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DER
EINZIGE WEG
A. AUS DEM PALI-KANON
M.131
- Vergangenem hänge man nicht nach
- Und hoffe auf die Zukunft nicht.
- Was da vergangen, das ist abgetan,
- Und Zukunft ist noch nicht erreicht.
-
- Wer aber in der Gegenwart ein Ding
- Wer hier und jetzt es klar durchschaut,
- Was unverlierbar ist, untrüglich
- Er kann, ein Weiser, es erwirken.
1. Vom Wesen und Ziel der Satipatthāna-Übung
Der einzige Weg
1
S.47.18
Einstmals weilte der Erhabene zu Uruwela, am Ufer des Flusses Neranjara,
unter dem Feigenbaum der Ziegenhirten, kurz nach seiner Erleuchtung. Und dem
Erhabenen, als er so abgeschieden und zurückgezogen weilte, stieg da im Geiste
die folgende Erwägung auf:
Der einzige Weg [1] ist dies zur Läuterung der Wesen, zur Überwindung von
Kummer und Klage, zum Ende von Schmerz und Trübsal, zur Gewinnung des rechten
Weges, zur Verwirklichung des Nibbana, nämlich die vier Grundlagen der
Achtsamkeit. Welche vier?
Beim Körper möge der Mönch in Betrachtung des Körpers weilen, eifrig,
wissensklar und achtsam, nach Überwindung von Begierde und Trübsal hinsichtlich
der Welt. Bei den Gefühlen möge er in Betrachtung der Gefühle weilen, beim
Geisteszustand in Betrachtung des Geisteszustands und bei den Geistobjekten in
Betrachtung der Geistobjekte, eifrig, wissensklar und achtsam, nach Überwindung
von Begierde und Trübsal hinsichtlich der Welt. Der einzige Weg ist dies ...
Da erkannte Brahma Sahampati in seinem Geiste des Erhabenen Gedanken, und wie
ein starker Mann den gebeugten Arm strecken oder den gestreckten Arm beugen
möchte, so entschwand er aus der Brahma-Welt und erschien vor dem Erhabenen. Er
ordnete sein Obergewand über die eine Schulter, faltete zum Erhabenen gewandt
verehrend die Hände und redete ihn also an:
,So ist es, Erhabener! So ist es, Gesegneter! Der einzige Weg ist dies, o
Herr, zur Läuterung der Wesen, zur Überwindung von Kummer und Klage, zum Ende
von Schmerz und Trübsal, zur Gewinnung des rechten Weges, zur Verwirklichung des
Nibbana, nämlich die vier Grundlagen der Achtsamkeit. Welche vier?
Beim Körper, o Herr, möge der Mönch in Betrachtung des Körpers weilen,
eifrig, wissensklar und achtsam, nach Überwindung von Begierde und Trübsal
hinsichtlich der Welt. Bei den Gefühlen möge er in Betrachtung der Gefühle
weilen, beim Geisteszustand in Betrachtung des Geisteszustands und bei den
Geistobjekten in Betrachtung der Geistobjekte, eifrig, wissensklar und achtsam,
nach Überwindung von Begierde und Trübsal hinsichtlich der Welt. Der einzige Weg
ist dies ...
So sprach Brahma Sahampati. Und nach diesen Worten sprach er fernerhin also:
- ,Den Einzigen Weg kennt Er, der Mitleidsvolle,
- Er, der das Ende von Geburt und Tod geschaut.
- Auf diesem Wege kreuzte früher man die Flut,
- Wird man sie künftig kreuzen und man kreuzt sie heut'."
Dem vorstehenden Text zufolge geht also die erste geistige Konzeption des
befreienden Weges der Achtsamkeitsentfaltung (Satipatthāna) auf die Zeit kurz
nach der Erleuchtung des Buddha zurück. In einem früheren Text aus dem Kanon der
Ordenszucht (Vinaya), dem Mahā-Vagga, wird berichtet, daß der Buddha nach seiner
Erleuchtung sieben Wochen im unmittelbaren Bereich des Bodhi-Baumes zubrachte,
unter dem er die Erleuchtung erreicht hatte. Die fünfte und siebente Woche
verbrachte er unter einem Baum, der als Ziegenhirten-Feigenbaum (Ajapāla-Nigrodha)
bekannt war, da Ziegenhirten unter ihm zu sitzen pflegten. Hierauf bezieht sich
die Einleitung des obigen Textes.
Seid euch selber Zuflucht!
2
Die letzte Regenzeit vor seinem Hinscheiden verbrachte der Buddha in einem
Dörfchen namens Beluva. Dort befiel ihn eine schwere Krankheit. Im Wunsche aber,
der an anderen Orten weilenden Mönchsgemeinde Gelegenheit zu geben, ihn noch vor
seinem Tode zu sehen, unterdrückte der Erhabene mit seinem Willen die Krankheit
und gab den Lebenskräften erneuten Raum. Er erhob sich von seinem Krankenlager
und setzte sich an einem schattigen Platze nieder. Dort näherte sich ihm der
Ehrwürdige Ananda, der ihm seit vielen Jahren getreulich aufwartende jünger. Er
gab seiner Freude über die Genesung des Meisters Ausdruck und sagte, daß ihn der
Gedanke getröstet habe, der Meister würde nicht dahinscheiden, bevor er
Anweisungen hinsichtlich der Mönchsgemeinde gegeben habe.
Der Buddha aber sagte: "Was, o Ananda, erwartet denn die Mönchsgemeinde von
mir? Gezeigt habe ich, o Ananda, die Lehre, ohne einen Unterschied von Innen und
Außen (esoterisch und exoterisch) zu machen. Der Vollendete kennt nicht die
geschlossene Lehrerfaust hinsichtlich seiner Lehren. Wer so denkt: Ich will die
Mönchsgemeinde führen. Meiner Führung soll sie folgen', ein solcher mag noch
irgendwelche Anordnung hinsichtlich der Mönchsgemeinde zu treffen haben." Nach
einigen weiteren Ausführungen folgen nun die nachstehenden feierlichen und
eindringlichen Worte an Ananda, die in dem hier kurz gegebenen Zusammenhang
besonderes Gewicht erhalten.
D.16
,Seid euch selbst Insel, Ananda, seid euch selbst Zuflucht, habt keine andere
Zuflucht! Die Lehre sei euch Insel, die Lehre sei euch Zuflucht, habt keine
andere Zuflucht!
Wie nun, Ananda, ist der Mönch sich selbst eine Insel, sich selbst eine
Zuflucht, ohne andere Zuflucht? Wie hat er die Lehre als Insel, die Lehre als
Zuflucht und keine andere Zuflucht?
Da, o Ananda, weilt der Mönch beim Körper in Betrachtung des Körpers, bei den
Gefühlen in Betrachtung der Gefühle, beim Geisteszustand in Betrachtung des
Geisteszustands, bei den Geistobjekten in Betrachtung der Geistobjekte, eifrig,
wissensklar und achtsam, nach Überwindung von Begierde und Trübsal hinsichtlich
der Welt. So, Ananda, ist der Mönch sich selbst eine Insel, sich selbst eine
Zuflucht, ohne andere Zuflucht. So hat er die Lehre als Insel, die Lehre als
Zuflucht, keine andere Zuflucht.
Die da, Ananda, jetzt oder nach meinem Hinscheiden sich selbst Insel, sich
selbst Zuflucht sind, keine andere Zuflucht haben, die die Lehre als Insel, die
Lehre als Zuflucht haben, keine andere Zuflucht, - hinausgelangt über die
dunklen Bereiche werden all diese Mönche sein, die da gewillt sind, sich zu
üben!"
Der Überlieferung zufolge begab sich dies etwa zehn Monate vor dem
Hinscheiden des Buddha. In diese zehn Monate fiel auch der Tod Sāriputtas und
Mahā-Moggallānas. Als man dem Buddha das Hinscheiden Sāriputtas meldete, gab
er wiederum die obige Mahnung (S. 47. 13).
Die beiden Texte 1 und 2 zeigen somit, daß Satipatthāna am Beginn und Ende
der Buddha-Laufbahn stand.
3
Bestand der Lehre
S.47.22-23
So habe ich gehört. Einstmals weilten der Ehrwürdige Ananda und der
Ehrwürdige Bhadda in Pataliputta, im Hahnenkloster. Nachdem sich der Ehrwürdige
Bhadda zur Abendzeit aus der inneren Zurückgezogenheit erhoben hatte, begab er
sich zum Ehrwürdigen Ananda und nach Austausch höflicher, freundlicher Begrüßung
sprach er also zu ihm.
„Was ist wohl der Grund, Bruder Ananda, was ist die Ursache dafür, wenn nach
dem Hingang des Vollendeten das gute Gesetz keinen langen Bestand hat? Was ist
der Grund, Bruder Ananda, was ist die Ursache dafür, wenn nach dem Hingang des
Vollendeten das gute Gesetz einen langen Bestand hat?"
„Gut, gut, Bruder Bhadda. Erfreulich ist deine Weisheit, erfreulich deine
Einsicht, trefflich deine Frage.
Wenn, Bruder, die vier Grundlagen der Achtsamkeit nicht entfaltet, nicht
häufig geübt werden, dann hat nach dem Hingang des Vollendeten das gute Gesetz
keinen langen Bestand. Wenn aber, Bruder, die vier Grundlagen der Achtsamkeit
entfaltet und häufig geübt werden, dann hat nach dem Hingang des Vollendeten das
Gute Gesetz einen langen Bestand."
4
Ein großer Mensch
S.47.11
Zu Savatthi. Es begab sich der Ehrwürdige Sāriputta zum Erhabenen, begrüßte
ihn ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Seitwärts sitzend sprach der
Ehrwürdige Sāriputta zum Erhabenen also:
"Ein großer Mensch, ein großer Mensch, - so spricht man, o Herr. Inwiefern
nun, o Herr, ist man ein großer Mensch?"
,Auf Grund eines befreiten Geistes, o Sāriputta sage ich, ist man ein großer
Mensch. Auf Grund eines unbefreiten Geistes, sage ich, ist man kein großer
Mensch. Wie nun, Sāriputta ist der Geist befreit?
Da weilt, Sāriputta der Mönch beim Körper in Betrachtung des Körpers, eifrig,
wissensklar und achtsam, nach Überwindung von Begierde und Trübsal hinsichtlich
der Welt. Er weilt bei den Gefühlen in Betrachtung der Gefühle, beim
Geisteszustand in Betrachtung des Geisteszustandes, bei den Geistobjekten in
Betrachtung der Geistobjekte, eifrig, wissensklar und achtsam, nach Überwindung
von Begierde und Trübsal hinsichtlich der Welt.
So, Sāriputta ist der Geist befreit. Auf Grund eines befreiten Geistes, o
Sāriputta sage ich, ist man ein großer Mensch. Auf Grund eines unbefreiten
Geistes, sage ich, ist man kein großer Mensch."
5
Das Erstaunliche
M.123
„Wohlan denn, Ananda, so merke dir auch noch diese erstaunliche,
außerordentliche Eigenschaft des Vollendeten: Da steigen, Ananda, dem
Vollendeten bewußt die Gefühle auf, bewußt bestehen sie, bewußt gelangen sie zum
Schwinden; bewußt steigen die Gedanken auf, bewußt bestehen sie, bewußt gelangen
sie zum Schwinden. Auch dies, Ananda, merke dir als eine erstaunliche,
außerordentliche Eigenschaft des Vollendeten."
6
Das Höchste
S.48.42
„Fünf Sinne, o Priester, haben verschiedenen Bereich, verschiedenes Gebiet,
nicht erfahren sie gegenseitig vom Bereich und Gebiet des anderen. Welche fünf?
Der Gesichtsinn, der Gehörsinn, der Geruchsinn, der Geschmacksinn, der Tastsinn.
Für diese fünf Sinne, die verschiedenen Bereich, verschiedenes Gebiet haben, die
gegenseitig nicht vom Bereich und Gebiet des anderen erfahren, für sie ist der
Geist das Höchste [2], und der Geist erfährt von ihrem Gebiet."
- „Für den Geist nun, Herr Gotama, was ist da das Höchste? "
- „Für den Geist, o Priester, ist die Achtsamkeit [3] das Höchste."
- „Für die Achtsamkeit nun, Herr Gotama, was ist da das Höchste?"
- „Für die Achtsamkeit, o Priester, ist die Befreiung [4] das Höchste."
- „Für die Befreiung nun, Herr Gotama, was ist da das Höchste?"
- "Für die Befreiung, o Priester, ist Nibbana das Höchste."
- „Für das Nibbana nun, Herr Gotama, was ist da das Höchste?"
„Überschritten ist nun das Fragen, o Priester. Nicht kann man den Begriff der
Frage fassen; denn um im Nibbana zu münden, wird der Heilige Wandel gelebt,
Nibbana hat er zum Ziel, Nibbana zum Ende."
7
Auf allen Entwicklungsstufen
S.47.4
Einst weilte der Erhabene unter den Kosalern, im Brahmanendorfe Sālā. Dort
wandte er sich an die Mönche und sprach zu ihnen also:
„Die da neue Mönche sind, noch nicht lange hinausgezogen, erst kürzlich zu
dieser Lehre und Ordenssatzung gekommen, die sollen angehalten, ermahnt und
bestärkt werden in der Entfaltung der vier Grundlagen der Achtsamkeit. In
welchen vier?
Kommt, ihr Brüder! Eifrig, wissenklar, geeinten und lauteren Gemütes,
gesammelten und einspitzigen Geistes weilet beim Körper in Betrachtung des
Körpers, zur wirklichkeitsgemäßen Erkenntnis des Körpers; weilet bei den
Gefühlen in Betrachtung der Gefühle, zur wirklichkeitsgemäßen Erkenntnis der
Gefühle; weilet beim Geisteszustand in Betrachtung des Geisteszustandes, zur
wirklichkeitsgemäßen Erkenntnis des Geisteszustandes; weilet bei den
Geistobjekten in Betrachtung der Geistobjekte, zur wirklichkeitsgemäßen
Erkenntnis der Geistobjekte.
Auch jene Mönche, die Übungsergebene [5] sind, die das Ziel noch nicht
erreicht haben, die noch nach der höchsten Bürdenfreiheit streben, sie auch
weilen eifrig, wissensklar, geeinten und lauteren Gemütes, gesammelten und
einspitzigen Geistes beim Körper in Betrachtung des Körpers, zur völligen
Durchschauung [6] des Körpers; sie weilen bei den Gefühlen in Betrachtung der
Gefühle, zur völligen Durchschauung der Gefühle; sie weilen beim Geisteszustand
in Betrachtung des Geisteszustandes, zur völligen Durchschauung des
Geisteszustandes; sie weilen bei den Geistobjekten in Betrachtung der
Geistobjekte zur völligen Durchschauung der Geistobjekte.
Auch jene Mönche, die Heilige sind, Triebversiegte, die vollendet, ihr Werk
gewirkt, die Last abgelegt, das hohe Ziel erreicht, die Daseinsfesseln zerstört
haben, in vollkommener Weisheit erlöst sind, die auch weilen eifrig,
wissensklar, geeinten und lauteren Gemütes, gesammelten und einspitzigen Geistes
beim Körper in Betrachtung des Körpers, ungebunden durch den Körper; sie weilen
bei den Gefühlen in Betrachtung der Gefühle, ungebunden durch die Gefühle; sie
weilen beim Geisteszustand in Betrachtung des Geisteszustandes, ungebunden durch
den Geisteszustand; sie weilen bei den Geistobjekten in Betrachtung der
Geistobjekte, ungebunden durch die Geistobjekte.
Und auch jene, die neue Mönche sind, noch nicht lange hinausgezogen, erst
kürzlich zu dieser Lehre und Ordenssatzung gekommen, die sollen angehalten,
ermahnt und bestärkt werden in der Entfaltung dieser vier Grundlagen der
Achtsamkeit."
8
Der Übungsergebene
S.47.26
Es sprach der Ehrwürdige Sāriputta zum Ehrwürdigen Anuruddha also: Man
spricht von einem Übungsergebenen [5], Bruder Anuruddha. Inwiefern nun, Bruder
Anuruddha, ist man ein Übungsergebener?"
„Durch eine teilweise Entfaltung der vier Grundlagen der Achtsamkeit, Bruder,
ist man ein Übungsergebener."
9
Der Übungsledige
S.47.27
Es sprach der Ehrwürdige Sāriputta zum Ehrwürdigen Anuruddha also: Man
spricht von einem Übungsledigen, Bruder Anuruddha. Inwiefern nun, Bruder
Anuruddha, ist man ein Übungslediger?"
„Durch eine vollkommene Entfaltung der vier Grundlagen der Achtsamkeit,
Bruder, ist man ein Übungslediger."
10
Verklärung
S.52.9
Einstmals lebten der Ehrwürdige Anuruddha und der Ehrwürdige Sāriputta bei
Vesali, im Haine der Ambapali. Zur Abendzeit, nachdem er sich aus der
Zurückgezogenheit erhoben, begab sich der Ehrwürdige Sāriputta zum Ehrwürdigen
Anuruddha. Nachdem er mit ihm höfliche, freundliche Begrüßung ausgetauscht,
hatte, sprach er zu ihm also:
„Heiter sind deine Gesichtszüge, Bruder Anuruddha, rein und lauter die Farbe
deines Antlitzes. In welcher geistigen Weilung weilt wohl jetzt der Ehrwürdige
Anuruddha häufig? "
"Meinen Geist fest gegründet in den vier Grundlagen der Achtsamkeit, so weile
ich jetzt häufig.
Der Mönch, o Bruder, der ein Heiliger ist, ein Triebversiegter, der
vollendet, sein Werk getan, die Last abgelegt, das hohe Ziel erreicht, die
Daseinsfesseln zerstört hat, in vollkommener Weisheit erlöst ist, der weilt
häufig so, mit einem Geiste fest gegründet in den vier Grundlagen der
Achtsamkeit."
„Ein Gewinn, wahrlich, ist es für uns, Bruder, ein großer Gewinn, daß wir aus
dem Munde des Ehrwürdigen Anuruddha dies gewaltige Wort gehört haben."
11
Unbeirrbarkeit
S.52.8
Einstmals weilte der Ehrwürdige Anuruddha in Savatthi, im Hause am
Salala-Baum". Dort wandte sich der Ehrwürdige Anuruddha mit diesen Worten an die
Mönche:
„Nehmt als ein Beispiel, ihr Brüder, diesen Ganges-Strom hier, der nach Osten
gewandt, nach Osten geneigt, nach Osten gerichtet ist. Angenommen, es käme eine
große Menschenschar heran, mit Hacken und Körben versehen, sprechend: Diesen
Ganges-Strom wollen wir nach Westen sich wenden lassen, nach Westen sich neigen,
nach Westen sich richten!' Was meint ihr da, Brüder: könnte wirklich jene große
Menschenschar den Ganges-Strom nach Westen sich wenden, nach Westen sich neigen,
nach Westen sich richten lassen?" - Wahrlich nicht, o Bruder." - Und aus welchem
Grunde?" - Der Ganges-Strom, Bruder, ist ja nach Osten gewandt, nach Osten
geneigt, nach Osten gerichtet. Nicht ausführbar ist es, ihn nach Westen sich
neigen, nach Westen sich wenden, nach Westen sich richten zu lassen, welche Mühe
und Plage sich diese große Menschenschar auch machen möchte."
„Ebenso, ihr Brüder: möchten da auch einen Mönch, der die vier Grundlagen der
Achtsamkeit entfaltet und häufig geübt hat, Könige oder Fürsten, Freunde,
Gefährten, Bekannte oder Blutsverwandte mit Schätzen bestürmen und ihn
auffordern: Komm, lieber Mann, was sollen dir diese fahlen Gewänder, was gehst
du mit geschorenem Kopfe umher? Komm, zum Weltleben zurückgekehrt, magst du die
Schätze genießen und gute Werke tun!' Doch, wahrlich, ihr Brüder, daß ein Mönch,
der die vier Grundlagen der Achtsamkeit entfaltet und häufig übt, die
Übungsregel aufgeben und zum niedrigen Weltleben zurückkehren könnte, eine
solche Möglichkeit gibt es nicht. Und aus welchem Grunde? Daß da, ihr Brüder,
ein Gemüt, das lange Zeit hindurch zur Abgeschiedenheit gewandt, zur
Abgeschiedenheit geneigt, auf Abgeschiedenheit gerichtet ist, zum niedrigen
Weltleben zurückkehren könnte, eine solche Möglichkeit gibt es nicht."
12
Verwirklichung des Todlosen
S.47.37
Vier Grundlagen der Achtsamkeit gibt es, ihr Mönche. Welche vier?
Da weilt, ihr Mönche, der Mönch beim Körper in Betrachtung des Körpers,
eifrig, wissensklar und achtsam, nach Überwindung von Begierde und Trübsal
hinsichtlich der Welt. Was da in ihm, der beim Körper in Betrachtung des Körpers
weilt, an Willen zum Körper da ist, das schwindet. Durch Schwinden des Willens
ist das Todlose verwirklicht.
Da weilt, ihr Mönche, der Mönch bei den Gefühlen in Betrachtung der Gefühle .
. . Was da in ihm, der bei den Gefühlen in Betrachtung der Gefühle weilt, an
Willen zu den Gefühlen da ist, das schwindet. Durch Schwinden des Willens ist
das Todlose verwirklicht.
Da weilt, ihr Mönche, der Mönch beim Geist in Betrachtung des Geistes ... Was
da in ihm, der beim Geist in Betrachtung des Geistes weilt, an Willen zum Geiste
da ist, das schwindet. Durch das Schwinden des Willens ist das Todlose
verwirklicht.
Da weilt, ihr Mönche, der Mönch bei den Geistobjekten in Betrachtung der
Geistobjekte . . . Was da in ihm, der bei den Geistobjekten in Betrachtung der
Geistobjekte weilt, an Willen zu den Geistobjekten da ist, das schwindet. Durch
Schwinden des Willens ist das Todlose verwirklicht.
13
Triebe
S.47.50
Drei Triebe gibt es, ihr Mönche. Welche drei? Den Sinnlichkeits-Trieb, den
Daseins-Trieb, den Nichtwissens-Trieb. Dies sind die drei Triebe.
Zum Aufgeben dieser drei Triebe, ihr Mönche, hat man die vier Grundlagen der
Achtsamkeit zu entfalten.
14
Die Lehre von der Gegenwart
D.29
Zum Aufgeben und überwinden jener Abhängigkeit von Ansichten, die sich auf
die Vergangenheit oder Zukunft beziehen, wurden von mir die vier Grundlagen der
Achtsamkeit aufgezeigt und verkündet.
15
Um seiner selbst willen
A.IV.117
Aus vier Gründen, ihr Mönche, hat man um seiner selbst willen unermüdliche
Achtsamkeit zum Wächter des Geistes zu machen. Aus welchen vier Gründen?
„Möge mir bei Gier erregenden Dingen der Geist nicht gieren!' So hat man um
seiner selbst willen unermüdliche Achtsamkeit zum Wächter des Geistes zu machen.
„Möge mir bei Haß erregenden Dingen der Geist nicht hassen!' So hat man um
seiner selbst willen unermüdliche Achtsamkeit zum Wächter des Geistes zu machen.
„Möge mir bei Wahn erregenden Dingen der Geist nicht wähnen!' So hat man um
seiner selbst willen unermüdliche Achtsamkeit zum Wächter des Geistes zu machen.
„Möge mir bei betörenden Dingen der Geist nicht betört sein!' So hat man um
seiner selbst willen unermüdliche Achtsamkeit zum Wächter des Geistes zu machen.
Wenn nun einem Mönch, weil er von Gier, Haß, Wahn und Betörtsein frei ist,
der Geist bei den Gier erregenden, Haß erregenden, Wahn erregenden und
betörenden Dingen nicht giert, nicht haßt, nicht wähnt und nicht betört wird, -
so wankt er nicht, bebt er nicht, erzittert er nicht, gerät nicht in Furcht und
folgt auch nicht den Meinungen Andersgesinnter.
16
Rechter Schutz
S.47.19
Einst weilte der Erhabene im Lande der Sumbher, in einer Stadt der Sumbher
namens Sedaka. Dort wandte sich der Erhabene an die Mönche:
„Vor langer Zeit lebte einmal ein Bambusrohr-Akrobat. Das Bambusrohr
aufrichtend, wandte er sich an seine Gehilfin Medakathalikā: Komm, liebe
Medakathalikā, erklettere das Bambusrohr, und stelle dich auf meine Schultern!"
- ja, Meister', erwiderte die Gehilfin und tat, wie der Meister geheißen. Da
sprach der Akrobat zu seiner Gehilfin: Du, liebe Medakathalikā, schütze mich,
und ich werde dich schützen. So übereinander wachend, einander schützend, werden
wir unsere Kunst zeigen, unseren Gewinn ernten und wohlbehalten vom Bambusrohr
heruntersteigen.' Auf diese Worte, ihr Mönche, sprach Medakathalikā, die
Gehilfin, zum Meister: Nicht so, Meister! Du, o Meister, schütze dich selbst,
und auch ich werde mich selbst schützen. So selbstbewacht, selbstbeschützt
werden wir unsere Kunst zeigen, unseren Gewinn ernten und wohlbehalten vom
Bambusrohr heruntersteigen.'
Das ist hierbei der rechte Weg", sagte der Erhabene und sprach weiter wie
folgt:
„Wie Medakathalikā, die Gehilfin, zum Meister sprach: ,Mich selber werde ich
schützen', so sind die Grundlagen der Achtsamkeit zu üben. Den anderen werde ich
schützen', so sind die Grundlagen der Achtsamkeit zu üben. Sich selber
schützend, schützt man den anderen; den anderen schützend, schützt man sich
selbst.
Und wie, ihr Mönche, schützt man, sich selber schützend, den anderen? Durch
Pflege der Meditation und häufige Übung darin.[7] So schützt man, sich selber
schützend, den anderen.[8]
Und wie, ihr Mönche, schützt man, den anderen schützend, sich selber? Durch
Geduld, durch Gewaltlosigkeit, Güte und Mitleid. So schützt man, den anderen
schützend, sich selber.[9]
,Mich selber werde ich schützen', so sind die Grundlagen der Achtsamkeit zu
üben. Den anderen werde ich schützen', so sind die Grundlagen der Achtsamkeit zu
üben. Sich selber schützend, schützt man den anderen; den anderen schützend,
schützt man sich, selbst." [10]
17
Aus den Versen des Thera Brahmadatta
Thag.446
- Wenn zu den Lüsten und zum Dasein hin dein Herz enteilt,
- Schnell halte es durch Achtsamkeit zurück,
- Wie ungebärdiges Vieh, das hin zum Kornfeld drängt.
18
Aus den „Fragen des Ajita"
Snp.1034/35
Ajita
- „Überall ergießt sich die Strömung der Triebe.[11]
- Was ist es, das diese Strömungen hemmt?
- Verkünde der Strömungen Abwehr,
- Wodurch man die Strömungen dämmt!"
DER ERHABENE:
- „Was da an Strömung in der Welt,
- Durch Achtsamkeit wird sie gehemmt.
- Der Strömungen Abwehr künd' ich:
- Die Weisheit ist es, die sie dämmt."
19
Ein kranker Laienanhänger
S.47.29
Der Hausvater Sirivaddha aus Rajagaha, ein Anhänger der Lehre, lag an einer
schweren Krankheit darnieder und ließ den Ehrwürdigen Ananda bitten, ihn zu
besuchen. Der Bitte willfahrend, begab sich der Ehrwürdige Ananda zum Hause des
Kranken. Dort angelangt, sprach er zum Hausvater Sirivaddha wie folgt:
„Geht es dir erträglich, o Hausvater, geht es dir leidlich? Nehmen die
Schmerzen ab und wachsen sie nicht an? Ist eine Besserung spürbar, keine
Verschlechterung?"
„Nicht geht es mir, o Ehrwürdiger, erträglich, nicht geht es mir leidlich.
Heftig sind meine Schmerzen. Sie nehmen zu, nicht nehmen sie ab.
Verschlechterung ist ersichtlich, keine Besserung."
„So mögest du denn, Hausvater, derart üben: Beim Körper will ich in
Betrachtung des Körpers wachen, bei den Gefühlen in Betrachtung der Gefühle,
beim Geisteszustand in Betrachtung des Geisteszustandes, bei den Geistobjekten
in Betrachtung der Geistobjekte, eifrig, wissensklar und achtsam, nach
Überwindung von Begierde und Trübsal hinsichtlich der Welt.' So mögest du dich,
o Hausvater, üben.«
„Diese vier Grundlagen der Achtsamkeit, o Ehrwürdiger, welche vom Erhabenen
gelehrt wurden, sie finden sich bei mir, und im Einklang mit diesen Lehren lebe
ich. Denn ich weile, o Ehrwürdiger, beim Körper in Betrachtung des Körpers, bei
den Gefühlen in Betrachtung der Gefühle, beim Geisteszustand in Betrachtung des
Geisteszustands, bei den Geistobjekten in Betrachtung der Geistesobjekte,
eifrig, wissensklar und achtsam, nach Überwindung von Begierde und Trübsal
hinsichtlich der Welt.
Und jene fünf niederen Daseinsfesseln[12], welche vom Erhabenen gelehrt
wurden, nicht sehe ich eine von ihnen, deren ich mich nicht entledigt hätte."
„Ein Gewinn ist es für dich, o Hausvater, ein großer Gewinn! Die Frucht der
Niewiederkehr, o Hausvater, wurde von dir verkündet!"
20
Ein kranker Mönch
S.52.10
Einstmals, als der Ehrwürdige Anuruddha bei Savatthi lebte, im Dunklen
Forste, wurde er krank, leidend, von schwerer Krankheit befallen. Da begaben
sich eine Anzahl Mönche zum Ehrwürdigen Anuruddha und sprachen zu ihm also.
„Welch geistiger Zustand ist es wohl, kraft dessen die entstandenen
körperlichen Schmerzgefühle den Geist des Ehrwürdigen Anuruddha nicht
beeinträchtigen können."
„In einem Geisteszustand weilend, der fest gegründet ist in den vier
Grundlagen der Achtsamkeit, so Brüder, können die entstandenen körperlichen
Schmerzgefühle meinen Geist nicht beeinträchtigen."
21
Der Thera Uttiya
Thag.30
- Als Krankheit aufstieg, ward die Achtsamkeit mir wach:
- Krankheit ist da, und keine Zeit ist mehr für Lässigkeit!
22
In Bedrängnis
S.2.7
DER ERHABENE:
- Es finden in Bedrängnis auch die Lehre, die zur Erreichung des Nibbana
führt,
- Die Achtsamkeit gewannen; vollkommen wird ihr Geist geeint.
23
Der Thera Devasabha
Thag.100
- Im rechten Kampf [13] vollkommen
- und Achtsamkeit gewärtig halten', als Gebiet,
- Von solchen Blüten der Erlösung überdeckt,
- wird man erlöschen triebbefreit.
24
Heilsames und Unheilsames
S.47.5
„‘Eine Anhäufung von Unheilsamem', - wenn man so von den fünf Hemmungen
spricht, so würde man sie recht bezeichnen. Denn, wahrlich, sie sind eine ganze
Anhäufung von Unheilsamem, die fünf Hemmungen. Welche fünf? Die Hemmung der
Sinnengier, des Hasses, der Starrheit und Schlaffheit, der Aufgeregtheit und
Gewissensunruhe, sowie des Zweifels.
"Eine Anhäufung von Heilsamem', - wenn man so von den vier Grundlagen der
Achtsamkeit spricht, so würde man sie recht bezeichnen. Denn, wahrlich, sie sind
eine ganze Anhäufung von Heilsamem, die vier Grundlagen der Achtsamkeit."
25
Gabe der Freundschaft
S.47.48
Mit denen ihr Mitgefühl empfindet und die glauben, zuhören zu sollen, Freunde
oder Genossen, Angehörige oder Blutsverwandte, die sollen von euch, ihr Mönche,
angehalten, ermahnt und bestärkt werden in der Entfaltung der vier Grundlagen
der Achtsamkeit.
26
Helfer für Alles
S.46.53
Die Achtsamkeit, so künde ich, o Mönche, ist ein Helfer für Alles.
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