Anguttara Nikaya

3. Kapitel: puggala-vagga

A.III. 21 Drei edle Jünger

So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene im Jetahaine bei Sāvatthī, im Kloster des Anāthapindika. Da nun begaben sich der ehrwürdige Savittha und der ehrwürdige Mahā-Kotthita dorthin, wo der ehrwürdige Sāriputta weilte. Dort angelangt, begrüßten sie sich mit dem ehrwürdigen Sāriputta, und nach Austausch freundlicher und zuvorkommender Worte setzten sie sich zur Seite nieder. Und der ehrwürdige Sāriputta sprach da zu dem seitwärts sitzenden ehrwürdigen Savittha:

»Drei Menschen, Bruder, sind in der Welt anzutreffen. Welche drei? Der Körperzeuge, der Erkenntnisgereifte und der Vertrauenserlöste (*1). Welcher nun von diesen drei Menschen gefällt dir als der höhere und erhabenere?«-

»Von diesen drei Menschen, o Bruder, gefällt mir derjenige als der höhere und erhabenere, der da ein Vertrauenserlöster ist. Und warum? Weil dieser Mensch ein hohes Maß von Vertrauensvermögen (*2) besitzt.«

Darauf sprach der ehrwürdige Sāriputta zum ehrwürdigen Mahā-Kotthita: »Welcher nun von den drei Menschen gefällt dir, o Bruder, als der höhere und erhabenere?« -

»Von diesen drei Menschen, o Bruder, gefällt mir derjenige als der höhere und erhabenere, der da ein Körperzeuge ist. Und warum? Weil dieser Mensch ein hohes Maß von Konzentrationsvermögen besitzt.«

Da sprach der ehrwürdige Mahā-Kotthita also zum ehrwürdigen Sāriputta: »Welcher nun von diesen drei Menschen gefällt dir, o Bruder, als der höhere und erhabenere?« -

»Von diesen drei Menschen, o Bruder, gefällt mir derjenige als der höhere und erhabenere, der da ein Erkenntnisgereifter ist. Und warum? Weil dieser Mensch ein hohes Maß von Weisheitsvermögen besitzt.«

Darauf sprach nun der ehrwürdige Sāriputta zu dem ehrwürdigen Savittha und zu dem ehrwürdigen Mahā-Kotthita: »Wir alle haben nun je nach dem eigenen Verständnis eine Erklärung gegeben. Laßt uns nun, Brüder, zum Erhabenen gehen und ihm diese Sache vortragen! Wie es uns der Erhabene erklären wird, so wollen wir es bewahren.« -

»Gewiß, Bruder!« erwiderten der ehrwürdige Savittha und der ehrwürdige Mahā-Kotthita dem ehrwürdigen Sāriputta, und sie begaben sich dorthin, wo der Erhabene weilte. Dort angelangt, begrüßten sie ehrfurchtsvoll den Erhabenen und setzten sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend berichtete nun der ehrwürdige Sāriputta jenes Gespräch, das er mit dem ehrwürdigen Savittha und dem ehrwürdigen Mahā-Kotthita geführt hatte. [Und der Erhabene sprach:]

»Nicht leicht kann man da, Sāriputta, ohne weiteres sagen, daß einer von diesen drei Menschen der höhere und erhabenere ist. Denn es mag ja sein, daß derjenige, der ein Vertrauenserlöster ist, sich auf dem Pfade zur vollkommenen Heiligkeit befindet, daß der Körperzeuge ein Einmalwiederkehrer oder Nichtwiederkehrer ist, daß der Erkenntnisgereifte ein Einmalwiederkehrer oder Nichtwiederkehrer ist.

Oder es mag sein, daß derjenige, der ein Körperzeuge ist, sich auf dem Pfade zur vollkommenen Heiligkeit befindet, daß der Vertrauenserlöste ein Einmalwiederkehrer oder Nichtwiederkehrer ist, daß der Erkenntnisgereifte ein Einmalwiederkehrer oder Nichtwiederkehrer ist.

Oder es mag sein, daß der Erkenntnisgereifte sich auf dem Pfade zur vollkommenen Heiligkeit befindet, daß der Glaubenserlöste ein Einmalwiederkehrer oder Nichtwiederkehrer ist, daß der Körperzeuge ein Einmalwiederkehrer oder ein Nichtwiederkehrer ist.

Nicht leicht kann man da, Sāriputta, ohne weiteres sagen, daß einer von diesen drei Menschen der höhere und erhabenere ist.«


(*1) 'Körperzeuge' (kāyasakkhī). Dieser und die beiden folgenden gehören zu den sechs höheren 'schulungstüchtigen' Jünger (sekha; s. Anm. zu II, 11).

Von diesen hat der »Körperzeuge« die 8 Vertiefungen oder eine von ihnen erreicht; (vgl. A.IX.43); der 'Erkenntnisgereifte' (ditthippatto) ist den Weg des Hellblicks (vipassanā) gegangen, ohne die Vertiefungen erreicht zu haben; der 'Vertrauenserlöste' (saddhāvimutto) besitzt, ohne Erreichung der Vertiefungen, ein starkes Vertrauen und ein gewisses Maß von Einsicht.

- Vgl. Wtb: ariya-puggala; M.70, Pug. 32f.

(*2) saddh'indriyam; und im folgenden: 'Konzentrationsvermögen' (samādh'-indriya). 'Weisheitsvermögen' (paññ'indriya). Dies sind drei der fünf Vermögen oder geistigen Fähigkeiten (indriya); die beiden anderen sind Energie und Achtsamkeit; vgl. A.VI.55. K sagt, daß im Falle dieser drei Mönche, die von ihnen jeweilig hochgeschätzte Fähigkeit bei der Erreichung der Heiligkeit im Vordergrund stand, während die jeweils anderen vier sich dann in ihrem Gefolge einstellten.


A.III. 22 Die drei Kranken

Drei Arten von Kranken sind in der Welt anzutreffen, ihr Mönche. Welche drei?

Mag da ein gewisser Kranker zuträgliche Speisen erhalten oder nicht erhalten, mag er zuträgliche Arzneien erhalten oder nicht erhalten, mag er einen tüchtigen Wärter erhalten oder nicht erhalten: er gesundet eben nicht von seiner Krankheit.

Mag da ein gewisser Kranker zuträgliche Speisen erhalten oder nicht erhalten, mag er zuträgliche Arzneien erhalten oder nicht erhalten, mag er einen tüchtigen Wärter erhalten oder nicht erhalten: er gesundet eben von seiner Krankheit.

Ein anderer Kranker aber gesundet nur dann von seiner Krankheit, wenn er zuträgliche Speisen erhält und es ihm daran nicht fehlt, wenn er zuträgliche Arzneien erhält und es ihm daran nicht fehlt, wenn er einen tüchtigen Wärter erhält und es ihm daran nicht fehlt.

Für jenen Kranken nun, ihr Mönche, der nur dann von seiner Krankheit gesundet, wenn er zuträgliche Speise, zuträgliche Arzneien und einen tüchtigen Wärter erhält und es ihm daran nicht fehlt: für jenen Kranken wird Krankenkost verordnet, wird Krankenarznei verordnet, wird ein Krankenwärter verordnet. Neben diesem Kranken aber, ihr Mönche, hat man auch die anderen Kranken zu pflegen. (*1)

Ebenso nun auch, ihr Mönche, finden sich drei diesen Kranken ähnliche Menschen in der Welt. Welche drei?

Mag da ein gewisser Mensch den Vollendeten zu sehen bekommen oder nicht zu sehen bekommen, mag er die vom Vollendeten verkündete Lehre und Zucht zu hören bekommen oder nicht zu hören bekommen: er betritt eben nicht den Pfad der Gewißheit, (*2) gewinnt nicht Vollkommenheit im Guten.

Mag da ein gewisser Mensch den Vollendeten zu sehen bekommen oder nicht zu sehen bekommen, mag er die vom Vollendeten verkündete Lehre und Zucht zu hören bekommen oder nicht zu hören bekommen: er betritt eben den Pfad der Gewißheit, gewinnt Vollkommenheit im Guten.

Ein anderer Mensch aber betritt nur dann den Pfad der Gewißheit und gewinnt Vollkommenheit im Guten, wenn er den Vollendeten zu sehen bekommt und es ihm daran nicht fehlt, wenn er die vom Vollendeten verkündete Lehre und Zucht zu hören bekommt und es ihm daran nicht fehlt.

Für jenen Menschen nun, ihr Mönche, der nur dann den Pfad der Gewißheit betritt und Vollkommenheit gewinnt im Guten, wenn er den Vollendeten zu sehen bekommt und es ihm daran nicht fehlt, wenn er die vom Vollendeten verkündete Lehre und Zucht zu hören bekommt und es ihm daran nicht fehlt: für diesen Menschen hat der Vollendete den Vortrag der Lehre verordnet. Wegen dieser Menschen aber, ihr Mönche, soll man auch anderen die Lehre vortragen.

Diese drei den Kranken ähnlichen Menschen sind in der Welt anzutreffen.


(*1) Den ersten, hoffnungslos Kranken hat man, lt. K, zu pflegen, damit er sich nicht vernachlässigt fühlt, darüber Ärger empfindet und dadurch eine ungünstige Wiedergeburt hat. Den zweiten, bestimmt Genesenden und einen leicht Erkrankten soll man pflegen, damit er um so schneller gesundet.

In der nachfolgenden Anwendung des Vergleichs entspricht der erste Krankenart einer »dem die Worte die Hauptsache sind« (padaparamo); er hat keine Aussicht, in diesem Leben den Pfad der Gewißheit (niyāma), d.i. die Heiligkeitsstufen, zu betreten.

Dem bestimmt Genesenden entspricht einer, »der knapp Erklärtes unmittelbar versteht« (ugghatitaññu), wie Nālaka Thera (s. Sutta-Nipāta). Der dritten Krankenart entsprechen diejenigen, die »nach ausführlicher Erklärung verstehen« (vipacitaññu) oder »der Führung bedürfen« (neyya).

Diese 4 Menschenarten sind erwähnt in A.IV.133 und erklärt in Pug. 160f. Für den ersten von ihnen mag die empfangene Belehrung in künftigem Leben ein Hilfe sein, der zweite mag dadurch schneller zur völligen Erkenntnis vordringen; die anderen aber sind auf wiederholte Belehrung angewiesen.

(*2) niyama; d.i. der Pfad des Stromeintritts usw.; denn auf diesem erst wird man der endgültigen Leiderlösung gewiß (niyato).


A.III. 23 Dreierlei Menschen

Drei Menschen, ihr Mönche, sind in der Welt anzutreffen. Welche drei?

Da vollzieht ein Mensch beschwerhafte Willenshandlung (*1) in Werken, beschwerhafte Willenshandlung in Worten, beschwerhafte Willenshandlung in Gedanken. Da er aber in Werken, Worten und Gedanken beschwerhafte Willenshandlungen vollzieht, wird er in beschwerhafter Welt wiedergeboren. In beschwerhafter Welt wiedergeboren, treffen ihn beschwerhafte Eindrücke; und von beschwerhaften Eindrücken getroffen, empfindet er beschwerhaftes Gefühl, äußersten Schmerz, gleichwie die Wesen der Höllenwelten.

Da vollzieht ein Mensch beschwerlose Willenshandlung in Werken, beschwerlose Willenshandlung in Worten, beschwerlose Willenshandlung in Gedanken. Da er aber in Werken, Worten und Gedanken beschwerlose Willenshandlungen vollzieht, wird er in beschwerloser Welt wiedergeboren. In beschwerloser Welt wiedergeboren, treffen ihn beschwerlose Eindrücke; und von beschwerlosen Eindrücken getroffen, empfindet er beschwerloses Gefühl, äußerstes Glück, gleichwie die all-leuchtenden Götter. (*2)

Da vollzieht ein Mensch teils beschwerhafte, teils beschwerlose Willenshandlung in Werken, teils beschwerhafte, teils beschwerlose Willenshandlung in Worten, teils beschwerhafte, teils beschwerlose Willenshandlung in Gedanken. Da er aber in Werken, Worten und Gedanken teils beschwerhafte, teils beschwerlose Willenshandlungen vollzieht, wird er in einer teils beschwerhaften, teils beschwerlosen Welt wiedergeboren. In einer teils beschwerhaften, teils beschwerlosen Welt wiedergeboren, treffen ihn teils beschwerhafte, teils beschwerlose Eindrücke; und von teils beschwerhaften, teils beschwerlosen Eindrücken getroffen, empfindet er teils beschwerhaftes, teils beschwerloses Gefühl, Schmerzen mit Freuden gemischt, gleichwie die Menschen, einige Himmelswesen und einige Wesen der Daseinsabgründe. (*3)

Diese drei Menschen sind in der Welt anzutreffen.


(*1) 'Vollzieht eine. . . Willenshandlung' (. . . sankhāram abhisañkharoti). Hier und im folg. Abschnitt sind karmische Willensakte (sankhāra oder abhisankhāra) gemeint, d.h. solche, die entweder leidhafte oder glückliche Wiedergeburt bewirken.

Die gleiche Bedeutung hat sankhāra auch in der Reihe der Bedingten Entstehung (paticca-samuppāda; s. Wtb) und unser Text gibt auch einen Teil dieser Formel variiert und verkürzt wieder (s. Tab. zu III, 62): Willensakt (= Karmaformation, 2. Glied der Reihe) bedingt Wiedergeburt (= Wiedergeburtsbewußtsein; 3. Glied); Sinneneindruck (phassa; 5. Glied) bedingt Gefühl (vedanā; 6. Glied).

Die nahezu wörtliche und in jeder Anwendung durchblickende Bedeutung von sankhāra (s. Wtb) ist: Formation, Gestaltung, Bildung; und zwar entweder im aktiven Sinn als das Formende, Gestaltende, Bildende, Bedingende (d.i. Karma), oder im passiven Sinn als das Geformte, Gestaltete, Bedingte, die Gebilde (wie in »Alle Gebilde sind vergänglich«).

Vgl.A.IV.171a.

Das hier vorkommende Verb abhisankharoti hat die Bedeutung des vermehrenden oder zusätzlichen (abhi) Gestaltens und wird daher in diesem Zusammenhang stets als karmisches Anhäufen oder Aufschichten erklärt.

(*2) subhakinhā. Diese Götterwesen werden hier als Beispiel genannt, weil ihre Daseinsform der Bewußtseinsstufe der 3. Vertiefung entspricht, in welcher ein reines, d.h. von Verzückung (pīti) freies Glücksgefühl besteht.

(*3) 'Einige Himmelswesen': die Gottheiten der niederen Regionen der Sinnensphäre (kāmāvacara); 'einige Wesen der Daseinsabgründe' (vinipātikā): gewisse Geisterwesen, genannt vemānika-petā.


A.III. 24 Drei große Wohltäter

Drei Wesen, ihr Mönche, sind dem Menschen große Wohltäter. Welche drei?

Derjenige Mensch, der einen angeregt hat, zum Erwachten Zuflucht zu nehmen, zur Lehre Zuflucht zu nehmen und zur Mönchsgemeinde Zuflucht zu nehmen: der ist ihm ein großer Wohltäter.

Und ferner noch: derjenige Mensch, der einen angeleitet hat, der Wirklichkeit gemäß zu erkennen, was Leiden ist, was die Leidens-Entstehung ist, was die Erlöschung des Leidens ist und was der Pfad ist, der zur Erlöschung des Leidens führt: der ist diesem ein großer Wohltäter.

Und ferner noch: derjenige Mensch, der einen angeleitet hat, durch Versiegung der Triebe noch bei Lebzeiten die triebfreie Gemütserlösung und Weisheitserlösung zu erreichen, sie selber zu erkennen und zu verwirklichen: der ist diesem ein großer Wohltäter.

Diese drei, ihr Mönche, sind dem Menschen große Wohltäter. Und nicht gibt es, sage ich, einen anderen, der mehr für diesen Menschen getan hätte, als diese drei. Und nicht leicht, sage ich, vermag dieser Mensch jenen drei Menschen das Gute zu vergelten, wie durch Ehrerbietung, durch Erheben, durch ehrfurchtsvollen Handgruß, (*1) durch Akte der Huldigung und durch Darbietung der Bedarfsstücke, wie Gewand, Almosenspeise, Lagerstatt und Arznei.


(*1) añjali ist eigentlich der durch das Zusammenlegen beider Handflächen gebildete Zwischenraum. Der Añjali-Akt besteht darin, daß man die solcherart zusammengelegten Hände zur Stirn hebt. Es ist eine in sämtlichen buddhistischen Ländern übliche Form der Verehrung, die man verehrungswürdigen Personen, wie Mönchen, Eltern, Lehrern, darbringt.


A.III. 25 Die drei Herzen

Drei Menschen, ihr Mönche, sind in der Welt anzutreffen. Welche drei? 

Welcher Mensch aber besitzt ein Herz, das einem Geschwüre gleicht?

Welcher Mensch aber besitzt ein Herz, das dem Blitze gleicht?

Welcher Mensch aber besitzt ein Herz, das dem Diamanten gleicht?

Diese drei Menschen sind in der Welt anzutreffen.


A.III. 26 Der Verkehr - I

Drei Menschen, ihr Mönche, sind in der Welt anzutreffen. Welche drei? 

Mit welchem Menschen aber soll man nicht umgehen, nicht verkehren und Gesellschaft pflegen?

Mit welchem Menschen aber soll man umgehen, verkehren und Gesellschaft pflegen?

Mit welchem Menschen aber soll man voll Ehrfurcht und Achtung umgehen, verkehren und seine Gesellschaft pflegen?

 


A.III. 27 Der Verkehr - II

Drei Menschen, ihr Mönche, sind in der Welt anzutreffen. Welche drei? 

Vor welchem Menschen aber soll man Abscheu haben, welchen im Umgang und Verkehr meiden und nicht zum Gefährten machen?

Welchen Menschen aber soll man ganz unbeachtet lassen, im Umgang und Verkehr meiden und nicht zum Gefährten machen?

Mit welchem Menschen aber soll man umgehen, verkehren und ihn zum Gefährten machen?

 


(*1) 'dem Beispiele nicht folgt', wtl: seiner Ansicht (oder Einstellung) nicht verfällt.


A.III. 28 Dreierlei Rede

Drei Menschen, ihr Mönche, sind in der Welt anzutreffen. Welche drei? 

Welcher Mensch aber spricht Worte, die dem Kote gleichen?

Welcher Mensch aber spricht Worte, die den Blumen gleichen?

Welcher Mensch aber spricht Worte, die dem Nektar gleichen?


A.III. 29 Die Augen

Drei Menschen, ihr Mönche, sind in der Welt anzutreffen. Welche drei? 

Welcher Mensch aber gilt als Blinder?

Welcher Mensch aber gilt als Zweiäugiger?

»Zum Leben hat er nicht genug:
und gute Werke tut er nicht:
so leidet beiderseits Verlust
der blinde, augenlose Mensch.

Einäugig nennt man folgenden:
Auf schlechte und auf rechte Weise
sucht stets er nur nach ird'schem Gut.
 
Durch Diebstahl und Betrügerei,
wie auch durch lügenhaftes Wort
weiß er Besitz sich anzuhäufen,
solch sinnlich-schwelgerischer Mensch.
Er geht den Leidensweg hinab
zur Hölle, zu der Hölle Qual.

Doch wer mit beiden Augen sieht,
ist Bester unter diesen dreien.
Durch Fleiß und redliches Bemühn
kommt er zu Wohlstand, Hab und Gut.

Und weil er reinen Sinnes ist,
gibt Gaben er mit offener Hand.
Er geht zu einer höheren Welt,
wo keine Sorge ihn bedrückt.

Den Einäugigen und den Blinden
mögt fliehen ihr von Ferne schon.
Dem Zweiäugigen aber dienet,
dem besten unter diesen drei'n.«

A.III. 30 Dreierlei Zuhörer

Drei Menschen, ihr Mönche, sind in der Welt anzutreffen. Welche drei? 

Welcher Mensch aber hat einen leeren Verstand?

Welcher Mensch aber hat einen Verstand, der dem Schoße gleicht?

Welcher Mensch aber hat einen vollen Verstand?

Wenn einer, der ein Hohlkopf ist,
ein Tor, dem es an Einsicht fehlt,
auch häufig, immer wiederum
sich zu den Mönchen hinbegibt:
ein solcher fühlt sich außerstand',
der Rede Anfang, ihre Mitte,
der Rede Schluß auch zu verstehen,
weil es ihm an Verstand gebricht.

Wer schoßesgleiche Einsicht hat,
ist besser als ein solcher Mensch.
Denn wenn er immer wiederum
sich zu den Mönchen hinbegibt,
der Rede Anfang er vernimmt,
der Rede Mitte, ihren Schluß,
solang er auf dem Platze sitzt;
wenn er auch draußen nichts mehr weiß,
da das Gelernte er vergißt.

Doch wer da volle Einsicht hat,
die beiden anderen übertrifft.
Wenn dieser immer wiederum
sich zu den Mönchen hinbegibt,
erfaßt der Rede Anfang er,
der Rede Mitte, ihren Schluß.
 
Und wenn, auf seinem Platz sitzend,
den Wortlaut er sich eingeprägt,
behält er ihn, der recht gesinnt',
der geistig unverstörte Mensch.
Dem rechten Wahrheitspfade folgend,
mag er des Leidens Ende schauen.«

(*1) Wtl: 'mit umgestülptem Verstande', entsprechend dem folgenden Gleichnis; m.a.W. ein Hohlkopf, während die darauf folgende Menschenart als 'Wirrkopf' bezeichnet werden kann.


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(*1) Wtl: 'mit umgestülptem Verstande', entsprechend dem folgenden Gleichnis; m.a.W. ein Hohlkopf, während die darauf folgende Menschenart als 'Wirrkopf' bezeichnet werden kann.


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