Anguttara Nikaya, 2. Kapitel: rathakāra-vagga

A.III. 11 Guter und schlechter Einfluß

Wenn einem namhaften Mönch drei Dinge eignen, so gereicht er vielem Volke zum Unheil, vielem Volke zum Unglück und Schaden, zum Unheil und Leiden für Götter und Menschen. Welche drei Dinge?

Wenn einem namhaften Mönch drei Dinge eignen, so gereicht er vielem Volke zum Segen, vielem Volke zum Wohl und Heil, zum Segen und Wohl für Götter und Menschen. Welche drei Dinge?


A.III. 12 Drei unvergeßliche Orte

Drei zeitlebens unvergeßliche Orte gibt es, ihr Mönche, für den hauptgesalbten Adelskönig. Welche drei?

Der Ort, wo der hauptgesalbte Adelskönig geboren ward: das ist für ihn der erste zeitlebens unvergeßliche Ort. Und ferner der Ort, wo er zum Adelskönig gesalbt wurde: das ist für ihn der zweite zeitlebens unvergeßliche Ort. Und ferner noch der Ort, wo der hauptgesalbte Adelskönig die Schlacht gewann und als Sieger verblieb auf dem Schlachtfeld: das ist für ihn der dritte zeitlebens unvergeßliche Ort.

Ebenso nun auch, ihr Mönche, gibt es für einen Mönch drei zeitlebens unvergeßliche Orte. Welche drei?


(*1) Unter dem 'wirklichkeitsgemäßen Erkennen' der vier Wahrheiten ist meist die erste Heiligkeitsstufe, der Stromeintritt, zu verstehen.

(*2) āsavā. Dies sind die nachstehend im Text genannten drei:

  1. Sinnlichkeits-Trieb (kām'āsava),
  2. Dasein-Trieb (bhav'āsava),
  3. Nichtwissens-Trieb (avijj'āsava).

In manchen Texten wird auch noch als vierter (in der Reihenfolge der Aufzählung als dritter) der Ansichten-Trieb (ditth'āsava) genannt.

Bei dem Wort 'Trieb' ist hier nicht etwa bloß an das 'sinnliche Triebleben' zu denken, sondern an alle vorgenannten unheilsamen Triebkräfte.

Das Pāli-Wort āsava bedeutet 'Einströmung', 'Einfluß'; da aber beide Begriffe zu sehr an eine Einwirkung von außen her denken lassen, wurden sie nicht für die Wiedergabe verwandt.


A.III. 13 Hoffnung

Drei Menschen, ihr Mönche, sind in der Welt anzutreffen. Welche drei? 

Welcher Mensch aber gilt als hoffnungslos? Da wird einer in einer niedrigen Menschenklasse wiedergeboren: unter den Ausgestoßenen oder in der Korbflechterkaste, der Jägerkaste, der Wagnerkaste oder Fegerkaste; in einer Familie, die arm ist, der es an Speise und Trank mangelt, die kümmerlich ihr Dasein fristet, in der man nur mühsam die nötige Nahrung erhält. Dabei ist er häßlich, von abstoßendem Äußeren, oder verwachsen, kränklich, blind, verkrüppelt, hinkend oder lahm. Speise, Trank, Kleidung, Gefährt, Blumen, Wohlgerüche, Salben, Bett, Wohnung und Beleuchtung werden ihm nicht zuteil. Der erfährt: 'Einem Edelmann mit dem und dem Namen haben die Adeligen die Königskrone verliehen.' Doch es kommt ihm nicht in den Sinn: 'Wann werden wohl die Adeligen auch mir die Königskrone verleihen?' Diesen Menschen nennt man hoffnungslos.

Welcher Mensch aber gilt als hoffnungsvoll? Da ist einer der älteste Sohn eines hauptgesalbten Adelskönigs, der auf die Krönung Anspruch hat, noch nicht gekrönt ist, aber der Krönung sicher (*1). Der erfährt: 'Einem Edelmann mit dem und dem Namen haben die Adeligen die Königskrone verliehen.' Da denkt er: 'Wann werden wohl die Adeligen auch mir die Königskrone verleihen?' Diesen Menschen nennt man hoffnungsvoll.

Welcher Mensch aber gilt als hoffnungsgestillt? Da ist einer ein hauptgesalbter Adelskönig. Der erfährt: 'Einem Edelmann mit dem und dem Namen haben die Adeligen die Königskrone verliehen.' Da kommt ihm nicht in den Sinn: 'Wann werden wohl die Adeligen auch mir die Königskrone verleihen?' Und warum nicht? Was da einst in ihm, dem noch nicht Gekrönten, an Hoffnung auf die Krone bestand, das ist nun in ihm gestillt. Diesen Menschen nennt man hoffnungsgestillt.

Diese drei Menschen sind in der Welt anzutreffen.

Ebenso nun auch, ihr Mönche, finden sich drei Menschenarten unter den Ordensjüngern. Welche drei? 

Welcher Mensch aber gilt als hoffnungslos? Da ist ein Mönch sittenlos, dem Schlechten ergeben, unreinen Geistes, von zweifelhaftem Benehmen, von versteckter Tat; ein Scheinasket, der sich als Asketen ausgibt; ein falscher Jünger, der sich als echten Jünger (*2) ausgibt; innerlich verdorben, befleckten Herzens, voll von Unrat. Der erfährt: 'Ein Mönch mit dem und dem Namen hat, so heißt es, durch Versiegung der Triebe noch bei Lebzeiten die triebfreie Gemütserlösung und Weisheitserlösung erlangt, sie selber erkannt und verwirklicht.' Da kommt es ihm nicht in den Sinn. 'Wann werde wohl auch ich durch Versiegung der Triebe noch bei Lebzeiten die triebfreie Gemütserlösung und Weisheitserlösung erlangen, sie selber erkennen und verwirklichen? Diesen Menschen nennt man hoffnungslos.

Welcher Mensch aber gilt als hoffnungsvoll? Da ist ein Mönch sittenrein, dem Guten ergeben. Der erfährt: 'Ein Mönch mit dem und dem Namen hat, so heißt es, durch Versiegung der Triebe noch bei Lebzeiten die triebfreie Gemütserlösung und Weisheitserlösung erlangt, sie selber erkannt und verwirklicht.' Da denkt er: 'Wann werde wohl auch ich durch Versiegung der Triebe noch bei Lebzeiten die triebfreie Gemütserlösung und Weisheitserlösung erlangen, sie selber erkennen und verwirklichen?' Diesen Menschen nennt man hoffnungsvoll.

Welcher Mensch aber gilt als hoffnungsgestillt? Da ist einer ein Heiliger, ein Triebversiegter. Der erfährt: 'Ein Mönch mit dem und dem Namen hat, so heißt es, durch Versiegung der Triebe noch bei Lebzeiten die triebfreie Gemütserlösung und Weisheitserlösung erlangt, sie selber erkannt und verwirklicht.' Da kommt es ihm nicht in den Sinn: 'Wann werde wohl auch ich durch Versiegung der Triebe noch bei Lebzeiten die triebfreie Gemütserlösung und Weisheitserlösung erlangen, sie selber erkennen und verwirklichen? Und warum nicht? Was da einst in ihm, dem Unerlösten, an Erlösungshoffnung bestanden hatte, das ist nun in ihm gestillt. Diesen Menschen nennt man hoffnungsgestillt.

Diese drei Menschen, ihr Mönche, sind unter den Ordensjüngern anzutreffen.


(*1) anabhisitto-m-acalappatto; wtl: ungesalbt, zur Unerschütterlichkeit gelangt (nämlich in der Gewißheit künftiger Krönung).

(*2) brahmacārī; wtl: ein rein oder keusch Lebender (Asket).


A.III. 14 Der Gesetzeskönig

»Selbst der Weltherrscher, ihr Mönche, der gerechte Gesetzeskönig, (*1) auch er lenkt sein Reich nicht ohne einen Mitherrscher (*2)«. -

Auf diese Worte sprach einer der Mönche also zum Erhabenen: »Wer aber, o Herr, ist der Mitherrscher des Weltherrschers, des gerechten Gesetzeskönigs?« -

»Das Gesetz, (*3) o Mönch!« sprach der Erhabene. »Da, o Mönch, stützt sich der Weltherrscher, der gerechte Gesetzeskönig, eben auf das Gesetz; das Gesetz ehrt er, das Gesetz hält er wert, dem Gesetze huldigt er; und das Gesetz zum Banner, das Gesetz zur Flagge, das Gesetz zum Führer habend, gewährt er gerechten Beistand, Schutz und Schirm seinem Volke: den Adligen und den ihm Ergebenen, seiner Heeresmacht, den Brahmanen und Bürgern, den Stadt- und Landbewohnern, den Asketen und Priestern, den Tieren und Vögeln. Dieser Weltherrscher aber, der gerechte Gesetzeskönig, er lenkt, auf das Gesetz gestützt..., sein Reich, eben mit Hilfe des Gesetzes. Und dieses Reich vermag kein menschliches Geschöpf, kein feindliches Wesen zu stürzen.

Ebenso nun auch, o Mönch, stützt sich der Vollendete, Heilige, vollkommen Erleuchtete, der gerechte Gesetzeskönig, eben auf das Gesetz; (*4) das Gesetz ehrt er, das Gesetz hält er wert, dem Gesetz huldigt er; und das Gesetz zum Banner, das Gesetz zur Flagge, das Gesetz zum Führer habend, gewährt er gerechten Beistand, Schutz und Schirm dem Wirken in Taten, Worten und Gedanken, indem er also lehrt: 'Solches Wirken in Taten, Worten und Gedanken hat man zu üben; solches Wirken in Taten, Worten und Gedanken hat man nicht zu üben!' Jener Vollendete aber, der Heilige, vollkommen Erleuchtete, der gerechte Gesetzeskönig, er lenkt, auf das Gesetz gestützt..., das höchste Reich der Wahrheit, (*5) eben mit Hilfe des Gesetzes. Und dieses Reich vermag kein Asket oder Priester, kein Himmelswesen, Gott oder Teufel, noch irgendeiner in der Welt zu stürzen.«


(*1) Yo pi so bhikkhave rājā cakkavattī dhammiko dhammarājā.

(*2) ChS: so pi na (statt PTS: nāma) arājakam cakkam vattetī'ti.

K: Er kann die Herrschaft nicht ausüben ohne einen anderen Vizekönig (nissaya-rājā).

(*3) dhammo. Die Wiedergabe mit 'Gesetz' ist ein Notbehelf, um die zwei verschiedenen Bedeutungsnuancen des Begriffs dhamma zu erfassen, die hier zutreffen.

Mit Bezug auf den Weltherrscher (cakkavattī; s. A.II.53) bedeutet dhamma: die sittliche Weltordnung als Quelle der Rechtsgrundsätze und Grundlage einer gerechten, gesetzlichen, d.h. nicht willkürlichen Staatslenkung.

In diesem Sinne auch vorher: dhammiko 'rechtlich', dhammarājā, 'Gesetzeskönig'. Vgl. im Skr. dharmasāstra, 'Gesetzbuch', 'Rechtswissenschaft'. -

K verweist auf die 10 'heilsamen Wirkensfährten' (kusala-kammapatha; s. Wtb) als Inbegriff des hier gemeinten dhamma.

(*4) Hier bedeutet dhamma die Gesetzmäßigkeit, die sowohl die Welt wie auch die Befreiung von ihr regiert und den Inhalt der Buddha-Lehre (dhamma) bildet.

K: »Der neunfache überweltliche (lokuttara) Dhamma«, der als Gipfelpunkt des Buddha-Dhamma die zweite 'Zuflucht' und das zweite 'Kleinod' des Buddhisten bildet.

(*5) dhammen'eva anuttaram dhammacakkam pavatteti.

K: Er weiß nicht, daß das Unterbewußtsein in dieser Weise von den hinzukommenden Befleckungen verunreinigt oder auch frei sein kann.


A.III. 15 Das Gleichnis vom Wagenbauer

Einst weilte der Erhabene bei Benares, am Sehersteig, im Gazellenhain. Dort wandte sich der Erhabene an die Mönche: »Mönche!« sprach er. »Herr!« erwiderten die Mönche dem Erhabenen. Und der Erhabene sprach:

»Es war einmal, ihr Mönche, ein König mit Namen Pacétana. Der sprach zu seinem Wagenbauer: 'Heute über sechs Monate, lieber Wagenbauer, werde ich in die Schlacht ziehen. Kannst du mir wohl, lieber Wagenbauer, ein paar neuer Räder anfertigen? - 'Ich kann es, o Herr!' erwiderte der Wagenbauer dem König Pacétana.

Und der Wagenbauer wurde in sechs Monaten weniger sechs Tagen mit einem Rade fertig. Da sprach der König Pacétana zu seinem Wagenbauer: 'Heute über sechs Tage, lieber Wagenbauer, werde ich in die Schlacht ziehen. Ist das Paar neuer Räder nun fertig?' - 'In diesen sechs Monaten weniger sechs Tagen ist, o Herr, ein Rad fertig geworden.' - 'Kannst du mir denn aber, lieber Wagenbauer, in diesen sechs Tagen das zweite Rad fertigstellen?' - 'Ich kann es, o Herr!, erwiderte der Wagenbauer dem König Pacétana.

Und in sechs Tagen, ihr Mönche, stellte der Wagenbauer das zweite Rad fertig und begab sich mit den beiden neuen Rädern zum König Pacétana. Dort angelangt, sprach er zum König Pacetana also: 'Fertig, o Herr, ist das Paar neuer Räder.' -

'Worin aber, lieber Wagenbauer, besteht der Unterschied zwischen diesen beiden, nämlich dem Rade, das du in sechs Monaten weniger sechs Tagen fertig stelltest, und dem Rade, das du in sechs Tagen fertig hattest? Ich bemerke keinen Unterschied zwischen beiden.' - 'Es besteht aber, o Herr, zwischen beiden ein Unterschied. Du sollst den Unterschied sehen!'

Darauf nun, ihr Mönche, versetzte der Wagenbauer das in sechs Tagen fertig gewordene Rad ins Rollen. Ins Rollen versetzt, lief es, soweit die Wirkung der Schwungkraft reichte, rollte dann im Kreise herum und fiel zu Boden. Nun aber versetzte er das in sechs Monaten weniger sechs Tagen fertig gewordene Rad ins Rollen. Ins Rollen versetzt, lief es, soweit die Wirkung der Schwungkraft reichte und blieb dann stehen, gleichwie auf der Achse befestigt.

'Was ist wohl, lieber Wagenbauer, die Ursache, was ist der Grund, daß das in sechs Tagen fertig gewordene Rad, nachdem es ins Rollen versetzt und, soweit die Wirkung der Schwungkraft reichte, gelaufen war, im Kreise herumrollte und zu Boden fiel? Und was, lieber Wagenbauer, ist die Ursache, was ist der Grund, daß das in sechs Monaten weniger sechs Tagen fertig gewordene Rad, nachdem es ins Rollen versetzt und, soweit die Wirkung der Schwungkraft reichte, gelaufen war, dann gleichsam wie auf der Achse befestigt stehenblieb?' -

'Was jenes Rad anbetrifft, das in sechs Tagen fertig war, so zeigen sich an dessen Felgen, an dessen Speichen und Nabe Unebenheiten, Fehler und Mängel. Und auf die Unebenheiten, Fehler und Mängel an Felgen, Speichen und Nabe ist es zurückzuführen, daß das Rad, nachdem es ins Rollen versetzt und, soweit die Wirkung der Schwungkraft reichte, gelaufen war, im Kreise herumrollte und zu Boden fiel. Was nun aber das Rad anbetrifft, daß in sechs Monaten weniger sechs Tagen fertig war, so zeigen sich an dessen Felgen, Speichen und Nabe keine Unebenheiten, Fehler und Mängel. Und weil sich an Felge, Speichen und Nabe keine Unebenheiten, Fehler und Mängel zeigen, daher kommt es, daß das Rad, nachdem es ins Rollen versetzt und, soweit die Wirkung der Schwungkraft reichte, gelaufen war, gleichsam wie auf der Achse befestigt stehen blieb.'

Ihr mögt nun glauben, o Mönche, daß jener Wagenbauer von damals irgend ein Fremder gewesen war. Doch dem ist nicht so, ihr Mönche, denn jener Wagenbauer von damals war ich. Damals nun, ihr Mönche, verstand ich mich auf die Unebenheiten, Fehler und Mängel des Holzes. Jetzt aber als Heiliger, vollkommen Erleuchteter verstehe ich mich auf die Unebenheiten, Fehler und Mängel in Werken, Worten und Gedanken.

Wer auch immer, ihr Mönche, von den Mönchen oder Nonnen nicht die Unebenheiten, Fehler und Mängel in Werken, Worten und Gedanken getilgt hat, der gilt als gefallen in dieser Lehre und Zucht, gleichwie jenes Rad, das in sechs Tagen fertig war. Wer aber von den Mönchen oder Nonnen die Unebenheiten, Fehler und Mängel in Werken, Worten und Gedanken getilgt hat, der gilt als gefestigt in dieser Lehre und Zucht, gleichwie jenes Rad, das in sechs Monaten weniger sechs Tagen fertig war. Darum, ihr Mönche, sollt ihr danach streben: 'Tilgen wollen wir unsere Unebenheiten, Fehler und Mängel in Werken, Worten und Gedanken!' Das, ihr Mönche, sei euer Streben!«


A.III. 16 Die Mittel zur Triebversiegung

Der mit drei Fähigkeiten ausgerüstete Mönch wandelt auf dem unfehlbaren Pfade (*1) und besitzt die tauglichen Mittel zur Triebversiegung. Welches sind diese drei Fähigkeiten?

Da, ihr Mönche, hält der Mönch die Sinnestore bewacht, kennt das Maß beim Mahle und befleißigt sich der Wachsamkeit.

Wie aber hält der Mönch die Sinnestore bewacht? Erblickt da der Mönch mit dem Auge eine Form, so haftet er weder am Ganzen noch an den Einzelheiten (*2). Und weil bei unbewachtem Auge Begehren und Mißstimmung, üble, unheilsame Einflüsse in ihn einströmen möchten, daher bemüht er sich, dem zu wehren; er bewacht das Auge und zügelt es. Vernimmt er mit dem Ohre einen Ton - riecht er mit der Nase einen Duft - schmeckt er mit der Zunge einen Saft - fühlt er mit dem Körper etwas Tastbares - ist er sich im Geiste eines Gedankens bewußt, so haftet er weder am Ganzen noch an den Einzelheiten. Und weil bei unbewachtem Geist Begehren und Mißstimmung, üble, unheilsame Einflüsse in ihn einströmen möchten, daher bemüht er sich, dem zu wehren; er bewacht den Geist und zügelt ihn. So hält der Mönch die Sinnestore bewacht.

Wie aber kennt der Mönch das Maß beim Mahle? Da nimmt der Mönch gründlich besonnen seine Nahrung zu sich: nicht etwa zum Vergnügen oder Genusse, nicht um üppig und schön zu werden, sondern eben nur zur Erhaltung und Fristung dieses Körpers, um Schaden zu verhüten und das heilige Leben zu ermöglichen. Er weiß: 'Auf diese Weise werde ich das frühere Gefühl stillen und kein neues Gefühl aufkommen lassen, und langes Leben, Untadeligkeit und Wohlsein wird mir beschieden sein.' So kennt der Mönch das Maß beim Mahle.

Wie aber befleißigt sich der Mönch der Wachsamkeit? Da läutert der Mönch während des Tages gehend oder sitzend seinen Geist von hemmenden Dingen, läutert während der ersten Nachtwache gehend oder sitzend seinen Geist von hemmenden Dingen. In der mittleren Nachtwache pflegt er der Ruhe; sich wie ein Löwe auf die rechte Seite legend, ein Fuß auf den anderen gelegt, richtet er achtsam und besonnen (*3) seine Gedanken auf die Zeit des Aufstehens. In der letzten Nachtwache erhebt er sich und läutert gehend oder sitzend seinen Geist von hemmenden Dingen. So befleißigt sich der Mönch der Wachsamkeit.

Der mit diesen drei Fähigkeiten ausgerüstete Mönch wandelt auf dem unfehlbaren Pfade und besitzt die tauglichen Mittel zur Triebversiegung.


(*1) apannaka-patipadā; vgl. M. 60; A. IV. 71. - »Taugliche Mittel« oder 'Grundlage': yoni; K: = kārana.

(*2) Vgl. VisM 25ff, wo sich eine ausführliche Erläuterung dieses Passus findet.

(*3) Siehe hierzu 'Kommentar zum Satipatthāna-Sutta' (Christiani), S. 94 f.


A.III. 17 Qual bringend

Drei Dinge, ihr Mönche, führen zu eigener Qual, zu fremder Qual und zu beiderseitiger Qual. Welche drei? Schlechter Wandel in Werken, schlechter Wandel in Worten, schlechter Wandel in Gedanken.

Drei Dinge, ihr Mönche, führen weder zu eigener Qual, noch zu fremder Qual, noch zu beiderseitiger Qual. Welche drei? Guter Wandel in Werken, guter Wandel in Worten, guter Wandel in Gedanken.


A.III. 18 Gründe der Scham

Sollten euch, ihr Mönche, andersfährtige Wandermönche fragen, ob ihr etwa um der Wiedergeburt in einer Götterwelt willen unter dem Asketen Gotama das heilige Leben führt, würdet ihr da nicht, also befragt, gekränkt sein, Scham und Ekel empfinden?« -

»Gewiß, o Herr.« -

»Empfindet ihr also hinsichtlich des himmlischen Lebens, des himmlischen Glanzes und Glückes, der himmlischen Ehre und Herrschaft derart Kränkung, Scham und Ekel, um wieviel mehr, ihr Mönche, müßt ihr da Kränkung, Scham und Ekel empfinden hinsichtlich eines schlechten Wandels in Werken, Worten und Gedanken!«


A.III. 19 Das Gleichnis vom Kaufmann - I

Ein Kaufmann, ihr Mönche, der drei Eigenschaften besitzt, ist unfähig, nicht erworbenen Reichtum zu erwerben oder erworbenen Reichtum zu vermehren. Welche drei Eigenschaften?

Da ist ein Kaufmann 

Ebenso auch ist ein Mönch, der drei Eigenschaften besitzt, unfähig, das nicht erworbene Gute zu erwerben oder das erworbene Gute zu vermehren. Welche drei Eigenschaften?

Da ist der Mönch 

Ein Kaufmann, ihr Mönche, der drei Eigenschaften besitzt, ist imstande, nicht erworbenen Reichtum zu erwerben oder erworbenen Reichtum zu vermehren. Welche drei Eigenschaften?

Da ist der Kaufmann 

Ebenso auch ist ein Mönch, der drei Eigenschaften besitzt, imstande, das nicht erworbene Gute zu erwerben und das erworbene Gute zu mehren. Welche drei Eigenschaften?

Da ist der Mönch des Morgens emsig vertiefter Betrachtung hingegeben, des Mittags emsig vertiefter Betrachtung hingegeben, des Abends emsig vertiefter Betrachtung hingegeben.


(*1) samādhi-nimitta; wtl: Gegenstand der Sammlung; vgl. A.III.103.


A.III. 20 Das Gleichnis vom Kaufmann - II

Ein Kaufmann, ihr Mönche, bei dem drei Bedingungen anzutreffen sind, erlangt in gar nicht langer Zeit Reichtum und Überfluß an Schätzen. Welche drei Bedingungen? Da besitzt der Kaufmann Scharfblick, ist rührig und findet Hilfe.

Wie aber besitzt der Kaufmann Scharfblick? Da kennt der Kaufmann seine Ware, nämlich: 'Wenn diese Ware für soviel gekauft und für soviel verkauft wird, so wird soviel Kapital und soviel Gewinn da sein.' So besitzt der Kaufmann Scharfblick.

Wie aber ist der Kaufmann rührig? Da versteht sich der Kaufmann auf Einkauf und Verkauf seiner Ware. So ist der Kaufmann rührig.

Wie aber findet der Kaufmann Hilfe? Da wissen reiche, hochbegüterte, hochvermögende Hausleute oder Söhne von Hausleuten von jenem Kaufmann also: 'Dieser Kaufmann besitzt Scharfblick, ist rührig und ist imstande, Weib und Kind zu ernähren und uns von Zeit zu Zeit Zinsen zu zahlen.' Die bieten ihm dann Geld an mit den Worten: 'Erwirb dir nun, lieber Kaufmann, Besitz, ernähre Weib und Kind und zahle uns von Zeit zu Zeit unsere Zinsen ab!' So findet der Kaufmann Hilfe.

Ebenso auch erlangt ein Mönch, bei dem drei Bedingungen anzutreffen sind, in gar nicht langer Zeit Reichtum und Überfluß an guten Eigenschaften. Welche drei Bedingungen? Da besitzt der Mönch Scharfblick, ist rührig und findet Hilfe.

Wie aber besitzt der Mönch Scharfblick? Da erkennt der Mönch der Wirklichkeit gemäß, was Leiden ist; erkennt der Wirklichkeit gemäß, was die Leidens-Entstehung ist; erkennt der Wirklichkeit gemäß, was die Erlöschung des Leidens ist; erkennt der Wirklichkeit gemäß, was der Pfad ist, der zur Erlöschung des Leidens führt. So besitzt der Mönch Scharfblick.

Wie aber ist der Mönch rührig? Da setzt der Mönch seinen Willen daran, die unheilsamen Dinge aufzugeben und die heilsamen Dinge zu erwerben; er ist standhaft, von gestählter Kraft und nicht pflichtvergessen in dem, was heilsam ist. So ist der Mönch rührig.

Wie aber findet der Mönch Hilfe? Was da wissensreiche, mit der Lehre wohlvertraute Mönche sind, Kenner der Lehre, der Ordenszucht und der Leitsätze, (*1) zu diesen begibt er sich von Zeit zu Zeit, fragt und erkundigt sich bei ihnen, wie dies oder jenes sich verhalte, wie dies oder jenes zu verstehen sei. Und jene Ehrwürdigen erschließen ihm das Unerschlossene, klären ihm das Ungeklärte und beheben seine Zweifel in mancherlei zweifelhaften Fällen. So findet der Mönch Hilfe.

Ein Mönch, bei dem diese drei Bedingungen anzutreffen sind, der, ihr Mönche, erlangt nach gar nicht langer Zeit Reichtum und Überfluß an guten Eigenschaften.


(*1) 'Träger der Leitsätze' (mātikā-dhārā); dies bezieht sich auf die zwei Listen der Ordensvergehen, nämlich für Mönche und Nonnen, welche das sogen. Pātimokkha bilden.


     Oben  


ter">     Oben