Anguttara Nikaya

II. Die zweiten fünfzig Sutten (dutiyapannāsaka)

6. Das Kapitel der Erleuchteten (purisa-vagga)

A.II. 53-56 Der Erwachte und der Weltherrscher

(53) Zwei Wesen, ihr Mönche, die in der Welt erscheinen, erstehen vielen Menschen zum Segen, vielen zum Wohle und Heil, zum Segen und Wohle für Götter und Menschen. Welche zwei?

(54) Zwei Wesen, ihr Mönche, die in der Welt erscheinen, erstehen als wundersame Menschen. Welche zwei?
(55) Das Hinscheiden zweier Wesen erfüllt viele Menschen mit Trauer. Welcher zwei?
(56) Zwei, ihr Mönche, sind eines Kuppelmals (*2) würdig. Welche zwei?

(*1) Gemeint ist hier ein rechtlich regierender (dhammika) Weltherrscher (rājā cakkavatti), wie er z.B. in D.26 geschildert wird. Vgl. A.I.25; A.III.14.

(*2) thūpa (Skr: stūpa). In A.IV.246, und D.16 (PTS II, 142; K.E.Neumann II, 215) wird von vier Personen gesagt, daß sie eines Kuppelmals würdig sind, nämlich außer den beiden hier genannten, noch ein Einzelerwachter (pacceka-buddha) und ein Jünger eines Buddha. Das Kuppelmahl wird auch häufig als cetiya (Skr: caitya) bezeichnet und ist heute in südbuddhistischen Ländern meist bekannt als 'Dagoba' (vom Singhales. dagäba = dhātugabbha, 'Reliquienkammer'), entstellt zu 'Pagoda'.


A.II. 57 Zweierlei Erwachte

Zweierlei Erwachte gibt es, ihr Mönche. Welche zwei?


(*1) Ein Einzel-Erwachter (pacceka-buddha) gelangt aus sich selber heraus zur Erwachung oder Erleuchtung, wie ein vollkommen Erwachter (sammā-sambuddha), hat aber nicht wie dieser die Fähigkeit und das 'allumfassende Wissen' (sabbaññutā), um ein Weltlehrer zu werden.


A.II. 58-60 Unerschütterlich

Zwei, ihr Mönche, erschrecken nicht beim einschlagenden Blitz. Welche zwei? 

Diese beiden erschrecken nicht (*1) beim einschlagenden Blitz.

Zwei, ihr Mönche, erschrecken nicht beim einschlagenden Blitz. Welche zwei? 

Zwei, ihr Mönche, erschrecken nicht beim einschlagenden Blitz. Welche zwei? 


(*1) K sagt, daß der triebversiegte Heilige nicht erschrickt, weil er allen Ichwahn verloren hat; jedoch der edle Elefant und die anderen hier genannten Tiere erschrecken nicht, weil in ihnen der Ichwahn, das Selbstgefühl zu stark entwickelt ist.

A.II. 61 Die Halbmenschen

Aus zwei Gründen, ihr Mönche, sprechen die Halbmenschen (*1) nicht die Sprache der Menschen. Aus welchen zwei Gründen?


(*1) 'Halbmenschen' (kim-purisa; wtl.: 'was für ein Mann?') sind nach vorbuddhistischer Vorstellung Wesen halb Mensch halb Tier (z.B. mit Vogelköpfen), die zum Gefolge Kuberas, eines der 'Welthüter', gehören, zusammen mit den ihnen verwandten Kinnaras (wtl.: 'was für Mensch?'), mit denen sie im K gleichgesetzt werden. Einigen Jātaka-Erzählungen zufolge, werden so auch wilde Waldbewohner genannt.


A.II. 62 Das Weib

In zwei Dingen unersättlich, ihr Mönche, ohne Widerwillen davor zu haben, stirbt das Weib. Welches sind diese beiden Dinge?

In diesen beiden Dingen unersättlich, ohne davor Widerwillen zu haben, stirbt das Weib.


A.II. 63 Das Zusammenleben

»Das Zusammenleben der Schlechten will ich euch weisen, ihr Mönche, und das Zusammenleben der Guten. So höret denn und achtet wohl auf meine Worte!«--»Ja, o Herr!« erwiderten die Mönche dem Erhabenen. Und der Erhabene sprach:

»Welcherart nun, ihr Mönche, ist das Zusammenleben der Schlechten? Wie leben die Schlechten zusammen?

Da denkt ein älterer Mönch: 'Möchte doch der ältere, mittlere oder jüngere Mönch mich nicht zur Rede stellen, so möchte auch ich dem älteren, mittleren oder jüngeren Mönch nichts sagen! Sollte mir aber der ältere, mittlere oder jüngere Mönch etwas sagen, mit der Absicht, mir zu schaden, nicht mit der Absicht, mir zu nützen, so würde ich ihm widersprechen, ihm Verdruß bereiten, und selbst wenn ich es einsehe, ihm nicht zustimmen.'

Auch der mittlere Mönch - auch der jüngere Mönch denkt: 'Möchte doch der ältere, mittlere oder jüngere Mönch mich nicht zur Rede stellen, so möchte auch ich dem älteren, mittleren oder jüngeren Mönch nichts sagen! Sollte mir aber der ältere, mittlere oder jüngere Mönch etwas sagen, mit der Absicht, mir zu schaden, nicht mit der Absicht, mir zu nützen, so würde ich ihm widersprechen, ihm Verdruß bereiten, und selbst wenn ich es einsehe, ihm nicht zustimmen.'

Solcherart ist das Zusammenleben der Schlechten. So leben die Schlechten zusammen.

Welcherart aber, ihr Mönche, ist das Zusammenleben der Guten? Wie leben die Guten zusammen?

Da, ihr Mönche, denkt ein älterer Mönch - denkt auch ein mittlerer Mönch - denkt auch ein jüngerer Mönch: 'Möchte mich doch der ältere, mittlere oder jüngere Mönch zurechtweisen, so möchte auch ich mich mit ihm aussprechen. Sollte mir aber der ältere, mittlere oder jüngere Mönch etwas sagen, mit der Absicht, mir zu nützen, nicht mit der Absicht, mir zu schaden, so würde ich ihm zustimmen, ihm keinen Verdruß bereiten, und wenn ich es einsehe, ihm folgen.'

Solcherart, ihr Mönche, ist das Zusammenleben der Guten. So leben die Guten zusammen.«

A.II. 64 Streitfälle

In einem Streitfall, ihr Mönche, in dem beiderseits heftiger Wortwechsel, Rechthaberei, Verdrossenheit des Herzens, Mißtrauen und Verärgerung innerlich nicht beschwichtigt sind, in solchem Streitfall steht zu erwarten, daß es zu Weitschweifigkeiten, Grobheiten und Tätlichkeiten kommt und daß die Mönche nicht in Frieden leben werden.

In einem Streitfall aber, in dem beiderseits heftiger Wortwechsel, Rechthaberei, Verdrossenheit des Herzens, Mißtrauen, Verärgerung innerlich beschwichtigt sind, in solchem Streitfall steht zu erwarten, daß es nicht zu Weitschweifigkeiten, Grobheiten und Tätlichkeiten kommt und daß die Mönche in Frieden leben werden.


7. Das Kapitel des Glücks (sukha-vagga)

A.II. 65-77 Das Glück

Zwei Arten des Glückes gibt es, ihr Mönche. Welche zwei?

Das häusliche Glück und das Glück des Hauslosen. Diese beiden Arten des Glückes gibt es. Das höchste dieser beiden aber ist das Glück des Hauslosen.

Zwei Arten des Glückes gibt es, ihr Mönche. Welche zwei?

Zwei Arten des Glückes gibt es, ihr Mönche. Welche Zwei?

Das Glück einer feinkörperlichen Vorstellung und das Glück einer unkörperlichen Vorstellung (*3). Diese beiden Arten des Glückes gibt es. Das höchste dieser beiden aber ist das Glück einer unkörperlichen Vorstellung.


(*1) 'mit Verzückung (pīti) verbunden' bezieht sich hauptsächlich auf die 1. und 2. Vertiefung; 'von Verzückung frei' auf die 3. und 4. - Die folgende Zweiergruppe bezieht sich hauptsächlich auf die 1.- 3., bezw. die 4. Vertiefung.

(*2) asamādhi, wtl.: Nicht-Sammlung.

(*3) Dies bezieht sich auf die feinkörperlichen und unkörperlichen Vertiefungen (rūpa-jjhāna, arūpa-jjhāna). sowie, lt. K, auch auf jedes mit Körperlichem (rūpa) oder Geistigem (arūpa) verbunden Glücksgefühl.


8. Das Kapitel der bedingten Entstehung (sanimitta-vagga)

A.II. 78-87 Bedingte Entstehung des Unheilsamen

Mit Ursache, ihr Mönche, entstehen die üblen, unheilsamen Geisteszustände, nicht ohne Ursache. Nach Aufhebung eben dieser Ursache bestehen somit jene üblen, unheilsamen Geisteszustände nicht mehr.
 
Durch einen Anlaß bedingt, ihr Mönche, entstehen die üblen, unheilsamen Geisteszustände - von einem Beweggrund abhängig - mit einem Willensakt verbunden (*1) - von einer Bedingung abhängig entstehen die üblen, unheilsamen Geisteszustände, nicht ohne eine Bedingung. Nach Aufhebung eben dieser Bedingung bestehen somit jene üblen, unheilsamen Geisteszustände nicht mehr.
 
Im Zusammenhang mit Körperlichkeit - im Zusammenhang mit Gefühl - mit Wahrnehmung - mit Bewußtsein (*2) entstehen diese üblen, unheilsamen Geisteszustände, nicht ohne Körperlichkeit, Gefühl, Wahrnehmung, Bewußtsein. Nach Aufhebung eben hiervon bestehen somit jene üblen, unheilsamen Geisteszustände nicht mehr.
 
Mit Gestaltetem (*3) als Vorstellungsobjekt entstehen diese üblen, unheilsamen Geisteszustände, nicht ohne Gestaltetes als Vorstellungsobjekt (*4). Nach Aufhebung eben dieses Gestalteten bestehen somit jene üblen, unheilsamen Vorstellungen nicht mehr.

(*1) 'Willensakt' = sarikhāra; hiermit ist der (hier unheilsame) karmische Wille gemeint, wie im 2. Glied der 'Bedingten Entstehung' (paticca-samuppāda); oder auch sämtliche karmisch unheilsamen, zur Geistesformationen-Gruppe (sankhāra-kkhandha) gehörenden Geistesfaktoren.

(*2) Vorstehend sind nur vier der fünf Daseinsgruppen (khandha) angeführt, da die Geistformtionen-Gruppe bereits vorher genannt wurde (s. vor. Anm.).

(*3) 'Gestaltetes' (sankhata); im Sinne von bedingt entstanden, abhängig.

(*4) no asankhatārammanā; kann, lt. K, auch wiedergegeben werden mit »nicht das Ungestaltete (= nibbāna) als Vorstellungsobjekt habend«.


 9. Das Kapitel der Paare (dhamma-vagga)

A.II. 88-98 Zwei Dinge - I

Zwei Dinge gibt es, ihr Mönche, Welche zwei?

(Die meisten dieser Paarbegriffe finden sich auch in D. 33 und, erläutert, in den 'Sutten-Zweiergruppen' des Dhammasanganī, einige auch in Pug. Dies gilt auch für Text 164-180.)


10. Das Kapitel der Toren (bāla-vagga)

A.II. 99-108 Weise und Toren

(99) Zwei Toren gibt es, ihr Mönche. Welche zwei? 

(100) Zwei Verständige gibt es, ihr Mönche. Welche zwei? 

(101) Zwei Toren: 

(102) Zwei Verständige: 

(103) Zwei Toren: 

(104) Zwei Verständige: 

(105) Zwei Toren: 

(106) Zwei Verständige: 

(107) Zwei Toren: 

(108) Zweiverständige 


(*1) Auch hier mag der Begriff vinaya für den Nichtmönch auf die Sittenlehre im allgemeinen angewandt werden.

A.II. 109-118 Die üblen Einflüsse

(109) In zweien, ihr Mönche, mehren sich die üblen Einflüsse (*1): 

(110) In zweien, ihr Mönche, mehren sich nicht die üblen Einflüsse: 

(111) In zweien, ihr Mönche, mehren sich die üblen Einflüsse: 

(112) In zweien, ihr Mönche, mehren sich nicht die üblen Einflüsse 

(Die folgenden Texte 113-118 benutzen im Textrahmen von 109-110 die in den Texten 103-108 enthaltenen wechselnden Begriffe, endend mit:)

In zweien, ihr Mönche, mehren sich nicht die üblen Einflüsse: 


(*1) 'Üble Einflüsse' = āsavā. Dieses Pāli-Wort bezeichnet meistens einen genau umrissenen Lehrbegriff (s. A.III.59 Anm. 67; Wtb: āsava), der in dieser Übersetzung mit 'Trieb' wiedergegeben wird. Hier jedoch, und auch in A.II.201, bezieht sich dieser Begriff lt. K auf 'geistige Befleckungen' (kilesa) im allgemeinen.

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