Theragāthā - Dreier-Bruchstück

Anganiko Bhāradvājo (II)

219
DIE rechte Reinheit fand ich nicht,
Im Walde betend Feuer an;
Ich wußte nichts vom reinen Pfad,
Unendlich pflegend Büßerqual.
 
220
Nun hab' ich Wohl um Wohl (*) erlangt -
O sieh' wie selig Wahrheit wirkt -
Das Wissen (paññā) ging mir dreifach auf,
Das Meisterwort, es ist erfüllt!

(*) Wohl um Wohl, im Gegensatz zur Lehre anderer Asketen: Wohl um Wehe; siehe M 14, gegen Ende.

 

221
Brahmanenlehrling war ich nur,
Brahmanenmeister bin ich nun:
Drei Wissen weiß ich, preiserprobt,
Ich kenn' die Kunde, seh' den Sinn.

(Vergl. Therīg. v. 251, 290)

 

Paccayo

222
FÜNF Tage war ich erst Asket,
Noch kämpfend in der eignen Brust;
Und als ich einsam sinnend saß
Erwuchs im Herzen heiß der Wunsch:
 
223
«Nicht essen will ich, trinken nicht,
Nicht eher aus der Öde gehn,
Nicht eher ruhen, rasten nicht,
Bis ausgedarrt ist aller Durst!»
 
224
Und weil ich rang und weil ich riet -
O sieh' des Mutes Übermacht -
Da ging mir Wissen dreifach auf,
Das Meisterwort, es war erfüllt.
 

Bākulo

 

225
WER da verschiebt auf morgen hin
Was heute schon zu Taten mahnt:
Von hohem Heile stürzt er ab,
Und rasche Reue stachelt ihn.
 
226
Das Werk nur soll gepriesen sein,
Was nicht gewirkt ist preise nicht:
Wer ohne Ursach redet, rühmt,
Den Weisen wird es offenbar.
 
227
Wie lieblich dünkt Erlöschung doch,
Wohin der wache Herr uns weist,
Wo keine Sorge, Sünde sehrt,
Wo alles Elend untergeht.
 

Dhaniyo

228
WER wohlgelungen leben will,
Asketenrecht, asketenrein:
Den Ordensrock, den Ordensreis,
Er nimmt genehm die Notdurft an.
 
229
Wer wohlgelungen leben will,
Asketenrecht, asketenrein:
Wie Otternbrut, wie Rattenbrut,
So haust er heimlich, hütet sich.
 
230
Wer wohlgelungen leben will,
Asketenrecht, asketenrein:
Erhaben heiter überall,
Ein einzig Ding, er denkt es aus.
 

Mātangaputto

231
«Es ist zu kühl», «Es ist zu schwül»,
«Es ist zu spät», so schwatzt man gern
Und weil der Mensch nun müßig steht
Entfliehn die Stunden flugs hinweg.
 
(Vergl. D 31, Singālakos Ermahnung, Vers 11 und 12.)
 
232
Wem gleich die Kälte gilt und Glut,
Als leichte Last, wie Grashalm groß:
In Männertaten echt geübt
Vermißt er tüchtig keine Gunst.
 
233
Die Priesterschnalle, Priesterschnur,
Geweihte Binsen, welken Bast (*):
Vom Busen reiß' ich Binde, Band,
Will rüstig wirken waches Werk.

(*) Das Abzeichen der oberen drei Kasten ist, heute wie früher, eine Brustschnur, aus geweihten Gräsern geflochten.

 

Sobhito der Buckelige

234
EIN Mönch der Mönche Magadhās,
In rechter Rede vielgewandt,
Der Brüder einer, brav und echt,
Sobhito steht am Tore still.
 
235
Ein Mönch der Mönche Magadhās,
In rechter Rede vielgewandt,
Der Brüder einer, brav und echt,
In Wind und Wetter steht er still.
 
236
Er hat errungen, hat erreicht, -
Gewonnen wohl den sichern Sieg,
Ist baß gegangen keusche Bahn,
Behütet also, also heil.
 

Vārano

237
WER immer auch auf Erden hier
Ein Wesen Wehe leiden läßt:
Von dieser Welt, von jener Welt,
Von beiden fällt er elend ab.
 
238
Doch wer da Milde, Mitleid übt,
Erbarmend alle Wesen schützt:
Der schichtet Schätze mächtig an,
Der edle Mensch, im eignen Ich.
 
239
Vom lichten Redner lerne Rat,
Vom Denker, der Asketen kennt,
Von ihm, der einsam sitzt und sinnt,
Und ihm, der innen einig ist.
 
(Zu diesen vier Personen und ihren bez. Fähigkeiten vergl. A.IV.147)
 

Passiko

240
ALLEIN gewitzigt, fromm gesinnt,
Unfrommer Sippe freier Sohn:
In Wahrheit wesend, rein bewährt,
Erwirkt er Heil der Sippe hold.
 
241
AUS Mitleid wies ich rauhes Wort,
Gemahnte so die Sippe recht;
Und mir zuliebe lind gelaunt
Bot gern man Bettlern Bettelgut:
 
242
Gestorben steigen himmlisch hell
Zu Götterbreiten Geber nun,
Die Brüder mein, die Mutter mein,
Genießen neu der Liebe Lohn.
 

Yasojo

243
DIE Glieder gleichen Knotenried,
Nur Sehnen sieht man, knorrig, rauh:
Wer Körpernahrung mäßig nimmt
Muß nicht am Geiste magern ab.
 
244
Verfolgt von Mücken-, Wespenbrut
In Waldesmitte, Waldespracht:
Gelassen, wie der Elefant
Im Schlachtgewühle, weile schlau.

(= v. 31)

245
Wie Brahma lebt man abgelöst,
Selbander gut, nach Götterbrauch,
Ein Dorf schon dünkt es dann zu dritt,
Was drüber ist ist Kriegsgekreisch.
 

Sāvimatthiyo

SĀVIMATTHIYO:
246
So fröhlich warst du, warst so fromm,
Und heut ist all dein Eifer hin;
Was du begangen gilt nur dir:
Von deinen Taten nehm' ich nichts.
 
DER BRUDER:
247
Mein frommer Glaube, Freund, er fiel,
Ich fühlt' ihn gleiten eilig ab!
Verzückt alsbald, alsbald verzagt,
Was hilft uns Mönchen Heldenmut?
 

Sāvimatthiyo:

248
Den Mönchen kocht man Mittagskost,
Geringen Reis, von Haus zu Haus:
Als stummer Bettler will ich stehn,
Die Knie' sind stämmig, knochenstark.
 

Upāli

249
WER gern entsagt, aus Zuversicht,
Ein junger Pilger, junger Mönch,
Erwähl' sich Freunde, wahrhaft, fromm,
Von reinem Wandel, rechtem Werk.
 
250
Wer gern entsagt, aus Zuversicht,
Ein junger Pilger, junger Mönch,
Verweil' im Orden, wirke Zucht,
In weiser Übung unverzagt.
 
251
Wer gern entsagt, aus zuversicht,
Ein junger Pilger, junger Mönch (*),
Mit Recht und Unrecht wohl vertraut
Geh' treulich weiter, ungerühmt.

(*) Im Gegensatz zur brahmanischen Lehre, nach welcher der Āryer bekanntlich erst in den letzten Lebensjahren, wann er den Sohn seines Sohnes gesehen hat, der Welt entsagt und in den Wald zieht, empfiehlt der Buddhismus Askese in der glücklichen Jugend, in der ersten Mannesblüte, und hält nur wenig von alten Asketen, die da meist unwissend, ungeschickt, ungelehrig, mißmutig sind. Vergl. A.V.59ff.

 

Uttarapālo

252
ERLAUCHT in Wissen, wortgelehrt,
Genugsam klug, und klar genau,
Verfiel ich doch der Sinnensucht,
Geblendet fünffach, weltverwirrt.
 
253
Verrannt in dieses Todesreich,
Von spitzem Speere durchgespießt,
Erspäht' ich Rettung, riß mich los
Von Todeslanzen, Todeslist.
 
254
Und alles Sehnen ist versiegt,
Und alles Wesen abgewirkt,
Zunichte, gar die Wandelwelt,
Und nimmer gibt es Wiedersein.
 

Abhibhūto

255
IHR Vettern hier, Gevattern hier,
Ihr sollt mich hören insgesamt,
Die Wahrheit will ich weisen euch:
Erbärmlich ist Geburtenpein!

(Vergl. Therīg. v. 26)

256
O rafft euch auf, o rettet euch,
Zum Meister kommet, kommt mit mir:
Den Todesreigen, reißt ihn durch,
Wie Elefanten Bambusrohr.
 
257
In solcher Lehre, solcher Zucht
Wer unermüdlich ausbeharrt:
Geburtenwandel bald entflohn
Zu Ende wirkt er alles Weh.
 
(= D 16, letzte Strophe des 3. Berichtes.)
 

Gotamo (II)

(EIN JÜNGER)
258
IM Wirbel kreist' ich kraus in der Unterwelt,
Geriet immer neu hinab ins Totenreich,
Hinan wieder oft und oft, als Tier erzeugt,
In Leiden lungernd, ach, lange Zeiten durch.
 
259
Das Menschendasein dann, es gemahnte mild:
In Oberwelten wallt' ich wieder empor,
In Formensphären, in Sphären ungeformt,
Nicht unbewußt, und bewußt nicht minder nicht.
 
260
Gewordnes verwest, verstiebt gewiß in Staub,
Zergänglich zergeht es, immer umgewühlt:
Mein Werden gewahr' ich, was da leben läßt -
Errungen ist innig Ebbung, ewige Rast.
 

Hārito (II)

261
WER da verschiebt auf morgen hin
Was heute schon zu Taten mahnt:
Von hohem Heile stürzt er ab,
Und rasche Reue stachelt ihn.
 
(= v. 225-227)

262
Das Werk nur soll gepriesen sein,
Was nicht gewirkt ist preise nicht:
Wer ohne Ursach redet, rühmt,
Den Weisen wird es offenbar.
 
263
Wie lieblich dünkt Erlöschung doch,
Wohin der wache Herr uns weist,
Wo keine Sorge, Sünde sehrt,
Wo alles Elend untergeht.
 

Vimalo (II)

264
GEMEINE Freunde meide froh,
Die höchsten Meister halte hoch
In solcher Hut sollst harren aus,
Ersehnen unvergänglich Gut.
 
265
Gleichwie man scheitert auf der See,
Nach morschem Holze hascht, versinkt,
Versinkt ein Frommer kläglich oft,
An faulen Freund sich klammernd fest:
Und also wehr' ihm, weis' ihn ab,
Den schwachen Freund, den schwanken Freund!

(= v. 147-148)

266
Mit Weltentwundnen weltentwirkt,
In Schauung selig selbstversenkt,
Beständig standhaft, herrlich hehr,
Mit lichten Helden lebe hell.
 


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