen erweisen ihm Achtung, Liebe und Schätzung. Da denkt jener: 'Eben jenem Menschen, der von mir geachtet, geliebt und geschätzt wird, dem erweisen auch die anderen Achtung, Liebe und Schätzung.' Und er empfindet Liebe zu ihnen. So, ihr Mönche, entsteht Liebe durch Liebe.

Wie aber, ihr Mönche, entsteht Haß durch Liebe? Da wird einer von einem Menschen geachtet, geliebt und geschätzt, doch die anderen mißachten ihn, behandeln ihn schlecht und unfreundlich. Da denkt jener: 'Eben jenen Menschen, der von mir geachtet, geliebt und geschätzt wird, den mißachten die anderen, behandeln ihn schlecht und unfreundlich.' Und er empfindet Haß gegen sie. So, ihr Mönche, entsteht Haß durch Liebe.

Wie aber, ihr Mönche, entsteht Liebe durch Haß? Da wird einer von einem Menschen mißachtet, wird schlecht und unfreundlich behandelt, und auch die anderen mißachten ihn, behandeln ihn schlecht und unfreundlich. Da denkt jener: 'Eben jenen Menschen, der von mir mißachtet wird und schlecht und unfreundlich behandelt, den mißachten auch die anderen, behandeln ihn schlecht und unfreundlich.' Und er empfindet Liebe zu ihnen. So, ihr Mönche, entsteht Liebe durch Haß.

Wie aber, ihr Mönche, entsteht Haß durch Haß? Da wird einer von einem Menschen mißachtet, wird schlecht und unfreundlich behandelt, doch die anderen erweisen ihm Achtung, Liebe und Schätzung. Da denkt jener: 'Eben jenen Menschen, der von mir mißachtet wird und schlecht und unfreundlich behandelt, dem erweisen die anderen Achtung, Liebe und Schätzung.' Und er empfindet Haß gegen sie. So, ihr Mönche, entsteht Haß durch Haß.

So, ihr Mönche, entstehen diese vier Dinge.

Zu einer Zeit nun, ihr Mönche, wenn der Mönch in der ersten, zweiten, dritten oder vierten Vertiefung weilt, zu einer solchen Zeit hegt er nicht jene Liebe, die durch Liebe entsteht, hegt er nicht jenen Haß, der durch Liebe entsteht, hegt er nicht jene Liebe, die durch Haß entsteht, hegt er nicht jenen Haß, der durch Haß entsteht.

Zu einer Zeit, ihr Mönche, wenn der Mönch durch Versiegung der Triebe noch bei Lebzeiten die triebfreie Gemütserlösung und Weisheitserlösung erreicht, zu einer solchen Zeit ist jene Liebe, die durch Liebe entsteht, erloschen, an der Wurzel zerstört, gleich einer Fächerpalme dem Boden entrissen, vernichtet und dem Neuentstehen nicht mehr ausgesetzt; zu einer solchen Zeit ist jener Haß, der durch Liebe entsteht, jene Liebe, die durch Haß entsteht, und jener Haß, der durch Haß entsteht, erloschen, an der Wurzel zerstört, gleich einer Fächerpalme dem Boden entrissen, vernichtet und dem Neuentstehen nicht mehr ausgesetzt.

Dieser Mönch, heißt es, bläht sich nicht auf, widersetzt sich nicht, qualmt nicht, flammt nicht auf, verzehrt sich nicht.

Wie aber bläht sich ein Mönch auf? Da betrachtet ein Mönch das Körperliche als das Selbst, oder das Selbst als den Besitzer des Körperlichen, oder das Körperliche als im Selbst eingeschlossen, oder das Selbst als im Körperlichen eingeschlossen. Er betrachtet das Gefühl als das Selbst . . . die Wahrnehmung als das Selbst . . . die geistigen Bildekräfte als das Selbst . . . das Bewußtsein als das Selbst, oder das Selbst als den Besitzer des Bewußtseins, oder das Bewußtsein als im Selbst eingeschlossen, oder das Selbst als im Bewußtsein eingeschlossen (*1). So, ihr Mönche, bläht sich ein Mönch auf.

Wie aber bläht sich der Mönch nicht auf? Da betrachtet der Mönch nicht das Körperliche als das Selbst, noch das Selbst als den Besitzer des Körperlichen, noch das Körperliche als im Selbst eingeschlossen, noch das Selbst als im Körperlichen eingeschlossen. Er betrachtet nicht das Gefühl als das Selbst . . . nicht die Wahrnehmung als das Selbst . . . nicht die geistigen Bildekräfte als das Selbst . . . nicht das Bewußtsein als das Selbst, noch das Selbst als den Besitzer des Bewußtseins, noch das Bewußtsein als im Selbst eingeschlossen, noch das Selbst als im Bewußtsein eingeschlossen. So, ihr Mönche, bläht sich der Mönch nicht auf.

Wie aber widersetzt sich ein Mönch? Von wem da ein Mönch beschimpft wird, den beschimpft er wieder; von wem er beleidigt wird, den beleidigt er wieder; von wem er gescholten wird, den schilt er wieder. So, ihr Mönche, widersetzt sich ein Mönch.

Wie aber widersetzt sich ein Mönch nicht? Von wem da ein Mönch beschimpft wird, den beschimpft er nicht wieder; von wem er beleidigt wird, den beleidigt er nicht wieder; von wem er gescholten wird, den schilt er nicht wieder. So, ihr Mönche, widersetzt sich ein Mönch nicht.

Wie aber qualmt ein Mönch (*2)? Besteht da, ihr Mönche, [in ihm] der Gedanke 'Ich bin', so entstehen auch die Gedanken 'Das bin ich' . . . (wie in 199) . . . 'Ich werde anders sein.' So, ihr Mönche, qualmt ein Mönch.

Wie aber, ihr Mönche, qualmt ein Mönch nicht? Besteht da [in ihm] nicht der Gedanke 'Ich bin', so entstehen auch nicht die Gedanken 'Das bin ich' . . . 'Ich werde anders sein.' So, ihr Mönche, qualmt ein Mönch nicht.

Wie aber, ihr Mönche, flammt ein Mönch auf? Besteht da [in ihm] der Gedanke 'Aus diesem Grunde bin ich', so entstehen auch die Gedanken 'Aus diesem Grunde bin ich das' . . . 'Aus diesem Grunde werde ich anders sein.' So, ihr Mönche, flammt ein Mönch auf.

Wie aber, ihr Mönche, flammt ein Mönch nicht auf? Besteht da [in ihm] nicht der Gedanke 'Aus diesem Grunde bin ich', so entstehen auch nicht die Gedanken 'Aus diesem Grunde bin ich das' . . . 'Aus diesem Grunde werde ich anders sein.' So, ihr Mönche, flammt ein Mönch nicht auf.

Wie aber, ihr Mönche, verzehrt sich der Mönch? Da ist in einem Mönche der Ichdünkel noch nicht erloschen, nicht an der Wurzel zerstört, nicht, einer Fächerpalme gleich, seinem Boden entrissen, ist noch dem Neuentstehen ausgesetzt. So, ihr Mönche, verzehrt sich der Mönch.

Wie aber, ihr Mönche, verzehrt sich der Mönch nicht? Da ist in einem Mönche der Ichdünkel erloschen, an der Wurzel zerstört, gleich einer Fächerpalme dem Boden entrissen und dem Neuentstehen nicht mehr ausgesetzt. So, ihr Mönche, verzehrt sich der Mönch nicht.


(*1) Dies sind die 20 Formen des Persönlichkeitsglaubens.

(*2) Vgl. in M. 23 das Gleichnis vom Ameisenhügel, der »nachts qualmt und tags flammt«.


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en des Persönlichkeitsglaubens.

(*2) Vgl. in M. 23 das Gleichnis vom Ameisenhügel, der »nachts qualmt und tags flammt«.


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