1.11-20 Devatā-Samyutta - Von den Devatas
Nandanavagga - Der Abschnitt vom Nandanahain
Sutta 11. Der Nandanahain
1. Also habe ich vernommen.
Einstmals weilte der Erhabene in Sāvatthī, im Jetahaine, im Parke des
Anāthapindika.
2. Da nun redete der Erhabene die Bhikkhus an: "Ihr Bhikkhus!" "Ja, Herr!"
erwiderten die Bhikkhus aufhorchend dem Erhabenen.
3. Der Erhabene sprach also: "Früher einmal, ihr Bhikkhus, hat eine Devatā, die zu der Gruppe der Tāvatimsā gehörte, im Nandanahaine, von Nymphen umgeben, von den himmlischen fünf Arten sinnlichen Genusses erfüllt und durchdrungen und (an ihnen) sich ergötzend (*f22), zu jener Zeit folgende Strophe gesprochen:
4. "Nicht kennen die das Glück, die den Nandanahain nicht sehen,
Die Behausung der Götterscharen, der herrlichen Dreißig."
5. Auf dieses Wort hin erwiderte eine (andere) Devatā jener Devatā mit der
Strophe:
"Kennst du nicht, Törin, wie das Wort der Vollendeten (*f23) (lautet)?
Unständig, wahrlich, sind alle Gestaltungen,
dem Gesetz der Entstehung und des Vergehens unterworfen;
Entstanden schwinden sie wieder, ihre Stillung ist heilvoll."
(Über diesen Vers siehe S.15.20.)
(*f22) P. paricāriyamānā. So liest auch der Komm. in der Siam.
Ausgabe I. 36.12; wtl. "sich mit etw. versorgen lassend," dann= ramayamānā
"an diesen und jenen Formen die Sinne sich weiden lassend". Die Genüsse sind
fünffach, weil alle fünf Sinne an ihnen beteiligt sind.
(*f23) P. arahatam. Die Arahants sind auf der höchsten Stufe der
Heilsentwicklung angelangt.
1. Zur Seite stehend sprach dann die Devatā zu dem Erhabenen die folgende Strophe:
2. "Es hat Freude an den Söhnen, wer Söhne hat,
der Kuhhirte hat ebenso Freude an den Kühen;
Durch die Lebensnotwendigkeiten (*f25) kommt des Menschen Freude;
keine Freude hat ja, wer ohne Lebensnotwendigkeiten ist."
3. (Der Erhabene:)
"Es hat Kummer durch die Söhne, wer Söhne hat,
der Kuhhirte hat Kummer durch die Kühe;
Durch die Lebensnotwendigkeiten kommt des Menschen Kummer;
keinen Kummer hat ja, wer ohne Lebensnotwendigkeiten ist."
(Die beiden Verse finden sich auch S.4.8 (= I.107) und Suttanipāta v.33f. An beiden Stellen wird der erste dem Māra, der zweite dem Buddha in den Mund gelegt.)
(*f25) P. upadhīhi (upadhi), wtl. "an den Substraten". Über diesen Begriff s. S.12.66.
1. Zur Seite stehend sprach dann die Devatā in Gegenwart des Erhabenen die folgende Strophe:
2. "Es gibt keine Liebe, die gleich wäre der zu den Söhnen;
es gibt keinen Reichtum, der den Kühen sich gleichstellt (*f27);
Es gibt keinen Glanz gleich dem der Sonne;
das Meer ist das höchste der Gewässer (*f28)."
3. (Der Erhabene:)
"Es gibt keine Liebe, die gleich wäre der zum eignen Selbst;
es gibt keinen Reichtum, der dem Korn sich gleichstellt;
Es gibt keinen Glanz gleich dem der Erkenntnis;
der Regen führwahr ist das höchste der Gewässer."
(*f27) P. gosamitam dhanam. Auch im Skr. bedeutet samita "gleich".
Petersburger Wörterb.u.d.W.
(*f28) Man lese samudda-paramā sarā, wtl. "die Gewässer haben das Meer
als ihr höchstes."
(Bei diesem und den folgenden fünf Suttas fehlt in den Handschriften der
einführende Satz.)
1. (Die Devatā:)
"Der Edelmann ist unter den Zweifüßlern der beste,
der Ochse unter den Vierfüßlern;
Eine Jungfrau (aus gutem Hause) ist die beste unter den Gattinnen;
unter den Söhnen der erstgeborene."
2. (Der Erhabene:)
"Der Allbuddha ist unter den Zweifüßlern der beste,
ein edles Pferd unter den Vierfüßlern;
Eine gehorsame (Frau) ist die beste der Gattinnen;
unter den Söhnen der folgsame."
Der Komm. I. 419 erzählt hier zur Erläuterung eine Geschichte von dem (singhalesischen) König Kūtakanna. Dieser besaß ein Pferd von besonderer Schönheit. Als er nun einmal die Stadt (Anurādhapura) durch das Osttor verließ in der Absicht den Cetiyaberg (Mihintale) zu besuchen und an den Kadambafluß kam, weigerte sich das Pferd, ihn zu überschreiten. Der herbeigeholte Trainer erklärte, das Pferd fürchte, sein Schweif möge naß werden und es könnte damit dann die Gewänder des Königs bespritzen. Als man darauf den Schweif des Pferdes sicherte, ging es sofort durch das Wasser. Über König Kūtakanna (16-38n. Chr.) s. Mahāvamsa 34. 28 ff.
1. (Die Devatā:)
"Wenn die Mittagszeit da ist, wenn die Vögel (im Gezweige) sitzen,
Dann raunt (*f31) die weite Wildnis: da überkommt mich Furcht."
2. (Der Erhabene:)
"Wenn die Mittagszeit da ist, wenn die Vögel im Gezweige sitzen,
Dann raunt die weite Wildnis: da überkommt mich Wonne."
(Die Verse finden sich auch unten in 9.12, sowie
teilweise Jātaka VI. 507.15.)
(*f31) P. sannate od. sanate. Der Komm. I. 42.11 bezieht das auf die Töne, die durch den Wind in den hohlen Bäumen oder durch das Aneinanderreiben von Stämmen und Ästen hervorgerufen werden. Wenn das freilich dann als "großer Lärm" bezeichnet wird, so trifft das kaum den Sinn.
1. (Die Devatā:)
"Schlaf, Trägheit, Gähnen, Unlust, Faulheit nach dem Essen (*f33):
Dadurch wird nicht offenbar der edle Heilspfad den Lebewesen.
2. (Der Erhabene:)
"Schlaf, Trägheit, Gähnen, Unlust, Faulheit nach dem Essen:
Hat man das durch Energie beseitigt, wird der edle Heilspfad gebahnt (*f34)."
(*f33) P. bhattasammado vom Komm. I. 43.14 durch bhattamuccchā
bhattakilamatho erklärt. Die Verszeile findet sich auch Jātaka VI. 57.
(*f34) Wtl. "wird gereinigt"; das Bild ist wohl hergenommen vom Säubern eines
verwachsenen Pfades in der Wildnis.
1. (Die Devatā:)
"Schwer durchzuführen, schwer auszuhalten
ist des Samana Leben für den Unwissenden.
Viel sind da die Schwierigkeiten, wo der Tor erliegt (*f35).
Wie viele Tage könnte er eines Samana Leben wandeln,
wenn er sein Denken nicht in Schranken hält?
Auf Schritt und Tritt muß er erliegen,
unter seiner Wünsche Herrschaft stehend."
2. (Der Erhabene:)
"Wie eine Schildkröte die Glieder in der eignen Schale
des Herzens Gedanken wahrend,
An nichts sich haltend (*f36), den andern nicht schädigend,
wird der Bhikkhu, ins Nirvana eingegangen, über nichts sich beklagen." (*f37)
(*f35) P. visīdati wtl. "versinkt". In dieser Bed. z.B.
Theragāthā 1154. Vgl.
Mrs. Rhys Davids, Kindred Sayings I. S. 12, N.3.
(*f36) P. anissito. Nach dem Komm. I. 45.5 sind unter den nissaya's,
an die man sich nicht halten, auf die man sich nicht stützen darf, tanhā
"Durst" und ditthi "falsche Anschauung" verstanden.
(*f37) Ich möchte nūpavadeyya kimci (nicht kamci) lesen, wie auch
der Text in der Parallelstelle Samy. IV. 179 bietet. Mir scheint darin der
Gegensatz zu samkappānam vasānugo am Schluß des vorigen Verses enthalten
zu sein. Der Komm. hat allerdings an beiden Stellen kamci gelesen, da er
die Umschreibung kamci puggalam (I. 45.7) hat (ebenso zu IV. 179).
1. (Die Devatā:)
"Gibt es in der Welt einen Mann, mit Gewissenhaftigkeit bewehrt, (*f38)
Der Tadel nicht zu fühlen braucht (*f39), wie ein edles Pferd die Peitsche?"
2. (Der Erhabene:)
"Die da, am Leibe mit Gewissenhaftigkeit bewehrt, stets besonnen wandeln,
Die haben des Leidens Ende erreicht und wandeln eben auf unebenem Grund."
(*f38) P. hirīnisedho. Der Komm. I. 45.13 sagt: "durch
Gewissenhaftigkeit wehrt er das Böse ab". Ähnlich in der Parallelstelle
Dhammapada 143.
(*f39) P. appabodhati aus a neg.+ pabodhati. Ein edles
Pferd braucht, um munter zu werden, nur den Schatten der Peitsche zu sehen (SKo.
I. 45.17); es bedarf keines Peitschenhiebes.
1. (Die Devatā:)
"Hast du keine Hütte, hast du kein Nest?
Hast du keine Ausbreitung, bist du gelöst von der Fessel?
2. (Der Erhabene:)
"Wahrlich, ich habe keine Hütte; wahrlich, ich habe kein Nest;
Wahrlich, ich habe keine Ausbreitung; wahrlich, ich bin frei von der Fessel."
3. (Die Devatā:)
"Was mein' ich denn mit deiner Hütte? Was mein' ich mit deinem Nest?
Was mein' ich mit deiner Ausbreitung? Was mein' ich mit der Fessel?"
4. (Der Erhabene:)
"Die Mutter meinst du mit der Hütte; die Gattin meinst du mit dem Nest;
Söhne meinst du mit der Ausbreitung;
den Durst meinst du mit meiner Fessel."
5. (Die Devatā:)
"Ja, du hast keine Hütte; ja, du hast kein Nest;
Ja, du hast keine Ausbreitung; ja, du bist gelöst von der Fessel."
S.1.20. Samiddhi
Auf unser Sutta bezieht sich die Jātaka-Erzählung 167 (= Jātaka II. 56ff. der Fausböllschen Ausgabe) und es kommen hier auch die beiden in 3 der Devatā und
dem Samiddhi in den Mund gelegten Verse als Worte einer Göttin und Antwort des
Bodhisatta vor.
1. Also habe ich vernommen.
Einstmals weilte der Erhabene in Rājagaha im Tapodārāma.
2. Da nun begab sich der ehrwürdige Samiddhi, nachdem er von der Nachtruhe gegen die Morgenzeit hin sich erhoben, dorthin, wo die Tapodā(-Quelle) sich befand, die Glieder zu überspülen. Nachdem er im warmen Wasser (*f40) die Glieder überspült hatte und wieder herausgestiegen war, stand er da, mit einem einzigen Gewand bekleidet, seine Glieder trocknend.
3. Da nun begab sich in vorgeschrittener Nacht eine Devatā, mit ihrer herrlichen Schönheit den ganzen Tapodā(-Park) erhellend, dorthin, wo sich der ehrwürdige Samiddhi befand. Nachdem sie sich dorthin begeben, redete sie, in der Luft schwebend, den ehrwürdigen Samiddhi mit folgender Strophe an:
"Ohne genossen zu haben gehst du betteln, o Bhikku! -
nicht gehst du ja betteln, nachdem du genossen.
Nachdem du genossen hast, Bhikkhu, gehe betteln,
damit dir die Zeit nicht entkommt."
(Samiddhi erwiderte:)
"Die Zeit (*f41) kenne ich nicht; verhüllt ist die Zeit, man sieht sie nicht:
Darum gehe ich betteln, ohne genossen zu haben,
damit mir die Zeit nicht entkommt."
4. Da nun sprach die Devatā, auf dem Erdboden stehend, zu dem ehrwürdigen Samiddhi also: "Als Knabe hast du, o Bhikkhu, von der Welt dich abgekehrt, jung, schwarzhaarig, mit glücklicher Jugend begabt, im ersten Lebensalter, ohne dich ergötzt zu haben an den sinnlichen Genüssen. Genieße,o Bhikkhu, die menschlichen Freuden, damit du nicht das Gegenwärtige aufgibst und künftiger Zeit nachläufst."
5. "Nicht geb' ich doch, Verehrte, Gegenwärtiges auf und laufe künftiger Zeit nach; künftige Zeit vielmehr, Verehrte, gebe ich auf und laufe Gegenwärtigem nach (*f42). Zeitlich, sind Verehrte, die sinnlichen Genüsse nach dem Wort des Erhabenen, leidvoll, voll Verzweiflung, das Schädliche an ihnen ist überwiegend. Im gegenwärtigen Dasein schon wirkend ist diese unsere Lehre, an keine Zeit gebunden, zu ihrer Betrachtung einladend, zum Ziele führend, aus eigener Kraft zu verstehen von den Einsichtigen."
(*f40) Es heißt hier tapode, nicht tapodāya; wir haben es also nicht mit dem Eigennamen zu tun. Auch an der Parallelstelle A.V.196.5 ist offenbar tapode die richtige Lesart.
(*f41) Hier in dem Sinne, "die mir bestimmte Frist, die Zeit des Todes, der Tod". Der Komm. I. 49.16 hat maranakālam. Das Wort kāla kann geradezu "Tod" bedeuten.
(*f42) Die Stelle ist für uns kaum übersetzbar. Es liegt ein Spiel mit den
verschiedenen Bedeutungen von samditthika und kālika vor. Für die
Devatā ist jenes die gewisse, vor Augen liegende Gegenwart, dieses die
unbekannte Zeit, die ungewisse Zukunft.
Buddha aber bezeichnet (vgl. 12. 42.12, Bd. II, S. 100) seine Lehre als
samditthika "gegenwärtig, d.h. im gegenwärtigen Dasein schon wirkend" und
als akālika "zeitlos, an keine (nicht erst an künftige) Zeit gebunden",
und hierauf bezieht sich Samiddhi in seiner Antwort.
6. "Inwiefern aber, o Bhikkhu, sind die sinnlichen Genüsse zeitlich nach dem Wort des Erhabenen, leidvoll, voll Verzweiflung, das Schädliche an ihnen überwiegend? Inwiefern ist diese Lehre im gegenwärtigen Dasein schon wirkend, an keine Zeit gebunden, zu ihrer Betrachtung einladend, zum Ziele führend, aus eigener Kraft zu verstehen von den Einsichtigen?"
7. "Ich bin ja, Verehrte, jung, habe unlängst erst von der Welt mich
abgekehrt, bin jetzt erst eingetreten; ich kann also diese unsere Lehre und
Regel nicht ausführlich darlegen. Der Erhabene, der Vollendete, der Allbuddha
weilt in Rājagaha, im Tapodārāma. Zu dem Erhabenen begib dich und befrage ihn
nach dieser Sache. Wie dir der Erhabene Bescheid gibt, so magst du es
erfassen."
8. "Es ist nicht leicht für uns, o Bhikkhu, zu dem Erhabenen uns zu begeben,
da er von anderen machtvollen Devatās umgeben ist. Wenn aber du, o Bhikkhu, zu
dem Erhabenen dich begibst und ihn nach dieser Sache befragst, so wollen auch
wir mitkommen, die Lehre zu hören."
9. "Gut, Verehrte", erwiderte der ehrwürdige Samiddhi aufhorchend der Gottheit
und begab sich dorthin, wo der Erhabene sich befand. Nachdem er sich dorthin
begeben und den Erhabenen ehrfurchtsvoll begrüßt hatte, setzte er sich zur
Seite nieder.
10. Zur Seite sitzend sprach dann der ehrwürdige Samiddhi zu dem Erhabenen
also: "Da habe ich mich nun, Herr, nachdem ich von der Nachtruhe gegen die
Morgenzeit hin mich erhoben, dahin begeben, wo die Tapodā(-Quelle) sich
befindet, die Glieder zu überspülen. Nachdem ich im warmen Wasser die Glieder
überspült hatte und wieder herausgestiegen war, stand ich da, mit einem
einzigen Gewand bekleidet, meine Glieder trocknend.
11. Da nun, Herr, begab sich in vorgeschrittener Nacht eine Devatā von herrlicher Schönheit, den ganzen Tapodā(-Park) erhellend, dorthin, wo ich mich befand. Nachdem sie sich dorthin begeben, redete sie, in der Luft schwebend, mich mit folgender Strophe an:
'Ohne genossen zu haben gehst du betteln, o Bhikkhu! -
nicht gehst du ja betteln, nachdem du genossen.
Nachdem du genossen hast, Bhikkhu, gehe betteln,
damit dir die Zeit nicht entkommt'.
Auf dieses Wort hin, Herr, erwiderte ich der Devatā mit folgender Strophe:
'Die Zeit kenne ich nicht; verhüllt ist die Zeit, man sieht sie nicht:
Darum gehe ich betteln, ohne genossen zu haben,
damit mir die Zeit nicht entkommt.'
12. Da nun, Herr, sprach die Devatā, auf dem Erdboden stehend, zu mir
folgendes 'Als Knabe hast du, o Bhikkhu, von der Welt dich abgekehrt, jung,
schwarzhaarig, mit glücklicher Jugend begabt, im ersten Lebensalter, ohne dich
ergötzt zu haben an den sinnlichen Genüssen. Geniesse, o Bhikkhu, die
menschlichen Freuden, damit du nicht das Gegenwärtige aufgibst und künftiger
Zeit nachläufst.'
13. Auf dieses Wort hin, Herr, sprach ich zu der Devatā also: 'Nicht geb' ich
doch, Verehrte, Gegenwärtiges auf und laufe künftiger Zeit nach; künftige Zeit
vielmehr, Verehrte, gebe ich auf und laufe Gegenwärtigem nach. Zeitlich sind,
Verehrte, die sinnlichen Genüsse nach dem Wort des Erhabenen, leidvoll, voll
Verzweiflung, das Schädliche an ihnen ist überwiegend. Im gegenwärtigen Dasein
schon wirkend ist diese unsere Lehre, an keine Zeit gebunden, zu ihrer
Betrachtung einladend, zum Ziele führend, aus eigener Kraft zu verstehen von
den Einsichtigen.'
14. Auf dieses Wort hin, Herr, sprach die Devatā zu mir also: 'Inwiefern aber,
o Bhikkhu, sind die sinnlichen Genüsse zeitlich nach dem Wort des Erhabenen,
leidvoll, von Verzweiflung, das Schädliche an ihnen überwiegend? Inwiefern ist
diese Lehre im gegenwärtigen Dasein schon wirkend, an keine Zeit gebunden, zu
ihrer Betrachtung einladend, zum Ziele führend, aus eigener Kraft zu verstehen
von den Einsichtigen?"
15. Auf dieses Wort hin, Herr, sprach ich zu der Devatā also: 'Ich bin ja,
Verehrte, jung, habe unlängst erst von der Welt mich abgekehrt, bin jetzt erst
eingetreten; ich kann also diese unsere Lehre und Regel nicht ausführlich
darlegen. Der Erhabene, der Vollendete, der Allbuddha weilt in Rājagaha, im
Tapodārāma. Zu dem Erhabenen begib dich und frage ihn nach dieser Sache. Wie
dir der Erhabene Bescheid gibt, magst du es erfassen.'
16. Auf dieses Wort hin, Herr, sprach die Devatā zu mir also: 'Es ist nicht leicht für uns, o Bhikkhu, zu dem Erhabenen uns zu begeben, da er von anderen machtvollen Devatās umgeben ist. Wenn aber du, o Bhikkhu, zu dem Erhabenen dich begibst und ihn nach dieser Sache befragst, so wollen auch wir mitkommen, die Lehre zu hören.' Wenn, Herr, das Wort der Devatā wahr gewesen, ist die Devatā hier in der Nähe."
17. Auf dieses Wort hin sprach die Devatā zu dem ehrwürdigen Samiddhi
folgendes: "Frage, Bhikkhu, frage, Bhikku ich bin mitgekommen."
18. Da nun redete der Erhabene die Devatā mit der Strophe an:
"Was benannt werden muß, (*f43) das stellen die Wesen sich vor;
auf dem, was benannt werden muß, fußen sie;
Das, was benannt werden muß, nicht verstehend,
geraten sie in des Todes Bereich.
Wer das, was benannt werden muß, versteht,
der denkt in bezug auf den, der benennt:
'Das hat nichts zu tun mit ihm.' Womit man es ausdrücken mag,
das ist kein Teil von ihm.
Wenn du das begreifst, dann sag' es, Yakkha!" (*f44)
(*f43) P. ahkheyya = skr. ākhyeya (Wz. khyā). Ich
glaube, daß damit die dhammā, die empirischen Dinge, gemeint sind. Der
akkhyātar (Z.2), der sie benennt, ist der Mensch. Der Rätselvers enthält
darum die Grundidee der buddhistischen Lehre: wer das Wesen der dhammā
nicht richtig erfaßt hat, der ist dem samsāra, der endlosen Folge von Tod
und Wiedergeburt verfallen; wer es kennt, hat mit ihnen nichts zu tun, wird
erlöst.-' Die Verse finden sich auch im
Itivuttaka 63 (= S. 53-54); doch ist die letzte Zeile verschieden.
(*f44) P. yakkha, (es ist yakkhāti, nicht yakkhīti zu
lesen) bedeutet allgemein ein übermenschliches, göttliches oder dämonisches
Wesen. Auch die Devas, wie der Gott Sakka (= Indra) und die vier großen Könige,
welche die Weltgegenden regieren, sind Yakkhas. Vgl. Vimānavatthu Commentary
(Paramatthadīpāni) ed. Hardy, S. 333.11, sowie
Majjh.37 (= I. 252.10ff.) Selbst der Buddha wird in einem Vers (Majjh.56
= 386.31) ein Yakkha genannt.
19. "Nicht kann ich ja von diesem kurz gefaßten Ausspruch des erhabenen Herrn den Sinn ausführlich verstehen. Wolle mir der erhabene Herr es gütigst so sagen, daß ich von diesem kurz gefaßten Ausspruch des Erhabenen den Sinn ausführlich verstehe."
20. "Gleich, Höher oder Niedriger: wer daran denkt,
wird dadurch in Streit geraten;
Wer aber in allen drei Lagen unerschüttert bleibt,
für den gibt es ein Gleich oder Höher nicht.
Wenn du das begreifst, dann sag' es, Yakkha!"
21. "Auch von diesem kurz gefaßten Ausspruch des erhabenen Herrn kann ich den Sinn nicht ausführlich verstehen. Wolle mir der erhabene Herr es gütigst so sagen, daß ich von diesem kurz gefaßten Ausspruch des Erhabenen den Sinn ausführlich verstehe."
22. "Er hat (alle) Benennung aufgegeben, (*f45) ist in keine Behausung
eingekehrt; (*f46)
Er hat den Durst abgeschnitten nach Name und Form:
Ihn, der die Fesseln durchschnitten,
der frei ist von Leid und hoffendem Erwarten,
Haben suchend nicht gefunden
Götter und Menschen hier und im Jenseits,
In den Himmeln und an allen Stätten. (*f47)
Wenn du das begreifst, dann sag' es, Yakkha!"
(*f45) P. pahāsi samkham. Der Sinn ist: er hat alles empirische Sein
hinter sich gelassen. Vgl samkham nopeti vedagū
Sn.749 in ähnlichem Sinn,
sowie rūpasamkhāvimutto (vedana-, saññā-, samkhāra-, viññānasamkhāvimutto)
tathāgato M I. 487.34, 488.8ff. womit ausgedrückt ist, daß der Tathāgata
losgelöst ist von "Name und Form".
(*f46) P. na vimānam āgā (so liest der Komm. in der Siam. Ausg. I.
57.12). Erklärt wird dies merkwürdiger Weise zuerst so, als stünde navamānam
im Text. Weiterhin wird aber dann vimāna auf den Mutterleib, also auf
eine neue Existenz bezogen.
(*f47) Der Sinn des Verses, der unten in Sutta 34
wiederkehrt, ist dieser: Der Erlöste hat zu existieren aufgehört, man findet ihn
in keinem Weltenraum.
23." Ich verstehe von diesem kurz gefaßten Ausspruch des erhabenen Herrn den Sinn ausführlich so:
"Man soll kein Böses tun mit Worten oder Gedanken
Oder körperlich in der ganzen Welt;
Die sinnlichen Genüsse aufgebend, besonnen, voll bewußt
Soll man dem Leiden nicht nachgehen, das mit Unsegen verknüpft ist."
(Vgl. unten Sutta 40).