Dhammapada (v.306-359)

Niraya - Hölle

 
306
Wer falsches Zeugnis gibt, wer, was er tat, verneint,
Zur Hölle beide geh'n, durch gleiche Schuld vereint.
 
307
Unwürd'ge, Schlechte gibt's genug im gelben Kleid;
Aus ihrer Missetat wächst ihnen Höllenleid.
 
308
Viel besser zu verschlingen feurig glüh'ndes Eisen,
Als daß ein Taugenichts lebt von geschenkten Speisen.
 
309
Vier Früchte bringt die Tat dem Ehebrecher ein:
Mißachtung, schlechten Schlaf, Verruf und Höllenpein;
 
310
Mißachtung, Höllenqual, in Ängsten kurze Freuden
Und schwere Strafen; drum ist Ehebruch zu meiden.
 
311
Wie sich die Hand verletzt, die Riedgras falsch ergreift,
So bringt zur Hölle sich ein Bhikkhu, der ausschweift.
 
(*312) 312
Ein lockerer Lebenswandel, mangelhafte Zucht
Und Unbeständigkeit trägt keine gute Frucht.
 
313
Wenn eine Pflicht dich ruft, erfüll' sie treu und redlich!
Ein sittenloser Mönch wirkt auf die Umwelt schädlich.
 
314
Laß Schlechtes ungetan, weil sonst die Reue brennt;
Das Gute aber tu', das keine Reue kennt.
 
315
Wie man die Grenzstadt hüten muß von allen Seiten,
So hüte du dich selbst und handle recht beizeiten!
Denn wer die Zeit verpaßt, muß Höllenqualen leiden.
 
316
Wer falscher Lehre folgt, sich schämt, wo nichts zu schämen,
Und schamlos frevelt, muß den Weg zur Hölle nehmen.
 
317
Wer, falsch belehrt, nicht scheut die wirklichen Gefahren
Und Furcht hat ohne Grund, der muß zur Hölle fahren.
 
318
Wer Unschuld niedrig schätzt, Vergeh'n für rühmlich hält
Und falscher Lehre folgt, der kommt zur Höllenwelt.
 
319
Wer rechter Lehre folgt und wohl kann unterscheiden,
Was gut, was böse ist, dem winken Himmelsfreuden.


Nāga - Der Elefant

 
320
Geduldig wie der Elefant im Kampfgedränge
Ertrag' ich Kränkungen der sittenlosen Menge.
 
321
Der zahme Elefant ist standhaft in den Schlachten;
Der wohl erzog'ne Mensch wird Kränkung nicht beachten.
 
322
Wertvoll sind Elefant, Maultier und edles Pferd,
Jedoch ein Mensch, der sich beherrscht, hat höhern Wert.
 
323
Mit jenen kommst du nicht ins unbetret'ne Land (nibbāna),
Den Selbstbeherrschten nur ist hier der Weg bekannt.
 
324
Der große Elefant in Brunstzeit ist unbändig,
Gefesselt frißt er nicht, denkt an den Wald beständig.
 
(*325) 325
Ein Schwelger, der sich faul im Bett wälzt gleich den Schweinen,
Den fetten, muß noch oft in dieser Welt erscheinen.
 
326
Einst schweift' mein Denken ab nach Sinnenlust und Glück;
Wie einen brünst'gen Stier (wörtl.: Elefant) halt' ich es jetzt zurück.
 
327
Seid ernst, bewacht das Denken, reinigt das Gemüt,
Gleichwie der Elefant sich aus dem Sumpfe zieht.
 
328
Triffst einen klugen Freund du, einen tücht'gen Mann,
Gefahren zu besteh'n, dem schließe froh dich an!
 
329
Sonst geh' getrost allein, wie ein aus seinem Land
Verbannter Fürst und wie im Wald der Elefant.
 
330
Gleichwie der Elefant im Walde, geh' allein
Und wünsche wenig, hab' mit Toren nichts gemein!
 
331
Wohl dem, der in der Not auf Freunde rechnen kann,
Der stets zufrieden ist und gutes Werk getan,
Das ihn beim Sterben freut, und den kein Leid ficht an!
 
332
Wohl dem, der liebevoll die alten Eltern ehrt
Und Ehrfurcht Heiligen erweist, wie sich's gehört!
 
333
Wohl dem, der tugendhaft bis in sein Alter, fest
Vertraut und weise ist und Schlechtes unterläßt!


Tanhā - Der Drang

 
334
Dem Trägen wächst der Drang wie Schlinggewächs; in Süchten
Springt ruh'los er umher, gleichwie der Aff' nach Früchten.
 
335
Wen dieser scharfe Drang, der giftige, erfaßt,
Wie Unkraut wuchernd, wächst ihm Leid und Sorgenlast.
 
336
Doch wer den bösen Drang in sich gemeistert hat,
Dem rinnt die Sorge ab, wie Tau vom Lotusblatt.
 
337
Ich rat' euch, die ihr steht vor meinem Angesicht:
Wie Unkraut rodet aus den Lebensdrang, daß nicht
Der Tod euch wieder, wie der Strom das Schilfrohr, bricht!
 
(*338) 338
Gefällter Baum wächst nach, wenn noch die Wurzel lebt;
Solang' noch Drang besteht, das Leid sich neu erhebt.
 
339
Wo noch die sechsunddreißigfache (*f16) Gier vorhanden,
Den Toren macht die Flut der Leidenschaft zuschanden.
 
340
Die Ströme fließen überall, das Unkraut sprießt;
Die Wurzel grab ihm ab mit Weisheit, wo du's siehst!
 
341
Wer nur Vergnügen sucht und giert nach Sinnesfreuden,
Muß immer wieder durch Geburt und Sterben leiden.
 
342
Vom Drang befall'ne Wesen müssen lange Zeit,
Wie Hasen in der Schlinge, dulden schweres Leid.
 
343
Der Drang bringt Leid; drum soll der Bhikkhu ihn vertreiben,
Wünscht er von Leidenschaft für immer frei zu bleiben.
 
344
Wer, obwohl frei von Lust, nach Lust doch wieder schmachtet,
Gleich dem Befreiten, der nach Ketten wieder trachtet.
 
345
Viel stärk're Fesseln als der Strick, der Block, das Eisen
Sind Sorgen um Besitz, um Weib und Kind dem Weisen;
 
346
Sie sind zwar biegsam, doch man bricht sie schwer entzwei.
Wer sie zerbrach, der ist, als Mönch, von Wünschen frei.
 
347
Wer schwimmt im Strom der Lust, der hält sich gleich den Spinnen
Im Netz; doch wer's zerreißt, wird allem Leid entrinnen.
 
348
Gib auf, was war, was ist, was kommt, gib alles her!
Bist du allseitig frei, gibt's keine Wiederkehr.
 
349
Wer schönheitstrunken nur der Lust sich überläßt,
Dem wächst der Lebensdrang, die Fesseln werden fest.
 
350
Wer klaren Geistes übt, das Unschöne zu schauen,
Wird Māras Fesseln einst, vom Drang befreit, zerhauen.
 
351
Er ist ans Ziel gelangt, befreit von Drang und Schwächen;
Im letzten Leib konnt' er des Lebens Dornen brechen.
 
352
Wer allen Drang besiegt, die Wünsche all' verbannt,
Wem Buddhas Worte und ihr Sinn sind wohl bekannt,
Der trägt den letzten Leib, wird weisheitsgroß genannt.
 
353
Besiegt ist alles, selbst erkannt, ganz bin ich rein,
Entsagend, dranglos, frei; wer könnt' mein Lehrer sein (*f17)?
 
354
Die Lehre ist die beste aller Gaben,
Sie wird am allerköstlichsten dich laben.
Die Lehre ist die höchste aller Freuden;
Die Weltabkehr vernichtet alle Leiden.
 
355
Reichtum verdirbt den Mann, der nicht ans Jenseits denkt,
Weil, danach dürstend, er sich selbst, wie andre, kränkt.
 
356
Unkraut verdirbt das Feld, den Menschen das Begehren;
Wer Gierlose beschenkt, wird seine Früchte mehren.
 
357
Unkraut verdirbt das Feld, den Mann verdirbt das Hassen;
Geschenk an Friedliche wird Früchte wachsen lassen.
 
358
Unkraut verdirbt das Feld, den Menschen die Verblendung;
Doch, Weisen dargebracht, trägt reiche Frucht die Spendung.
 
359
Unkraut verdirbt das Feld, den Mann das Wunschverlangen;
Wer Wunschlose beschenkt, wird reiche Frucht empfangen.


(*f16) die 6 Sinne, die 6 Arten der Sinnesobjekte, jedes mit 1) Sinnenlust, 2) Leben, 3) Vernichtung.
 (*f17) Ein Teil der Antwort, die Buddha bald nach seinem Erwachen dem Upaka auf dessen Frage nach seinem Lehrer gab. (M.26


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