Theragāthā - Einser-Bruchstück

ERSTER TEIL

 

Subhūti

1

DIE Hütte hier, vor Wind gewahrt, sie schützt mich schon:
So riesle, Wolke, regne recht!
Ich hab' das Herz gar fein gerafft, entfesselt,
Bin rüstig wohlberaten - regne, Wolke!

(Vergl. v. 325)

 

Kotthito

2

EIN Mönch, der losgelöst, entlebt,
Von Hochmut frei, zu sprechen weiß,
Der schüttelt Böses eilig ab,
Gleichwie der Sturmwind welkes Laub.

(Vergl. Dhp. v. 363; zu Kotthito: M 43.)

 

Kankhārevato

3
DIE Wissenschaft Vollkommner magst erkennen,
Gleichwie man Fackeln mitternächtig wahrnimmt:
Sie leihen Licht, verleihen Aug' und Einsicht,
Gewißheit wirkend jedem der hinzu kommt.

 

Punno Mantāniputto

4
MIT Edlen einzig sei gesellt,
Mit Weisen, die da wirklich sehn:
Ein Wohl, gewaltig, tief erzeugt,
Erkennbar kaum, so köstlich zart,
Erwirbt gemach ein teurer Mann,
Der tätig klug ist, aufgeklärt.

(Zu Punno Mantāniputto: M 24.)

 

Dabbo

5
WER, unbezähmbar, duldend sich bezähmt,
Dabbo, der selig Sichre, fraglos Freie,
Der siegend alle Furcht hat überwunden,
Erloschen ist er, ledig, unerfaßbar.

 

Sītavaniyo

6
IM Kühlen Walde weilt ein Jünger gern,
Allein zufrieden, froh, geheilt im Herzen,
Hat siegend alles Ängsten überwunden,
Bewacht sich eifrig selber, ernst besonnen.

 

Bhalliyo

7
WER jäh das Heer des Todesherrn verjagt hat,
Wie Röhricht rasch gefegt ist fort von Hochflut,
Ein Sieger sitzt er, aller Furcht entwesen,
Gelassen, wahnerloschen, unerfaßbar.
 

Vīro

8
WER, unbezähmbar, duldend sich bezähmt,
Ein selig sichrer Held, ein fraglos Freier,
Hat siegend alles Ängsten überwunden,
Als Held erloschen, ledig, unerfaßbar.
 

Pilindavaccho

9
GEFUNDEN hab' ich's, nicht verfehlt,
Kein übel Ding bedünkt es mich,
Von allem was die Welt gewährt
Hab' ich das Beste auserwählt.
 

Punnamāso (I)

10
VORBEI die Sucht herüber, Sucht hinüber
In ihm der weiß, in ihm der einig west,
Von aller Artung ewig abgeschieden
Der Welt Entstehen, Welt Ersterben anschaut.


 ZWEITER TEIL

 

Cūlagavaccho

11
DER heiter hegt als ernster Mönch
Des Auferwachten Meisterwort
Gewinnt gewiß der Ruhe Reich,
Wo selig endet Unterschied.

(Vergl. Therīg. 6, 182; Dhp v.368, v.381.)

 

Mahāgavaccho

12
IN Weisheit weck, in Tugend immer tüchtig,
In Schauung innig eingeübt, besonnen,
Um Notdurft einzig Nahrung noch genießend,
Erharre du das Ziel der Zeiten heilig.
 

Vanavaccho (i)

13
DAS wolkenblaue Strahlenriff,
Von Wasserstürzen kühl durchblitzt,
Umschwärmt von Faltern, bunt gefärbt,
Mein Felsenjoch gefällt mir wohl.

(= v. 1063.)

 

Sīvako

14
MEIN Lehrer sagt mir Lebewohl:
"Von dannen geh' ich, Sīvako!"
Da bleibt im Dorfe nur der Leib,
Zum Walde folgt mein Sinn ihm nach;
Und weil' ich auch, ich wandre doch:
Nicht kann man Kenner fesseln an.

 

Kundadhāno

 

15
ZERFÄLLE Fünf, laß' fahren Fünf (nīvarana),
Von Fünfen mach' dich völlig los:
Bist frei du, Mönch, vom Fünferfron,
So bist du frei von jeder Pein.

(= v. 633, Dhp v. 370.)

 

Belatthasīso

16
GLEICHWIE der edle Büffelstier
Die Pflugschar nachzieht nackenstark
Mit leichter Mühe, Tritt um Tritt:
So laß' ich laufen ab die Zeit
Mit leichter Mühe, Tag um Tag
Im ungemischten Glücke gleich.

(Vergl. v. 45.)

 

Dāsako

17
WER matt und müd' ist, Nahrung einzig absieht,
Ein Schläfer, schlaff am Lager umgelegen,
Wie alter Elefant genährt in Gnaden,
Geburten wechselnd wandelt er erbärmlich.

(= Dhp v. 325.)

 

Singālapitā

18
EIN Siegersohn hat einst geweilt,
Ein Jünger hier im Wilden Harst,
Als Knochenhügel angesehn
Die ganze Erde, hochgeballt:
Und wahrlich hatt' er Wunschbegier
Gar eilig also ausgegehrt.

 

Kulo

19
KANÄLE schlichten Bauern durch das Feld,
Die Bogner schlichten spitze Pfeile zu,
Die Zimmrer schlichten schlanke Balken ab,
Sich selber, wahrlich, machen Dulder schlicht.

(= Dhp v. 145.)

 

Ajito

20
DEN Tod bedenk' ich ohne Angst,
Das Leben läßt mich ohne Lust:
Geduldig trag' ich ab den Leib,
Gewitzigt weise, wissensklar.

(Vergl. v. 196, 606.)


DRITTER TEIL

 
Nigrodho

21
ICH kenne keines Fürchtens Furcht,
Erkundet hat der Herr uns Ewigkeit;
Wo nimmer Furcht erfassen kann,
Auf jener Fährte folgen Jünger nach.
 

Cittako

22
FASANEN blinken, silberblau,
Im dichten Dorne tönt ihr Ruf:
Von lauen Lüften recht geraunt
Erweckt er Weiser schlichten Schlaf.
 

Gosālo

23
IM Bambushag, im Bambuspark
Bewirtet süß mit Honigseim,
Da hab' ich gute Kunst ersehn,
Wie Teil um Teil entsteht und stirbt:
Nun steig' ich wieder felsenan,
Will einsam wesen, einig sein.

(Vergl. v. 121.)

 

Sugandho

24
EIN Jahr erst bin ich Jünger hier,
O sieh' wie wohl die Wahrheit wirkt:
Drei Wissenschaften (siehe paññā) sind geschafft,
Erfüllt ist was der Herr befiehlt.

 

Nandiyo

25
WER innen leuchtet, immer licht,
Wer heilig ward im Herzen reif,
Den lasse, Frevler, unversucht,
Willst selber Leid nicht leiden du.

(Vergl. v. 1189ff.)

 

Abhayo (i)

26
EIN rechtes Wort, ich hab's gehört
Vom Sonnenhelden, Siegerherrn,
Die zarte Spur getroffen fein,
Wie Haares Spitze pfeildurchbohrt.

(Vergl. v. 1160.)

 

Lomasakangiyo

27
DIE Priesterschnalle, Priesterschnur,
Geweihte Binsen, welken Bast:
Vom Busen reiß' ich Binde, Band,
Will rüstig wirken waches Werk.

(Vergl. v. 231-233.)

 

Jambugāmikaputto

28
WER will da gieren Kuttengut,
Wer will geschmeidig sein und schmuck,
Wer lieblich duften Tugend aus?
Du selber bist es, andre nicht.

 

Hārito (i)

29
DICH selber sollst du schleißen schlank,
Gleichwie der Bogner Pfeile pfetzt:
Und hast du straff das Herz gestreckt,
Dann schneide schnell das Wähnen weg!

 

Uttiyo (i)

30
Es hat mich Krankheit heimgesucht,
Und Einsicht geht mir eilig auf:
Die Krankheit grapst und greift um sich,
Ich muß gefaßt und fertig sein.

 


VIERTER TEIL

 

Gahvaratīriyo

31
VERFOLGT von Mücken-, Wespenbrut
In Waldesmitte, Waldespracht:
Gelassen, wie der Elefant
Im Schlachtgewühle, weile schlau.
 

Suppiyo

32
VERWESLICH, hab' ich Wesenschaft,
Inbrünstig, aller Brünste Ziel
Bereitet, höchster Ruhe Heil,
Das unvergleichlich echte Glück.
 

Sopāko (i)

33
GLEICHWIE die Mutter wohlgemut
Ihr einzig Kindlein hegt und pflegt,
So heg' und pflege jedermann
Ein jeglich Wesen überall!
 

Posiyo

34
WER einsam west hat gut gewählt:
So gilt es Denkern immerdar.
Vom Dorf in dichten Wald hinein,
Durch dichten Wald zur Zelle dann,
Und weit und weiter zieh' ich fort
Nach kurzer Rast, und rede nicht.
 

Sàmaññakāni

35
DAS Glück erlangt wer Glück begehrt, ein höchstes
Gepriesen wird er, wahrlich, rings umher gerühmt,
Wer hier den heil'gen achtgeteilten Pfad erfüllt,
Den Weg, der grad' in Ewigkeit uns überführt.

(Vergl. v. 349.)
 
 

Kumāputto

36
O HEIL dem Worte. Heil der tapfern Tat,
O Heil dem Pilger, der als Bettler schweift!
Als Jünger dient in Demut er, bedacht:
Das ist Asketenschaft von Kummer frei.

 

Ein Ordensbruder Kumāputtos

37
SIE wandern durch die Lande hin
Und leben lässig, ohne Ernst,
Sind unstet, ungefestigt, feig:
Was frommt es Reich um Reiche
So laßt uns meiden arge Müh',
Alleinig üben Schauung licht.
 

Gavampati

38
WER mächtig da gestaut hat Sarabhū,
Die wogenwilde, selber unverstört:
Den unbenetzten, unvernetzten Helden hehr,
Den Weltenüberwinder grüßen Götter gern.

(Vergl. v. 1104. Zu Gavampati: D 23.)
 

Tisso (i)

39
WIE scharf mit Messern angeschlitzt,
Wie hell am Scheitel angebrannt:
Verleugnend alle Lebenslust
Zieh' weiter, wohlgefaßt, ein Mönch.
 

Vaddhamāno

40
WIE scharf mit Messern angeschlitzt,
Wie hell am Scheitel angebrannt:
Verleugnend alle Daseinslust
Zieh' weiter, wohlgefaßt, ein Mönch.
 


 FÜNFTER TEIL

 
Sirivaddho

41
DIE Höhle hallt von Donnerschlägen wider,
Die Bergeshäupter lodern blitzumzackt:
Im Höhlenbusen sicher sinnt ein Heiliger,
Des Meisters ohne Gleichen Sohnesbild.
 

Revato Khadiravaniyo

42
O Cālā, Upacālā, Sīsūpacālā,
Verweilt ihr, Schwestern, wohl besonnen auch?
Der Bruder naht, er prüft genau den Sinn,
Weicht halben Haares Breite nimmer ab.
 

(Ermahnung an die Nonnen.)

 

Sumangalo

43
ICH bin entfrönt, ich bin entfrönt,
Bin völlig frei vom Frone dreier böser Bürden:
Die Sichel hab' ich abgelegt, den Pflug entpflegt
Und hab' die Harke beigelehnt.
Wenn immer nur der Erde Not uns ängstet,
So will mich's dünken endlich denn genug, genug!
Wach' auf, Sumangalo, wach' auf, Sumangalo,
Und harre herrlich du geduldig aus.

(Vergl. Therīg. 11.)

 

Sānu

44
UM Tote weint man, Mutter, ja,
Lebendig sieht man nimmer sie;
Lebendig siehst du, Mutter, mich:
Sag' an, o Mutter, was du weinst?
 

Ramaīyavihārī

45
GLEICHWIE du merkst den starken Stier,
Der strauchelnd stürzt und stracks ersteht,
So merke sichern Seher wohl,
Der wachen Meisters Jünger ist.

(Vergl. v. 173f.)
 

Samiddhi

46
ICH bin Asket aus Zuversicht,
Hab' aufgegeben Haus und Hof,
Gewonnen Einsicht, weisen Witz,
Und fest und fein das Herz gefügt:
Gestalten gaukle wie du willst,
Verstören kannst du nimmer mich.

(Vergl. v. 25.)
 

Ujjayo

47
VEREHRUNG dir, erwachter Herr,
Du bist geheiligt überall:
Wie du verweilest heldensam
Verweil' ich selber wahnversiegt.
 

Sañjayo

48
SOLANG' ich fort vom Hause bin,
Als Pilger bettelnd, heimatlos,
Da weiß ich nichts von Absicht mehr
Von übler, von gemeiner Art.
 

Rāmaneyyako

49
Wo Lärm um Lärmen wirr ertönt
Von Werkeltag und Werkeldienst,
Da neigt sich nimmer hin das Herz:
Wo Einheit einigt ruht es recht.
 

Vimalo (i)

50
DER Staub ist naß benetzt, in Wirbeln stürmt es an,
Ein Blitz huscht übern Himmel hell;
Gedanken blassen dämmernd ab:
Ich hab' mein Herz gar fein gefaßt.
 


SECHSTER TEIL

Godhiko

51
DER Regen rieselt, recht wie sanfter Sang,
Die Hütte hier, vor Wind gewahrt, sie schützt mich schon
lch hab' das Herz im Innern fein gefaßt:
Wohlan, o Wolke, willst du, riesle, regne recht!
 

Subāhu

52
DER Regen rieselt, recht wie sanfter Sang,
Die Hütte hier, vor Wind gewahrt, sie schützt mich schon,
Ich hab' das Herz im Busen fein gefaßt:
Wohlan, o Wolke, willst du, riesle, regne recht!
 

Valliyo (i)

53
DER Regen rieselt, recht wie sanfter Sang,
Die Hütte hier, vor Wind gewahrt, sie schützt mich schon,
Geborgen bin ich, wanke, weiche nicht:
Wohlan, o Wolke, willst du, riesle, regne recht!
 

Uttiyo (ii)

54
DER Regen rieselt, recht wie sanfter Sang,
Die Hütte hier, vor Wind gewahrt, sie schützt mich schon,
Geborgen bin ich, einsam, ungesellt:
Wohlan, o Wolke, willst du, riesle, regne recht!
 

Añanavaniyo

55
GEZIMMERT hab ich Schemel, Schirm
Und bin zum Walde zogen baß;
Drei Wissenschaften sind geschafft?
Erfüllt ist was der Herr befiehlt.

(Vergl. Therīg.147.)
 

Kutivihārī (i)

56
DER HÜTTENGEBER::
WER haust in dieser Hütte hier?

KUTIVIHĀRÍ
Es ist ein Mönch;
Der Gier entgangen wahrt er wohl das Herz
Ich sag' dir Botschaft, höre, Freund:
Nicht hast umsonst du hier gebaut.

 

Kutivihārī (ii)

57
EIN altes Hüttlein stand vor Zeiten da;
Ein andres Haus, ein neues nähmst du jetzt?
O denk' an Haus und Hütte nicht,
So weh', o Mönch, ist wieder neues Haus!

(Vergl. v. 183-184.)
 

Ramanīyakutiko

58
WIE heiter dünkt mein Hüttlein doch,
Verleiht Vertrauen, lichten Trost:
Von Mägden mag ich keine Gunst,
Wer Gunst begehrt nimmt gern euch auf, ihr Weibervolk.
 

Kosallo

59
ICH hab' entsagt aus Zuversicht,
Im Wald ein Hüttlein selbst gebaut,
Gerungen recht in zäher Zucht,
Gedankenklar und klug bedacht.
 

Sīvali

60
ERZWUNGEN hab' ich sichern Zweck,
Wozu mir diese Hütte taugt:
Ich hab' Erlösung licht ersehn
Den Eigendünkel tilgend aus.


 SIEBENTER TEIL

Vappo

61
WER selber sieht sieht andre sehn,
Und andre nicht sehn sieht er auch:
Wer selber nicht sieht siehet nicht
Ob andre nicht sehn, andre sehn.
 

Vajjiputto (i)

62
ALLEIN im Walde weilen einzeln einsam wir,
Gestutzten Stämmen ähnlich im Gehölz:
Gar mancher neidet mir so glaues Glück,
Wie Höllengauch dem Himmelgänger giert.
 

Pakkho

63
VERLEBT vergehn sie, schwinden hin,
Begierde lockt sie wieder her;
Gediehn ist hold ein herrlich Werk,
Erdungen hab' ich Wohl um Wohl.

(Vergl. v. 220.)
 

Vimalakondañño

64
ICH bin der Ambapālī Sohn,
Von Bimbisāro echt gezeugt:
Erzeugung meid' ich, zeuge mir
Das Ende aller Zeugung auf.
 

Ukkhepakatavaccho

65
WAS manche Monde, manches Jahr
Der Jünger wohl gehütet hat in sich,
Das Meisterwort, er legt es dar
Dem Volke (*), heiter sitzend hochgesinnt.

(*) Der Mönch trägt die Lehre vier Arten von Hörern vor: Mönchen und Nonnen, Anhängern und Anhängerinnen.

 

Meghiyo

66
GEWALTIG sprach der Heldenherr,
Der Überwinder aller Art;
Ich nahm die Satzung innig wahr,
Zu seiner Rechten saß ich froh:
Und Wissen ging mir dreifach (siehe paññā) auf,
Das Meisterwort, es war erfüllt.
 

Ekadhammasavanīyo

67
DAS Dürsten ist verdorrt in mir,
Ein jedes Dasein ausgemerzt,
Zunichte, gar die Wandelwelt,
Und nimmer gibt es Wiedersein.
 

Ekuddāniyo

68
DER hochbeherzte, stetig unverstörte Mönch,
Auf Mönchesfährten fahrend hin,
Von Kummer spürt er keine Spur,
In eigner Ebbung immer klug und klar.
 

Channo

69
DES Riesen Riesenwahrheit hab' ich wohl gehört,
Ich bin belehrt vom besten Kenner aller Kunst:
Erkundet hab' ich Steig und Steg zur Ewigkeit,
Er hat erfunden kühn den selig sichern Gang.
 

Punno

70
NUR Tugend taugt am besten hier,
Der Weise nur ist höchster Held:
Bei Menschen siegt, bei Göttern siegt
Nur Tugendkraft, nur Weisheitkraft.

(= v. 619)


ACHTER TEIL

Vacchapālo

71
WER fein geborgnes zartes Ziel erschaut,
Gewisse Kunde kennt, in eigner Ebbung weilt,
Und innig wirbt um wache Meisterart:
Gewinnen wird er Wahnerlöschung leicht.

(= v. 210)
 

Ātumo

72
GLEICHWIE die Knospe zart hervorbricht oben
Und langsam nur vom Blütenknauf sich ablöst,
So hat gehemmt mich noch der Gattin Anblick:
Erkenn' mich nun, bin aufgegangen heute!
 

Mānavo

73
ICH hab' den Greis gesehn, und siechen, kranken Mann,
Gesehn den Toten, ohne Odem, abgelebt,
Bin darum fort vom Haus als Bettler zogen hin,
Verschmerzend was als Wunsch und Wähnen schmeichelt.
 

Suyāmano

74
BEGEHRLICH Hangen, Hassensgroll,
Vergrämte matte Müdigkeit,
Und Stolz, und starre Zweifelsucht
Hat sicherlich der Mönch versiegt.
 

Susārado

75
GAR selig ist es rechte Recken sehn,
Unklares klärt sich auf und Weisheit wächst,
Ja schier den Toren schaffen klug sie um:
Gesellschaft Guter gilt mir selig so.

(Vergl. D.11)
 

Piyañjaho

76
VOR Ungebeugten sei gebeugt,
Und vor Gebeugten ungebeugt,
Verweile gern wo keiner weilt,
Wo alles jubelt juble nicht.
 

Hatthārohaputto

77
EINST stürmte jubelnd dieses wilde Herz dahin,
Wohin sein Wille, seine Lust, sein Glück es trieb:
Von heut' an werd' ich tapfer halten dich zurück,
Gleichwie der Bändiger den Elefanten zwingt.

(= v. 1130, Dhp.v.326)
 

Mendasiro

78
IN öder, irrer Wandelwelt
Bin elend auf und ab gewallt:
In Leiden wesend überall
Hab' Leid um Leid ich ausgelebt.

(Vergl. Dhp.v.153.)
 

Rakkhito

79
VERLEUGNET hab' ich alle Lust,
Verworfen gänzlich allen Haß,
Vergangen ist mir aller Wahn:
Verglommen bin ich, ausgeglüht.
 

Uggo

80
WAS immer ich für Tat getan,
So kleine Tat wie große Tat,
Ist alles völlig ausgetilgt,
Und nimmer gibt es Wiedersein.
 

Samitigutto

81
WAS immer Böses ich gewirkt
In manchem Leben, mancher Welt,
Hienieden wird es abgebüßt,
Und andre Ordnung gibt es nicht.
 

Kassapo

(Kassapo, der vom Seher Kasyapas abstammende, ist Ahnenname, nomen gentile, wie Bhāradvājo, v. 123 und 219, von Bharadvājas, oder Gotamo, v. 137, 258, 587, von Gotamas).

82
Wo gern man Bettler billig labt,
Gelassen aufnimmt, nicht verletzt,
Da sollst du pilgern, lieber Sohn,
Auf daß nicht Sorge sehre dich.

(An einen Novizen gerichtet.)
 

Sīho

83
O SEI du, Siho, wohlgefaßt
Und unermüdlich Tag und Nacht,
Was tüchtig taugt erzeug' in dir,
Verleugne rüstig diesen Leib!
 

Nīpo

84
DIE Nacht hindurch im Schlafe schlaff,
Bei Tage gern gesellig sein:
Woher denn wird ein solcher Gauch
Ein Ende wirken allem Weh?
 

Sunāgo

85
WER kühn das Herz beherrschen kann,
Der Wildnis Wonnen köstlich hat erkannt,
In Schauung innig eingesenkt,
Erglänzen mag ihm ungemischtes Glück.

(Vergl. M 20)
 

Nāgito

86
"IN andern Orden, wo da jeder anders lehrt,
Führt keine Fährte zur Erlöschung hin wie hier":
Der Meister hat uns Jüngern also Mut erweckt,
Gewiesen Heil, der Herr, wie offen in der Hand.

(Zum Jünger Nāgito: D 6, anfangs.)
 

Pavittho

87
DER Strunk (khandha) ist deutlich aufgedeckt,
Und alles Wesen abgewirkt,
Der Lebensbronnen ist verbraucht,
Und nimmer gibt es Wiedersein.
 

Ajjuno

88
ERRUNGEN hab' ich Rettung mir
Am Ufer, aus der Wasserflut,
Im Strome strudelnd, fließend hin,
Der Wahrheit Staffeln stark erfaßt.
 

Devasabho (i)

89
GEQUERT ist Sumpf und seichtes Moor,
Gemieden Schlucht und quebber Schlund,
Hab' ohne Taumel, unvertäut,
Besiegt auf immer Eigensucht.
 

Sāmidatto

90
DER Fünferstrunk (khandha), er ist erforscht,
Er ist gefällt am Wurzelkamm,
Der Lebensbronnen ist verbraucht,
Und nimmer gibt es Wiedersein.


 ZEHNTER TEIL

Paripunnako

9l
NICHT achte hundertfach gewürztes Reisgericht
Als wie den Imbiß ich von heut:
Herr Gotamo, der gänzlich durch die Dinge sieht,
Die Satzung hat er hell gezeigt.
 

Vijayo

92
WER wahngesundet, wahnversiegt
Von Nahrung unabhängig west,
In leerer, ungehießner Welt
Erlösung übend innig weilt:
Gleichwie der Vögel Himmelflug
Ist schwer erspürbar dessen Spur.

(= Dhp.v.93)
 

Erako

93
IN Leiden kehrt sich um die Lust,
In Wohl gewiß nicht, Erako!
Wer Lust ersehnt, wer Lust erkürt
Erkürt sich Leid, ersehnt sich Leid:
Wer nimmer Lust ersehnt, erkürt
Erkürt, ersehnt sich nimmer Leid.

(Vergl. M 45)
 

Mettaji

94
VEREHRUNG Ihm, dem hehren Herrn,
Dem Sakyersohne, reich an Ruhm:
Errungen hat er besten Hort,
Und beste Wahrheit oflenbart.
 

Cakkhupālo

95
ERBLINDET bin ich, augentblößt,
In Irrsal elend eingesenkt;
Und ob ich gleich vergehen soll:
Mit Bösen schließ' ich keinen Bund.
 

Khandasumano

96
HATT' einst ein Blümlein (*) dargebracht -
Zehntausend achtzigtausend Jahr'
In hohen Himmeln wallt' ich dann:
Bin heute ledig, wahnerlöst.

(*) Blumen als Zeichen der Verehrung, Heiligen darzureichen, ist eine allgemein indische Sitte. Es sei hier erwähnt, daß die Gabe ihren Wert verliert, wenn man vorher gerochen hat.

 

Tisso (ii)

97
DIE Schüssel, hundert Unzen schwer,
AUS Gold getrieben, ellenbreit,
Gab hin ich um den irdnen Topf,
Gewann die zweite Weihe da.

(= v. 862)
 

Abhayo (ii)

98
WER Formen sieht wird sinnberückt
Sobald er Reize reizen läßt:
Erregt im Busen, ruhelos,
Verliert er sich in derbe Lust;
Sein Wähnen schwillt gewaltig an,
Die Lebenswurzeln schwellt es auf.

(Vergl. v. 794)
 

Uttiyo (ii)

99
WER Töne hört wird sinnberückt
Sobald er Reize reizen läßt:
Erregt im Busen, ruhelos,
Verliert er sich in derbe Lust;
Sein Wähnen schwillt gewaltig an,
Den Wandelwirbel schwellt es auf.

(Vergl. v. 796)
 

Devasabho (ii)

100
WER kühn den Pfad erkämpfen kann,
Der Einsicht Pfeiler wohl bewacht,
Verborgen als Erlöster lugt:
Verglimmen wird er, wahnentglüht.

(Vergl. M 10)


 ELFTER TEIL

Belatthakāni

101
ALS Bettler pilgernd, ungeheilt im Herzen,
Ein maulvergnügter Magenknecht, ein Feigling,
Wie alter Elefant genährt in Gnaden,
Geburten wechselnd wandelt er erbärmlich.

(Vergl. v. 17)
 

Setuccho

102
Aus Eigendünkel unbedacht,
Um bunte Bilder süchtig sein,
Von Gunst und Ungunst gleich verstört:
Nicht kennt ein solcher stilles Glück.
 

Bandhuro

103
NACH diesem Becher dürst' ich nicht:
Gesättigt von der Wahrheit Wonnetrunk,
Von bester Würze Kraft erfüllt
Will nimmer nippen an dem Giftpokal.

(Siehe das Gleichnis vom Giftbecher in M 46)
 

Khitako (i)

104
WIE leicht ist, wahrlich, doch mein Leib,
Von lichter Freude rüstig froh belebt!
Wie Wolle, die der Wind vom Baume weht,
Getragen treibt mein Leib dahin.
 

Malitavambho

105
VERHARRE nicht in Angst und Not,
Und auch behaglich sollst nicht sein:
Die Stätte, die dir nimmer nützt,
Verlasse, Weiser, weile nicht.

(Vergl. M 17)
 

Suhemanto

106
WAS hundertfach ist offenbar,
Was hundert Zeichen zeigt genau,
Gewahrt ein Tropf als Trümmer nur:
Als Ganzes wer um Wissen geht.
 

Dhammasavano

107
HAB' abgewogen Wohl zu Weh (*),
Und bin als Bettler zogen hin;
Drei Wissenschaften (paññā) sind geschafft,
Erfüllt ist was der Herr befiehlt.

 (*) Vergl. das berühmte Wort ādīnavo ettha biyyo, "Das Elend überwiegt" in M 14.

Der Vater Dhammasavano

108
AN Jahren hundertzwanzig alt
Bin noch als Bettler zogen aus;
Drei Wissenschaften sind geschafft,
Erfüllt ist was der Herr befiehlt.
 

Sangharakkhito

109
UND übt er einsam Wort um Wort nicht innig ein,
Vom höchsten Mitleid, Mitgefühl das Meisterwort?
Er weilt ja klug besonnen, weislich sinnenklar,
Der Hindin gleich, die zart und zag im Haine haust.
 

Usabho (i)

110
DIE Bäume, hoch gewipfelt, breit gespreitet,
Von höhrer Wolkentraufe frisch beträufelt,
Entbieten ihm, der einsam will im Walde sein,
Dem Mönch allmählich gern gesellig sichre Gunst.


ZWÖLFTER TEIL

Jento (i)

111
DIE Pilgerschaft ist peinlich, peinlich Haus und Heim,
Gar tief die Wahrheit, Schätze schwer zu heben hier;
Ohnmächtig mühn wir da wie dort uns immer ab:
Gedenken taugt uns einzig an Vergänglichkeit!

(Vergl. Dhp.v.302)
 

Vacchagotto

112
DREI Wissen lös ich, luge weit,
In Ebbung innig eingeübt;
Mein eigen Wohl ist ausgemacht,
Geschaffen was der Meister schafft.

(Zu Vacchagotto: M 71)
 

Vanavaccho (ii)

113
DER stille See im Felsgestein,
Der Gemsen Labsal, Affen Lust,
Beblüht vom blauen Wasserstern,
Mein Felsenjoch gefäillt mir wohl.

(= v. 601, 1070; vergl. v. 13)
 

Adhimutto (i)

114
WER derb genießen, minnen mag,
Dem Tode täglich näher doch,
Nach Leibeslüsten gierig geht:
Asketenadel ahnt er nicht.
 

Mahānāmo

115
AUF Bergestriften trifft man ihn allein (*),
Wo lichter Lorbeer blüht und Balsambaum,
Am Joche, wo der Jäger birscht,
Auf hoch erhabnem Gipfelkamm.

(*) Es ist vom heiligen Jünger die Rede.

 

Pārāpa riyo (i)

116
DAS Reich der Reize narrt mich nicht,
Die Tore hüt' ich, heilbedacht:
Ich hab' das Übel ausgespien
Mit seiner Wurzel, wahnversiegt.
 

Yaso

117
GESALBT, geschmückt, im Festgewand,
Mit allem Zierat angetan,
Erfand ich Wissen dreifach mir,
Das Meisterwort, es war erfüllt.
 

Kimbilo (i)

118
WIE abgehülst verwelkt die Jugend hin,
Als ob schon andre Form sich formen will:
Bin immer selbst am selben Orte ja,
Gedenke doch, daß einst ich anders war.
 

Vajjiputto (ii)

119
IM dichten Haine, birg dich tief im Busch,
Im Herzen von Erlösung selig satt,
Und übe Schauung, ledig immerdar:
Was kann dir Tadel gelten, Tadel tun?
 

Isidatto

120
DER Fünferstrunk, er ist erforscht,
Er ist gefällt am Wurzelkamm,
Die Leiden alle sind versiegt,
Mein Sehnen, das ist aufgezehrt.

(Vergl. v. 90)


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