Visuddhi Magga XII

Die magischen Kräfte (iddhi-vidhā)

1. Die fünf weltlichen Höheren Geisteskräfte (abhiññā)
2. Magische Verwandlung durch 14fache Geistesübung
3. Vorbedingungen aus früheren Geburten
4. Die 10 magischen Kräfte:
5. Die vier Grundlagen (bhūmi)
6. Die vier Machtfährten (iddhi-pāda)
7. Die acht "Stufen" (pāda)
8. Die 16 "Wurzelbedingungen" (mūla)
9. Macht des Entschlusses: adhitthānā iddhi)
10. Macht der Verwandlung: vikubbanā iddhi)
11. Macht des geistigen Erzeugens: manomayā iddhi)


Vis. XII. 1. Die fünf weltlichen Höheren Geisteskräfte (abhiññā)

 

Nunmehr werden wir beginnen mit der Darlegung jener weltlichen Höheren Geisteskräfte (abhiññā), von denen es heißt, daß sie ein Ergebnis der entfalteten Geistessammlung (samādhi) seien. Um jene nämlich zu erlangen, soll der Übungbeflissene, der bei dem Erdkasina oder einer der anderen Übungen die vierte Vertiefung erreicht hat, sich bemühen, jene Geisteskräfte zu erlangen, auf daß diese Entfaltung seiner Sammlung gute Früchte bringe und immer fester werde und er so, im Besitze der der Segnungen teilhaftig gewordenen und so gefestigteren Konzentrationsentfaltung (samādhi-bhāvana), mit Leichtigkeit die Entfaltung des Wissens (paññā-bhāvana) bewirken möge. Um nun jenen edlen Söhnen, die die Erreichung der vierten Vertiefung sich zu eigen gemacht haben, die Segnungen der Konzentrationsentfaltung sowie die immer höher, edler und erhabener werdenden geistigen Phänomene zu zeigen, hat der Erhabene die fünf weltlichen Höheren Geisteskräfte dargelegt, nämlich: -

 

1. die verschiedenen Magischen Kräfte (iddhi-vidhā),
2. das im Himmlischen Ohr (dibbā-sota) bestehende Wissen,
3. das im Durchdringen der Herzen (ceto-pariya-ñāna) anderer bestehende Wissen,
4. das in Erinnerung an frühere Daseinsformen (pubbenivāsânussati) bestehende Wissen,
5. das Wissen vom Abscheiden und Wiedererscheinen der Wesen (cutûpapātañāna = Himmlisches Auge).

Wie es heißt (z.B. D.2):-  

 

1. "Ist der Geist in dieser Weise gesammelt, geläutert, geklärt, unbefleckt, ungetrübt, geschmeidig, gefügig, gefestigt, unerschütterlich, so richtet und lenkt er seinen Geist auf die mannigfachen Arten von magischen Kräften hin. Er erfreut sich der mannigfachen Arten von magischen Kräften, als wie, einer seiend wird er vielfach, und vielfach geworden wird er wieder einer. Er macht sich sichtbar und unsichtbar. Ungehindert schwebt er durch Wände, Mauern und Berge hindurch, gleichsam wie in der Luft. Auf dem Wasser schreitet er dahin, ohne unterzusinken, gleichsam wie auf der Erde. In der Erde taucht er auf und unter, gleichwie im Wasser. Mit gekreuzten Beinen schwebt er durch die Lüfte, gleichsam wie ein beschwingter Vogel. Sonne und Mond, die so mächtigen, so gewaltigen, berührt und streicht er mit seiner Hand. Selbst bis hinauf zur Brahmawelt hat er über seinen Körper Gewalt ...

2. "Ist der Geist in dieser Weise gesammelt ... so richtet er seinen Geist auf das Himmlische Ohr. Mit dem himmlischen Ohre nun, dem geklärten, übermenschlichen, vernimmt er beide Töne, himmlische wie menschliche, ferne wie nahe ...

3. "Ist der Geist in dieser Weise gesammelt ... so richtet er seinen Geist auf das in Herzensdurchschauung bestehende Wissen. Der anderen Wesen, anderen Personen Geist mit seinem Herzen durchschauend, erkennt er. Den gierbehafteten Geist erkennt er als gierhaft, den gierlosen als gierlos. Den haßbehafteten Geist erkennt er als haßbehaftet, den haßlosen als haßlos. Den verblendeten Geist erkennt er als verblendet, den unverblendeten als unverblendet. Den eingeschrumpften Geist erkennt er als eingeschrumpft, den zerstreuten als zerstreut. Den entfalteten Geist erkennt er als entfaltet, den unentfalteten als unentfaltet. Den übertreffbaren Geist erkennt er als übertreffbar, den unübertreffbaren als unübertreffbar. Den gesammelten Geist erkennt er als gesammelt, den ungesammelten als ungesammelt. Den befreiten Geist erkennt er als befreit, den unbefreiten als unbefreit ...

4. "Ist der Geist in dieser Weise gesammelt ... so richtet er seinen Geist auf das im Erinnern an frühere Daseinsformen bestehende Wissen. Er erinnert sich an mannigfache frühere Daseinsformen, als wie an eine Geburt, an zwei, drei, vier und fünf Geburten, an zehn, zwanzig, dreißig, vierzig und fünfzig Geburten, an hundert, zweihundert, dreihundert, vierhundert, fünfhundert Geburten, an tausend Geburten, an hunderttausend Geburten, an mancherlei Weltuntergänge und Weltentstehungen: 'Dort war ich, solchen Namen hatte ich, solchem Geschlechte gehörte ich an, solches Aussehen hatte ich, solche Nahrung ward mir zuteil, solche Freuden und Leiden waren mir beschieden, solches war meine Altersgrenze. Dort abgeschieden trat ich anderswo wieder ins Dasein. Und hier hatte ich solchen Namen ... dort abgeschieden bin ich hier wieder ins Dasein getreten.' So erinnert er sich, zusammen mit den jeweiligen Kennzeichen und Besonderheiten, an mannigfache frühere Daseinsformen ...

5. "Ist der Geist in dieser Weise gesammelt ... so richtet er seinen Geist auf das im Erkennen des Abscheidens und Wiedererscheinens der Wesen bestehende Wissen. Mit dem Himmlischen Auge, dem geklärten, übermenschlichen, sieht er die Wesen abscheiden und wiedererscheinen, gemeine und edle, schöne und häßliche, glückliche und unglückliche, sieht, wie die Wesen ihren Werken gemäß wiedererscheinen: 'Diese Wesen wahrlich sind behaftet mit bösem Wandel in Werken, Worten und Gedanken, schmähten Edle, hegten üble Ansichten, und ihren Ansichten gemäß handelten sie. Beim Zerfalle des Körpers, nach dem Tode, sind sie auf eine niedere Fährte gelangt, eine Leidensfährte, in verstoßene Welt, zur Hölle. Jene Wesen aber sind ausgestattet mit gutem Wandel ... sind auf glückliche Fährte gelangt, in himmlische Welt' ..."

 


Vis. XII. 2. Magische Verwandlung durch 14fache Geistesübung

Der Übungsbeflissene, der noch ein Anfänger ist und die magische Verwandlung (iddhi-vikubbana) auszuführen wünscht, nämlich, einer seiend vielfach zu werden usw., erwecke zuerst bei jedem der mit dem Weißkasina endenden acht Kasinas (s. IV und V) die acht Erreichungszustände (Vertiefungen).

Darauf meistere er seinen Geist in dieser vierzehnfachen Weise: -

( 1- 3) durch Üben der Kasinas der Reihe nach vorwärts, rückwärts, vorwärts und rückwärts;

( 4- 6) durch Üben der Vertiefungen der Reihe nach vorwärts, rückwärts, vorwärts und rückwärts;

( 7- 9) durch Überspringen jedesmal einer Vertiefung, eines Kasinas, einer Vertiefung und eines Kasinas;

(10-12) durch Durchlaufen der Vertiefungsglieder, der Vorstellungsobjekte, der Vertiefungsglieder und der Vorstellungsobjekte;

(13-14) durch Festlegen der Vertiefungsglieder, durch Festlegen der Vorstellungsobjekte.

Und wie geschieht dies?

1. Da tritt der Mönch beim Erdkasina in die Vertiefung ein, dann beim Wasserkasina und so der Reihe nach bei allen acht Kasinas, u.zw. hundert oder tausend Mal. Dies gilt als das Üben der Kasinas der Reihe nach vorwärts.

2. In derselben Weise aber von dem Weißkasina der Reihe nach rückwärts in die Kasinas eintreten: dies gilt als das Üben der Kasinas der Reihe nach rückwärts.

3. Vom Erdkasina bis zum Weißkasina, und von da ab wieder bis zum Erdkasina, vorwärts und rückwärts, wieder und wieder in die Kasinas eintreten: dies gilt als das Üben der Kasinas der Reihe nach vorwärts und rückwärts.

4. Von der ersten Vertiefung ab der Reihe nach bis zum Gebiet der Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmung (s. X) wieder und wieder in die Vertiefungen eintreten dies gilt als das Üben der Vertiefungen der Reihe nach vorwärts.

5. Von dem Gebiet der Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmung ab bis zur ersten Vertiefung wieder und wieder in die Vertiefungen eintreten: dies gilt als das Üben der Vertiefungen der Reihe nach rückwärts.

6. Von der ersten Vertiefung ab bis zum Gebiet der Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmung und von da ab wieder bis zur ersten Vertiefung, vorwärts und rückwärts, wieder und wieder in die Vertiefungen eintreten: dies gilt als das Üben der Vertiefungen der Reihe nach vorwärts und rückwärts.

7. Tritt man aber beim Erdkasina in die erste Vertiefung ein, dann bei demselben Kasina in die dritte Vertiefung, darauf dasselbe aufhebend in das Raumunendlichkeitsgebiet, und überspringt so, ohne das Kasina zu überspringen, jedesmal abwechselnd bloß eine Vertiefung, so gilt dies als das Überspringen der Vertiefungen. Dasselbe findet auch für die auf das Wasserkasina oder irgend eines der übrigen Kasinas gegründete Übung seine Anwendung.

8. Tritt man beim Erdkasina in die erste Vertiefung (oder irgend eine andere Vertiefung) ein, dann wiederum in dieselbe Vertiefung beim Feuerkasina, dann beim Blaukasina, dann beim Rotkasina, und überspringt so, ohne jene Vertiefung zu überspringen, jedesmal abwechselnd bloß ein Kasina, so gilt das als das Überspringen der Kasinas (genau so kann man auch, mit dem Wasserkasina beginnend, der Reihe nach die Kasinas überspringen und dabei immer ein und dieselbe Vertiefung beibehalten)

9. Tritt man aber beim Erdkasina in die erste Vertiefung, dann beim Feuerkasina in die dritte Vertiefung, dann das Blaukasina (übend und wieder) aufhebend in das Raumunendlichkeitsgebiet, und vom Rotkasina aus in das Nichtsheitgebiet und überspringt in dieser Weise jedesmal ein Kasina und eine Vertiefung, so gilt das als das Überspringen der Vertiefungen und der Kasinas (dieses kann auch mit dem Wasserkasina und der 2. Vertiefung beginnen)

10. Tritt man aber beim Erdkasina in die erste Vertiefung ein, und dann bei demselben Kasina auch in die übrigen Vertiefungen, so gilt das als das Durchlaufen der Vertiefungsglieder.

11. Tritt man beim Erdkasina in die erste Vertiefung ein ... dann beim Weißkasina, und so bei allen Kasinas jedesmal in ein und dieselbe Vertiefung, so gilt das als das Durchlaufen der Vorstellungsobjekte.

12. Tritt man aber beim Erdkasina in die erste Vertiefung ein, dann beim Wasserkasina in die zweite, beim Feuerkasina in die dritte, beim Windkasina in die vierte, nach Aufhebung des Blaukasinas in das Raumunendlichkeitsgebiet, nach Aufhebung des Gelbkasinas in das Bewußtseinsunendlichkeitsgebiet, nach Aufhebung des Weißkasinas in das Gebiet der Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmung, und durchläuft so die Vertiefungsglieder und die Vorstellungsobjekte, so gilt das als das Durchlaufen der Vertiefungsglieder und der Vorstellungsobjekte.

13. Stellt man bei der ersten Vertiefung die fünf Glieder (Gedankenfassung, Diskursives Denken, Verzückung, Glücksgefühl, Sammlung) fest, dann bei der zweiten Vertiefung die drei Glieder (Verzückung, Glücksgefühl, Sammlung), bei der dritten Vertiefung die zwei Glieder (Glücksgefühl, Sammlung), ebenso die beiden Glieder (Gleichmut, Sammlung), bei der vierten Vertiefung, dem Gebiete der Raumunendlichkeit ... dem Gebiete der Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmung, und stellt so jedesmal bloß die Vertiefungsglieder fest, so gilt das als das Feststellen der Vertiefungsglieder.

14. Ebenso, wenn man feststellt, daß dies das Erdkasina ist, dies das Wasserkasina ... dies das Weißkasina, und so jedesmal bloß die Vorstellungsobjekte feststellt, so gilt das als das Feststellen der Vorstellungsobjekte. - Einige erwarten auch noch das Feststellen der Vertiefungsglieder und der Vorstellungsobjekte. Da jedoch solches in den Kommentaren nicht überliefert ist, so bildet dies sicherlich keine Grundlage zur Entfaltung.

 

Daß nun der Sammlungsbeflissene, der noch ein Anfänger ist und auch in früherem Leben noch keine geistige Entfaltung geübt hat, daß dieser, ohne sich in der obigen vierzehnfachen Weise bemeistert zu haben, magische Verwandlungen zustande bringen könnte, das ist nicht möglich.

Für den Anfänger nämlich ist das vorbereitende Kasina schon eine schwere Aufgabe; nur einer unter Hunderten oder Tausenden ist dazu imstande.

Für den, der das vorbereitende Kasina zustande gebracht hat, ist das Erzeugen des geistigen Bildes (nimitta) schon eine schwere Aufgabe; nur einer unter Hunderten oder Tausenden ist dazu imstande.

Für den, der nach Aufsteigen des geistigen Bildes dasselbe entfaltet hat, ist die Erreichung der Vollen Sammlung (appanā) schon eine schwere Aufgabe; nur einer unter Hunderten und Tausenden ist dazu imstande.

Auch für den, der die Volle Sammlung erreicht hat, ist das Bemeistern des Geistes in der vierzehnfachen Weise schon eine schwere Aufgabe; nur einer unter Hunderten und Tausenden ist dazu imstande.

Auch für den, der seinen Geist in dieser vierzehnfachen Weise bemeistert hat, ist die magische Verwandlung eine schwere Aufgabe; nur einer unter Hunderten und Tausenden ist dazu imstande.

Auch für den der die Verwandlung zustande gebracht hat, ist das schnelle Erfassen (khippa-nisanti) eine schwere Aufgabe; nur einer unter Hunderten und Tausenden besitzt eine schnelle Fassungsgabe.

Ein solcher war der erst acht Ordensjahre zählende Ordensältere Rakkhita, der sich unter den zur Krankenpflege des Ordensälteren Mahā-Rohanagutta in Therambatthala, der 'Mangohöhe des Ordensälteren' (Mahinda; = Mihintale bei Anurādhapura) herbeigekommenen dreißigtausend Magiegewaltigen befand und dessen Macht in der Darlegung des Erdkasinas erwähnt wird. Als der Ordensältere aber dessen Macht erkannt hatte, sprach er: 'Wäre, ihr Brüder, Rakkhita nicht dagewesen, so hätten wir alle den Tadel verdient, daß wir nicht imstande gewesen seien, den Fürsten der Schlangendämonen zu beschützen. Daher sollte man selber die Waffe ergreifen und zu Werke gehen. Die von Rostflecken befreite Waffe zückend sollte man handeln'. Und der Ermahnung des Ordensälteren folgend, erreichten alle jene dreißigtausend Mönche schnelle Fassungsgabe.

Aber wenn auch schnelle Fassungsgabe da ist, so ist es doch noch eine schwere Aufgabe, die anderen zu schützen; nur einer unter Hunderten und Tausenden ist dazu imstande.

Ein solcher war z.B. jener Ordensältere, der bei dem Feueropferfeste auf dem Cetiya-Berge (bei Anurādhapura), als der Mahr glühende Kohlen herabregnen ließ, Erde in der Luft erzeugte und so den feurigen Kohlenregen abhielt.

 


Vis. XII. 3. Vorbedingungen aus früheren Geburten

Denen aber, die sich schon in früheren Geburten eifrig geübt haben, als wie die Erleuchteten, die Einzelerleuchteten, die Hauptjünger usw., denen gelingen auch schon ohne diese eben beschriebene stufenweise Entfaltungsmethode, gleichzeitig mit Erlangung der Heiligkeit, die magische Verwandlung und die anderen Fähigkeiten, wie die Analytischen Wissen usw.

Gleichwie ein Goldschmied, der einen Schmuckgegenstand herzustellen wünscht, zuerst das Gold durch Ausglühen u.dgl. weich und biegsam macht - oder wie ein Töpfer, der ein kunstvolles Gefäß herzustellen wünscht, zuerst den Lehm gründlich knetet und weich macht -: genau so zügele der Anfänger, bevor er sich in den verschiedenen magischen Kräften übt, zuerst seinen Geist in dieser vierzehnfachen Weise; und er mache ihn geschmeidig und gefügig, indem er - geleitet von seiner Absicht (chanda), seinem Bewußtsein (citta), seiner Willenskraft (viriya) oder seiner Erwägung (vimamsā) - in die Vertiefung eintrete und im geistigen Aufmerken, im Eintreten in die Vertiefung, im Entschlusse, im Heraustreten aus der Vertiefung und im Rückblicken usw. die Meisterschaft erlange.

Wer aber aus früherem Leben die Vorbedingungen dafür besitzt, braucht sich lediglich darum zu bemühen, bei den Kasinas die Meisterschaft in der vierten Vertiefung zu erwerben. Um aber die Art und Weise zu zeigen, wie man sich anzustrengen habe, hat der Erhabene gesagt:

"Ist der Geist in dieser Weise gesammelt usw."

Dies nun ist hierzu die nach dem Palitexte sich richtende Erklärung:-

"Er" bezeichnet den Übungsbeflissenen (yogī), der die vierte Vertiefung erreicht hat.

"In dieser Weise" bezeichnet die Reihenfolge in der Erreichung der vierten Vertiefung. Damit ist gesagt, daß man, anfangend mit der Erreichung der ersten Vertiefung, allmählich die vierte erreicht.

"Gesammelt' bedeutet: im Sinne dieser vierten Vertiefung gesammelt.

"Geist" bezeichnet hier das der Feinkörperlichen Sphäre angehörende Bewußtsein.

"Geläutert usw." aber ist der Geist kraft der Reinheit der durch Gleichmut gezeugten Achtsamkeit (der 4. Vertiefung); insofern der Geist eben geläutert ist, gilt er als "geklärt", als leuchtend.

"Unbefleckt" ist der Geist, insofern er durch Aufhebung von Freude und den anderen Bedingungen frei ist von Gier und den übrigen Befleckungen.

"Ungetrübt" ist er, insofern er fleckenlos ist, denn durch die Flecken würde jener Geist getrübt werden.

"Geschmeidig" ist er, insofern er gründlich entfaltet, d.i. beherrscht, ist. Der Geist nämlich, der beherrscht ist, gilt als geschmeidig.

Infolge seiner Geschmeidigkeit aber gilt er als "gefügig" (eig. 'bearbeitbar'), d.i. dem Wirken zugänglich, zum Wirken geeignet. Der geschmeidige Geist läßt sich eben bearbeiten wie gut ausgeglühtes Gold. Beide diese Eigenschaften aber besitzt er bloß, wenn er gründlich entfaltet ist. Wie es heißt (A.I.3-4): "Nicht kenne ich, ihr Mönche, auch nur irgend etwas anderes, das, geübt und entfaltet, so geschmeidig und gefügig wäre wie der Geist."

Weil der Geist in Lauterkeit und den übrigen Eigenschaften Festigkeit erlangt hat, darum gilt er als "gefestigt."

Insofern er aber gefestigt ist, gilt er eben als "unerschütterlich", als unerregbar, unverstört. Oder, weil er infolge seiner Geschmeidigkeit und Gefügigkeit dem eigenen Willen folgt, gilt er als "gefestigt; weil er aber von Vertrauen und den anderen Tugenden beherrscht ist, gilt er als "unerschütterlich". Denn nicht wird der von 'Vertrauen' (saddha) beherrschte Geist durch Vertrauenslosigkeit gestört, nicht wird der von 'Willenskraft' (viriya) beherrschte Geist durch Trägheit gestört, nicht wird der durch Achtsamkeit (sati) beherrschte Geist durch Nachlässigkeit gestört, nicht wird der durch 'Sammlung' (samādhi) beherrschte Geist durch Unruhe gestört, nicht wird der von 'Einsicht (paññā) beherrschte Geist durch Unwissenheit gestört, nicht wird der hellgewordene Geist durchs Dunkel der geistigen Trübungen gestört. Von diesen sechs Dingen beherrscht, hat der Geist Unerschütterlichkeit erreicht.

Der mit solchen acht Eigenschaften ausgerüstete Geist* ist fähig des Entschlusses, um die durch Höhere Geisteskraft zu verwirklichenden Dinge durch Höhere Geisteskraft zu verwirklichen.

*(d.i. der Geist, der gesammelt ist, geläutert, unbefleckt usw.)

 

Eine fernere Erklärung ist diese: -

Aufgrund der Sammlung der vierten Vertiefung ist der Geist "gesammelt".

Weil die Hemmungen entfernt sind, ist er "geläutert."

Weil Gedankenfassung usw* überwunden sind, ist er "geklärt."

Weil durch Erlangung der Vertiefungen das Sichergehen in üblen Wünschen nicht mehr vorhanden ist, darum ist er "unbefleckt."

Weil die Begierde und die anderen Geistestrübungen geschwunden sind, ist er "ungetrübt."

Diese beiden letzten Eigenschaften sind im Sinne der Sutten von der Unbeflecktheit und dem Gleichnisse vom Gewande (M.5 und M.7) zu verstehen.

Weil der Geist Beherrschung erlangt hat, ist er "geschmeidig."

Weil er in die Machtfährten eingetreten ist, ist er "gefügig."

Weil er durch die Volle Sammlung Erhabenheit erlangt hat, ist er "gefestigt" und "unerschütterlich", d.h. er ist so gefestigt, daß er unerschütterlich ist. Auch der in dieser Weise mit den acht Eigenschaften ausgestattete Geist ist fähig des Willensentschlusses und bildet die Grundlage und Vorbedingung, um die durch Höhere Geisteskraft zu verwirklichenden Dinge durch Höhere Geisteskraft zu verwirklichen.

 

* Nämlich die Vertiefungsglieder wie: Gedankenfassung und Diskursives Denken (1. Vertiefung), Verzückung (1.-2. Vertiefung), Glücksgefühl 1.-3. Vertiefung).


Vis. XII. 4. Die 10 magischen Kräfte:

"Auf die mannigfachen Arten von magischen Kräften (iddhividhā) richtet und lenkt er seinen Geist hin": in diesem Ausspruche wird "iddhi" (Sicherfüllen, Gelingen, Erfolg, Gedeihen, Vermögen, Macht, magische Kraft, magische Wirkung) gebraucht im Sinne von 'Erfolg' (iddhi), d.h. Zustandekommen, Erlangen. Denn, was zustande kommt und erreicht wird, von dem sagt man, daß es erfolgreich ist. Wie es heißt (Snp.766): -

"Wenn einer einen Wunsch da hegt
Und ihm sich dieser Wunsch erfüllt ..."

Ebenso (Pts. XXVI): "Daß die Entsagung erfolgreich ist, gilt als Erfolg (iddhi); daß sie zurückwirkt, als wunderbare Wirkung. Daß der Pfad der Heiligkeit erfolgreich ist, gilt als Erfolg (iddhi); daß er zurückwirkt, als wunderbare Wirkung (pātihāriya)."

Eine weitere Erklärung ist diese: Iddhi hat den Sinn von 'Erfolg haben' und bezeichnet die Verwirklichung eines Planes (upāya), denn die Verwirklichung eines Planes gelingt, wenn die gewünschte Wirkung herbeigeführt wird. Wie es heißt (S.41.10):-

"Dieser Citta, der Hausvater, ist sittenrein, dem Guten ergeben. Sollte er es wünschen, so könnte er im künftigen Leben ein Weltherrscher sein, denn der Herzenswunsch des Sittenreinen 'geht in Erfüllung' infolge seiner Sittlichkeit."

Eine fernere Erklärung ist diese: Iddhi (Gedeihen, Erfolg, Macht) nennt man das, wodurch die Wesen gedeihen; 'gedeihen' aber besagt, daß sie es zu Erfolg, Gedeihen und Vorzüglichkeit bringen.

 

Iddhi ist von zehnfacher Art. Wie es heißt (Pts.XXIII): "Unter Iddhi hat man die zehn Arten der Macht zu verstehen." Weiter heißt es dann:

"Welches sind nun die zehn Arten der Macht? Es sind: -

(1) die Macht des Entschlusses (adhitthānā iddhi),
(2) die Macht der Verwandlung (vikubbanā iddhi),
(3) die Macht des geistigen Erzeugens (manomayā iddhi),
(4) die Macht durchdringender Erkenntnis (ñānavipphārā iddhi),
(5) die Macht durchdringender Sammlung (samādhivipphārā iddhi),
(6) die edle Macht (ariyā iddhi),
(7) die karmisch gezeugte Macht (kammavipakaja iddhi),
(8) die Macht des Verdienstvollen (puññāvato iddhi),
(9) Die Macht der Zauberei (vijjāmayā iddhi),
(10) die Macht im Sinne des durch dieses oder jenes rechte Streben bedingten Erfolges."

(1) Hierunter nun gilt, insofern die Macht durch Willensentschluß zustande gekommen ist, diese als "Macht des Entschlusses" (adhitthāna iddhi), wie dargelegt und gezeigt in den Worten (Pts.II.p.207): "Von Natur aus bloß einer seiend heftet er seinen Geist auf Vervielfältigung, auf hundert oder tausend oder hunderttausend Gestalten. Hat er aber seinen Geist darauf gerichtet, so faßt er auf Grund seines Wissens den Entschluß: 'Laß mich vielfach werden!'" (Ausführlich siehe ‘9.’)

(2) Von "Macht der Verwandlung" (vikubbanā iddhi) spricht man, insofern diese Verwandlung eben durch Aufgeben und Veränderung der ursprünglichen Gestalt eintritt, wie es heißt (ib.210): "Die ursprüngliche Gestalt aufgebend, nimmt er die Gestalt eines Jünglings oder einer Brillenschlange u.dgl. an, oder er läßt verschiedene Heeresmassen erscheinen." (Ausführlich siehe ‘10.’)

(3) Von "Macht des geistigen Erzeugens" (manomayā iddhi) spricht man, weil dieselbe in diesem Körper durch Erzeugen eines ganz anderen, geistgezeugten Körpers entstanden ist, wie berichtet in den Worten (Pts.II.p.210 u. D.2): "Da läßt der Mönch aus diesem Körper einen anderen Körper hervorgehen, formhaft, geistgezeugt usw." (Siehe ‘11.’)

(4) Als "Macht durchdringender Erkenntnis" (ñāna-vipphārā iddhi) gilt diejenige besondere Macht, die vor oder nach Aufsteigen der Erkenntnis oder in demselben Augenblick kraft der Erkenntnis aufgestiegen ist. Denn es heißt (Pts.II. p.211): "Weil durch Betrachtung der Vergänglichkeit das im Überwinden der Unvergänglichkeitsvorstellung bestehende Ziel erwirkt wird, darum gilt diese Macht als die Macht durchdringender Erkenntnis ... Weil durch den Pfad der Heiligkeit das im Überwinden aller Geistestrübungen bestehende Ziel erwirkt wird, darum gilt diese Macht als die Macht durchdringender Erkenntnis. Dem ehrwürdigen Bakkula eignete die Macht durchdringender Erkenntnis, ebenso dem ehrwürdigen Sankicca und dem ehrwürdigen Bhūtapāla."

Als der ehrwürdige Bakkula nämlich als kleines Kind an einem Festtage im Flusse gebadet wurde, geriet er durch Unvorsichtigkeit seiner Amme in die Strömung. Ein Fisch, der ihn verschluckte, gelangte zum Badestrande bei Benares. Dort wurde er von einem Fischer gefangen und an die Frau eines Handelsherrn verkauft. Da diese eine Vorliebe für den Fisch empfand, wollte sie ihn selber kochen. Als sie ihn aber aufschnitt, bemerkte sie in seinem Leibe das wie eine goldene Figur aussehende Kind, und sie war von Freude erfüllt, nunmehr einen Sohn erhalten zu haben (Kom. zu A.I.). Daß nun der ehrwürdige Bakkula im Leibe des Fisches heilgeblieben war, das gilt bei dem sein letztes Dasein ablebenden Bakkula als die Macht der durchdringenden Erkenntnis, insofern nämlich diese auf Grund der in jenem Dasein zu erlangenden Erkenntnis des Pfades der Heiligkeit entstanden ist. Diese Geschichte sollte ausführlich wiedergegeben werden.

Was den ehrwürdigen Sankicca (Dhp. Kom. II. 240) aber anbetrifft, so starb seine Mutter, als er noch in ihrem Leibe weilte. Als jene aber, auf den Scheiterhaufen gelegt, mit Lanzen durchbohrt und verbrannt wurde, wurde das Kind von einer Lanzenspitze am Vorsprunge über den Augen getroffen, sodaß es einen Schrei von sich gab. Da man also merkte, daß das Kind noch am Leben war, nahm man die Leiche herab, öffnete den Leib und übergab das Kind der Großmutter; und von dieser gepflegt wuchs es heran. Als Sankicca aber herangewachsen war, zog er in die Hauslosigkeit und erreichte die Heiligkeit mitsamt den Analytischen Wissen. Daß nun der ehrwürdige Sankicca in der beschriebenen Weise auf dem Scheiterhaufen heilgeblieben war; das gilt bei ihm als die Macht durchdringender Erkenntnis.

Des jungen Bhūtapalas Vater aber war ein armer Mann in Rājagaha. Derselbe war mit einem Wagen in den Wald gefahren um Brennholz einzusammeln. Mit einer Last Holz beladen gelangte er am Abend in die Nähe des Stadttores. Seine Ochsen aber rissen sich vom Joche los und rannten in die Stadt hinein. Daher setzte er das Kindchen unter den Wagen und ging zur Stadt, indem er den Spuren der Ochsen folgte. Als er aber wieder hinaus wollte, war das Tor bereits verschlossen. Daß nun das Kind während der drei Nachtwachen außerhalb der Stadt, wo wilde Tiere und Gespenster hausten, heilgeblieben war, das gilt, genau wie oben, als die Macht durchdringender Erkenntnis. Diese Geschichte sollte ausführlich wiedergegeben werden.

(5) Als die "Macht durchdringender Sammlung" (samādhi-vipphārā iddhi) gilt jene besondere Macht, die vor oder nach der Sammlung oder in demselben Augenblicke kraft der Gemütsruhe entstanden ist. Es heißt nämlich (Pts. II. p.211): "Daß durch die erste Vertiefung die Überwindung der Hemmungen bewirkt wird, das gilt als die Macht durchdringender Sammlung ... Daß durch den Erreichungszustand des Gebietes der Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmung die Überwindung des Nichtsheitgebietes bewirkt wird, das gilt als die Macht durchdringender Sammlung. Dem ehrwürdigen Sariputta eignete die Macht durchdringender Sammlung, ebenso dem ehrwürdigen Sañjīva, dem ehrwürdigen 'Baumstumpf'-Kondañña, der Laienanhängerin Uttara und der Laienanhängerin Sāmāvati."

Als nämlich der ehrwürdige Sāriputta zusammen mit dem ehrwürdigen Mahā-Moggallāna in der Taubenschlucht lebte und einst in mondheller Nacht mit frisch geschorenem Haupte unter freiem Himmel dasaß, da versetzte ihm ein böses Gespenst, obgleich von einem seiner Gespensterfreunde zurückgehalten, einen Schlag auf den Kopf, der wie Donner erdröhnte. Gerade aber als der Ordensältere den Schlag erhielt, trat er in den Erreichungszustand (Vertiefung) ein. Und dieser Schlag verursachte ihm keinerlei Beschwerden. Dies nun gilt bei jenem Ehrwürdigen als die Macht durchdringender Sammlung. Dieser Vorfall ist uns im 'Buch der Feierlichen Aussprüche' (Ud.IV.4) überliefert.

Den Ordensälteren Sañjīva aber, der in den Erlöschungszustand eingetreten war, hielten Hirten und andere Leute für tot; und sie häuften Gräser, Holz und Kuhmist darauf und setzten das Ganze in Brand. Doch nicht ein einziger Faden am Gewande des Ordensälteren fing Feuer. Dies gilt als die Macht durchdringender Sammlung, insofern diese nämlich auf Grund der durch die stufenweisen Erreichungen bedingten Gemütsruhe entstanden ist. Dieses Begebnis ist uns in der Suttensammlung (M.50) überliefert.

Der Ordensältere 'Baumstumpf'-Kondaha (Dhp. Kom. II. 254) aber war schon von Natur aus den Erreichungszuständen eifrig hingegeben. Einst in einer Nacht saß er in einem gewissen Walde und war in die Vertiefung eingetreten. Fünfhundert Räuber, die Schätze gestohlen hatten, kamen des Weges dahergezogen. Im Glauben, daß ihnen niemand auf der Spur sei, wollten sie sich ausruhen und nahmen daher ihre Schätze herab. Da sie aber den Ordensälteren für einen Baumstumpf hielten, legten sie alle Schätze auf ihn. Als sie sich nun ausgeruht hatten und beim Fortgehen die zuvor niedergelegten Schätze aufhoben, erwachte gerade der Ordensältere zur festgelegten Zeit aus seiner Vertiefung. Als die Räuber aber den Ordensälteren sich bewegen sahen, schrien sie vor Angst. Der Ordensältere aber sprach: "Fürchtet euch nicht, meine Laienbrüder! Ich bin ein Mönch." Darauf gingen sie auf den Ordensälteren zu und begrüßten ihn ehrfurchtsvoll. Und nachdem sie, zu ihm von Vertrauen erfüllt, dem Hausleben entsagt hatten, erreichten sie die Heiligkeit mitsamt den Analytischen Wissen. Daß nun der Ordensältere, während er von den fünfhundert Bündeln bedeckt war, unversehrt geblieben ist, dies gilt als die Macht durchdringender Sammlung.

Die Laienschwester Uttarā war die Tochter des Handelsherrn Punnaka. Sirimā, eine Hetäre, von Neid erfüllt, goß jener einen Topf heißen Öles übers Haupt. In jenem Augenblicke aber war Uttara gerade in die Meditation der Güte vertieft. Und das Öl rollte von ihr herab, gleichwie ein Wassertropfen vom Lotusblatte. Diese Geschichte ist ausführlich wiederzugeben.

Sāmāvatī (s. Kom. zu A.I.19) war die Hauptgemahlin des Königs Udena. Der Brahmane Māgandiya, der die Stelle der Hauptkönigin für seine eigene Tochter wünschte, steckte eine giftige Schlange in die Laute der Königin und sprach dann zum König: "Mit der Absicht, dich zu töten, führt Sāmāvatī eine giftige Schange in ihrer Laute." Beim Anblick der Schlange geriet der König in Wut. Er spannte seinen Bogen und setzte einen giftgetränkten Pfeil an, um Sāmāvatī zu erschießen. Sāmāvatī aber, von ihrem Gefolge umgeben, durchstrahlte den König mit ihrer Güte. Und ohne den Pfeil abschießen oder niederlegen zu können, stand der König zitternd da. Da sprach, die Königin zu ihm: "Sage, König, bist du erschöpft?" "Ja, erschöpft bin ich." "Dann lege deinen Bogen nieder!" Und der Pfeil fiel zu des Königs Füßen nieder. Darauf sprach die Königin zu ihm: "Nicht sollte man einem Haßlosen Haß entgegen bringen" und ermahnte ihn in dieser Weise. Daß nun der König außerstande war, den Pfeil abzuschießen, das war zufolge der der Laienschwester Sāmāvatī eignenden Macht durchdringender Sammlung.

(6) Als "Edle Macht" (ariyā iddhi) gilt es, wenn man bei widerlichen Dingen usw. in der Vorstellung der Nichtwiderlichkeit usw. verweilt, wie es heißt (Pts. II. p.212): "Was ist da die Edle Macht? Wünscht da der Mönch: 'Laß mich bei dem Widerlichen in der Vorstellung des Nichtwiderlichen verweilen', so weilt er eben dabei in der Vorstellung des Nichtwiderlichen ... so verweilt er dabei gleichmütig, achtsam, klarbewußt." Weil diese Macht nämlich nur bei solchen Willensgewaltigen (ceto-vasi-ppatta) anzutreffen ist, die Edle (ariya) sind, darum bezeichnet man sie als die Edle Macht. Denn während der mit dieser Macht ausgerüstete triebversiegte (khīnâsava) Mönch einen widerlichen, unerwünschten Gegenstand mit Liebe durchstrahlt oder in seine Elemente zerlegt, verweilt er in der Vorstellung des Nichtwiderlichen. Insofern er aber einen nichtwiderlichen, erwünschten Gegenstand als etwas Unreines durchdringt oder ihn als vergänglich erwägt, verweilt er in der Vorstellung des Widerlichen. Ebenso, Widerliches wie Nichtwiderliches mit seiner Güte durchstrahlend oder in die Elemente zerlegend, verweilt er in der Vorstellung des Nichtwiderlichen. Nichtwiderliches wie Widerliches als unrein durchdringend oder als vergänglich erwägend, verweilt er in der Vorstellung des Widerlichen. "Erblickt er mit dem Auge eine Form, so ist er weder frohgestimmt usw.": den in diesen Worten (A.IV.195) beschriebenen sechsfachen Gleichmut erweckend, vermeidet er beides, Widerliches wie Nichtwiderliches, und verweilt gleichmütig, achtsam, klarbewußt. In Patisambhidā (XII. 12) nämlich wird dieselbe Erklärung gegeben, in den Worten: "Wie aber verweilt man bei Widerlichem in der Vorstellung des Nichtwiderlichen? Einen unerwünschten Gegenstand durchdringt man mit Liebe oder zerlegt ihn in seine Elemente usw." Weil nun diese Macht nur bei solchen Geistesgewaltigen anzutreffen ist, die Edle sind, darum bezeichnet man sie als die Edle Macht.

(7) Als "karmischgezeugte Macht" (kammavipākajā iddhi) gelten solche Fähigkeiten wie das Durchschweben der Lüfte usw. bei Vögeln und anderen Wesen. Wie es heißt (Pts. II. p.213): "Was aber ist die karmischgezeugte Macht? (Die Fähigkeit des Fliegens) bei den Vögeln, allen Himmelswesen, einigen Menschen und einigen verstoßenen Wesen: diese gilt als die karmischgezeugte Macht." Dabei findet das Schweben durch die Lüfte bei allen Vögeln ganz ohne Vertiefung (jhāna) oder Hellblick (vipassanā) statt, ebenso bei allen Himmelswesen und bei einigen Menschen der ersten Weltperiode. Als karmischgezeugte Macht gilt ebenfalls das Durchschweben der Lüfte bei einigen verstoßenen Wesen, wie Piyankaras Mutter dem Gespensterweib, Uttaras Mutter, Phussas Mutter, Dhammaguttā u.a.m.

(8) Als "Macht des Verdienstvollen" (puññavato iddhi) gilt das Durchschweben der Lüfte u.dgl. bei Weltherrschern und ähnlichen Wesen. Wie es heißt (ib.) "Was aber ist die Macht des Verdienstvollen? Da schreitet der Weltherrscher durch die Lüfte zusammen mit seiner vierfachen Heeresmacht, selbst die Rosse- und Rinderknechte mit eingeschlossen. Dem Hausvater Jotika eignete des Verdienstvollen Macht, gleichfalls dem Hausvater Jatilaka, dem Hausvater Ghosita, dem Hausvater Mendaka, sowie den fünf mit hohem Verdienste Begabten." Kurz gesagt, der außergewöhnliche Machterfolg, der eintritt, sobald die Anhäufung der verdienstvollen Taten zur Reife gelangt ist, dieser gilt als die Macht des Verdienstvollen.

Was nun die obigen Personen anbetrifft, so sprangen für den Hausvater Jotika ein Kristallpalast und vierundsechzig Wunschbäume aus dem Boden hervor. Dies gilt bei ihm als die Macht des Verdienstvollen. Dem Jatilaka entstand ein goldener Berg von achtzig Fuß Höhe. Daß Ghosita, trotzdem man ihm an sieben Orten nach dem Leben trachtete, unversehrt blieb, gilt als die Macht des Verdienstvollen. Daß dem Mendaka (wörtl. 'Widder') an einer nur ein Karīsa (karīsa ist ein bestimmtes Feldmaß)  großen Stelle aus sieben Arten von Edelsteinen gebildete Widder erschienen, das gilt als die Macht des Verdienstvollen. Die fünf mit hohem Verdienste Begabten waren der Handelsherr Mendaka und seine Gattin Canda-paduma-sirī ferner ihr Sohn Dhanañcaya der Handelsherr, seine Schwiegertochter Sumanadevī und sein Diener namens Punna. Wenn nun von diesen der Handelsherr mit gewaschenem Haar zum Himmel emporblickte, füllten sich seine zwölftausendfünfhundert Kornkammern vom Himmel her mit rotem Reise. Nahm seine Gattin auch nur ein Nālikā von dem Reise ab und verteilte ihn unter alle die Einwohner Jambudīpas, so wollte der Reis kein Ende nehmen. Nahm der Sohn einen Sack mit tausend Goldstücken und verteilte ihn unter die Einwohner von ganz Indien, so wollten die Goldstücke kein Ende nehmen. Nahm die Schwiegermutter einen Kumpf Getreidekörner und verteilte ihn an die Einwohner von ganz Indien, so wollte das Korn kein Ende nehmen. Pflügte der Diener mit einem einzigen Pfluge das Feld, so entstanden vierzehn Furchen, sieben auf jeder Seite. Dies gilt als die Macht des Verdienstvollen.

(9) Als "Macht der Zauberei" (vijjāmayā iddhi) gilt es, wenn Zauberer und ähnliche Personen durch die Lüfte schweben u.dgl. Wie es heißt (Pts. II. p.213): "Was ist da die Macht der Zauberei? Nachdem die Zauberkünstler ihre Zauberformel hergesagt haben, schweben sie durch die Lüfte, oder am Himmel lassen sie einen Elefanten erscheinen ... oder sie lassen verschiedene Heeresabteilungen erscheinen."

(10) Als "Macht im Sinne des durch dieses oder jenes rechte Streben bedingten Erfolges" aber gilt es, wenn durch diese oder jene Anstrengung dieses oder jenes Wirken von Erfolg begleitet ist. Wie es heißt (ib.): "Daß durch Gierentsagung die Überwindung der Sinnengier erwirkt wird ... daß durch den Pfad der Heiligkeit die Überwindung aller befleckenden Leidenschaften erwirkt wird, das gilt als die Macht im Sinne des durch dieses oder jenes rechte Streben bedingten Erfolges. Hier, in der Erklärung der bloß als rechter Wandel (patipatti) geltenden rechten Anstrengung, ist der Text genau so überliefert wie der vorangehende. Im Kommentar dagegen wird diese Macht erklärt als der durch dieses oder jenes Wirken entstandene besondere Erfolg, sei es im Aufstellen von Wagen in Schlachtordnung u.dgl. oder sei es in irgend einer Kunst, einem Heilverfahren, dem Erlernen der Drei Veden oder des Dreikorbs (Tipitaka), ja selbst im Pflügen, Säen u.dgl.

 

Von diesen zehn Arten der Macht (iddhi) wird uns somit in den Worten: "die mannigfachen Arten von magischen Kräften" die Macht des Entschlusses (adhitthānā iddhi) überliefert. Doch hat man in diesem Zusammenhange ferner auch die Macht der Verwandlung (vikubbanā iddhi) und die Macht des geistigen Erzeugens (manomayā iddhi) zu verstehen.

"Die mannigfachen Arten von magischen Kräften" - d.i. die verschiedenen Teile oder Formen der magischen Macht.

"Er richtet und lenkt seinen Geist darauf hin" besagt: - sobald in der erwähnten Weise der Geist eine Grundlage zu den Höheren Geisteskräften geworden ist, lenkt der Mönch dieses 'vorbereitende Bewußtsein' (parikamma-citta) auf die Erreichung der verschiedenartigen magischen Kräfte hin; und dieses Bewußtsein von der Kasinavorstellung abwendend, richtet er es auf die verschiedenartigen magischen Kräfte.

"Er lenkt seinen Geist darauf hin" bedeutet soviel wie, daß er seinen Geist den zu erreichenden magischen Phänomenen geneigt macht und ihn dorthin lenkt. Unter "er" ist jener Mönch zu verstehen, der seinen Geist in dieser Weise geneigt macht.

"Mannigfach" ist soviel wie: mannigfaltig, verschiedenartig.

"Die Arten der magischen Kräfte" bedeutet soviel wie: die verschiedenen Gebiete der magischen Kräfte.

"Er erfreut sich" bedeutet soviel wie: er erlebt, erlangt, erwirkt, erreicht.

Um nun die Vielartigkeit der magischen Kräfte zu zeigen, heißt es "Einer seiend usw." Hierin besagt "Einer seiend" soviel wie: obzwar der Mönch vor Ausübung der magischen Wirkung ursprünglich bloß ein Einziger war.

"Er wird vielfach" besagt, daß er sich verhundertfacht oder vertausendfach, mit der Absicht, vor vielen Menschen auf und ab zu wandern oder Rezitationen zu halten oder Fragen zu stellen. Wie kommt aber solches zustande? Dadurch, daß er im Wissen ausharrt, nachdem er die 4 Grundlagen, die 4 Fährten, die 8 Stufen und die 16 Wurzelbedingungen der magischen Kraft zustande bringt und dann auf Grund seines Wissens den festen Entschluß faßt.

 


Vis. XII. 5. Die vier Grundlagen (bhūmi)

Hier nun sind unter den 4 Grundlagen (bhūmi) die 4 Vertiefungen zu verstehen. Der Heerführer des Gesetzes (Sāriputta) nämlich hat gesagt (Pts. II. p.205):

"Welches sind die 4 Grundlagen der magischen Macht?

  • Die erste Vertiefung ist die durch Abgeschiedenheit gezeugte Grundlage,
  • die zweite die in Verzückung (pīti) und Glücksgefühl (sukha) bestehende Grundlage,
  • die dritte die in gleichmütigem Glück (upekkhā-sukha) bestehende Grundlage,
  • die vierte die von Schmerz und Wohlgefühl freie Grundlage.

Diese vier Grundlagen der magischen Macht führen zur Erlangung und Gewinnung der magischen Macht, zur Macht der Verwandlung, zur Hervorbringung der magischen Macht, zur Meisterschaft und Sicherheit darin." Weil man nun infolge des Durchdrungenseins von Verzückung und Glücksgefühl in diese Wahrnehmung von Glück und Sicherheit eingetreten ist und, im eigenen Wesen (kaya) leicht, geschmeidig und gefügig geworden, die magische Macht erlangt, darum sind hier die drei ersten Vertiefungen, da sie auf solche Weise zur Gewinnung der magischen Macht führen, als die vorbereitenden Grundlagen zu betrachten. Die vierte Vertiefung aber ist die eigentliche Grundlage zur Erlangung der magischen Macht.

 


Vis. XII. 6. Die vier Machtfährten (iddhi-pāda)

Als die vier "Fährten" (pāda) sind die vier Machtfährten (iddhi-pāda) zu betrachten. Es heißt nämlich (Pts. II. p.205):

"Welches sind die 4 Fährten zur magischen Macht?

  • Da entfaltet der Mönch die von Konzentration der 'Absicht' (chanda) und von angestrengter Willenstätigkeit begleitete Machtfährte.
  • Er entfaltet die von Konzentration der 'Willenskraft (viriya) ...
  • von Konzentration des Bewußtseins (citta) ...
  • von Konzentration der Erwägung (vīmamsā) und von angestrengter Willenstätigkeit begleitete Machtfährte.

Diese 4 Fährten der magischen Macht führen zur Erlangung und Gewinnung der magischen Macht, zur Macht der Verwandlung, zur Hervorbringung der magischen Macht, zur Meisterschaft und Sicherheit darin."

Hierunter nun gilt als 'Konzentration der Absicht' (chanda-samādhi) die in der Absicht wurzelnde, als Absicht vorherrschende Konzentration, die dadurch gewonnen wird, daß man die als 'Wunsch zum Handeln' (kattu-kamyatā) geltende Absicht zum vorherrschenden Prinzip nimmt.

Als 'angestrengte Willenstätigkeiten' (padhāna-sankhāra) gelten die in Anstrengung (padhāna) bestehenden Willenstätigkeiten (sankhāra-cetanā). Dies ist eine Bezeichnung jener Willenskraft, die in der die vier Funktionen* erfüllenden rechten Anstrengung besteht.

* (d.i. 1. des Vermeidens und 2. Überwindens der karmisch-unheilsamen (akusala) Dinge, 3. des Entfaltens und 4. Erhaltens der karmisch heilsamen (kusala) Dinge)

 

,Begleitet' bedeutet hier soviel wie: ausgerüstet mit der Konzentration der Absicht und den als Anstrengung geltenden Willenstätigkeiten.

,Machtfährte' besagt, daß die Wesen durch ihre Erfüllung Erfolge erzielen, im Sinne von Gedeihen, und dadurch mächtig, erfolgreich und hervorragend werden. Oder als solche gilt die Ansammlung aller der übrigen Bewußtseins- und Geistesgebilde (wie Gefühl, Wahrnehmung usw.), die, im Sinne von Absicht, eine Grundlage bilden zu der in obiger Weise als 'Macht' zählenden und mit dem höheren Machtbewußtsein verbundenen Konzentration der Absicht und der angestrengten Willenstätigkeiten. Es heißt nämlich (Vibh. IX): "Als Machtfährte gilt für den in solchem Zustande Befindlichen die Gefühlsgruppe ... die Bewußtseinsgruppe." Oder von pāda (Fuß) spricht man, weil man damit fortschreitet oder dadurch etwas erreicht wird. 'Machtfährte' (iddhi-pāda) ist die zur Macht führende Fährte und bezeichnet die Absicht usw. Wie es heißt (S.51.13): "Wenn, ihr Mönche, der Mönch, auf seine Absicht gestützt, die Konzentration und Einspitzigkeit des Geistes erlangt, so wird diese als die Konzentration der Absicht bezeichnet.

Als 'angestrengte Willenstätigkeiten' (padhānasankhāra) gilt es, wenn der Mönch sich anstrengt ... um unaufgestiegene üble, unheilsame Dinge ... nicht aufsteigen zu lassen. Diese Absicht, diese Konzentration der Absicht und diese angestrengten Willenstätigkeiten, diese, ihr Mönche, bezeichnet man als 'die von Konzentration der Absicht und angestrengten Willenstätigkeiten begleitete Machtfährte'." -

In dieser Weise hat man auch bei den übrigen Machtfährten den Sinn zu verstehen.

 


Vis. XII. 7. Die acht "Stufen" (pāda)

Als die 8 "Stufen" (pāda) hat man die 8 Eigenschaften wie:

  • Absicht
  • Willenskraft
  • Bewußtsein
  • Erwägung usw.

zu verstehen. Es heißt nämlich (Pts. XXII. 5): "Welches sind die 8 Stufen der Macht?

Wenn da, ihr Mönche, der Mönch, auf Absicht gestützt, die Konzentration und Einspitzigkeit des Geistes erlangt, so ist die Absicht nicht dasselbe wie die Konzentration, die Konzentration nicht dasselbe wie die Absicht. Ein anderes ist die Absicht, ein anderes die Konzentration. Wenn der Mönch, auf Willenskraft gestützt, ... auf sein Bewußtsein gestützt ... auf Erwägung gestützt, die Konzentration und Einspitzigkeit des Geistes erlangt, so ist die Erwägung nicht dasselbe wie die Konzentration. Ein anderes ist die Erwägung, ein anderes die Konzentration. Diese 8 Stufen der magischen Macht führen zur Erlangung und Gewinnung der magischen Macht, zur Macht der Verwandlung, zur Hervorbringung der magischen Macht, zur Meisterschaft und Sicherheit darin."

Die im Wunsche nach Machterweckung bestehende Absicht nämlich, mit Konzentration zur Einheit verbunden, führt zur Erlangung der Macht. Dasselbe gilt von der Willenskraft und den übrigen Eigenschaften. Daher werden diese, wie einzusehen, als die 8 Stufen bezeichnet.


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