Visuddhi Magga XII

8. Die 16 "Wurzelbedingungen" (mūla)

 

Als die 16 "Wurzelbedingungen" (mūla) hat man die sechzehnfache Unentwegtheit des Geistes zu verstehen. Es heißt nämlich (1.c.6): "Wie viele Wurzelbedingungen der Macht gibt es? Sechzehn, nämlich:

Diese 16 Wurzelbedingungen der magischen Macht führen zur Erlangung und Gewinnung der magischen Macht, zur Macht der Verwandlung, zur Hervorbringung der magischen Macht, zur Meisterschaft und Sicherheit darin."

 

Obwohl diese Erklärung sich schon ergibt aus den Worten: "Ist der Geist in dieser Weise gesammelt usw.", so wird sie doch nochmals angeführt, um zu zeigen, daß alle Vertiefungen, von der ersten anfangend, die Grundlagen, Fährten, Stufen und Wurzelbedingungen zur Macht bilden. Die frühere Erklärung ist in den Sutten überliefert, letztere in Patisambhidā*. Somit ist um Verwirrung zu vermeiden, an beiden Stellen die Erklärung gegeben.


*(Patisambhidā: Obwohl dieses Werk einen ausgesprochenen Kommentarcharakter trägt, so wird es doch von den Burmesen dem zum Sutta-Pitaka gehörenden Khuddaka-Nikaya zugezählt, wie denn auch von jeher die Tendenz bestand, alles, was man anderwärts nicht unterbringen konnte, dem Khuddaka-Nikaya einzuverleiben, wie z.B. auch Netti-ppakarana, Petakopadesa und Milinda-Panha)


Vis. XII. 9. Macht des Entschlusses (adhitthānā iddhi)

 

"Auf Grund seines Wissens den festen Entschluß fassend bedeutet: diese Dinge, wie Grundlagen, Fährten, Stufen und Wurzelbedingungen der Macht, erfüllend, tritt er in die die Grundlage zu den Höheren Geisteskräften (abhiññā) bildende Vertiefung ein. Dann erhebt er sich wieder daraus und vollzieht, falls er hundertfach zu werden wünscht, den vorbereitenden Akt: 'Möge ich hundertfach werden! Möge ich hundertfach werden!' Darauf tritt er von neuem in die die Grundlage zu den Höheren Geisteskräften bildende Vertiefung ein. Und sobald er sich daraus erhoben hat, faßt er den Entschluß und wird gleichzeitig mit dem vom Entschlusse begleiteten Bewußtsein hundertfach. Die entsprechende Erklärung gilt auch für das Tausendfachwerden usw.

 

Gelingt es ihm aber auf diese Weise nicht, so möge er von neuem den vorbereitenden Akt ausführen, in die Vertiefung eintreten und sich wieder daraus erheben und den Entschluß fassen.

 

Im Kommentar zu Samyutta nämlich heißt es, daß man einmal oder zweimal in die Vertiefung eintreten solle. Das Bewußtsein der die Grundlage bildenden Vertiefung hat dabei das geistige Bild (nimitta) als Objekt. Die vorbereitenden Bewußtseinsmomente haben die hundert oder tausend Gestalten zum Objekte, u.zw. im Sinne von äußeren Eindrücken (vanna, eig. Farben), nicht im Sinne von Begriffen (paññati). Genau so hat auch jenes mit dem Entschlusse verbundene Bewußtsein die hundert oder tausend Gestalten zum Objekte; und genau wie das früher erwähnte Volle Konzentrationsbewußtsein steigt es bloß einmal unmittelbar nach dem Reifemoment (gotrabhū) auf, u.zw. als zur vierten Vertiefung der Feinkörperlichen Sphäre gehörig.

 

Wie es nämlich auch in Patisambhida (II.p.207) heißt: "Ursprünglich einer seiend, richtet er seinen Geist auf Vervielfältigung. Hat er aber seinen Geist auf hundertfache oder tausendfache oder hunderttausendfache Vervielfältigung gerichtet, so faßt er auf Grund seines Wissens den Entschluß: 'Möge ich vielfach werden!', und darauf wird er vielfach, gleichwie der ehrwürdige Panthaka der Jüngere."

 

"Er richtet seinen Geist darauf" ist auch hier im Sinne des vorbereitenden Aktes gesagt.

"Hat er aber seinen Geist darauf gerichtet, so faßt er auf Grund seines Wissens den Entschluß": dies ist mit Hinsicht auf die Höhere Geisteskraft gesagt. Daher richtet er seinen Geist auf Vervielfältigung. Sodann tritt er auch am Ende jener vorbereitenden Bewußtseinsmomente in die Vertiefung ein. Hat er sich darauf aus diesem Erreichungszustande erhoben, so richtet er von neuem seinen Geist darauf 'Möge ich vielfältig werden!' Hierauf faßt er den Entschluß auf Grund eines von den in Höherer Geisteskraft bestehenden Wissens, das unmittelbar nach den ersten drei oder vier Bewußtseinsmomenten aufgestiegen ist und auf Grund seines Erzeugens von Festigkeit als 'fester Entschluß' bezeichnet wird. So hat man den Sinn dieser Stelle zu verstehen.

"Gleichwie der ehrwürdige Panthaka der Jüngere" aber wurde gesagt, um ein Beispiel für Vervielfältigung aufzuweisen. Das mag durch die Erzählung (s. Kom. zu A.I.19) hiervon erläutert werden. Man sagt, die beiden Brüder namens Panthaka hätten deshalb diesen Namen erhalten, weil beide auf der Straße (pantha) zur Welt gekommen seien. Der ältere unter ihnen galt als Panthaka der Ältere. Dieser entsagte dem Hausleben und erreichte die Heiligkeit zusammen mit den Analytischen Wissen. Nachdem er aber die Heiligkeit erreicht hatte, nahm er Panthaka den Jüngeren in den Orden auf und gab ihm dann diesen Vers auf:

 

 

Panthaka der Jüngere aber war nicht imstande, in vier Monaten diesen Vers auswendig zu lernen. Da wies ihn der Ordensältere aus dem Kloster, da er für den Orden unbrauchbar sei. Zu jener Zeit aber war der Ordensältere (Panthaka der Ältere) der Speiseanordner. Und Jīvaka begab sich zum Ordensälteren und sprach: "Möget ihr, o Ehrwürdiger, mit fünfhundert Mönchen, einschließlich den Erhabenen, morgen in meinem Hause das Almosenmahl in Empfang nehmen." Der Ordensältere gab seine Einwilligung mit den Worten: 'Panthaka den Jüngeren ausgenommen, gebe ich für alle übrigen Mönche meine Zustimmung." Panthaka der Jüngere aber stand an der Türschwelle und weinte. Der Erhabene, der ihn mit dem Himmlischen Auge erblickt hatte, trat zu ihm und fragte, warum er weine. Da erzählte ihm dieser die Angelegenheit. Der Erhabene aber sprach: "Nicht gilt einer, weil er nicht auswendig lernen kann, als unbrauchbar in meinem Orden." Und mit den Worten: "Sei nicht traurig, o Mönch!" nahm er ihn am Arm und ging mit ihm ins Kloster. Dort zeigte er auf magische Weise ein Stück weißes Tuch, das er ihm übergab, mit den Worten: "Komme, Mönch, reibe dieses Tuch mit der Hand und wiederhole dabei immer und immer wieder die Worte: 'Entfernung des Schmutzes! Entfernung des Schmutzes!' Und während Panthaka der Jüngere so tat, bekam jenes Tuch ein schmutziges Aussehen. Da erkannte er: 'Das Tuch ist an sich rein, daran liegt der Fehler nicht, sondern an der Ichheit (attabhava) liegt der Fehler.' Und indem er seine Erkenntnis auf die fünf Daseinsgruppen (Körperlichkeit, Gefühl, Wahrnehmung, Willensformationen und Bewußtsein) lenkte und den Hellblick entfaltete, brachte er diesen über den Anpassungszustand dem Reifezustand nahe. Darauf sprach der Erhabene zu ihm die aufhellenden Verse (MNid. zu Snp. 974): -
 

 

Nach Beendigung der Verse hatte der Mönch die neun überweltlichen Zustände (d.i. Pfad (magga) und Frücht (phala) des Stromeintritts, der Einmalwiederkehr, der Niewiederkehr und der Heiligkeit, und als neuntes das Nirwahn. s.XXII) erreicht, zusammen mit den vier Analytischen Wissen und den sechs Höheren Geisteskräften. (Die 6. Höhere Geisteskraft ist das dem Arahat oder Heiligen eignende überweltliche 'Wissen von der Triebversiegung', āsavakkhaya-ñāna).
 

Am folgenden Tage nun begab sich der Meister, zusammen mit der Mönchsgemeinde, zum Hause Jīvakas. Als aber die Wassergabe beendet war und die Reissuppe verteilt wurde, bedeckte der Meister seine Almosenschale mit der Hand. "Warum tust du dies, Ehrwürdiger? fragte da Jīvaka. "Weil sich ein Mönch noch im Kloster befindet." Darauf sandte Jīvaka einen Mann hin mit den Worten: "Geh' und komme schnell mit dem Verehrten zurück." Als der Erhabene das Kloster nämlich verlassen hatte,

 

 

Als jener Mann aber bei seiner Ankunft dortselbst das Kloster von lauter gelben Gewändern leuchten sah, da kehrte er zurück und berichtete "Voll von Mönchen, o Ehrwürdiger, ist das Kloster. Nicht weiß ich, welches der Ehrwürdige ist." Darauf erwiderte ihm der Erhabene: "Geh', und den ersten Mönch, den du erblickst, fasse am Gewandsaume und bringe ihn hierher, indem du ihm sagst, daß ihn der Meister rufe." Darauf ging der Mann hin und faßte den Ordensälteren (thera, diese Bezeichnung ist hier auffallend, da Panthaka der Jüngere noch gar nicht die zu solcher Bezeichnung erforderlichen 10 Ordensjahre zurückgelegt hat) am Gewandsaume, und plötzlich schwanden alle die magisch gezeugten Gestalten. Der Ordensältere aber hieß den Mann gehen. Trotzdem nun jener noch seine körperlichen Angelegenheiten, wie Mundspülen usw., besorgte, gelangte er dennoch früher als dieser an, und er setzte sich auf dem ihm zuerteilten Sitze nieder. Mit Rücksicht auf diese Begebenheit aber wurde gesagt: "gleichwie der ehrwürdige Panthaka der Jüngere."
 

Hierbei nun gleichen alle jene magisch gezeugten Gestalten dem Magiegewaltigen, wenn sie erzeugt werden, ohne etwas Bestimmtes festgelegt zu haben. Ob der Magiegewaltige steht oder sitzt oder irgend eine andere Stellung einnimmt oder ob er spricht oder schweigt: - was immer er tut, das tun auch jene Gestalten. Wünscht er aber verschiedenartig aussehende Gestalten zu erzeugen, einige im frühesten Lebensalter, einige im mittleren, einige im letzten Lebensalter, ebenso mit langen Haaren, halb geschoren, kahl, mit halbroten oder fahlgelben Gewändern, Texte hersagend, die Lehre vortragend, intonierend, Fragen stellend, Fragen beantwortend, Farbe (zum Gewänderfärben) kochend, Gewänder nähend oder waschend usw., oder noch verschiedenartige andere Gestalten, so erhebe er sich aus der die Grundlage bildenden Vertiefung und vollziehe den vorbereitenden Akt: 'Soviele Mönche sollen im frühesten Lebensalter sein usw.' Darauf trete er wieder in die Vertiefung ein, und hat er sich wieder daraus erhoben, so fasse er den festen Entschluß; und gleichzeitig mit dem von diesem Entschlusse begleiteten Bewußtsein entstehen die jedesmal gewünschten Arten von Gestalten. Die entsprechende Erklärung gilt auch für die übrigen Stellen, wie "Vielfach geworden wird er wieder einer" usw.
 
 

Dies jedoch ist der Unterschied: Angenommen, jener Mönch, der auf diese Weise Vervielfältigung erzeugt hat, wünsche wieder Einer zu werden - sei es mit der Absicht auf und ab zu wandern, zu rezitieren oder Fragen zu stellen, oder sei es aus Bescheidenheit, denkend: 'Dieses Kloster ist von nur wenigen Mönchen bewohnt. Wenn da jemand kommen sollte, so würde er denken: 'Woher kommen da diese vielen sich so ganz ähnlich sehenden Mönche? Sicherlich ist dies eine magische Wirkung des Ordensälteren.' Und somit würde man mich erkennen.' Ein solcher Mönch soll in die die Grundlage bildende Vertiefung eintreten und nach Austritt aus derselben den vorbereitenden Akt ausführen: 'Ich will wieder einer werden.' Dann soll er wieder in die Vertiefung eintreten und nach Austritt aus derselben den festen Entschluß fassen: 'Ich will wieder einer werden.' Und gleichzeitig mit dem vom Entschluß begleiteten Bewußtsein wird er wieder einer. Aber auch wenn er nicht so handelt, wird er dennoch, je nach der von ihm festgelegten Zeit, von selber wieder einer.
 

"Sichtbar sein" und "unsichtbar sein" bedeutet hier, daß er das Sichtbarsein und Unsichtbarsein bewirkt. Mit Hinsicht hierauf nämlich heißt es in Patisambhidā (II. p.207): " 'Sichtbar sein' bedeutet: durch nichts verhüllt sein, unbedeckt, enthüllt, sichtbar; 'unsichtbar sein': durch irgend etwas verhüllt sein, bedeckt, verborgen, versteckt."
 
 

Wenn da nun der Magiekundige etwas sichtbar zu machen wünscht, so erhellt er das Dunkel oder enthüllt das Verborgene oder macht das Unsichtbare sichtbar. Und wie bringt er das zustande? Wünscht er z.B. sich selber oder einen anderen sichtbar zu machen - obzwar selber verdeckt oder in der Ferne stehend - so erhebt er sich aus der die Grundlage dazu bildenden Vertiefung und vollzieht den vorbereitenden Akt, denkend: 'Diese dunkle Stelle werde hell!', oder: 'Dieses unsichtbare Ding werde sichtbar!' Darauf faßt er in der beschriebenen Weise den Entschluß. Gleichzeitig mit dem Entschlusse aber tritt das Gewünschte ein, und die anderen, auch wenn sie ferne stehen, sehen es. Auch er selber sieht es, wenn er will.
 
 

Von wem aber wurde diese wunderbare Handlung ausgeführt? Vom Erhabenen. Als nämlich der Erhabene, von Subhaddā der Jüngeren eingeladen, mit den von Vissakamma magisch erzeugten fünfhundert Palankinen sich von Sāvatthī nach dem viele Yojanas entfernten Sāketa begab, faßte er den Entschluß, daß die Einwohner von Sāketa die Einwohner von Sāvatthī und die Einwohner von Sāvatthī die von Sāketa sehen sollten. Mitten in der Stadt aber sich niederlassend und die Erde bis hinab zur Avīcihölle in zwei Teile spaltend und den Luftraum bis zur Brahmawelt zerteilend, zeigte er diese Dinge. Auch mit seinem Abstieg von den Göttern mag die Sache erläutert werden. Wie man sagt, hat der Erhabene nach Vollbringung des doppelten Wunders vierundachtzigtausend Wesen von den Daseinsfesseln befreit; und beim Nachdenken darüber, wohin wohl die früheren Erleuchteten nach Vollbringung des doppelten Wunders sich begeben haben möchten, da erkannte er, daß sie nach dem Reiche der Dreiunddreißig gezogen waren.
 

Darauf den einen Fuß auf den Erdboden, den anderen auf den Yugandharaberg setzend, und dann wiederum den früheren Fuß aufhebend und auf den Gipfel des Berges Meru setzend, trat er dort auf der Pandukambala-Felsenplatte seine Regenzeit an und begann den versammelten Himmelswesen des zehntausendfachen Weltsystems die Hohe Lehre (Abhidhamma) von Anfang an vorzutragen. Für die Zeit seines Almosenganges aber erzeugte er ein Bildnis von sich, und dieses trug die Lehre vor (s. Dhs. Kom.). Wenn der Erhabene dann sein Zahnstäbchen aus Nagakolz gebraucht hatte, spülte er sich am Anotatta See den Mund, nahm im Lande der Uttara-Kurus seine Almosengaben in Empfang und verzehrte diese am Anotatta-See. Dorthin nun begab sich der Ordensältere Sariputta und begrüßte den Erhabenen, der ihm erklärte, daß er an diesem Tage so und so viel von der Lehre vorgetragen habe und gab ihm die Methode davon. Auf diese Weise legte er drei Monate lang ohne Unterbrechung den Abhidhamma dar. Nach dem Vernehmen desselben ging achtzig Myriaden (koti bezeichnet auch heute noch überall in Indien und Ceylon 'zehn Millionen', nicht 'hunderttausend' wie PTS. Dict. hat) von Gottheiten das Verständnis für die Lehre auf. Auch die beim doppelten Wunder versammelte, zwölf Yojanas weit sich ausdehnende Menschenmasse hatte ihr Lager aufgeschlagen und verblieb dort, um vor ihrem Weggehen noch einmal den Erhabenen zu sehen. Der jüngere Anāthapindika der Handelsherr wartete dem Erhabenen mit allem Nötigen auf. Um zu erfahren, wo der Erhabene weile, erkundigten sich die Menschen beim Ordensälteren Anuruddha. Und das Licht anwachsen lassend, erkannte der ehrwürdige Anuruddha mit dem Himmlischen Auge, daß der Erhabene dort die Regenzeit angetreten habe, und er teilte dies den Menschen mit. Diese nun baten den Ordensälteren Moggallāna, dem Erhabenen ihren Gruß darbieten zu dürfen. Darauf tauchte der Ordensältere inmitten der Menschenmasse in der Erde unter, und den Berg Meru durchbrechend stieg er, sich vor den Füßen des Erhabenen verneigend, empor und sprach zum Erhabenen:-

 

"Die Bewohner von Jambudīpa, o Ehrwürdiger; sagen, daß sie nicht gehen wollten, bevor sie sich nicht vor den Füßen des Erhabenen verbeugt und ihn gesehen hätten."

"Wo, Moggallāna, weilt denn jetzt dein älterer Bruder, der Heerführer des Gesetzes?" "In der Stadt Sankassa, o Ehrwürdiger." "Diejenigen, Moggallāna, die mich zu sehen wünschen, mögen morgen zur Stadt Sankassa kommen. Morgen, am großen Pāvarana-Vollmondstage, werde ich zur Stadt Sankassa hinabsteigen." Und mit den Worten "Gut, o Ehrwürdiger!" verneigte sich der Ordensältere vor dem Zehnfach-Mächtigen (dasa-bala); und auf demselben Wege, auf dem er gekommen war, wieder hinabsteigend gelangte er zu den Menschen. Er hatte aber den Entschluß gefaßt, daß ihn während des Gehens und Kommens die Menschen sehen sollten. Dieses Wunder der Sichtbarwerdung wurde hierbei vom Ordensälteren Maha-Moggallāna vollbracht. Auf diese Weise angelangt, überbrachte er den Menschen die Botschaft und sagte dann: "Nach eurem Frühstücke brechet auf, ungeachtet der Entfernung." Der Erhabene aber teilte Sakka dem Götterkönig mit: "König, morgen will ich mich zur Menschenwelt begeben." Und der Götterkönig befahl Vissakamma (dem himmlischen Baumeister): "Mein Lieber, morgen wünscht der Erhabene sich zur Menschenwelt zu begeben. Erzeuge drei Treppenfluchten, eine aus Gold, eine aus Silber, eine aus Edelstein." Und jener tat, wie geheißen. Am folgenden Tage nun ließ der Erhabene, auf dem Gipfel des Berges stehend, seine Blicke über das östliche Weltsystem schweifen. Die vielen Tausende von Weltsphären standen offen und erschienen wie ein einziger leerer Raum. Und wie im Osten, so auch sah er im Westen, Norden und Süden alles offen. Auch bis zur Avīci-Hölle sah er hinab, und hinauf bis zum Reiche der Höchsten Götter (Die 'Höchsten Götter' (akanittha-deva) bewohnen den 5ten und höchsten Himmel der nur den Anāgāmins, 'Niewiederkehrenden' erreichbaren 5 'Reinen Gefilde', suddhâvāsa; erkl. Pug. 46). An jenem Tage, sagt man, fand die Enthüllung der Welt statt. Die Menschen sahen die Himmelswesen, und die Himmelswesen die Menschen. Dabei schauten weder die Menschen nach oben, noch die Himmelswesen nach unten, sondern alle schauten sich gegenseitig ins Gesicht. In der Mitte, auf der edelsteinernen Treppe, stieg der Erhabene hinab, auf der goldenen Treppe zur Linken die Götterwesen der sechs Sinnenwelt-Himmel, auf der silbernen Treppe zur Rechten die Lauteren Geister und der Große Brahmā. Der Götterfürst trug Gewand und Almosenschale, der Große Brahmā einen drei Yojana hohen weißen Schirm, Suyama den härenen Fächer, während der Musikgenius Pañcasikha mit seiner drei Gāvuta hohen Bilvalaute dem Erhabenen beim Hinabsteigen seine Huldigung darbrachte. Kein Wesen gab es an jenem Tage, dem nach dem Anblicke des Erhabenen kein Verlangen nach Buddhaschaft gekommen wäre. Dieses Wunder der Sichtbarwerdung hat der Erhabene dort vollbracht.

 
Auch als der in Talangara auf Ceylon wohnende Ordensältere Dhammadinna einst im Pagodenhofe des Großen Tissa-Klosters (östlich von Hambantota) sitzend die Sutte vom Unfehlbaren Pfade (A.III.16) vortrug: "Mit drei Dingen ausgerüstet, ihr Mönche, wandelt der Mönch auf dem Unfehlbaren Pfade ...", da richtete er seinen Fächer nach unten, und bis zur Avīci-Hölle entstand ein einziger offener Raum. Dann richtete er den Fächer nach oben, und bis zur Brahmawelt hinauf entstand ein einziger offener Raum. Und mit dem Schrecken der Hölle drohend und dem Himmelsglücke lockend, legte der Ordensältere das Gesetz dar. Einige erreichten dabei den Stromeintritt, andere die Einmalwiederkehr, Niewiederkehr oder Heiligkeit.
 

Wer andererseits nun Unsichtbarkeit zu bewirken wünscht, der verwandelt die Helle in Dunkelheit, läßt Unverhülltes sich verhüllen, macht Sichtbares unsichtbar. Und in welcher Weise? Wünscht er sich selber oder einen anderen unsichtbar zu machen, sodaß, obzwar verhüllt und in der Nähe stehend, er doch nicht gesehen werde, so erhebt er sich aus der die Grundlage bildenden Vertiefung und vollzieht den vorbereitenden Akt: 'Diese helle Stelle werde dunkel! Dieser unverhüllte Gegenstand verhülle sich! Dieser sichtbare Gegenstand werde unsichtbar!' Darauf faßt er, genau wie in der angegebenen Weise, den Entschluß, und gleichzeitig mit dem vom Entschluß begleitenden Bewußtsein tritt das Gewünschte ein. Auch die anderen, obzwar nahe dabei stehend, sehen den Gegenstand nicht; auch er selber sieht ihn nicht, wenn er nicht will. Von wem aber wurde dieses Wunder einst vollbracht? Vom Erhabenen. Der Erhabene nämlich machte den edlen Sohn Yasa unsichtbar, so daß, obgleich er dicht bei seinem Vater saß, ihn dieser doch nicht sah. (Kom. zu Therag. 117) Ebenso, als der Erhabene zwanzig Yojanas weit gegangen war um den Mahākappina zu treffen, und er ihn im Ziel der Niewiederkehr und seine tausend Minister in der Frucht des Stromeintrittes gefestigt hatte, bewirkte er, daß die Königin Anojā, die von hundert Frauen umgeben dem Könige gefolgt war und bei ihrer Ankunft sich dicht beim Könige niedergesetzt hatte, sie doch den König mitsamt seiner Gefolgschaft nicht bemerkte. Als sie den Erhabenen fragte, ob er den König nicht gesehen habe, erwiderte jener: "Was ist wohl besser, den König zu suchen oder sich selber?" - "Sich selber, o Ehrwürdiger" erwiderte die Königin. Und während sie da saß, legte ihr der Erhabene so die Lehre dar daß sie selber, zusammen mit ihren Frauen, im Ziele des Stromeintritts Fuß faßte, die Minister im Ziele der Niewiederkehr und der König in der Heiligkeit (A. Kom. I.323).

 
Auch vom Ordensälteren Mahinda wurde am Tage seiner Ankunft in Ceylon dasselbe vollbracht, insofern er bewirkte, daß der König die anderen mit ihm Angekommenen nicht erblickte.

 

Überdies gelten alle Wunder des In-Erscheinung-Tretens (pākata-pātihāriya) als das Sichtbarwerden, alle Wunder des Verschwindens (apākata) als das Unsichtbarwerden. Hierbei nun sind im Wunder des In-Erscheinung-Tretens beide sichtbar, die magische Wirkung sowohl als auch der Magiebegabte. Dies läßt sich am Doppelten Wunder (yamakapātihāriya) erläutern. Dabei nämlich traten beide in Erscheinung, wie es heißt (Pts. I. p.125): "Da vollbrachte der Vollendete das Doppelte Wunder, wie es dem Jünger unerreichbar ist: aus der oberen Hälfte seines Körpers schoß eine Feuermasse hervor, aus der unteren ein Wasserstrom."
 

Im Wunder des Verschwindens zeigt sich bloß die magische Wirkung, nicht der die magische Wirkung Ausübende. Dies läßt sich an der Mahaka Sutte (S. 41.4) und der Sutte von der Einladung Brahmas (M.49) erläutern. Dort nämlich zeigt sich bloß die magische Wirkung des ehrwürdigen Mahaka und des Vollendeten, nicht aber der die magische Wirkung Ausübende. Wie es heißt: "Zur Seite nun sitzend sprach Citta der Hausvater also zum ehrwürdigen Mahaka: 'Gut wäre es, o Ehrwürdiger, wenn mir der ehrwürdige Mahaka das übermenschliche magische Wunder zeigen möchte.' 'So breite denn, o Hausvater, mein Gewand auf der Terrasse aus und streue ein Bündel Gras darüber.' 'Gut, o Ehrwürdiger', erwiderte Citta der Hausvater dem ehrwürdigen Mahaka, breitete das Gewand auf der Terrasse aus und streute ein Bündel Gras darüber. Darauf trat der ehrwürdige Mahaka in seine Zelle, verriegelte die Tür und erzeugte dann eine derartige magische Wirkung, daß durch das Schlüsselloch und die Türritzen eine Flamme hervorschoß, die alle Gräser verbrannte, aber das Obergewand unversehrt ließ." Wie es fernerhin heißt (M.49): "Da, ihr Mönche, erzeugte ich eine magische Wirkung, auf daß Brahmā, die Brahmaversammlung und das Brahmagefolge meine Stimme wohl hören, mich aber nicht sehen sollten. Und so sprach ich unsichtbar geworden diesen Vers:

 

 

In dem Ausspruch: "Ungehindert schwebt er durch Wände, Mauern oder Berge hindurch, gleichsam wie in der Luft" darin bedeutet "durch Wände hindurch" soviel wie: jenseits der Wände, auf die andere Seite der Wände. Die entsprechende Erklärung gilt auch für die übrigen Ausdrücke. "kudda" (Wand) ist eine Bezeichnung für eine Trennungswand (bhitti) in einem Hause. Als "pākāra" (Mauer) gilt die ein Haus, Kloster, Dorf usw. einschließende Mauer. Der "Berg" mag aus Erde oder Gestein bestehen "Ungehindert" bedeutet hier: ohne hängen zu bleiben. "Gleichsam wie in der Luft" besagt: gerade so als wäre es in der Luft.

 
Wer auf diese Weise sich zu bewegen wünscht, trete in die Raumkasina-Vertiefung ein. Nach Austreten aus derselben wende er seinen Geist auf eine Wand oder Mauer, ja selbst auf irgend einen der die Weltsphäre mitsamt dem Meru einschließenden Berge und fasse dann nach Vollziehung des vorbereitenden Aktes den Entschluß: 'Möge sich dies alles in Luft verwandeln!' Und es verwandelt sich in Luft. Ob er nun nach unten steigen will oder nach oben oder ob er etwas durchdringen will: überall ist es für ihn offen, und ohne hängen zu bleiben, bewegt er sich. Der Ordensältere Tipitaka-Cūlâbhaya jedoch bemerkte hierzu: "Zu welchem Zwecke, ihr Brüder, sollte man da in die Raumkasina-Vertiefung eintreten? Tritt denn wohl einer, der Elefanten, Pferde u.dgl. hervorzuzaubern wünscht, erst in die Elefanten- oder Pferdekasina-Vertiefung u.dgl. ein? Ist denn, wenn man bei irgend einem Kasina den vorbereitenden Akt vollzogen hat, die Meisterschaft in den acht Erreichungszuständen (Vertiefungen) nicht schon genügend, damit alles, was man wünscht, genau so eintrete?" Die Antwort der Mönche aber lautet: "In den Texten ist bloß von dem Raumkasina die Rede, daher muß es notwendigerweise so sein." Dies ist der Text hierzu (Pts. II. p.208): "Von Natur aus wird ihm die Erreichung der Raumkasina-Übung zuteil. Er lenkt nun seinen Geist jenseits einer Wand, einer Mauer oder eines Berges; und hat er das getan, so faßt er, auf sein Wissen gestützt, den Entschluß: 'Möge sich dies in leeren Raum verwandeln!' Und alles das verwandelt sich in leeren Raum, und ungehindert schwebt er durch Wände, Mauern und Berge hindurch. Gerade wie die Menschen, ohne magische Kräfte zu besitzen, ungehindert durch nichtversperrte, unverschlossene Plätze dahinschreiten, genau so schwebt jener Magiebegabte, Geistesgewaltige, ungehindert durch Wände, Mauern und Berge hindurch, gleichsam wie in der Luft."
 
 

Wenn nun aber, während jener Mönch nach gefaßtem Entschluß sich so fortbewegt, auf seinem Wege ein Berg oder Baum sich erheben sollte; soll er dann wieder in die Vertiefung eintreten und von neuem den Entschluß fassen? Schaden tut es nicht; aber nochmals in die Vertiefung eintreten und den Entschluß fassen ist genau so, als ob man, während man bei seinem Berater (upajjhāya) weilt, noch einen stellvertretenden Unterweiser (Nissaya 2) dazu wählen sollte. Dadurch nämlich, daß jener Mönch den Entschluß einmal gefaßt hat, daß alles sich in leeren Raum verwandle, dadurch hat sich ja schon alles in leeren Raum verwandelt. Kraft des früheren Entschlusses ist es unmöglich, daß, durch physische Einflüsse bedingt, sich auf seinem Wege ein Hügel oder Baum erheben sollte. Ist ein solcher jedoch von einem Magiegewaltigen (schon früher) hervorgezaubert worden, so ist eben das frühere Erzeugnis das stärkere. Daher sollte er entweder oberhalb oder unterhalb desselben durchschreiten.

 

In dem Ausdruck "In der Erde taucht er auf und unter" gilt als Auftauchen das Emporsteigen, als Untertauchen das Hinabsinken. Wer solches auszuführen wünscht, trete zuerst in die Wasserkasina-Vertiefung ein. Dann erhebe er sich daraus und setze die Grenze fest: 'Auf einem so und so großen Gebiete verwandle sich die Erde in Wasser!' Darauf vollziehe er den vorbereitenden Akt und fasse, genau wie in der besprochenen Weise, den Entschluß. Dabei verwandelt sich, gleichzeitig mit seinem Entschluße, die Erde an der begrenzten Stelle in Wasser. Und dort taucht er auf und unter. Der Text (Pts.II.p.208) hierzu lautet: "Von Natur aus wird ihm die Erreichung der Wasserkasina-Übung zuteil. Er heftet nun seinen Geist auf die Erde; und hat er dies getan, so faßt er, auf sein Wissen gestützt, den Entschluß: 'Möge sich dies in Wasser verwandeln!' Und es wird zu Wasser. Darauf taucht er in der Erde auf und unter. Gerade wie die Menschen in ganz natürlicher Weise, ohne magische Kräfte zu besitzen, im Wasser auf und unter tauchen, genau so taucht jener Magiebegabte, Geistesgewaltige, in der Erde auf und unter, gleichsam wie im Wasser."

 

Nicht aber vermag er bloß auf und unter zu tauchen, sondern er tut was immer er will: badet, trinkt, wäscht sein Gesicht, seine Sachen usw. Und nicht bloß vermag er die Erde in Wasser zu verwandeln, sondern in was immer er wünscht, in Butteröl, Honig, Melasse u.dgl. Indem er nämlich seinen Geist darauf lenkt: 'Möge soviel von diesem und jenem sich in dies oder jenes verwandeln' und er nach vollzogenem Vorbereitungsakte den Entschluß faßt, so trifft eben alles genau so ein wie beschlossen. Nimmt er nun diese drei Dinge und füllt sie in Gefäße, so bleibt das Butteröl eben Butteröl, das Öl eben Öl usw., und das Wasser eben Wasser. Wünscht er es, so wird er eben dadurch befeuchtet. Doch nur für ihn wird die Erde zu Wasser, für die übrigen aber bleibt sie eben bloß die Erde, auf der die Menschen sich bewegen, in Wagen fahren usw., Ackerbau u.dgl. betreiben. Wünscht er aber, daß auch für diese sich die Erde in Wasser verwandle, so tritt dies eben ein. Ist nun die festgelegte Zeit überschritten, so verwandelt sich, mit Ausnahme des natürlichen in Krügen, Teichen u.dgl. befindlichen Wassers, das ganze übrige abgegrenzte Gebiet wieder in Erde.

 

"Auf dem Wasser schreitet er dahin ohne unterzusinken": daß man beim Aufsetzen des Fußes auf dem Wasser einsinkt, das gilt hier als das Untersinken (,Durchbrechen'), das Gegenteil als das Nichtuntersinken (,Nichtdurchbrechen'). Wer in dieser Weise auf dem Wasser zu schreiten wünscht ohne unterzusinken, der trete zuerst in die Erdkasina-Vertiefung ein, erhebe sich dann wieder daraus und lege die Grenze fest: 'Auf einem so und so großen Gebiete verwandle sich das Wasser in Erde!' Darauf fasse er, wie oben beschrieben, den Entschluß, und gleichzeitig mit dem Entschlusse verwandelt sich das an der festgelegten Stelle befindliche Wasser in Erde, und darauf schreitet er dahin. Der Text hierzu lautet Pts.II.p.208): "Von Natur aus wird ihm die Erreichung der Erdkasina-Vertiefung zuteil. Er heftet nun seinen Geist auf das Wasser; und hat er dies getan, so faßt er, auf sein Wissen gestützt, den Entschluß: 'Möge sich dies in Erde verwandeln!' Und es verwandelt sich in Erde. Und ohne unterzusinken schreitet er auf dem Wasser dahin. Gerade wie die Menschen in ganz natürlicher Weise, ohne magische Kräfte zu besitzen, auf der Erde dahinschreiten ohne unterzusinken: genau so schreitet jener Magiebegabte, Geistesgewaltige, ohne unterzusinken auf dem Wasser dahin, gleichsam wie auf der Erde.

 

Aber nicht bloß zu schreiten vermag er, sondern jede Bewegung und Stellung, die er wünscht, nimmt er an. Auch vermag er das Wasser nicht bloß in Erde zu verwandeln, sondern in was immer er wünscht, in Edelstein, Gold, Berge, Bäume u.dgl. Jedesmal darauf in der oben angegebenen Weise seinen Geist heftend, faßt er den Entschluß, und gleichzeitig mit dem Entschlusse tritt das Gewünschte ein. Jedoch bloß für ihn verwandelt sich jenes Wasser in Erde. Für die anderen aber bleibt es eben bloßes Wasser, in dem die Fische, Schildkröten, Wasserhühner und andere Tiere nach Belieben umherschwimmen. Wünscht er nun auch für die anderen Menschen jenes Wasser in Erde zu verwandeln, so ist er wohl dazu imstande. Nach Ablauf der festgelegten Zeit aber verwandelt sich die Erde wieder in Wasser.

 

"Mit gekreuzten Beinen schwebt er" besagt, daß er mit untergeschlagenen Beinen sitzend sich fortbewegt.

"Ein beschwingter Vogel" bedeutet ein mit Flügeln ausgestatteter Vogel.

 

Wer derartige magische Wirkungen hervorzurufen wünscht, trete zuerst in die Erdkasina-Vertiefung ein und erhebe sich wieder aus derselben. Wünscht er sitzend sich fortzubewegen, so bestimme er einen Platz (im Luftraume), groß genug um sich mit gekreuzten Beinen darauf zu setzen. Dann vollziehe er den Vorbereitungsakt und fasse, wie oben angegeben, den Entschluß. Wünscht er liegend sich fortzubewegen, so lege er einen Raum fest von der Größe eines Bettes. Wünscht er sich zu Fuß fortzubewegen, so lege er einen Raum fest von der Breite eines Weges. Hat er auf diese Weise einen angemessenen Raum festgelegt, so fasse er in der angegebenen Weise den Entschluß: 'Möge sich dieser Luftraum in Erde verwandeln!', und gleichzeitig mit dem Entschlusse verwandelt sich der Raum in Erde. Der Text hierzu lautet (1.c.): "Der Ausspruch 'mit gekreuzten Beinen durchschwebt er die Lüfte, gleichsam wie ein beschwingter Vogel" bedeutet: - Von Natur aus wird ihm die Erreichung der Erdkasina-Vertiefung zuteil. Er heftet nun seinen Geist auf den Raum; und hat er dies getan, so faßt er, auf sein Wissen gestützt, den Entschluß: 'Möge sich dies in Erde verwandeln!' Und es verwandelt sich in Erde. Er aber wandelt im Luftraume, zwischen Himmel und Erde, auf und ab, steht, setzt sich, legt sich nieder. Gerade wie die Menschen in ganz natürlicher Weise, ohne magische Kräfte zu besitzen, auf der Erde auf und ab gehen, stehen, sitzen, sich niederlegen, genau so schwebt der Magiebegabte, Geistesgewaltige, im Luftraum zwischen Himmel und Erde dahin oder legt sich dort nieder usw., genau wie ein beschwingter Vogel."

 

Der Mönch, der die Lüfte zu durchschweben wünscht, sollte auch das Himmlische Auge besitzen. Und warum? Um auf seinem Wege die Berge, Bäume u.dgl. sehen zu können, die durch physikalische Einflüsse entstanden sind oder von Drachendämonen, Greifen und anderen Wesen aus Neid erzeugt wurden. Was soll er nun bei ihrem Anblicke tun? Er trete in die die Grundlage bildende Vertiefung (pādaka-jjhāna) ein, und aus ihr herausgetreten, vollziehe er den Vorbereitungsakt und fasse den Entschluß 'Möge dies sich in Luft verwandeln!' Der Ordensältere (Tipitaka-Cūlâbhaya) aber fragt, was es für einen Zweck habe, wieder in die Vertiefung einzutreten; der Geist des Magiers sei doch genügend gesammelt sodaß, hinsichtlich welches Gegenstandes er auch immer den Entschluß gefaßt habe, daß er sich in Luft verwandle, eben jener Gegenstand kraft seines Geistes sich in Luft verwandle. Trotz solcher Einwände sollte der Mönch nach der im Wunder von der Mauerdurchdringung gegebenen Methode verfahren. Auch um an geeigneter Stelle hinabzusteigen, sollte er im Besitze des Himmlischen Auges sein. Steigt er nämlich an einer ungeeigneten Stelle hinab, wie z.B. an einem Badestrande oder Dorftore, so wird er von allen Menschen gesehen. Insofern er daher mit dem Himmlischen Auge Ausschau hält, vermeidet er ungünstige Stellen und steigt nur an einer günstigen Stelle hinab.

 

"Mond und Sonne, die so mächtigen, so gewaltigen, berührt und streicht er mit seiner Hand": - in diesem Ausspruche gelten Mond und Sonne darum als "mächtig", weil sie sich in einer Höhe von zweiundvierzigtausend Yojanas bewegen; als "gewaltig", weil sie in einem und demselben Augenblicke die drei Kontinente beleuchten. Oder weil sie sich in solcher Höhe bewegen und Licht verbreiten, gelten sie als mächtig, und wegen eben jenes Machtzustandes als gewaltig.

 

"Berührt" bedeutet soviel wie: 'faßt an', oder 'stößt' an einer Stelle an.

"Streicht" besagt, daß er Sonne und Mond streicht, gleichwie man einen Spiegel an allen Stellen rein wischt. Dies aber gelingt ihm auf Grund der zu magischer Fähigkeit die Grundlage bildenden Vertiefung. Eine Notwendigkeit in die Kasinavertiefung einzutreten, besteht da nicht. So nämlich heißt es in Patisambhidā (II.p.208 f): -

",Mond und Sonne ... streicht er mit der Hand, bedeutet jener Magiebegabte, Geistesgewaltige,... heftet seinen Geist auf Sonne und Mond und faßt dann den Entschluß: 'Mögen diese an meine Handflächen herankommen!' Und sie kommen an seine Handflächen heran. Sitzend oder liegend nun betastet, berührt und bestreicht er Sonne und Mond. Gleichwie die Menschen in ganz natürlicher Weise, ohne magische Kräfte zu besitzen, jeden beliebigen körperlichen Gegenstand betasten, berühren und mit der Handfläche bestreichen, genau so auch tut es der Magiebegabte mit Sonne und Mond." Wünscht er hinzugehen und sie zu streichen, so geht er eben hin und streicht sie. Wünscht er sie aber im Sitzen oder Liegen zu streichen, so trifft er die Bestimmung: 'Mögen diese an meine Handflächen herankommen!' Und kraft seiner Bestimmung kommen sie heran wie die von den Stielen befreiten Nüsse der Fächerpalme. Oder, seine Hand anwachsen lassend, bestreiche er sie. Wenn er nun die Hand anwachsen läßt, kommt da wohl die karmisch erworbene (upādinnaka) oder karmisch unabhängige Körperlichkeit (s. XIV, Körperlichkeitsgruppe) zum Anwachsen? Durch die karmisch abhängige Körperlichkeit bedingt, wächst die karmisch unabhängige Körperlichkeit. Hierzu sagt der Ordensältere Tipitaka-Cūlanāga: "Kann denn, ihr Brüder, die karmisch erworbene Körperlichkeit nicht kleiner oder größer werden? Wenn der Mönch durchs Schlüsselloch u.dgl. hindurchgeht, so wird doch wohl die karmisch erworbene Körperlichkeit kleiner. Und nimmt er eine große Gestalt an, so wird sie (die karmisch abhängige Körperlichkeit) doch größer, wie es z.B. beim Ordensälteren Mahā-Moggallāna sich ereignete."

 

Einst nämlich, so sagt man, nachdem der Hausvater Anāthapindika vom Erhabenen einen Vortrag über die Lehre vernommen hatte, lud er beim Weggehen den Erhabenen ein, am folgenden Tage zusammen mit fünfhundert Mönchen in seinem Hause die Almosenspeise in Empfang zu nehmen. Und der Erhabene gab seine Zustimmung. Nachdem nun der Erhabene den Rest des Tages und die Nacht verbracht hatte, ließ er in der Frühe seine Blicke über das zehntausendfache Weltsystem schweifen. Da trat Nandopananda der Drachenfürst in den Kreis seines Erkennens ein. Und indem der Erhabene darüber nachsann, ob wohl jener eine Grundlage (zur Heiligkeit) in sich besitze, da erkannte er, daß er verkehrten Ansichten huldigte und ohne Vertrauen war zu den drei Kleinodien (dem Buddha, der Lehre und der Jüngerschaft). Während er aber darüber nachsann, wer wohl diesen von seinen verkehrten Ansichten abbringen könne, da kam ihm der Ordensältere Mahā-Moggallāna in den Sinn. Als es darauf hell geworden war und er seine körperlichen Obliegenheiten beendet hatte, sprach er zum ehrwürdigen Ananda: "Teile, Ananda, den fünfhundert Mönchen mit, daß der Vollendete eine Wanderung durch die Himmelswelt unternehmen werde." An jenem Tage gerade veranstaltete man für Nandopananda ein Festgelage. Auf himmlischem Juwelentrone, umgeben von einem den himmlischen weißen Schirm Haltenden und von dreierlei Tänzern und der Drachenschar, saß er da, indem er die in kostbaren Gefäßen aufgetragenen verschiedenen Arten von Speisen und Getränken betrachtete. Und der Erhabene bewirkte, daß ihn der Drachenfürst bemerkte, wie er, zusammen mit fünfhundert Mönchen, über das Himmelsgewölbe des Drachenfürsten hinweg der Götterwelt der Dreiunddreißig entgegen zog. Bei jener Gelegenheit aber erhob sich in Nandopananda solch übler Gedanke: "Diese kahlköpfigen Asketen gehen da beständig, durch ein über uns befindliches Gebiet ziehend, im Reiche der Dreiunddreißig Götter ein und aus. Von nun ab aber werde ich es diesen nicht mehr gestatten, dort zu gehen und uns den Staub von ihren Füßen auf die Köpfe zu schütteln." Damit erhob er sich und begab sich zum Fuße des Meruberges. Dann gab er seine Gestalt auf; und, sich siebenmal um das Merugebirge herumwindend, bedecke er mit seiner Haube von oben das Reich der Dreiunddreißig und machte es unsichtbar. Da sprach der ehrwürdige Ratthapāla zum Erhabenen: "Früher, o Ehrwürdiger, wenn ich auf diesem Orte stand, konnte ich das Merugebirge sehen, samt der den Meru einschließenden Gebirgskette, sowie den Himmel der Dreiunddreißig, den Vejayanta-Palast und die Flagge darauf. Was ist wohl die Ursache, o Ehrwürdiger, was der Grund, daß ich diese Dinge jetzt nicht sehe?" "Weil dieser Nandopananda der Drachenfürst über euch erzürnt ist, Ratthapāla, darum hat er sich siebenmal um das Merugebirge gewunden, und dieses von oben mit seiner Haube verhüllend, hat er Finsternis erzeugt." "Ich werde ihn bändigen, o Ehrwürdiger" sprach Ratthapāla. Der Erhabene aber gab ihm nicht seine Einwilligung. Darauf erhoben sich der ehrwürdige Bhaddhiya, der ehrwürdige Rāhula und alle übrigen Mönche der Reihe nach. Nicht aber gab der Erhabene seine Einwilligung. Zuletzt sprach der ehrwürdige Mahā-Moggallāna: "Ich, o Ehrwürdiger, werde ihn bändigen." So bändige denn du ihn, Moggallāna!" mit diesen Worten gab der Erhabene seine Einwilligung. Seine eigene Gestalt aufgebend und die riesige Gestalt eines Drachen annehmend, wand sich nun der ehrwürdige Mahā-Moggallāna vierzehnmal um Nandopananda, und seine eigene Haube auf die von Nandopananda legend, preßte er ihn fest gegen den Meruberg. Da spie der Drachenfürst Dampf aus. Auch der Ordensältere spie Dampf aus, sprechend: "Nicht bloß du hast Dampf im Leibe, sondern auch ich habe welchen." Der Dampf des Drachenfürsten aber quälte den Ordensälteren nicht, wohl aber quälte der Dampf des Ordensälteren den Drachenfürsten. Da spie der Drachenfürst Feuer. Auch der Ordensältere spie Feuer, sprechend: "Nicht bloß du hast Feuer im Leibe, sondern auch ich habe welches." Das Feuer des Drachenfürsten aber quälte den Ordensälteren nicht, wohl aber quälte das Feuer des Ordensälteren den Drachenfürsten. Da dachte der Drachenfürst: "Dieser da preßt mich gegen das Merugebirge und speit Dampf und Feuer aus", und er fragte ihn, wer er sei. "Moggallāna bin ich, Nanda." "Erscheine, o Ehrwürdiger, wieder in deiner eigenen Gestalt als Mönch!" Und der Ordensältere gab seine Gestalt wieder auf. Darauf fuhr er dem Drachenfürsten ins rechte Ohrloch und trat durchs linke wieder heraus. Darauf fuhr er ihm ins linke Ohrloch und trat wieder durchs rechte heraus. In derselben Weise fuhr er ihm ins rechte Nasenloch und trat durchs linke wieder heraus, fuhr ihm ins linke Nasenloch und trat durchs rechte wieder heraus. Darauf öffnete der Drachenfürst seinen Rachen. Und der Ordensältere fuhr ihm in den Rachen und wandelte in seinem Leibe von Osten nach Westen hin und her. Da aber sprach der Erhabene: "Moggallāna! Moggallāna! Überlege es dir! Von großer Macht ist dieser Drachenfürst." Der Ordensältere aber erwiderte: "Entfaltet habe ich, o Ehrwürdiger, die 4 Machtfährten, häufig geübt, gefestigt, gepflegt, wohl vollendet. Sei es um diesen Nandopananda, o Ehrwürdiger. Hundert, ja tausend, ja hunderttausend solcher Drachenfürsten wie Nandopananda vermöchte ich zu bändigen. Der Drachenfürst aber dachte: 'Ohne daß ich es gemerkt habe, ist dieser in mich gefahren. Wenn er jetzt heraustritt, werde ich ihn zwischen die Zähne nehmen und zermalmen'; und er sprach: "Komm heraus, Ehrwürdiger, und quäle mich nicht länger mit deinem Auf- und Abwandern in meinem Leibe!" Der Ordensältere trat heraus und stellte sich außerhalb hin. 'Oh, da ist er ja', dachte der Drachenfürst indem er ihn erblickte, und er stieß Wind durch die Nase aus. Doch der Ordensältere trat in die vierte Vertiefung ein, und nicht einmal ein Härchen am Körper vermochte der Wind zu bewegen. Auch die übrigen Mönche, sagt man, könnten von Anfang an alle diese Wundertaten wirken, doch sobald sie diesen Punkt erreichten, würden sie außerstande sein, so schnell gefaßt in die Vertiefung einzutreten. Daher hatte ihnen der Erhabene seine Zustimmung nicht gegeben, den Drachenfürsten zu bändigen. Der Drachenfürst dachte: 'Nicht einmal die Härchen am Körper dieses Mönches vermochte ich mit dem Winde meiner Nase zu bewegen. Von hoher Macht ist dieser Mönch!' Der Ordensältere aber gab seine Gestalt auf und nahm die Gestalt eines Greifen an. Und indem er den (durch das Fliegen erzeugten) Wind eines Greifen erkennen ließ, verfolgte er den Drachenfürsten. Der Drachenfürst aber gab seine Gestalt auf, nahm die Gestalt eines Jünglings an und verneigte sich zu Füßen des Ordensälteren, indem er sprach: "Ehrwürdiger ich nehme meine Zuflucht zu Euch." "Der Meister ist gekommen, Nanda. Komm, lasset uns zu ihm gehen!" So sprechend, ging der Ordensältere mit ihm zusammen zum Erhabenen, nachdem er ihn also gebändigt und ihm das Gift ausgetrieben hatte. Der Drachenfürst begrüßte den Erhabenen und sprach: "Ich nehme, o Ehrwürdiger, meine Zuflucht zu Euch." "Mögest du glücklich sein, o Drachenfürst!" So sprechend, begab sich der Erhabene, von der Mönchsgemeinde umgeben, zur Wohnung des Anāthapindika. Dieser fragte ihn, warum er so spät am Tage angekommen sei. "Ein Kampf hat stattgefunden zwischen Moggallāna und Nandopananda." "Wer hat denn, o Herr, gesiegt, wer verloren?" "Moggallana hat gesiegt, Nanda verloren." "Möge mir, o Ehrwürdiger, der Erhabene gestatten, für sieben Tage nacheinander Almosenspeise zu spenden und sieben Tage lang dem Ordensälteren meine Verehrung zu bezeigen." Und Anāthapindika bewirtete mit großer Ehrfurcht sieben Tage lang die fünfhundert Mönche, mit dem Erhabenen an der Spitze.

 

Somit also wurde, mit Hinsicht auf die bei Bändigung des Nandopananda erwirkte Vergrößerung der Gestalt, (vom Ordensälteren Tipitaka-Cūlanāga) gesagt:" Nimmt der Mönch eine große Gestalt an, so wird sie (die karmisch erworbene Körperlichkeit) doch wohl größer, wie es z.B. beim Ordensälteren Moggallāna sich ereignete." Trotz dieser Erklärung jedoch lehren die Mönche, daß es eben die karmisch unabhängige Körperlichkeit ist, die auf Grund der karmisch erworbenen anwächst. Und dies eben ist hier die richtige Aussage.

 

Indem der Mönch nun solches bewirkt, ist er nicht bloß imstande, Sonne und Mond mit der Hand zu berühren, sondern ganz nach Wunsch stellt er auch seine Füße darauf wie auf einen Fußschemel, setzt sich darauf wie auf einen Stuhl, legt sich darauf wie auf ein Bett, lehnt sich daran wie an eine Stuhllehne. Und wie es dieser eine tut, so mag es (gleichzeitig) auch ein zweiter tun; ja, sollten selbst viele Hunderte und Tausende von Mönchen (gleichzeitig) dasselbe tun, so gelänge es jedem einzelnen genau so gut. Mit der Bewegung und dem Leuchten von Sonne und Mond ist es genau so. Sollten da nämlich selbst tausend Schalen voll Wasser sein: in sämtlichen Schalen zeigt sich die Mondscheibe, und ganz deutlich sieht man die Bewegung und das Leuchten des Mondes. Genau so verhält es sich mit diesem Wunder.

 

Der Ausdruck "Selbst bis hinauf zür Brahmawelt" bedeutet, daß er die Brahmawelt als Grenze genommen hat.

 

"Er hat über seinen Körper Gewalt" bedeutet, daß er dort in der Brahmawelt seinen eigenen Willen über den Körper ausübt. Die Erklärung hierzu ist gemäß dem Palitexte (Pts. XXII.7) zu verstehen. Derselbe lautet hierzu folgendermaßen:

 

"Selbst bis hinauf zur Brahmawelt hat er über seinen Körper Gewalt" besagt: Wenn jener Magiebegabte, Geistesgewaltige, sich zur Brahmawelt zu begeben wünscht, trifft er die Bestimmung, daß das, was ferne ist, nahe werde: 'Es werde nah!'; und es wird nah. Er bestimmt, daß das, was nahe ist, ferne werde: 'Es werde fern!' und es wird ferne. Er bestimmt, daß das, was viel ist, wenig werde: 'Es werde wenig!'; und es wird wenig. Er bestimmt, daß das, was wenig ist, viel werde: 'Es werde viel!'; und es wird viel. Mit dem Himmlischen Auge schaut er die Gestalt jenes Brahmā. Mit dem Himmlischen Ohre vernimmt er die Stimme jenes Brahmā. Wünscht der Magiebegabte, Geistesgewaltige, sich mit seinem sichtbaren Körper zur Brahmawelt zu begeben, so zwingt er mit Hilfe seines Körpers den Geist, bestimmt er mit Hilfe seines Körpers über den Geist. Und hat er dies getan, so tritt er in die Empfindung von Wohlgefühl und Leichtigkeit und begibt sich mit diesem sichtbaren Körper zur Brahmawelt. Wünscht er sich aber mit unsichtbarem Körper zur Brahmawelt zu begeben, so zwingt er mit Hilfe seines Geistes den Körper, bestimmt er mit Hilfe seines Geistes über den Körper. Und hat er dies getan, so tritt er in die Empfindung von Wohlgefühl und Leichtigkeit und begibt sich mit unsichtbarem Körper zu Brahmā. In Gegenwart jenes Brahma nun läßt er eine Gestalt erscheinen, eine geistgezeugte, mit allen Gliedern ausgestattet, in vollem Besitze aller Organe. Geht der Magiebegabte auf und ab, so geht auch dort die magisch gezeugte Gestalt auf und ab. Steht er oder sitzt er oder legt er sich nieder, so tut es auch dort die magisch gezeugte Gestalt. Stößt der Magiebegabte Rauch aus oder Feuer oder legt er die Lehre dar oder beantwortet er gestellte Fragen, so tut es auch dort die magisch gezeugte Gestalt. Was immer nämlich der Magiebegabte tut, genau dasselbe tut auch die magisch gezeugte Gestalt."

 

"Er trifft die Bestimmung, daß das, was ferne ist, nahe werde" bedeutet: aus der die Grundlage bildenden Vertiefung sich erhebend, wendet er seinen Geist auf eine ferne Himmelswelt oder auf eine Brahmawelt. 'Sie werde nahe!': so erwägend, vollzieht er den vorbereitenden Akt, tritt darauf wieder in die Vertiefung ein und trifft dann, auf sein Wissen gestützt, die Bestimmung 'Sie werde nahe!'; und sie wird nahe. Die entsprechende Erklärung gilt auch für die übrigen Stellen.

 

Wer hat nun aber, was ferne war, nahe gebracht? Der Erhabene. Als nämlich der Erhabene nach Beendigung des doppelten Wunders sich zur Himmelswelt begab, brachte er den Yugandharaberg und das Merugebirge nahe zusammen, und von dem flachen Erdboden aus stellte er erst den einen Fuß auf den Yugandhara, dann den anderen auf den Gipfel des Merugebirges.

 

Wer hat außerdem noch solches Wunder vollbracht? Der Ordensältere Mahā-Moggallāna. Als nämlich eine zwölf Yojana weit sich ausdehnende Menschenmenge, nach Beendigung ihres Mahles, von Sāvatthī aufgebrochen war, machte der Ordensältere den dreißig Meilen langen Weg nach Sankassa ganz kurz und ließ so jene Menschenmenge die Stadt in demselben Augenblick erreichen. Übrigens hat auch der Ordensältere Cūlā-samudda auf Ceylon dasselbe vollbracht. Zur Zeit der Hungersnot nämlich, so heißt es, kamen einst in der Frühe über hundert Mönche zu ihm. Da dachte der Ordensältere: 'Eine gar große Schar von Mönchen ist das! Wohin könnten diese wohl um Almosen gehen?' Als er so nachdachte, erkannte er, daß dies nirgends in ganz Ceylon möglich sei, wohl aber jenseits des Meeres, in Pātaliputta. So hieß er die Mönche Schale und Gewand nehmen und sprach: "Kommt, Freunde, wir wollen um Almosen gehen!" Und indem er die Erde sich zusammenziehen ließ, gelangte er nach Pātaliputta. Da fragten ihn die Mönche: "Was ist das für eine Stadt, o Ehrwürdiger?" "Pātaliputta, ihr Freunde." "Pātaliputta ist doch sehr weit, o Ehrwürdiger." "Alte Ordensältere, ihr Freunde, machen eben, was ferne ist, nahe." "Wo aber ist denn das große Meer, o Ehrwürdiger?" "Habt ihr denn, ihr Freunde, bevor ihr hier ankamet, unterwegs nicht einen dunkelblauen Wassergraben überschritten?" "Gewiß, o Ehrwürdiger. Das Meer aber ist doch mächtig groß." "Alte Ordensältere, ihr Freunde, können eben, was groß ist, klein machen."

 

Wie dieser, so hat auch der Ordensältere Tissadatta, als er am Abend nach dem Bade sein Gewand angelegt hatte und ihm der Gedanke aufstieg, dem großen Bodhibaume Verehrung darzubringen, den Bodhibaum nahe heran gebracht.

 

Wer aber hat, was nahe war, in die Ferne gerückt? Der Erhabene. Der Erhabene nämlich hat den kleinen Zwischenraum zwischen ihm selber und Angulimāla in weiten Zwischenraum verwandelt (s. M.86).

 

Wer aber hat, was viel war, in wenig verwandelt? Der Ordensältere Mahā-Kassapa. Als nämlich einst in Rājagaha, an einem Mondfesttage, fünfhundert Mädchen mit Mondplätzchen versehen dahinzogen, um sich des Festes zu erfreuen, erblickten sie den Erhabenen, gaben ihm aber nichts. Sobald sie aber den hinterherkommenden Ordensälteren (Mahā-Kassapa) erblickten, sagten sie: "Unser Ordensälterer kommt. Wir wollen ihm die Plätzchen geben." Und alle kamen mit den Plätzchen versehen zum Ordensälteren heran. Der Ordensältere nahm seine Schale hervor und bewirkte, daß alle diese Plätzchen in die eine Schale gingen. Der Erhabene, der vorausgegangen war, hatte sich niedergesetzt und wartete auf den Ordensälteren. Der Ordensältere nahm die Plätzchen aus der Schale und gab sie dem Erhabenen.

 

In der Geschichte vom Handelsherrn Illīsa (s. Dhp. Kom. I.367) aber verwandelte der Ordensältere Mahā-Moggallāna wenig in viel, genau vie der Erhabene in der Geschichte von Kākavalliya. Nachdem, wie es heißt, der Ordensältere Maha-Kassapa sieben Tage lang in der Vertiefung zugebracht hatte, stellte er sich vor die Haustür eines armen Mannes namens Kākavalliya, um dem Armen eine Gunst zu erweisen. Als dessen Frau den Ordensälteren erblickte, goß sie die für ihren Mann gekochte ungesalzene saure Grütze in seine Almosenschale. Der Ordensältere nahm die Almosenschale und reichte sie dem Erhabenen, und der Erhabene bestimmte, daß die Grütze für die große Mönchsgemeinde reichen solle. Und das in der einen Schale Gebrachte reichte für alle. Kākavalliya aber wurde am siebenten Tage darauf ein reicher Handelsherr.

 

Nicht aber gelingt es dem Magiebegabten bloß, wenig in viel zu verwandeln, sondern alles, was er wünscht, gelingt ihm, wie z.B. Süßes in Nichtsüßes, oder Nichtsüßes in Süßes zu verwandeln usw. Als z.B. der Ordensältere Mahā-Anula sah, wie zahlreiche Mönche, die auf ihrem Almosengange bloß trockenen Reis erhalten hatten, am Gangesufer dasaßen und ihr Mahl verzehrten, bestimmte er, daß das Gangeswasser sich in Butterölschaum verwandle. Dann gab er den Novizen ein Zeichen, die darauf den Butterölschaum in kleinen Schalen der Mönchsgemeinde überreichten. Und alle aßen von dem süßen Butterölschaum.

 

"Mit dem Himmlischen Auge" (dibba-cakkhu) besagt: indem er, noch hier verweilend, das Licht anwachsen läßt, erkennt er (in dem Lichte) die Gestalt des Brahma. Und während er noch hier verweilt, hört er alles, was jener spricht, und er erkennt seine Gedanken.

 

"Mit Hilfe seines Körpers zwingt er den Geist" bedeutet: mit Hilfe seines grobstofflidhen Körpers zwingt er den Geist. Das Bewußtsein der die Grundlage bildenden Vertiefung vertraut er dem Körper an, läßt er dem Körper folgen, läßt er langsam gehen, denn die Bewegung des Körpers ist gar langsam.

 

"Er tritt in die Empfindung von Wohlgefühl und Leichtigkeit" besagt: er erlangt, erwirkt, erreicht und gewinnt jene Empfindung von Wohlgefühl (sukha-saññā) und Leichtigkeit (lahu-saññā), die gleichzeitig entsteht mit jenem magischen Bewußtsein, das die die Grundlage bildende Vertiefung zum Objekte hat. Als Empfindung von Wohlgefühl gilt die mit Gleichmut verbundene Empfindung, denn der Gleichmut wird als das stille Glück bezeichnet. Weil jene Empfindung frei ist von den fünf (geistigen) Hemmungen und den anderen ihr entgegenwirkenden Dingen, wie Gedankenfassung usw. (der früheren Vertiefungen), darum hat man sie als die Empfindung von Leichtigkeit zu betrachten. Sobald aber jener Mönch in diese Empfindung eingetreten ist, ist sein grobstofflicher Körper leicht wie Watte. Und mit dem sichtbaren Körper, leicht wie die vom Winde fortgewehte Watte, begibt er sich zur Brahmawelt. Wünscht er es, so erzeugt er mit Hilfe des Erdkasinas sich, einen Weg in der Luft und geht dann zu Fuß. Wünscht er es, so ruft er mit Hilfe des Windkasinas Wind hervor und eilt, wie Watte, mit dem Winde. Übrigens genügt hierzu schon der bloße Wunsch sich fortzubewegen. Hat er nämlich diesen Wunsch, so eilt er nachdem er so im Geiste den Entschluß gefaßt hat, vom Drange seines Entschlusses getrieben, sichtbar dahin wie ein vom Bogenschützen abgeschossener Pfeil.

 

"Mit Hilfe seines Geistes zwingt er den Körper" besagt: er vertraut den Körper dem Geiste an, läßt ihn dem Geiste folgen, ihn schnell eilen, denn gar schnell eilt der Geist.

 

"Er tritt in die Empfindung von Wohlgefühl und Leichtigkeit" besagt: er tritt ein in jene Empfindung von Wohlgefühl und Leichtigkeit, die gleichzeitig entsteht mit dem den stofflichen Körper zum Objekte habenden magischen Bewußtsein. Das Übrige ist genau wie in der beschriebenen Weise zu verstehen. Dies jedoch betrifft bloß das Gehen im Geiste.

 

Wer aber so mit unsichtbarem Körper dahineilt, bewegt der sich in dem Augenblicke, wo das Entschlußbewußtsein aufsteigt, oder im Augenblicke, wo es aufgestiegen ist, oder im Augenblicke, wo es abbricht? Auf diese Frage erklärte der Ordensältere, daß er in allen drei Augenblicken in Bewegung ist. Geht er nun aber selber oder sendet er eine magisch gezeugte Gestalt? Er tut, wie es ihm gefällt. Hier jedoch ist bloß von seinem persönlichen Gehen die Rede.

 

"Geistgezeugt" (mano-maya) ist eine Gestalt, wenn sie durch das Bewußtsein des (magischen) Entschluss" gezeugt ist.

"In vollem Besitze aller Organe": dies wurde gesagt im Sinne der äußeren Formen, wie der Augen, Ohren usw. Der magisch gezeugten Gestalt fehlt jedoch die Sensitivität (pasāda).

"Geht der Magiebegabte auf und ab, so geht auch dort die magisch gezeugte Gestalt auf und ab usw.": alles das wurde gesagt mit Rücksicht auf die von einem Jünger gezeugte Gestalt. Die vom Erleuchteten gezeugte Gestalt tut zwar auch alles, was der Erhabene tut, aber sie vermag auch anders zu handeln, je nach dem Wunsche des Erhabenen. Somit, wenn auch der Magiebegabte, während er hier weilt, sich zu Brahmā gesellt, mit ihm plaudert, sich mit ihm unterhält, so hat er dadurch doch noch keine Gewalt über seinen Körper. Wenn ihm auch der Entschluß gelingt, das Ferne nahe zu bringen usw., so hat er dadurch doch noch keine Gewalt über seinen Körper. Wenn er auch mit sichtbarem oder unsichtbarem Körper zur Brahmawelt eilt, so hat er dadurch doch noch keine Gewalt über seinen Körper. Wenn einer aber in Gegenwart des Brahmā eine Gestalt magisch erzeugt und alle anderen besprochenen Handlungen ausführt, insofern hat er Gewalt über seinen Körper. Das übrige aber wurde erwähnt, um den diesem Gewalthaben über den Körper vorangehenden Zustand zu zeigen.

 

Dies nun gilt als die Macht des Entschlusses.

 


Vis. XII. 10. Macht der Verwandlung (vikubbanā iddhi)

 

Der Unterschied zwischen der Macht der Verwandlung und der Macht des geistigen Erzeugens aber ist dieser: - Wer eine Verwandlung vornimmt, der gibt die ursprüngliche Gestalt auf und zeigt sich etwa in der Gestalt eines Knaben, oder eines Drachen, eines Dämonen, des Indra, eines Himmelswesens, des Brahma oder in der Gestalt des Meeres oder eines Berges, eines Löwen, Tigers oder Panthers, läßt einen Elefanten, ein Pferd, einen Wagen, einen Fußsoldaten oder verschiedene Heeresabteilungen erscheinen (Pts. XXII. 8). Somit, in welcher von den hier erwähnten Gestalten auch immer er sich zu zeigen wünscht, darauf richte er seinen Willen. Wer nun solchen Entschluß faßt, erhebe sich aus der die Grundlage zu den Höheren Geisteskräften bildenden und eines von den Kasinas zum Objekte habenden (vierten) Vertiefung und denke sich selber in die Gestalt eines Knaben (usw.). Darauf trete er nach Beendigung des vorbereitenden Aktes von neuem in die Vertiefung ein, und nach Austritt aus derselben fasse er den Entschluß: 'So und so ein Knabe lasse mich sein!' Gleichzeitig mit dem den Entschluß begleitenden Bewußtsein aber wird er zum Knaben, genau wie es bei Devadatta der Fall war. Die entsprechende Erklärung gilt überall. Die Worte "Er läßt einen Elefanten erscheinen usw." aber werden hier gesagt in dem Sinne, daß er auch nach außen hin einen Elefanten u.dgl. in Erscheinung treten läßt. Dabei darf er nicht etwa den Entschluß fassen: 'Laß mich zum Elefanten werden!', sondern: 'Möge da ein Elefant in Erscheinung treten!' Die entsprechende Erklärung gilt auch mit Hinsicht auf Pferd usw.

 

Dies nun gilt als die Macht der Verwandlung.


Vis. XII. 11. Macht des geistigen Erzeugens (manomayā iddhi)

 

Wer aber die Macht des geistigen Erzeugens zu erlangen wünscht, erhebt sich aus der die Grundlage bildenden Vertiefung, heftet dann seine Gedanken auf den Körper und faßt in der angegebenen Weise den Entschluß: 'Möge (der Körper) voller Löcher sein!'; und er wird voller Löcher. Darauf denkt er sich in seinem Innern einen anderen Körper, und nach vollzogenem Vorbereitungsakte faßt er, genau wie in der angegebenen Weise, den Entschluß. Und es entsteht in seinem Innern noch ein anderer Körper. Diesen zieht er heraus wie den Halm aus der Blattscheide, das Schwert aus der Scheide, oder wie eine Schlange aus dem Korbe. Daher wurde gesagt (D.2): "Da, o Mönch, ruft der Mönch aus diesem Körper einen anderen Körper hervor, formhaft, geistgezeugt, mit allen Gliedern ausgestattet, in vollem Besitze aller Organe. Es ist gerade so, als ob ein Mann den Halm aus einer Blattscheide herausziehen und sich sagen möchte: 'Dies ist der Halm und dies die Blattscheide; etwas anderes ist der Halm, etwas anderes die Blattscheide. Es ist eben die Blattscheide, aus der der Halm hervorgezogen wurde' usw." Gerade wie nun hier Halm und Blattscheide sich gleichen, so auch gleicht die geistgezeugte Gestalt dem Magiebegabten. Um das eben zu zeigen, wurden diese Gleichnisse gegeben.

 

Dies nun gilt als die Macht des geistigen Erzeugens.  

 

Hier endet des zur Beglückung guter Menschen abgefaßten "Weges zur Reinheit" 12. Teil die Darstellung der Magischen Kräfte.


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