Visuddhi Magga XIII

Die vier übrigen Höheren Geisteskräfte (abhiññā)

1. Das Himmlische Ohr (dibba-sota)
2. Das in Herzensdurchschauung anderer bestehende Wissen (parassa ceto-pariya-ñāna)
3. Das im Erinnern an frühere Daseinsform bestehende Wissen (pubbe-nivāsânussatī-ñāna)
4. Das Himmlische Auge (dibba-cakkhu)
Vermischte Erklärungen


Vis. XIII. 1. Das Himmlische Ohr (dibba-sota)

 

Wir sind nun angelangt bei der Darlegung des "Himmlischen Ohres". Hierbei ist, genau wie bei den folgenden 3 Höheren Geisteskräften, die Erklärung der Worte: "Er, mit also gesammeltem Geiste usw." in der oben besagten Weise zu verstehen, und bloß das davon Abweichende werden wir hier erklären.

 

Hier nun gilt in dem Ausdruck "Mit dem Himmlischen Ohre" das Ohr als "himmlisch" (dibba) auf Grund seiner Ähnlichkeit mit dem himmlischen Hörorgan. Die Himmelswesen nämlich besitzen ein himmlisches sensitives Hörorgan, das, durch gutes Karma gewirkt und ungehemmt durch Galle, Schleim, Blut u, dgl., infolge des Freiseins von Trübungen die Fähigkeit besitzt, selbst von ferne ein Vorstellungsobjekt aufzunehmen.

 

Weil also das durch die Macht der Kraftentfaltung entstandene Erkenntnisohr dieses Mönches jenem ähnlich ist, so gilt es eben wegen seiner Ähnlichkeit mit dem Himmlischen Hörorgan als 'himmlisch'. Aber auch weil es infolge des Himmlischen Verweilungszustandes (dibba-vihāra) erlangt wurde und selber auf dem himmlischen Verweilungszustand gegründet ist, auch darum gilt es als himmlisch.

 

Als "Gehör-Element" (sota-dhātu) gilt das Ohr im Sinne von Hören und im Sinne von etwas Seelenlosem (nijjiva; angedeutet durch das Wort 'Element'). Auch weil es im Ausüben der Funktion des Hörorgans dem Hörorgane gleicht, auch darum gilt es als Gehör-Element. Mit eben jenem Himmlischen Ohr vernimmt er die Töne.

"Geklärt" besagt soviel wie: völlig rein, frei von Trübungen.

"Übermenschlich" ist es, weil es bei Ausübung seiner Funktion die menschlichen Wege überschreitet und beim Vernehmen von Tönen über das menschliche, fleischliche Gehörorgan hinausgeht.

"Beide Töne vernimmt er": zwei Arten von Tönen vernimmt er, welche beiden? "Himmlische wie menschliche", d.i. sowohl die Stimmen der Himmelswesen als auch die der Menschen. Hiermit ist die Begrenzung hinsichtlich des Ortes gemeint.

"Ferne wie nahe" besagt: er vernimmt sowohl die in der Ferne - selbst in einem anderen Weltsystem - als auch die in der Nähe entstandenen Töne, selbst die Geräusche der im eigenen Körper befindlichen Lebewesen. Hiermit ist die Begrenzung unabhängig vom Orte gemeint.

 
Wie aber hat man diese Höhere Geisteskraft zu erwecken?
Da hat der Mönch zuerst in die zu den Höheren Geisteskräften die Grundlage bildende (vierte) Vertiefung (abhiññā-pādaka-jjhāna) einzutreten. Darauf erhebe er sich aus der Vertiefung und achte mit dem in der Vorbereitenden Sammlung (parikamma-samādhi) befindlichen Geiste auf die in seinen natürlichen Hörkreis dringenden, in der Ferne entstandenen groben Geräusche, wie die Stimme des Löwen usw. im Walde, dann auf den Klang der Glocken im Kloster, den Klang der Trommeln, der Muschelhörner, die Stimmen der mit aller Macht auswendig lernenden Novizen und jungen Mönche, auf die Stimmen der eine gewöhnliche Unterhaltung Führenden, wie: 'Wie, o Ehrwürdiger?' oder 'Was ist los, o Freund? usw.; ferner auf die Vogelstimmen, die Geräusche von Wind, von Schritten, auf das zischende Geräusch des kochenden Wassers, das Geräusch der in der Sonnenhitze trocknenden Palmblätter, auf das Geräusch der Ameisen usw. In dieser Weise achte er auf alle Geräusche, von den ganz groben Geräuschen ausgehend und der Reihe nach auf die feineren Geräusche übergehend; und er beachte den Schalleindruck der von Osten, Westen, Norden und Süden, von oben und unten her kommenden Geräusche, der von der östlichen, westlichen, nördlichen und südlichen Zwischenrichtung her kommenden Geräusche; achte sowohl auf die groben als auch die feinen Gehöreindrücke. Schon bei gewöhnlichem Bewußtsein sind ihm jene Töne erkennbar, doch im Bewußtsein der Vorbereitenden Sammlung sind sie ihm außerordentlich deutlich. Während er so den Schalleindruck beachtet und unter jenen Tönen irgend einen zum Objekt nimmt, steigt ihm die 'auf das Geisttor aufmerkende Aufmerksamkeit' (manovārâvajjana) auf, nämlich: 'Jetzt wird das Himmlische Ohr entstehen'; und ist jener Moment geschwunden, so blitzen 4 oder 5 Impulsivmomente (javana) auf, unter denen die 3 oder 4 ersteren Momente - der der Vorbereitung (parikamma), der Annäherung (upa-cāra), der Anpassung (anuloma) und der Reife (gotrabhū) - der sinnlichen Sphäre angehören, während der 4te und 5te Moment, als Bewußtsein der Vollen Sammlung (appanā-citta), der Feinkörperlichen Sphäre angehören. Das gleichzeitig mit jenem Bewußtsein der vollen Sammlung aufsteigende Wissen aber gilt als das Himmlische Ohr. Darauf ist dieses in jenem Gehör eingeschlossen. Dasselbe festigend beschränke er es auf bloß eine Fingerbreite: 'Hier in diesem Zwischenraume lasse mich alle Töne vernehmen!', und dann bringe er es zum Anwachsen. Sodann beschränke er es der Reihe nach auf die Breite von zwei Fingern, vier Fingern, acht Fingern, von einer Spanne, einer Doppelspanne, auf die Größe einer Kammer, einer Hausterrasse, eines Turmes, eines Wohnsitzes, eines Ordensklosters, des benachbarten Dorfes, des Landbezirkes, ja bis auf die Größe eines Weltsystems oder noch darüber hinaus. Auf diese Weise in den Besitz der Höheren Geisteskraft gelangt, vernimmt er alle innerhalb dieses Zwischenraumes entstehenden Töne, die durch die die Grundlage bildende Vertiefungsvorstellung berührt werden. Und auch ohne wieder von neuem in die die Grundlage bildende Vertiefung eingetreten zu sein, vernimmt er die Töne vermittels dieser Höheren Geisteskraft. Auch wenn, während er solches vernimmt, bis zur Brahmawelt hinauf ein einziges Getöse von Klängen, von Muschelhörnern, Pauken, Trommeln u.dgl. herrscht, so ist er, falls er es wünscht, sehr wohl imstande, jeden einzelnen Ton festzustellen: 'Dies ist der Klang von Muschelhörnern, dies der von Trommeln'.

 

Hier endet die Besprechung über das Himmlische Gehörelement.


Vis. XIII. 2. Das in Herzensdurchschauung anderer bestehende Wissen (parassa ceto-pariya-ñāna)

 

Was die Darlegung über das in Herzensdurchdringung anderer bestehende Wissen anbetrifft, so bedeutet in diesem Ausdruck 'pariya' soviel wie Durchdringen (pari + yā, wörtl.: um etwas 'herumgehen', d.i. völlig erfassen) oder Festlegen (wörtl.: 'ringsherum beschneiden', umgrenzen). Die Herzensdurchdringung und das Wissen davon aber gelten als das in Herzensdurchschauung bestehende Wissen. In diesem Sinne wird der Ausdruck gebraucht.

 

Als "die anderen" gelten alle Wesen außer ihm selber. Der Ausdruck "die anderen Personen" bedeutet dasselbe wie der erstere Ausdruck; der Belehrung und der Schönheit der Darstellung zuliebe aber hat man einen verschiedenen Wortlaut gewählt.

"Mit dem Herzen (Geist) den Geist (durchschauend)" besagt: mit dem eigenen Geist den Geist der anderen (durchschauend).

"Durchschauend" (parica, Gerundium von pari + i, wörtl. 'rings herum gegangen seiend') bedeutet: festgelegt habend.

"Er erkennt" besagt: er erkennt den Geist in verschiedener Hinsicht, nämlich als gierhaft usw.

 

Wie aber hat man diese Höhere Geisteskraft zu erwecken? Dies gelingt einem vermittels des Himmlischen Auges. Diese nämlich bildet die Vorbereitung dazu.

 

(In den hier folgenden 19 Zeilen des Textes wird angegeben, wie man durch Erkennen der Farbe des Blutes den Geist der anderen erkennen kann.)

 

In dem Ausdruck "den gierbehafteten Geist usw," hat man unter "gierbehaftetem (sa-rāga) Geist" die 8 Arten von gierbehaftetem Bewußtsein (Tab. I. 22-29) zu verstehen, unter "gierlosem (vīta-rāga) Geist": das übrige den vier Entwicklungsstufen (der sinnlichen, feinkörperlichen, unkörperlichen und überweltlichen Sphäre) angehörende karmisch heilsame (kusala) und karmisch neutrale (avyākata) Bewußtsein (s.Tab.I). Die 2 mit Trübsinn verbundenen Bewußtseinsmomente (30, 31) und die 2 Bewußtseinsmomente des Zweifels (vicikicchā) und der Aufregung (uddhacca, 32, 33) aber: diese vier sind nicht in jener Zweiergruppe (gierbehaftet - gierlos) eingeschlossen. Einige Ordensältere jedoch schließen auch diese mit ein.

Als "haßbehafteter (sa-dosa) Geist" gelten die mit Trübsinn verbundenen 2 Arten von Bewußtsein (30, 31). Alles den vier Daseinsstufen angehörende karmisch heilsame und neutrale Bewußtsein aber gilt als "haß-los" (vīta-dosa). Die übrigen 10 karmisch unheilsamen Bewußtseinsmomente (22-29; 32, 33) sind in dieser Zweiergruppe (haßbehaftet - haßlos) nicht eingeschlossen. Einige Ordensältere schließen auch diese mit ein.

In dem Ausdruck "verblendet - unverblendet" gelten als verblendet (sa-moha), im engeren Sinne bloß 2 Arten des Bewußtseins, nämlich das mit Zweifel und das mit Aufgeregtheit verbundene Bewußtsein (32, 33). Da aber die Verblendung auch gleichzeitig mit allen karmisch unheilsamen Bewußtseinsmomenten zusammen entsteht, so mag man auch die gesamten 12 Arten des karmisch unheilsamen Bewußtseins (22-33) als 'verblendeten Geist' betrachten. Alles übrige Bewußtsein aber gilt als "unverblendet" (vīta-moha).

Als "eingeschrumpft" (sankhitta) gilt das von geistiger Trägheit und Mattheit (thīna-middha) begleitete Bewußtsein, als "zerstreut" (vikkhitta) das von Aufgeregtheit (uddhacca) begleitete.

Als "entfaltet" (mahaggata) gilt das der Feinkörperlichen und Unkörperlichen Sphäre angehörende Bewußtsein (der Vertiefungen), alles übrige aber als "unentfaltet" (amahaggata).

Als "übertreffbar" (sa-uttara) gilt alles den 3 Daseinsstufen angehörende Bewußtsein, als "unübertreffbar" (an-uttara) das überweltliche Bewußtsein (lokuttara).

Als "gesammelt" (samāhita) gilt das die Angrenzende (upacāra-samādhi) oder Volle Sammlung (appanā-samādhi) besitzende Bewußtsein; das diese beiden Grade der Sammlung nicht besitzende aber gilt als "ungesammelt" (asamāhita).

Als "befreit" (vimutta) gilt dasjenige Bewußtsein, das Befreiung (von den Leidenschaften) erreicht hat, sei es Befreiung durchs Gegenteil (tad-anga-vimutti), durch Zurückdrängung (vikkhambhana), durch Zerstörung (samuccheda), durch Stillung (patippassaddhi) oder durch Entrinnung (nissarana). Das diese fünffache Befreiung nicht erreicht habende Bewußtsein aber hat man als "unbefreit" (a-vimutta) anzusehen.

 

Ein Mönch, der das in Geistesdurchschauung bestehende Wissen erlangt hat, erkennt somit alle Arten des Bewußtseins, als wie: den gierbehafteten Geist als gierhaft . . . den unbefreiten als unbefreit.

 

Hier endet die Besprechung über das in Herzensdurchschauung anderer bestehende Wissen.
  


Vis. XIII. 3. Das im Erinnern an frühere Daseinsform bestehende Wissen (pubbe-nivāsânussatī-ñāna)

 

In der Besprechung über das im Erinnern an frühere Daseinsform bestehende Wissen hat man unter "früherer Daseinsform" die in den früheren Geburten dagewesenen Daseinsgruppen (Körperlichkeit, Gefühl, Wahrnehmung, Geistesformationen, Bewußtsein) zu verstehen, d.i. die einst existiert habenden, Leben gehabt habenden, in der eigenen Daseinskontinuität aufgestiegenen und wieder verschwundenen Erscheinungen (dhamma), nämlich die im eigenen Gebiete (gocara) dagewesenen, durch das eigene oder auch durch fremdes Bewußtsein erkannten und begrenzten Erscheinungen. Beim Sicherinnern an die den Daseinsweg vollendet Habenden usw. aber sind diese bloß dem Erleuchteten erkennbar.

 

"Erinnerung an frühere Daseinsform" bezeichnet diejenige Erinnerung (sati), vermittels derer man sich an frühere Daseinsformen erinnert.

Als "Wissen" gilt das mit jener Erinnerung verbundene Wissen. Wegen dieser Erinnerung an frühere Daseinsformen heißt es also: "(er richtet seinen Geist) auf die Erinnerung an frühere Daseinsformen, d.i. auf die Erreichung und Erlangung dieses Wissens."

"Mannigfach" bedeutet: "vielartig", oder auf viele Weise dargestellt und beschrieben.

"Frühere Daseinsform" bedeutet: von dem unmittelbar vorausgegangenen Dasein ab rückwärts gehend, die hier und dort das Dasein verlebt habende Daseinskette.

"Er erinnert sich" besagt soviel wie: indem er die Daseinsgruppen der Reihe nach oder auf Grund von Abscheiden und Wiedergeburt verfolgt, erinnert er sich.

 

(Im Folgenden wird auseinandergesetzt, an wieviele Geburten sich die Andersgläubigen (titthiya) erinnern mögen, an wieviele die ursprünglichen Jünger (pakati-sāvaka), die großen Jünger (mahā-sāvaka), die Hauptjünger (agga-sāvaka), die Einzelerleuchteten (pacceka-buddha) und die Erleuchteten (buddha).

 

Der auf diese Weise sich zu erinnern wünschende Mönch, der noch ein Anfänger ist, begebe sich daher nach beendetem Mahle, am Nachmittage, an einen einsamen Ort, und abgeschieden trete er dort der Reihe nach in die Vertiefungen ein. Hat er sich darauf aus der die Grundlage zu den Höheren Geisteskräften bildenden vierten Vertiefung (abhiññā-pādaka-catuttha-jjhāna) erhoben, so denke er an den zu allerletzt eingenommenen Sitz, dann an das (vorhergehende) zurechtmachen des Sitzes, dann an das Eintreten in die Behausung, dann an das Ordnen von Gewand und Almosenschale, dann an die Zeit, als er am Essen war, als er vom Dorfe zurückkam, als er im Dorfe um Almosen ging, als er um Almosen ins Dorf eintrat, als er das Kloster verließ, als er am Schreinplatze und vor dem Bodhibaume seinen Gruß darbrachte, an die Zeit, als er seine Almosenschale spülte, als er die Almosenschale ergriff, und an alles das, was er ganz in der Frühe tat, was er in der letzten Nachtwache tat, was er in der ersten Nachtwache tat. Auf diese Weise denke er in rückläufiger Ordnung an alles, was er bei Tag und Nacht getan hat. Soviel wird ihm auch schon bei gewöhnlichem Bewußtsein deutlich; im Bewußtsein der Vorbereitenden Sammlung aber wird ihm dies außerordentlich deutlich. Sollte ihm aber dabei etwas nicht deutlich sein, so trete er von neuem in die die Grundlage bildende Vertiefung ein, und nach Austritt aus derselben denke er nochmals an jene Dinge. Dadurch werden ihm die Dinge so deutlich wie die Gegenstände bei Lampenlicht. Auf diese Weise denke er in rückläufiger Ordnung auch an das, was er vor zwei Tagen getan hat, was er vor drei, vier und fünf Tagen getan hat, vor zehn Tagen, vor einem halben Monat, und so bis zu einem Jahre. Indem er nun auf solche Weise über zehn Jahre, zwanzig Jahre (usw.) bis zu seiner eigenen Geburt in diesem Dasein nachdenkt, denke er auch nach über die während des Sterbemomentes in früherem Dasein dagewesenen Gruppen. Es vermag nämlich ein einsichtsvoller Mönch schon beim ersten Male, den Wiedergeburtsmoment überschreitend, das im Sterbemomente dagewesen Körperliche und Geistige (nāma-rūpa) als Objekt erfassen. Da aber die Körperlichkeit und Geistigkeit des früheren Daseins nun restlos erloschen und eine andere Körperlichkeit und Geistigkeit entstanden ist, darum ist dieser Moment, wie eine undurchdringbare, undurchsichtige Finsternis, für den Einsichtslosen schwerlich zu durchschauen. Doch selbst ein solcher sollte sein Streben nicht aufgeben und nicht denken, daß er nicht dazu imstande sei, den Empfängnismoment zu überschreiten und die zur Zeit des Sterbemomentes dagewesene Körperlichkeit und Geistigkeit als Objekt zu erfassen. Sondern wiederholt trete er in die die Grundlage bildende Vertiefung ein, und nach Austritt aus derselben denke er an jenen Moment. Wenn da z.B. ein kräftiger Mann daran ist, für den Giebel eines Spitzenhauses einen großen Baum zu fällen, er aber infolge der schon beim Abhauen der Aste und des Grünholzes stumpf gewordenen Schneide der Axt nicht imstande ist, den großen Baum abzuhauen, so geht er eben, ohne seine Arbeit aufzugeben, zur Schmiedewerkstatt und läßt die Axt schärfen und geht dann wieder von neuem daran, den Baum abzuhacken. Wird nun die Ast von neuem stumpf, so handelt er eben nochmals genau so und setzt sein Hacken wieder fort. Wenn er auf diese Weise zu hacken fortfährt, mag, da er die jedesmal durchgehauenen Teile nicht nochmals durchzuhauen braucht und er nur an den nicht durchgehauenen Teilen hackt, er in kurzer Zeit den Baum zu Falle bringen. So auch mag man bei solchem Vorgehen, nach Austritt aus der die Grundlage bildenden Vertiefung, ohne das früher Erwogene nochmals zu erwägen, bloß über den Empfängnismoment nachdenkend, die im Sterbemoment dagewesene Körperlichkeit und Geistigkeit als Objekt erfassen. Auch mit dem Holzspalten, Haarschneiden u. dgl. läßt sich diese Sache erklären.

 

Hierbei nun gilt jenes Wissen, das, vom letzten Niedersitzen ab bis auf den Empfängnismoment zurückgehend, alle Objekte erfaßt, nicht etwa als das Wissen von der früheren Daseinsform (pubbe-nivāsa-ñāna), sondern als das mit der Vorbereitenden Sammlung verbundene Wissen (parikamma-samādhi-ñāna). Einige bezeichnen es auch als das Wissen von der Vergangenheit (atītamsa-ñāna). Dieses Wissen ist nicht auf die Feinkörperliche Sphäre anwendbar. Wenn aber dieser Mönch, nach Überschreitung des Empfängnismomentes, die im Sterbemomente dagewesene Körperlichkeit und Geistigkeit erfaßt hat und ihm das 'Aufmerken an der Geistespforte' (manodvārâvajjana) aufsteigt, so kommt es nach Schwinden dieses Momentes, denselben zum Objekte nehmend, zum Aufblitzen von 4 oder 5 Impulsivmomenten (javana). Das Übrige verhält sich genau wie in der oben angegebenen Weise.

 

Die als "Vorbereitung," (parikamma) usw. bezeichneten früheren Momente gehören der Sinnensphäre an, der letzte Moment aber ist das der vierten Vertiefung der Feinkörperlichen Sphäre angehörende Bewußtsein der Vollen Sammlung. Das Wissen, das darauf zusammen mit jenem Bewußtsein in ihm aufsteigt, dieses gilt als das in Erinnerung an frühere Daseinsform bestehende Wissen. Vermittels der mit jenem Wissen verbundenen Erinnerung aber "erinnert er sich an mannigfache frühere Daseinsformen, als wie an eine Geburt, an zwei Geburten . . . usw. . . . erinnert er sich mit den jedesmaligen Merkmalen . . . an mannigfache frühere Daseinsformen."

Hier bedeutet "eine Geburt" soviel wie eine mit der Empfängnis beginnende und mit dem Tode endende, in einem einzigen Dasein eingeschlossene Kette von Daseinsgruppen. Für "zwei Geburten" usw. gilt die entsprechende Erklärung.

In den Worten "mancher Weltuntergange usw." hat man unter "Weltuntergang" die abnehmende Welt, unter "Weltentstehung" die anwachsende Welt zu verstehen. Hierbei ist in dem Worte 'Weltuntergang' (samvatta) die im Untergange beharrende Welt (samvatta-tthāyi) mit zusammengefaßt, da jene eben die Grundlage hierzu bildet, während in 'Weltentstehung' (vivatta) die im Werden beharrende Welt (vivatta-tthāyi) mit zusammengefaßt ist. In dieser Weise nämlich werden hier jene (4 Weltperioden) zusammengefaßt, von denen es heißt (A.IV.156): "Vier ungeheure Weltperioden gibt es, ihr Mönche: welche vier? Den Weltuntergang, die im Untergange beharrende Welt, die Weltentstehung, die im Werden beharrende Welt."

 
(Hier folgt eine in allerhand Einzelheiten sich ergehende Beschreibung dieser vier Weltperioden.)
 

Auch beim Sicherinnern an frühere Daseinsformen ruft der an frühere Weltperioden sich erinnernde Mönch von diesen Weltperioden manche Weltuntergänge sich ins Gedächtnis, manche Weltentstehungen, manche Weltuntergänge und Weltentstehungen. Und in welcher Weise? In dieser Weise: "Dort war ich usw."
 

Hierbei bedeutet "Dort war ich" soviel wie: während solches Weltunterganges weilte ich in jener Daseinswelt, jenem Daseinsschoße, auf jener Daseinsfährte, jener Bewußtseinsebene, in jener Wesenswelt, jener Wesensgruppe.

"Solchen Namen hatte ich": etwa Tissa oder Phussa.

"Solchem Geschlechte gehörte ich an": etwa dem des Kaccāna oder Kassapa. Dies wird gesagt mit Hinsicht auf die Erinnerung an den eigenen Namen und Familienstamm im früheren Dasein. Wünscht er sich aber an sein eigenes Aussehen zu erinnern, das er zu jener Zeit hatte, oder ob seine Lebensweise eine rauhe oder angenehme war, ob er viel Freuden oder Leiden erfahren hatte, ob ihm ein kurzes oder langes Lebensalter beschieden war, so erinnert er sich eben an alles dieses. Darum heißt es: "Solches Aussehen hatte ich . . . solches war meine Altersgrenze."

"Solches Aussehen (Farbe) hatte ich" bedeutet da: ob er etwa hell war oder dunkel.

"Solche Nahrung ward mir zuteil": meine Nahrung bestand aus Reis, Fleisch, Grütze; oder ich lebte von abgefallenen Früchten (usw.).

"Solche Freuden und Leiden waren mir beschieden": auf mancherlei Weise habe ich Freuden und Leiden der verschiedensten Art erfahren, sinnliche wie übersinnliche usw.

"Solches war meine Altersgrenze": meine Altersgrenze war hundert Jahre oder tausend Weltperioden (usw.).

"Dort abgeschieden trat ich anderswo wieder ins Dasein": von jenem Dasein, jenem Daseinsschosse, jener Daseinsfährte, Bewußtseinsebene, Wesenswelt oder Wesensgruppe abgeschieden, wurde ich in solcherart Dasein wiedergeboren, in solcherart Daseinsschoße, Daseinsfährte, Bewußtseinsebene, Wesenswelt oder Wesensgruppe.

"Und hier hatte ich" besagt: und auch hier, in solchem Dasein, Daseinsschoße usw. hatte ich wiederum.

Solchen Namen hatte ich": diese Worte wurden bereits oben erklärt. Weil übrigens die Worte 'Dort hatte ich usw.' sich auf die wunschgemäße Erinnerung des von einem auf ein anderes Ereignis Zurückgehenden beziehen, die Worte 'Von dort abgeschieden' aber die Betrachtung des Wiederzurückehrenden betreffen, darum war, wie einzusehen, wegen der Wiedergeburtsstätte, die dieser - durch 'hier wiedergeboren' angedeuteten - Wiedergeburt unmittelbar vorausgegangen ist, gesagt worden: 'anderswo trat ich wieder ins Dasein.'

"Und dort hatte ich usw." wurde gesagt, um zu zeigen, daß er sich erinnert an Name, Abstammung usw. in seiner dieser Wiedergeburt unmittelbar vorangegangenen Geburtsstätte.

"Von dort abgeschieden bin ich hier wieder ins Dasein getreten": von jenem Orte der unmittelbar vorangegangenen Wiedergeburt abgeschieden, wurde ich hier, in dieser Adelsfamilie oder Brahmanenfamilie, wiedergeboren.

"So" bedeutet: auf solche Weise.

In dem Ausdruck "zusammen mit den jedesmaligen Kennzeichen (sâkāram) und Besonderheiten (sa-uddesam)" bezieht sich "Besonderheiten" (uddesa) auf Name und Abstammung, "Kennzeichen" (ākāra) auf Aussehen usw. Durch Name und Abstammung nämlich wird ein Wesen als Tissa oder Kassapa usw. angedeutet (uddisīyati). Zufolge des Aussehens usw. aber kennt man ihn nach seinen Unterschieden als dunkel oder hell usw. Somit gelten Name und Abstammung als Besonderheit, die übrigen Dinge aber als Kennzeichen.

"Er erinnert sich mancher früherer Daseinsform": der Sinn dieser Worte ist durchaus klar.

 

Hier endet die Besprechung über das im Erinnern an frühere Daseinsform bestehende Wissen. 


Vis. XIII. 4. Das Himmlische Auge (dibba-cakkhu)

 

In den Worten über das "im Erkennen des Abscheidens und Wiedererscheinens der Wesen bestehende Wissen" (cutûpapāta-ñāna) wird gezeigt, daß dieses Wissen, vermittels dessen das Abscheiden und Wiedererscheinen der Wesen erkannt wird, gleichbedeutend ist mit dem Himmlischen Auge.

"Er richtet und lenkt seinen Geist darauf" besagt: er richtet und lenkt sein vorbereitendes Bewußtsein darauf.

"Er" ist der Mönch, der seinen Geist darauf lenkt.

"Himmlisch" (dibba) usw. nennt man dieses Erkenntnisauge wegen seiner Ähnlichkeit mit dem himmlischen. Die Himmelswesen nämlich besitzen ein himmlisches, sensitives Auge, das, durch gutes Karma gewirkt und ungehemmt durch Galle, Schleim, Blut usw., infolge des Freiseins von Trübungen die Fähigkeit besitzt, selbst ein entferntes Objekt zu erfassen. Weil also das durch die Macht der Kraftentfaltung entstandene Erkenntnisauge jenem ähnlich ist, so gilt es eben wegen seiner Ähnlichkeit mit dem Himmlischen Auge als himmlisch. Aber auch weil es infolge des Himmlischen Verweilungszustandes erlangt wurde und selber auf dem Himmlischen Verweilungszustand gegründet ist, auch darum gilt es als himmlisch. Auch weil es durch seine Lichtfülle einen hellen Glanz verbreitet, auch darum gilt es als himmlisch. Auch weil es, durch Erkennen der hinter Mauern und anderen Hindernissen befindlichen Gestalten, hohe Macht besitzt, gilt es als himmlisch. Dies alles hat man im Einklange mit der Wortlehre zu verstehen.

Als "Auge" gilt dieses Wissen wegen des Sehens damit. Auch weil es genau wie das Auge die Funktion des Sehens verrichtet, gilt es als Auge.

Als "lauter" (visuddha) gilt es, weil es, infolge Erkennens des Abscheidens und Wiedererscheinens, für die Reinheit der Erkenntnis die Grundlage bildet. Wer nämlich bloß das Abscheiden erkennt, nicht aber das Wiedererscheinen, der klammert sich an die 'Ansicht von (der Wesen) Vernichtung' (uccheda-ditthi) und wer bloß das Erscheinen der Wesen erkennt, nicht aber ihr Abscheiden, der klammert sich an die Ansicht von dem Erscheinen eines neuen Wesens. Wer aber beides erkennt, dessen Erkenntnis bildet, da er eben über jene beiden Ansichten hinausgeht, die Grundlage zur 'Reinheit der Erkenntnis' (ditthivisuddhi; s.XVIII). Diese beiden Tatsachen erkennen die Jünger des Erleuchteten; darum heißt es, daß das Himmlische Auge deshalb lauter ist, weil es, durch Erkennen sowohl des Abscheidens als auch des Wiedererscheinens, für die Reinheit der Erkenntnis die Grundlage bildet.

Als "übermenschlich" hat man es zu betrachten, weil es unabhängig von menschlichen Hilfsmitteln die Gestalten erkennt; oder weil es unahhängig ist von dem fleischlichen Auge der Menschen.

"Mit dem himmlischen Auge, dem geklärten, übermenschlichen, sieht er die Wesen', heißt also, daß er die Wesen gleichsam wie mit dem fleischlichen Auge der Menschen sieht.

Was das "Abscheiden und Wiedererscheinen" betrifft, so kann das Himmlische Auge die Wesen nicht im Augenblicke ihres Sterbens oder Wiedergeborenwerdens erkennen. Mit den 'Abscheidenden' nämlich sind diejenigen gemeint, die kurz vor dem Sterben sind, gerade eben sterben werden. Mit den 'Wiedererscheinenden' aber sind die gemeint, die die Wiedergeburt bereits erlangt haben, gerade eben wiedergeboren sind. Daß der Mönch solche Abscheidende und Wiedererscheinende erkennt, wird hier gesagt.

"Gemein" besagt: niedrig auf Grund des Gebundenseins an die karmische Wirkung der Verblendung, geschmäht, gering geschätzt, mißachtet, verhöhnt auf Grund von niedriger Geburt, Familie, Vermögen u. dgl.

"Edel" bedeutet das Gegenteil davon auf Grund des Nichtgebundenseins an die karmische Wirkung der Verblendung.

"Schön" besagt : auf Grund des Nichtgebundenseins an die karmische Wirkung des Hasses ein gefälliges, angenehmes, anmutiges Äußere besitzend.

"Häßlich" besagt: auf Grund des Gebundenseins an die karmische Wirkung des Hasses ein ungefälliges, unangenehmes, anmutloses Äußere besitzend, d.h. unschön, häßlich.

"Glücklich,' besagt: in glücklichem Zustande befindlich, auf Grund des Nichtgebundenseins an die karmische Wirkung der Gier wohlhabend und begütert seiend.

"Unglücklich" besagt: in unglücklichem Zustande befindlich, auf Grund des Gebundenseins an die karmische Wirkung der Gier arm seiend, ohne Speise und Trank.

"Gemäß ihren Werken wiedererscheinen" bedeutet: durch jedesmal dasjenige Wirken, das sie angehäuft haben, wiedererscheinen.

 

Hier nun ist durch alle jene früheren Ausdrücke wie "sieht wie sie verschwinden usw." die Funktion des Himmlischen Auges angedeutet. Mit dem letzteren Ausdrucke (,sieht wie die Wesen gemäß ihren Werken wiedererscheinen') aber wird bezeichnet die Funktion des 'Wissens hinsichtlich des Wiedererscheinens gemäß den Taten' (yathā-kammûpaga-ñāna).

 

Für letzteres Wissen aber gilt dies als die Entstehungsweise: - Sobald der Mönch nach unten, in der Richtung der Hölle, das Licht hat anwachsen lassen, sieht er die höllischen Wesen (nerayika-satta), wie sie große Schmerzen erleiden; dieses Schauen ist bloß eine Funktion des Himmlischen Auges. Nun aber erwägt er also: 'Was für Taten haben wohl diese Wesen verübt, daß sie diese Schmerzen erleiden müssen.' Und es steigt ihm die ihre Taten zum Objekt habende Erkenntnis auf: 'Dies oder das haben sie verübt'. Ebenso, sobald er nach oben, in der Richtung der Himmelswelt, das Licht hat anwachsen lassen, sieht er im (himmlischen) Nandana-, Missaka- und Pārusaka-Haine usw. die Wesen, die sich großen Glückes erfreuen; auch dieses Schauen ist bloß eine Funktion des Himmlischen Auges. Nun aber erwägt er also: 'Was für Taten haben wohl diese Wesen verübt, daß sie sich da solches Glückes erfreuen!' Und es steigt in ihm die ihre Taten zum Objekt habende Erkenntnis auf: 'Diese oder jene Taten haben sie vollbracht'. Dies nun gilt als die Erkenntnis vom Wiedererscheinen gemäß den Werken. Hierfür gibt es keine besondere Vorbereitung.

 

Wie es nun mit dieser Erkenntnis ist, so ist es auch mit dem 'Wissen von der Zukunft' (anāgatamsa-ñāna). Diese Wissen nämlich haben beide das Himmlische Auge zur Grundlage und kommen mit dem Himmlischen Auge zusammen zur Vollendung.

 

(Die folgenden Worterklärungen verlieren sich wieder in allerhand Nebensächlichkeiten und faden Erbauungsetymologien, weshalb ich auch dieselben hier nicht angeführt habe).

 
[Der Übersetzter Nyanatiloka hat sehr viele Abschnitte aus dem 13.Teil weggelassen. Die weggelassenen Teile sind in der englischen Übersetzung von Nānamoli (BPS - Buddhist Publication Society - Sri Lanka) enthalten,WG].
 

Wünscht nun der edle Sohn, der noch ein Anfänger ist, auf diese Weise die Dinge zu erkennen, so mache er die die Grundlage für die Höheren Geisteskräfte bildende Vertiefung, mit dem Kasina als Objekt, in jeder Weise anwendungsfähig. Darauf führe er irgend eines von den drei Kasinas - Feuer-, Weiß- oder Lichtkasina - (der Verwirklichung des Himmlischen Auges) nahe. Er nehme dann die Angrenzende Vertiefung zum Gebiet (seiner Konzentration), erweitere (das Kasina) und festige es. Der Sinn ist der, daß er nicht die Volle Sammlung dabei erwecken solle. Würde er nämlich diese erwecken, so würde diese eine Stütze für die die Grundlage bildende Vertiefung sein, nicht aber für die Vorbereitende Übung. Von jenen drei Kasinas ist das Lichtkasina am besten. So erwecke er denn dieses oder eines von den beiden anderen in der in der Kasinadarstellung (s. Vis.IV) angegebenen Weise und erweitere es, auf der Angrenzenden Stufe verharrend. Auch die Methode des Erweiterns desselben ist genau wie in der angegebenen Weise zu verstehen. Nur was inmitten der jeweiligen erweiterten Stelle sichtbar wird, kann er sehen. Während er aber dieses Sichtbare betrachtet, ist die Vorbereitungsphase vorbeigegangen, und das Licht schwindet. Ist aber dieses geschwunden, so ist auch das Sichtbare nicht mehr zu sehen. Danach trete er wieder und wieder in die die Grundlage bildende Vertiefung ein, und nach Austritt aus derselben lasse er das Licht ausstrahlen. Auf diese Weise erlangt das Licht nach und nach Stetigkeit. Wie weit er nun da die Stelle abgrenzt und bestimmt, daß sie zu Licht werde, so weit eben bleibt sie Licht. Auch selbst, wenn er sich für einen ganzen Tag hinsetzt, und schaut, bietet sich ihm der Anblick von Sehobjekten.

 

Hierzu das Gleichnis von dem Manne, der bei Nacht, mit einer Strohfackel in der Hand, die Straße entlang zieht. Einst nämlich, so sagt man, zog ein Mann, mit einer Strohfackel in der Hand, des Nachts die Straße entlang. Seine Strohfackel aber ging ihm aus, und die ebenen und unebenen Stellen auf dem Wege konnte er nicht mehr erkennen. So rieb er denn jene Strohfackel auf dem Boden und zündete sie von neuem wieder an. In Brand geraten aber, gab sie noch ein größeres Licht als zuvor. Während er auf diese Weise immer wieder von neuem die erloschene Fackel anzündete, ging allmählich die Sonne auf. Sobald aber die Sonne aufgegangen war, dachte er: 'Ich brauche nun die Fackel nicht mehr', warf sie weg und ging den ganzen Tag weiter. Hierbei nun gleicht das Fackellicht dem Kasinalicht zur Zeit der Vorbereitenden Übung. Gleichwie nun bei erloschener Fackel die ebenen und unebenen Stellen des Weges nicht mehr zu sehen sind, so auch kann der die Gestalten Schauende, wenn er die Gelegenheit zur Vorbereitenden Übung sich entgehen läßt und das Licht verschwunden ist, die Formen nicht mehr sehen. Dem Reiben der Fackel gleicht das wiederholte Eintreten in die Vertiefung. Wie die Fackel nun jedesmal ein größeres Licht ausstrahlt, so strahlt derjenige, der von neuem wieder die Vorbereitende Übung ausführt, ein mächtiges Licht aus. Dem Aufgehen der Sonne aber gleicht das an der abgegrenzten Stelle mächtig gewordene Licht. Wie nun der Mann die Strohfackel wegwirft und den ganzen Tag weitergeht, so auch verwirft der Mönch das begrenzte Licht und nimmt vermittels des mächtig gewordenen Lichtes während des ganzen Tages die Gestalten wahr.

 

Sobald aber dabei, ohne in den Sehkreis des fleischlichen Auges eingetreten zu sein, ein im Leibe oder Herzen oder unter dem Erdboden oder hinter Mauern, Bergen oder Wällen oder in einem anderen Weltsystem befindlicher Gegenstand in den Sehkreis des Erkenntnisauges gelangt ist und genau wie mit dem fleischlichen Auge zu sehen ist; in diesem Falle ist das Himmlische Auge als aufgestiegen zu betrachten. Und eben bloß diese Erkenntnis ist hierbei imstande die Gegenstände zu erkennen, nicht aber besitzen die vorangegangenen Bewußtseinsmomente diese Fähigkeit.

 

Jenes (Himmlische Auge) aber ist eine Gefahr für den Weltling. Und warum? Weil nämlich, wo immer dieser den Entschluß faßt 'Es werde Licht', jedesmal jenes Licht - Erde, Meer und Berge durchdringend - zu einem einzigen Lichte wird und ihm, wenn er dabei grausige Geister und Gespenstergestalten u.dgl. erblickt, Furcht aufsteigt, wodurch er geistig verwirrt wird und die Vertiefung verliert. Darum sollte er beim Anblick solcher Gestalten vorsichtig sein.

 

Folgendes ist nun hierbei die Methode, das Himmlische Auge zu erzeugen. Indem der Mönch die oben besprochenen Gestalten zum Objekte nimmt, und, nach Eintritt des 'Aufmerkens an der Geistespforte' (manodvārâvajjana), er eben dieselben Gestalten wieder zum Objekt nimmt, steigen 4 oder 5 Impulsivmomente auf. Dies alles ist genau wie in der früheren Weise zu verstehen. Auch hierbei sind die früheren Bewußtseinsmomente mit Gedankenfassung (vitakka) und Diskursivem Denken (vicāra) verbunden und gehören der Sinnensphäre an, das das Gewünschte zustandebringende Bewußtsein am Schluss aber gehört der vierten Vertiefung der Feinkörperlichen Sphäre an. Das damit gleichzeitig entstandene Wissen aber wird als 'die Erkenntnis vom Verschwinden und Wiedererscheinen der Wesen' bezeichnet oder auch als das im Himmlischen Auge bestehende Wissen.

 

Hier endet die Besprechung über das im Erkennen des Abscheidens und Wiedererscheinens bestehende Wissen. 


Vis. XIII. Vermischte Erklärungen

 
 

 

Von diesen Wissen nämlich ist das als Wissen vom Abscheiden und Wiedererscheinen geltende Himmlische Auge mit zwei anderen Wissen verbunden, nämlich 'dem 'Wissen von der Zukunft' (anāgatamsa-ñāna) und dem 'Wissen von dem Wiedererscheinen gemäß den Werken' (yathā-kammûpaga-ñāna). Somit werden diese beiden zusammen mit den anderen fünf Wissen, der magischen Kraft usw., hier als die in den "7 Höheren Geisteskräften" bestehenden Wissen (abhiññā-ñāna) angeführt.

 

 

Dies nämlich ist die Erklärung hierzu: - Vier Dreiergruppen von Objekten werden von dem großen Weisen gelehrt: welche vier?

 

(I) Dabei entsteht das "magische Wissen" (iddhividhā-ñāna) bei sieben Arten von Objekten (ārammana), nämlich bei:
 

1. begrenzten,
2. entfalteten,
3. vergangenen,
4. zukünftigen,
5. gegenwärtigen,
6. eigenen oder
7. äußeren Objekten.
 
 

Und wieso?

 

(1) Wenn, nachdem man den Körper vom Geiste abhängig gemacht hat, man mit unsichtbarem Körper sich zu bewegen wünscht und daher vermittels des Geistes den Körper zwingt und an das entfaltete Bewußtsein heftet und daran befestigt, dann, das im Akkusativ stehende Wort (d.i. "Körper") als Objekt nehmend, hat das Wissen ein begrenztes Objekt (parittârammana), weil eben der stoffliche Körper das Objekt bildet.

(2) Wenn aber, nachdem man den Geist vom Körper abhängig gemacht hat, man mit sichtbarem Körper sich zu bewegen wünscht und daher vermittels des Körpers den Geist zwingt und das die Grundlage bildende Vertiefungsbewußtsein an den stofflichen Körper heftet und daran befestigt, dann, das im Akkusativ stehende Wort ("Geist") als Objekt nehmend, hat das Wissen ein entfaltetes Objekt (mahaggatâ-rammana), weil eben das Bewußtsein ein entfaltetes Objekt hat.

(3) Insofern nun aber jenes Bewußtsein etwas, das vergangen und verschwunden ist, zum Objekte nimmt, so gilt dieses Objekt als der Vergangenheit angehörig (arītârammana).

(4) Diejenigen aber wie Mahā-Kassapa und andere Ordensältere, die bei Niederlegung der großen Reliquie über die Zukunft bestimmten, hatten ein der Zukunft angehörendes Objekt (anāgatârammana). Als der Ordensältere Mahā-Kassapa nämlich die Niederlegung der großen Reliquie vornahm, bestimmte er: 'Für die nächsten zweihundertundachtzehn Jahre sollen diese Düfte sich nicht verflüchtigen, die Blumen nicht verwelken, diese Lichter nicht erlöschen'. Und alles traf in dieser Weise ein. Als der Ordensältere Assagutta in der Vattaniya-Klause die Mönchsgemeinde trockenen Reis essen sah, bestimmte er, daß das Wasser in der Zisterne täglich vormittags zu Dickmilch werde. Und am Vormittage fand man Dickmilch darin, am Nachmittage aber wieder gewöhnliches Wasser.

(5) Zur Zeit, wo man den Körper vom Geiste abhängig gemacht hat und sich mit unsichtbarem Körper fortbewegt, zu einer solchen Zeit ist das Objekt der Gegenwart angehörend (paccuppannârammana).

(6) Zur Zeit aber, wo man vermittels des Körpers den Geist oder vermittels des Geistes den Körper zwingt und selber die Gestalt eines Jünglings annimmt, zu einer solchen Zeit besteht, insofern man nämlich den eigenen Körper oder Geist zum Objekte nimmt, ein eigenes Objekt (ajjhattârammana).

(7) Zur Zeit aber, wo man außerhalb Elefanten, Pferde u.dgl. in Erscheinung treten läßt, zu einer solchen Zeit hat man ein äußeres Objekt (bahiddhârammana).

 

In dieser Weise hat man die Entstehung des magischen Wissens bei den sieben Arten von Objekten zu verstehen.

 

 

(II) Das "Wissen vom Himmlischen Ohre" (dibba-sotadhātu-ñāna) entsteht bei vier Arten von Objekten: bei

1. begrenzten,
2. gegenwärtigen,
3. eigenen oder
4. äußeren Objekten.
 

Und wieso?
 
 

(1) Insofern man den Ton zum Objekte genommen hat und jener etwas Begrenztes ist, insofern hat dieses Wissen ein begrenztes Objekt.

(2) Insofern aber dieses Wissen bloß dann entsteht, wenn man einen wirklich vorhandenen Ton zum Objekte nimmt, so hat das Wissen eben ein der Gegenwart angehörendes Objekt.

(3) Wenn man einen im eigenen Leibe entstandenen Ton vernimmt, so hat das Wissen ein zur eigenen Person gehörendes Objekt.

(4) Wenn man Töne von anderen hört, hat es ein äußeres Objekt. Auf diese Weise ist das Entstehen des Wissens vom Himmlischen Ohre bei den vier Arten von Objekten zu verstehen.

 
 
 

(III) Das "in Herzensdurchschauung bestehende Wissen" (ceto-pariya-ñāna) entsteht bei acht Arten von Objekten: bei
 

 

Und wieso?

 

(1) Wenn man das in der Sinnensphäre befindliche Bewußtsein der anderen erkennt, hat dieses Wissen ein begrenztes Objekt (parittâ-rammana).

(2) Wenn man ihr in der Feinkörperlichen Sphäre befindliches Bewußtsein erkennt, hat das Wissen ein entfaltetes Objekt.

(3) Wenn man Pfad und Ziel erkennt, hat das Wissen ein unbegrenztes Objekt. Hierbei nun erkennt der Weltling nicht das Bewußtsein eines in den Strom Eingetretenen, der in den Strom Eingetretene nicht das des Einmalwiederkehrenden, und so bis zum Heiligen. Der Heilige aber (falls er das Wissen von der Herzensdurchschauung besitzt) erkennt die Herzen aller; ebenso erkennt auch der Höherstehende das Herz der Niedrigerstehenden. Diese Eigentümlichkeit sollte man kennen.

(4) Wenn man das Pfadbewußtsein als Objekt hat, besteht eben das Pfadobjekt.

(5) Wenn man das innerhalb der vergangenen sieben Tage und der kommenden sieben Tage bestehende Bewußtsein der anderen erkennt, hat das Wissen ein vergangenes und

(6) ein zukünftiges Objekt.

(7) Wie aber hat das Wissen ein gegenwärtiges Objekt? Die Gegenwart (paccuppana) ist von dreierlei Art: Augenblicksgegenwart (khana-p.), fortdauernde Gegenwart (santati-p.) und Gegenwart als Lebenszeit (addhā-p.). Hierunter gilt die durch den Entstehungsmoment (uppāda), Ruhemoment (thiti) und Auflösungsmoment (bhanga) gebildete Gegenwart als die Augenblicksgegenwart. Die durch einen oder zwei Kontinuitäten eingeschlossene Gegenwart gilt als die fortdauernde Gegenwart. Wenn man da z.B. zuerst im Dunkeln gesessen hat und dann ins Helle tritt, so erscheinen einem die Objekte anfangs noch undeutlich. Die Zeit nun, die bis zum Deutlichwerden dieses Objektes verstreicht, diese hat man als den einen oder die zwei Zeitabschnitte aufzufassen. Auch wenn, nachdem man im Hellen umhergewandert ist, man in ein dunkles Gemach eintritt, so erscheinen einem noch nicht gleich die Gegenstände deutlich. Die Zeit nun, die bis zum Deutlichwerden dieser Objekte verstreicht, diese hat man als den einen oder die zwei Zeitabschnitte aufzufassen. Auch wenn man, in der Ferne stehend, die Handbewegungen der Wäscher und das Schlagen von Gongs und Trommeln sieht, so nimmt man noch nicht gleich den Klang wahr. Die Zeit nun, die bis zum Hören dieses Tones verstreicht, diese hat man als die eine oder die zwei Kontinuitäten aufzufassen. So behaupten die Erklärer der Mittleren Sutten. Die Erklärer der zu Gruppen verbundenen Sutten aber lehren zweierlei Kontinuität (santati): die körperliche Kontinuität (rūpa-santati) und die unkörperliche (arūpa), und sie sagen, als körperliche Kontinuität gelte die Zeit, die verstreicht, bis die nach Durchwaten des Wassers gebildeten Wasserfurchen am Ufer sich wieder beruhigen; oder bis die Körperhitze eines von einem Marsche Zurückgekehrten wieder abflaut; oder bis die Dunkelheit wieder schwindet, wenn man aus der Sonnenglut kommend in eine Kammer eingetreten ist; oder bis sich das Flimmern vor den Augen wieder beruhigt, wenn man bei Tage nach Erwägung eines Übungsobjektes in einer Kammer das Fenster öffnet und hinausschaut. Ferner, die Zeit von zwei oder drei Impulsivmomenten (javana) gelte als die unkörperliche Kontinuität. Demzufolge gelten jene beiden Kontinuitäten als die fortdauernde Gegenwart.

 

Die durch ein einzelnes Dasein begrenzte Zeit aber gilt als Gegenwart der Lebenszeit. Mit Rücksicht hierauf heißt es in der Bhaddekaratta-Sutte (M.131): "Was da, o Freund, an Geist (mano) und Geistobjekten (dhamma) besteht, das beides ist gegenwärtig entstanden. Und ist dies beides entstanden, so wird das Bewußtsein von Wunschgier gefesselt. Und ist das Bewußtsein von Wunschgier gefesselt, so findet man Gefallen daran. Und daran Gefallen findend, wird man zu den gegenwärtig entstandenen Dingen hingezogen."

 

Von diesen beiden Arten der Gegenwart wird die fortdauernde Gegenwart in den Kommentaren erwähnt, die Gegenwart der Lebenszeit in den Sutten. Dabei sagen einige, daß das 'für den Augenblick gegenwärtige' Bewußtsein das Vorstellungsobjekt für das Wissen von der Geistesdurchdringung bilde. Und aus welchem Grunde? Weil (wie sie sagen) das Bewußtsein des Magiebegabten und das (zu erkennende Bewußtsein) des anderen in einem und demselben Augenblicke aufsteige. Folgendes geben sie als Gleichnis: Wenn man da eine Hand voll Blumen in die Höhe wirft, so trifft mit Bestimmtheit irgend eine Blume mit ihrem Stengel den Stengel irgend einer anderen. Ebenso, wenn einer seinen Geist auf eine große Menschenmenge richtet, denkend: 'Ich will den Geist der anderen erkennen', so durchdringt er mit Bestimmtheit mit dem einen (dem eigenen) Bewußtsein das Bewußtsein eines anderen im Entstehungs-, Ruhe- und Auflösungsmomente." - Solches aber wird in den Kommentaren als verkehrt verworfen, denn, sollte einer selbst hundert und tausend Jahre lang nachdenken, so können doch das Bewußtsein, mit dem er aufmerkt (āvajjati), und dasjenige, mit dem er erkennt (jānāti), nicht beide gleichzeitig entstehen; und ein Fehler wäre es, wenn man in unzutreffendem Falle, nämlich beim Aufmerken (āvajjana) und den Impulsivmomenten (deren letzter mit der 'Herzensdurchschauung' verbunden ist) eine Verschiedenheit des Objektes annimmt. Als der 'fortdauernden Gegenwart' und der 'Gegenwart der Lebenszeit angehörend' hat man das Objekt aufzufassen. Was da, vor oder nach dem gegenwärtigen Impulsivprozesse, bei den anderen an Bewußtsein besteht, das alles gilt als der fortdauernden Gegenwart angehörend. "Als der 'Gegenwart der Lebenszeit' aber angehörend hat man die Reihe der Impulsivmomente zu erklären": so heißt es im Kommentar zum Samyutta-Nikaya, und diese Erklärung ist richtig. Die Erläuterung hierzu ist folgende: Der Magiebegabte, der den anderen Geist zu erkennen wünscht, lenkt seinen Geist darauf hin. Nachdem dieses geistige Aufmerken (āvajjana) das der 'Augenblicksgegenwart' angehörende Objekt aufgenommen hat, schwindet es wieder, zusammen mit eben jenem Objekte. Darauf blitzen 4 oder 5 Impulsivmomente (javana) auf, von denen der letzte das magische Bewußtsein (iddhi-citta) ist, die übrigen aber der Sinnensphäre angehören. Alle diese haben eben bloß jenes verschwundene Bewußtsein (des anderen) zum Objekte. Sie haben deshalb keine verschiedenen Objekte, weil sie eben ein 'der Lebenszeit angehörendes gegenwärtiges' Objekt haben. Auch im Falle eines einzigen Objektes erkennt bloß das magische Bewußtsein (d.i.der letzte Impulsivmoment) des anderen Bewußtsein, nicht aber vermögen solches die übrigen Bewußtseinsmomente (wie Aufmerken usw.), genau so wie auch an der Sehpforte bloß das Sehbewußtsein das Sehobjekt erkennt und nicht irgend ein anderes Bewußtsein dazu imstande ist. Somit hat dieses Wissen ein der 'fortdauernden Gegenwart' und der 'Gegenwart der Lebenszeit' angehörendes gegenwärtiges Objekt. Oder weil selbst die fortdauernde Gegenwart in der Gegenwart der Lebenszeit eingeschlossen ist' darum hat eben jenes Bewußtsein ein der Gegenwart der Lebenszeit angehörendes gegenwärtiges Objekt, wie einzusehen.

 

(8) Insofern jenes Wissen bloß das Bewußtsein des anderen als Objekt hat, so hat es eben ein äußeres Objekt.

 

Auf diese Weise ist das Entstehen des Wissens von der Geistesdurchdringung bei den acht Arten von Objekten aufzufassen.

 

 

(IV) Das "Wissen von der früheren Daseinsform" (pubbenivāsa-ñāna) entsteht bei acht Arten von Objekten:

1. bei begrenzten;
2. entfalteten,
3. unermeßlichen,
4. beim Pfade,
5. bei vergangenen,
6. eigenen,
7. äußeren und
8. unwirklichen Objekten.

 

Und in welcher Weise?

 

(1) Wenn jenes Wissen sich erinnert an die Daseinsgruppen der Sinnensphäre, zu solcher Zeit hat es ein begrenztes Objekt.

(2) Wenn es sich an die Daseinsgruppen der Feinkörperlichen oder Unkörperlichen Sphäre erinnert, zu solcher Zeit hat es ein entfaltetes Objekt.

(3) Wenn es sich erinnert an den einst durch einen selber oder durch andere erweckten Pfad oder die verwirklichte Frucht des Pfades, zu solcher Zeit hat das Wissen ein unermeßliches Objekt.

(4) Wenn es sich bloß des erweckten Pfades erinnert, zu dieser Zeit hat es den Pfad als Objekt.

(5) Notwendigerweise aber hat es stets ein vergangenes Objekt. Wenn nun auch das Wissen 'von der Geistesdurchschauung' und das 'vom Wiedererscheinen gemäß der Werken' vergangene Objekte haben, so hat doch von diesen die Geistesdurchschauung bloß ein auf die vergangenen sieben Tage beschränktes Bewußtsein als Objekt. Eine andere Daseinsgruppe (als das Bewußtsein) oder etwas mit einer anderen Daseinsgruppe Verbundenes (wie Eigenname) erkennt es nicht.

Weil es das mit dem Pfade verbundene Bewußtsein als Objekt hat, wird in indirektem Sinne gesagt, es habe den Pfad zum Objekt.

Das 'Wissen vom Wiedererscheinen gemäß den Werken' hat bloß die vergangene Willensverfassung (cetanā) zum Objekte. Für das 'Wissen von der früheren Daseinsform' aber gibt es nichts von den früheren Daseinsgruppen oder den damit verbundenen Dingen, das kein Objekt werden könnte. Dieses Wissen gleicht hinsichtlich der vergangenen Daseinsgruppen und der damit verbundenen Dinge der Allerkenntnis. Diesen Unterschied hat man sich da zu merken. Und so lautet der Kommentar hierzu. Insofern nun aber im Patthāna (dem siebenten Abhidhammawerke voll der Bedingten Entstehung aller Daseinserscheinungen) gesagt wird, daß 'die karmisch heilsamen (kusala) Daseinsgruppen als Objekt (ārammana) eine Bedingung bilden für das Magische Wissen, sowie für das Wissen von der Geistesdurchschauung, von der Erinnerung an frühere Daseinsform, vom Wiedererscheinen gemäß den Werken und von der Zukunft', insofern bilden auch die vier (geistigen) Daseinsgruppen das Objekt für das Wissen von der Geistesdurchschauung und für das Wissen vom Wiedererscheinen germäß den Werken.

Hierbei hat auch das Wissen vom Wiedererscheinen gemäß den Werken karmisch heilsame (kusala) und unheilsame (akusala) Objekte.

(6) Wenn man nun über die eigenen Daseinsgruppen nachdenkt, hat dieses Wissen ein eigenes Objekt;

(7) wenn man über die Daseinsgruppen anderer nachdenkt, ein äußeres Objekt.

(8) Wenn man über Name, Abstammung, Erde, Vorzeichen u.dgl. nachdenkt, in der Weise wie: 'Einst in der Vergangenheit lebte Vipassī der Erhabene; dessen Mutter war Bandhumatī, der Vater Bandhumā usw.' - zu dieser Zeit hat das Wissen ein unwirkliches (,nicht auffindbares') Objekt. 'Name und Abstammung' nämlich sind hier als Umschreibung einer an die Daseinsgruppen gebundenen konventionell ausgedrückten Aussage aufzufassen, nicht als die Aussage selber. Eine Aussage nämlich ist, da sie in den Hörobjekten einbegriffen ist, etwas Begrenztes, wie es heißt (Vibh. XV): "Das Analytische Wissen von der Sprache (nirutti-patisambhidā) hat ein begrenztes Objekt". Diese Auffassung billigen wir. Auf diese Weise hat man die Entstehung des Wissens von früherer Daseinsform bei den acht Arten von Objekten aufzufassen.

 

 

(V) Das "Wissen vom Himmlischen Auge" (dibba-cakkhu-ñāna) entsteht bei vier Arten von Objekten:
 

1. bei begrenzten,
2. gegenwärtigen,
3. eigenen und
4. äußeren Objekten.
 

Und in welcher Weise?

 

(1) Wenn jenes Wissen nämlich einen körperlichen Gegenstand als Objekt hat und derselbe begrenzt ist, so hat es ein begrenztes Objekt.

(2) Entsteht es bei einem wirklich vorhandenen körperlichen Gegenstande, so hat es ein gegenwärtiges Objekt.

(3) Erkennt es einen im eigenen Leibe befindlichen Gegenstand, so hat es ein eigenes Objekt.

(4) Erkennt es bei einem anderen einen Gegenstand, so hat es ein äußeres Objekt. Auf diese Weise hat man die Entstehung des Wissens vom Himmlischen Auge bei den vier Arten von Objekten zu verstehen.

 

(VI) Das "Wissen von der Zukunft" (anāgatamsa-ñāna) entsteht bei acht Arten von Objekten:
 

1. bei begrenzten,
2. entfalteten,
3. unermeßlichen,
4. beim Pfade,
5. bei zukünftigen,
6. eigenen,
7. äußeren und
8. unwirklichen Objekten.

 

Und in welcher Weise?

 

(1) Zu einer Zeit, wo man erkennt: 'Der und der wird in der Zukunft in der Sinnensphäre wiedergeboren werden', zu einer solchen Zeit hat das Wissen ein begrenztes Objekt.

(2) Erkennt man aber, daß er in der Feinkörperlichen oder Unkörperlichen Welt wiedergeboren werden wird, so hat zu solcher Zeit das Wissen ein entfaltetes Objekt.

(3) Erkennt man, daß er den Pfad erwecken und die Frucht des Pfades verwirklichen wird, so hat es zu dieser Zeit ein unermeßliches Objekt.

(4) Erkennt man bloß, daß er den Pfad erwecken wird, so hat es den Pfad als Objekt.

(5) In jedem Falle aber hat es stets bloß ein zukünftiges Objekt. Obzwar auch das Wissen von der Geistesdurchschauung ein zukünftiges Objekt hat, so hat es doch bloß ein auf die künftigen sieben Tage beschränktes Bewußtsein als Objekt. Eine andere Daseinsgruppe (als das Bewußtsein) nämlich oder etwas daran Gebundenes erkennt es nicht. Für das Wissen von der Zukunft aber gibt es, in der anläßlich des Wissens von früherer Daseinsform erwähnten Weise, nichts in der Zukunft, was nicht Objekt werden könnte.

(6) Während man erkennt: 'Dort oder dort werde ich wiedergeboren werden', so hat zu solcher Zeit das Wissen ein eigenes Objekt.

(7) Erkennt man: 'Der und der wird dort wiedergeboren werden' ' so hat zu solcher Zeit das Wissen ein äußeres Objekt.

(8) Erkennt man aber Name und Abstammung, in der Weise: 'In der Zukunft wird der erhabene Metteyya erscheinen; der Brahmane mit Namen Subrahmā wird sein Vater sein, die Brahmanin Brahmavatī seine Mutter usw.', so hat zu solcher Zeit, genau wie hinsichtlich des Wissens von früherer Daseinsform beschrieben, das Wissen ein unwirkliches Objekt. Auf diese Weise ist die Entstehung des Wissens von der Zukunft bei den acht Arten von Objekten zu verstehen.

 

(VII) Das "Wissen vom Wiedererscheinen gemäß den Werken" (yathākammûpaga-ñāna) entsteht bei fünf Arten von Objekten:

1. bei begrenzten,
2. entfalteten,
3. vergangenen,
4. eigenen und
5. äußeren Objekten.
 

Und in welcher Weise?
 

(1) Zu einer Zeit, wo man der Sinnensphäre angehörende Taten erkennt, hat jenes Wissen ein begrenztes Objekt.

(2) Erkennt man der Feinkörperlichen oder Unkörperlichen Welt angehörende Taten, so hat es ein entfaltetes Objekt.

(3) Erkennt man die Vergangenheit, so hat es ein vergangenes Objekt.

(4) Erkennt man das eigene Wirken, so hat es ein eigenes Objekt.

(5) Erkennt man eines anderen Wirken, so hat es ein äußeres Objekt. Auf diese Weise hat man die Entstehung des Wissens vom Wiedererscheinen gemäß den Werken bei den fünf Arten von Objekten zu verstehen. -

 

Was da nun als eigenes Objekt und als äußeres Objekt bezeichnet wird, so hat das Wissen bisweilen ein eigenes, bisweilen ein äußeres Objekt. Zur Zeit des Erkennens aber hat es ein eigenes und ein äußeres Objekt.

 

Hier endet des zur Beglückung guter Menschen abgefaßten "Weges zur Reinheit" 13. Teil: die Darstellung der Höheren Geisteskräfte.


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