Samyutta Nikaya

9. Vana-Samyutta - Vom Walde

S.9.1. Abgeschiedenheit
S.9.2. Fürsorge
S.9.3. Kassapagotta
S.9.4. Die vielen
S.9.5. Ananda
S.9.6. Anuruddha
S.9.7. Nāgadatta
S.9.8. Die Familienhausfrau
S.9.9. Der Vajli
S.9.10. Rezitation
S.9.11. Nicht reiflich
S.9.12. Mittagszeit
S.9.13. Mit ungezügelten Sinnen
S.9.14. Die Lotosblume


S.9.1. Abgeschiedenheit

1. Also habe ich vernommen.

Einstmals weilte ein Bhikkhu im Lande der Kosala, in einem Haine.

 

2. Zu jener Zeit aber hegte der Bhikkhu, der sich am Tagesaufenthaltsplatz befand, sündhafte üble Gedanken, die mit weltlichen Dingen zusammen hingen.

 

3. Da nun begab sich die in jenem Haine wohnende Devatā, die mit dem Bhikkhu Erbarmen hatte und sein Heil wünschte, in dem Wunsche den Bhikkhu anzuregen dorthin, wo sich jener Bhikkhu befand.

 

4. Nachdem sie sich dorthin begeben hatte, redete sie den Bhikkhu mit den Strophen an:

 

"In dem Wunsche nach Abgeschiedenheit bist du in den Wald gekommen,
Aber dein Herz schweift weg nach außen.
Als Mensch gib auf das Verlangen nach Menschen,
Dann wirst du glücklich sein, ledig der Begierden.
Wirf ab die Unlust! Besonnen werde!
An die Besonnenheit erinnern wir dich (*1).
Der Staub der Hölle ist schwer zu überwinden (*2):
Daß dich nur nicht der Staub der sinnlichen Lust hinabreißt!
Wie ein Vogel, der mit Staub bedeckt ist,
Den weißen Staub von sich abschüttelt (*3),
So schüttelt ein eifervoller begonnener Bhikkhu
Den weißen Staub von sich ab."

 

5. Da nun kam der Bhikkhu, von der Devatā angeregt, wieder zur rechten Überlegung (*4).

 

 


(*1) Sato bhavāsi gehört zusammen; pajahāsi und bhavāsi sind Subjunktive in imperativischer Bedeutung (Komm. = pajaha, bhava). Statt satam vermute ich satim. Der Komm. liest allerdings schon satam; er weiß aber mit der Stelle nichts anzufangen. Dies zeigt sich schon dadurch, daß er zwei Erklärungen gibt.

(*2) Ich lese duruttaram (skr. ebenso!) statt duruttamam.

(*3) Wtl. "wirft schüttelnd ab".

(*4) samvegam āpādi "kam in seelische Erregung".


S.9.2. Fürsorge

1. Einstmals weilte ein Bhikkhu im Lande der Kosala, in einem Haine.

 

2. Zu jener Zeit aber schlief der Bhikkhu an seinem Tagesaufenthaltsplatze ein.

 

3. Da nun begab sich die in jenem Haine wohnende Devatā, die mit dem Bhikkhu Erbarmen hatte und sein Heil wünschte, in dem Wunsche den Bhikkhu anzuregen dorthin, wo sich jener Bhikkhu befand.

 

4. Nachdem sie sich dorthin begeben hatte, redete sie den Bhikkhu mit den Strophen an:

 

"Steh auf, Bhikkhu, warum liegst du da ? Was nützt dir der Schlaf?
Einem Kranken frommt (*1) der Schlaf,
einem, der von einem Spieß durchbohrt Schmerzen leidet.
Den Glauben, in dem du aus dem häuslichen Leben
in die Heimlosigkeit geflüchtet bist,
Diesen Glauben hege, nicht begib dich in das Schlafes Gewalt!
Unständig, unsicher sind die sinnlichen Genüsse:
ihn, der von den Fesseln, in denen der Träge verstrickt ist,
Erlöst ist, der an nichts haftet,
warum soll er (der Schlaf) (*2) den Weltflüchtigen quälen?
Durch Beseitigung von Wunsch und Begierde,
durch Überwindung des Nichtwissens
Ist seine Erkenntnis geläutert (*3): warum soll er den Weltflüchtigen quälen?
Ihn, der durch Wissen das Nichtwissen aufgehoben hat,
der durch Vernichtung der weltlichen Einflüsse
Leidlos und aller Verzweiflung ledig geworden:
warum soll er den Weltflüchtigen quälen?
Den Energischen mit entschlossener Seele, mit unerschütterlicher Tapferkeit,
Der dem Nirvana zustrebt, warum soll er den Weltflüchtigen quälen?"

 

 


(*1) Ich lese āturassa hite niddā. Der Text der Ausgabe gibt keinen Sinn. Nach dem Komm. I. 33720 gibt es drei Arten Kranker (ātura), den jarātura, roga- und kilesātura, der durch Alter, durch Krankheit oder durch die kilesa, die weltlichen Verunreinigungen, leidet.

(*2) Nach dem Komm. I. 338.5 müßte niddā, als Subjekt zu tape aus dem vorhergehenden Sloka (mā niddāya vasam gami) in allen den folgenden Strophen ergänzt werden.

(*3) Der Komm. liest paramodātam statt pariyodātam und erklärt es mit paramaparisuddham.


S.9.3. Kassapagotta

1. Einstmals weilte der ehrwürdige Kassapagotta (*1) im Lande der Kosala, in einem Haine.

 

2. Zu jener Zeit nun ermahnte der ehrwürdige Kassapagotta, der sich an seinem Tagesaufenthaltsplatze befand, einen Cheta (*2).

 

3. Da nun begab sich die in jenem Haine wohnende Devatā, die mit dem ehrwürdigen Kassapagotta Erbarmen hatte und sein Heil wünschte, in dem Wunsche den ehrwürdigen Kassapagotta anzuregen dorthin, wo sich der ehrwürdige Kassapagotta befand.

 

4. Nachdem sie sich dorthin begeben hatte, redete sie den ehrwürdigen Kassapagotta mit der Strophe an:

 

"Ein Bhikkhu, der einen in der Bergwildnis hausenden
unverständigen, herzlosen Cheta
Zur Unzeit ermahnt, kommt mir wirklich töricht vor.
Er hört, aber er versteht nicht; er schaut, aber er sieht nicht,
Und wenn die Lehre gepredigt wird, versteht der Tor den Sinn nicht.
Und wenn du zehn Lampen halten wirst, o Kassapa,
Wird er die Gegenstände nicht sehen; denn er besitzt nicht das Auge (dazu)."

 

5. Da nun kam der Bhikkhu, von der Devatā angeregt, wieder zur rechten Überlegung (*3).

 


(*1) Der Name bedeutet "aus der Familie der Kassapa stammend".

(*2) Nach dem Komm. I. 338-9 ist der Cheta ein Jäger (migaluddaka). Der Name bezeichnet also eine Kaste oder wahrscheinlicher noch einen in der Wildnis hausenden (vgl. 4) Volksstamm, der von der Jagd lebte. Nach dem Komm. befand sich der Cheta auf der Verfolgung einer Gazelle, als er an den Platz kam, wo der Bhikkhu weilte. Dieser bemühte sich, ihm die Sünde der Tötung lebender Wesen begreiflich zu machen. Der Cheta sah ihn zwar und hörte seine Worte, seine Gedanken waren aber nur bei der Jagd, die er denn auch fortsetzte.

(*3) D. h. er ließ sich von der Devatā überzeugen, wie nutzlos und töricht es sei, unverständigen Leuten wie dem Cheta zu predigen. Das Wort der Devatā machte auf ihn tiefen Eindruck.


S.9.4. Die vielen

1. Einstmals weilten viele Bhikkhus im Lande der Kosala, in einem Haine.

 

2. Da nun machten sich diese Bhikkhus, die die Regenzeit (dort) verbracht hatten, am Ende der drei Monate wieder auf ihre Wanderung.

 

3. Wie da nun die in jenem Haine wohnende Devatā die Bhikkhus nicht mehr sah, sprach sie bei dieser Gelegenheit klagend die folgende Strophe:

 

"Wie Unlust (*1) kommt es mir heute vor,
Da ich die vielen verlassenen Sitze sehe.
Die beredten, hochgelehrten Schüler des Gotama, wohin sind sie gegangen?"

 

4. Auf dieses Wort hin redete eine andere Devatā diese Devatā mit der Strophe an:

 

"Ins Land der Magadha sind sie gegangen, ins Land der Kosala;
Etliche aber in das Gebiet der Vajji (*2),
Wie Antilopen, die frei umherschweifen,
Leben ohne festes Heim die Bhikkhus."

 

 


(*1) arati. Es kommt der Devatā vor, als sei Unlust am mönchischen Leben über die Bhikkhus gekommen und sie hätten es aufgegeben.

(*2) Die Vajji waren ein Bund von Stämmen, zu denen die Licchavi und die Videha gehörten. Rhys Davids, Buddhist India, S.25-6.


S.9.5. Ananda

1. Einstmals weilte der ehrwürdige Ananda im Lande der Kosala, in einem Haine.

 

2. Zu jener Zeit aber war der ehrwürdige Ananda allzuviel beschäftigt mit dem Trösten der Laien (*1).

 

3. Da nun begab sich die in jenem Haine wohnende Devatā, die mit dem ehrwürdigen Ananda Erbarmen hatte und sein Heil wünschte, in dem Wunsche den ehrwürdigen Ananda anzuregen dorthin, wo sich der ehrwürdige Ananda befand.

 

4. Nachdem sie sich dorthin begeben hatte, redete sie den ehrwürdigen Ananda mit der Strophe an (*2):

 

"Eingedrungen (*3) in die Wildnis am Fuße der Bäume,
Das Nirvana in dein Herz einprägend (*4),
Übe Versenkung, Gotama, ermüde nicht!
Was soll dir das Gejammer (*5) helfen?

 

5. Da nun kam der ehrwürdige Ananda, von der Devatā angeregt, wieder zur rechten Überlegung.

 

 


(*1) Der Komm. I. 341-2 erzählt uns, daß nach dem Tode des Buddha Mahākassapa den Ananda angewiesen habe, sich in das Land der Kosala zu begeben und die Arahantwürde zu erringen, damit er am Konzil, das in Rājagaha geplant war, teilnehmen könne. Aber Ananda habe Tag und Nacht, im Dorf wie in der Wildnis immer nur die Laien über den Tod des Meisters trösten müssen, so daß er von seiner eigentlichen Aufgabe abgebracht wurde.

(*2) = Theragāthā 119.

(*3) pasakkiya, Komm. = pavisitvā.

(*4) opiya (Komm. oppiya, erklärt durch pakkhipitvā). Die Therag. Ausg. hat osiya.

(*5) bilibilikā. Der Komm. hat gihīhi saddhim pīlipīlikathā.


S.9.6. Anuruddha

1. Einstmals wohnte der ehrwürdige Anuruddha im Lande der Kosala, in einem Haine.

 

2. Da nun begab sich eine zur Gruppe der dreiunddreißig Götter gehörige (*1) Devatā, mit Namen Jālinī, die früher Gattin (*2) des ehrwürdigen Anuruddha gewesen war, dorthin, wo sich der ehrwürdige Anuruddha befand.

 

3. Nachdem sie sich dorthin begeben hatte, redete sie den ehrwürdigen Anuruddha mit der Strophe an:

 

"Darauf richte dein Denken, wo du früher gelebt hast,
Auf die dreiunddreißig Götter, denen alle Wünsche sich erfüllen:
Begleitet, umgeben von himmlischen Mädchen leuchtest du."

 

4. (Anuruddha:)

"Unglücklich (*3) sind die himmlischen Mädchen,
da sie in körperliehem Dasein (*4) sich befinden,
Und unglücklich sind die Wesen, die nach himmlischen Mädchen begehren (*5)."

 

5. (Jālinī:)

"Nicht kennen die das Glück, die nicht den (Garten) Nandana sehen,
Den Aufenthalt der Gottmenschen (*6), der herrlichen Dreimalzehn."

 

6. (Anuruddha:)

"Nicht verstehst du, Törin, wie das Wort der Vollendeten lautet:
Unständig sind alle Gestaltungen, sie müssen entstehen und wieder vergehen.
Nachdem sie entstanden, gehen sie unter; ihre Stillung ist segensreich.
Jetzt gibt es kein neues Leben mehr in einer Göttergruppe, o Jālinī!
Vernichtet ist der Kreislauf der Geburten, nicht mehr gibt es jetzt eine Wiedergeburt."

(*1) tāvatimsakāyikā. Vgl. auch skr. kāyika "zu einer Gruppe gehörig".

(*2) purāna-dutiyikā. Sie war seine Frau in der unmittelbar vorhergehenden Existenz (anantare attabhāve, Komm.)

(*3) duggatā mit Bezug auf gati, Übergang in eine neue Existenz. Die Bewohner der Himmelswelt sind noch beherrscht von Begierde, Haß, Betörung usw., können also in niedrigere Daseinsformen zurück sinken.

(*4) sakkāyasmim "in dem Körper als etwas seiendem".

(*5) Ich lese devakaññābhipatthikā (statt -pattikā). Vgl. abhipattheti "er begehrt".

(*6) Ich glaube nicht, daß naradevānam Dvandva ist.


S.9.7. Nāgadatta

1. Einstmals weilte der ehrwürdige Nāgadatta im Lande der Kosala, in einem Haine.

 

2. Zu jener Zeit aber pflegte der ehrwürdige Nāgadatta allzu früh in das Dorf zu gehen und allzu spät am Tag (*1) zurück zu kehren.

 

3. Da nun begab sich die in jenem Haine wohnende Devatā, die mit dem ehrwürdigen Nāgadatta Erbarmen hatte und sein Heil wünschte, in dem Wunsche den ehrwürdigen Nāgadatta anzuregen dorthin, wo sich der ehrwürdige Nāgadatta befand.

 

4. Nachdem sie sich dorthin begeben hatte, redete sie den ehrwürdigen Nāgadatta mit den Strophen an:

 

"Zu früh (ins Dorf) gehend, Nāgadatta,
Und zu spät zurückkehrend, verkehrst du
Allzu lange Zeit mit Hausbewohnern,
Gleichmäßig (teil nehmend) an Glück und Leid.
Ich fürchte für den dreisten Nāgadatta,
Der so enge verbunden ist mit den Familien,
Er möge in des mächtigen Todesgottes,
Der das Ende bringt, Gewalt geraten."

 

5. Da nun kam der ehrwürdige Nāgadatta, von der Devatā angeregt, wieder zur rechten Überlegung.

 

 

(*1) atikālena atidivā. Er verkehrte zu viel mit den Laien, so daß ihm für Meditationsübungen usw. keine Zeit blieb.


S.9.8. Die Familienhausfrau

1. Einstmals weilte ein Bhikkhu im Lande der Kosala, in einem Haine.

 

2. Zu jener Zeit aber lebte der Bhikkhu in einer Familie allzu lange Zeit im engsten Verkehr (*1).

 

3. Da nun nahm die in jenem Haine wohnende Devatā, die mit dem Bhikkhu Erbarmen hatte und sein Heil wünschte, in dem Wunsche den Bhikkhu anzuregen, die Gestalt der Familienhausfrau in jener Familie an und begab sich dorthin, wo sich jener Bhikkhu befand.

 

4. Nachdem sie sich dorthin begeben hatte, redete sie den Bhikkhu mit der Strophe an (*2):

"An den Flußufern, auf dem Marktplatz und in allen Straßen
Kommen die Leute zusammen und reden mit einander
von mir und von dir, warum das (*3)?

 

5. (Der Bhikkhu:)

"Viele Worte sind ja widerwärtig (*4); der Asket muß sie dulden;
Er darf darob nicht mißmutig werden, er wird ja davon nicht verunreinigt.
Wer vor dem Worte sich fürchtet wie im Walde die Windgazelle (*5),
Einen Schwachkopf (*6) nennt man den; nicht zu Vollendung kommt sein Gelübde."

 

 


(*1) ajihogālhappatto, das der Komm. I. 344.20 durch ogāhappatto wiedergib. Ogāha = ogādha = ogālha bedeutet "das Eindringen, Sich-vertiefen in etw., Vertrautheit mit etw." Hier bezieht es sich auf den vertrauten Verkehr; Anguttara III. 297-8 wird ogādha neben patigādha vom Eindringen in die buddhistische Lehre gebraucht. Der Komm. erzählt uns, daß eine Familie an dem Bhkkhu solches Wohlgefallen fand, daß sie ihn ausschließlich vollkommen unterhielt.

(*2) Die Devatā fürchtet, es möchten sich bei den Leuten Gerüchte verbreiten, die das Verhältnis des Bhikkhu zu der Hausfrau in ungünstigem Licht erscheinen lassen und dem Ansehen der Familie schaden kannten. Der Komm. hebt aber ausdrücklich hervor, daß die Devatā nicht wußte, daß der Bhikkhu ein Arahant, also jenseits von gut und böse war. Dem gibt nun der Bhikkhu in seiner Erwiderung Ausdruck.

(*3) kimantaram, Komm. = kimkāranā "weshalb?"

(*4) paccūha, Komm. = patiloma.

(*5) vātamiga; vgl. skr. vātamrga eine bestimmte Antilopenart.

(*6) lahucitta; skr. laghucitta "leichtsinnig, flatterhaft".


S.9.9. Der Vajli

 

Die Geschichte wird auch Im Vajjiputtakabhikkhuvatthu des Dhammapada-Komm. (III. 460ff.), teilweise mit gleichem Wortlaut erzählt als Erläuterung zu Dh. 302. Die erste Hälfte der Strophe in 3 und die zweite der Strophe in 5 bilden die Strophe 62 in den Theragāthā.

 

1. Einstmals weilte ein Bhikkhu aus dem Clan der Vajji in Vesālī in einem Haine.

 

2. Zu jener Zeit aber fand in Vesālī ein Fest statt, das die ganze Nacht über dauerte.

 

3. Wie nun da der Bhikkhu den Schall der Musik von Geigen und Pauken hörte, sprach er betrübt bei dieser Gelegenheit die folgende Strophe:

 

"Einsam weilen wir in der Wildnis,
Wie ein im Walde weggeworfenes Stück Holz.
In einer solchen Nacht
Wo gibt es da einen (*1), der elender wäre als wir?"

 

4. Da nun begab sich die in jenem Haine wohnende Devatā, die mit dem Bhikkhu Erbarmen hatte und sein Heil wünschte, in dem Wunsche den Bhikkhu anzuregen dorthin, wo sich jener Bhikkhu befand.

 

5. Nachdem sie sich dorthin begeben hatte, redete sie den Bhikkhu mit der Strophe an:

"Einsam weilst du in der Wildnis
Wie ein im Walde weggeworfenes Stück Holz.
Darum beneiden dich viele,
Wie Höllenbewohner den, der zum Himmel emporsteigt.

 

6. Da nun kam der Bhikkhu, von der Devatā angeregt, wieder zur rechten Überlegung.

 

 

(*1) Es ist natürlich ko-su (skr. kva svid) nāma zu trennen.


S.9.10. Rezitation

1. Einstmals weilte ein Bhikkhu im Lande der Kosala, in einem Haine.

 

2. Zu jener Zeit aber zog sich der Bhikkhu, während er früher überlange (die heiligen Texte) rezitierte, in späterer Zeit untätig, schweigend ganz in sich zurück (*1).

 

3. Wie nun da die in jenem Walde wohnende Devatā den Lehrvortrag nicht mehr hörte, begab sie sich dorthin, wo sich jener Bhikkhu befand.

 

4. Nachdem sie sich dorthin begeben hatte, redete sie den Bhikkhu mit der Strophe an:

" Warum, o Bhikkhu, trägst du nicht mehr
Mit den Bhikkhus zugammen die Worte der Wahrheit vor?
Hört man die wahre Lehre, so gewinnt man gläubiges Wohlgefallen,
Und bei Lebzeiten schon gewinnt man Lobpreis (*2)."

 

5. (Der Bhikkhu:)

"Früher hatten wir Verlangen nach den Worten der Wahrheit,
Bis wir zur Begierdelosigkeit (*3) gelangten.
Seit wir zur Begierdelosigkeit gelangten,
Was immer wir gesehen, gehört und gedacht haben,
Nennen die Guten, die es erkannten, ein Beiseitelegen (*4)."

 

 


(*1) Dies muß wohl der Sinn von samkasāyati sein, da das Verbum Samyutta IV. 178 von der Schildkröte gebraucht wird die sich vor dem Schakal in ihre Schale zurückzieht.

(*2) Nämlich der Rezitator.

(*3) virāgena. Ich glaube daß dies hier ein Ausdruck für die Arahantwürde den Erlösungszustand ist.

(*4) Der Sinn ist schwer verständlich. Ich glaube es soll gesagt sein daß für den Erlösten alles Tun nur ein allmähliches Aufgeben ein Beiseitelegen (nikkhepanam) ist. - Es ist also für ihn auch belanglos, ob und wann und wie lange er die heiligen Texte rezitiert.


S.9.11. Nicht reiflich

1. Einstmals weilte ein Bhikkhu im Lande der Kosala, in einem Haine.

 

2. Zu jener Zeit aber dachte der Bhikkhu, der sich auf seinem Tagesaufenthaltsplatze befand, sündhafte, üble Gedanken, wie Gedanken der sinnlichen Lust, Gedanken der Bosheit, Gedanken der Gewalttätigkeit.

 

3. Da nun begab sich die in jenem Haine wohnende Devatā, die mit dem Bhikkhu Erbarmen hatte und sein Heil wünschte, in dem Wunsche den Bhikkhu anzuregen dorthin, wo sich jener Bhikkhu befand.

 

4. Nachdem sie sich dorthin begeben hatte, redete sie den Bhikkhu mit den Strophen an:

 

"Weil du nicht reiflich erwogen, bist du trunken von (üblen) Gednnken;
Gib auf das Nicht-reiflich und denke reiflich nach
Über den Meister, die Lehre und die Gemeinde,
nicht abweichend von sittlicher Zucht.
Dann wirst du zu Wonne gelangen, zu Glück und Freude ohne allen Zweifel,
Und reich an Wonnen wirst du dem Leiden ein Ende machen."

 

5. Da nun kam der Bhikkhu, von der Devatā angeregt, wieder zu der rechten Überlegung.

 


S.9.12. Mittagszeit

1. Einstmals weilte ein Bhikkhu im Lande der Kosala, in einem Haine.

 

2. Da nun begab sich die in jenem Haine wohnende Devatā dorthin, wo sich jener Bhikkhu befand.

 

3. Nachdem sie sich dorthin begeben hatte, sprach sie vor dem Bhikkhu die folgende Strophe (*1):

 

"Wenn die Mittagszeit da ist, wenn die Vögel (im Gezweige) sitzen,

Dann raunt die weite Wildnis: da überkommt mich Furcht."

 

4. (Der Bhikkhu:)

"Wenn die Mittaggzeit da ist, wenn die Vögel (im Gezweige) sitzen,

Dann raunt die weite Wildnis: da überkommt mich Wonne."

 

 

(*1) Vgl. oben 1.15, wo die beiden Strophen zwischen einer Devatā und dem Buddha gewechselt werden.

 


S.9.13. Mit ungezügelten Sinnen

(pākatindriya, wtl. "mit Sinnen, wie sie von Natur sind." Zum ganzen ist Sutta 2. 25 zu vergleichen)

 

1. Einstmals weilten zahlreiche Bhikkhus im Lande der Kosala, in einem Haine, hochmütig, aufgeblasen, unstät, lärmend, geschwätzig, vergeßlich, unbesonnen, nicht gesammelt, zerstreut, mit ungezügelten Sinnen.

 

2. Da nun begab sich die in jenem Haine wohnende Devatā, die mit den Bhikkhus Erbarmen hatte und ihr Heil wünschte, in dem Wunsche die Bhikkhus anzuregen dorthin, wo sich jene Bhikkhus befanden.

 

3. Nachdem sie sich dorthin begeben hatte, redete sie die Bhikkhus mit den Strophen an:

 

"Genügsam in ihrem Leben waren vordem die Bhikkhus, die Schüler des Gotama,
Ohne Begehrlichkeit suchend ihre Almosenspeise,
ohne Begehrlichkeit ihre Liegestätte.
Da sie die Unstätigkeit der Welt erkannt hatten, machten sie dem Leiden ein Ende.
In unersättliche Leute sich wandelnd, wie Dorfvorsteher im Dorfe
Liegen sie (jetzt) da, immer wieder essend, gefesselt an der anderen häusliches Gut
- Die Gemeinde (sonst) mit gefalteten Händen grüßend
meine ich hier (nur) einzelne -
Ausgestoßen, herrenlos sind sie, wie die Gespenster, so sind sie.
Die da lässig sind, von denen spreche ich,
Die unermüdlich sind, denen zolle ich Verehrung."

 

4. Da nun kamen die Bhikkhus, von der Devatā angeregt, wieder zu der rechten Überlegung.

 


S.9.14. Die Lotosblume

1. Einstmals weilte ein Bhikkhu im Lande der Kosala, in einem Haine.

 

2. Zu jener Zeit aber badete der Bhikkhu nach der Mahlzeit, vom Almosengang zurückgekehrt in einem Lotosteiche und roch an einer Lotosblume.

 

3. Da nun begab sich die in jenem Haine wohnende Devatā, die mit dem Bhikkhu Erbarmen hatte und sein Heil wünschte, in dem Wunsche den Bhikkhu anzuregen dorthin, wo sich jener Bhikkhu befand.

 

4. Nachdem sie sich dorthin begeben hatte, redete sie den Bhikkhu mit der Strophe an (*1):

"Wenn du an der wasserentsprossenen Blume, die dir nicht gegeben wurde, riechst,
So ist das eines von den Dingen, die gestohlen werden können:
du bist ein Dieb des Duftes, mein Lieber."

 

5. (Der Bhikkhu:)

"Ich nehme sie nicht, ich breche sie nicht;
von ferne nur rieche ich an der wasserentsprossenen.
Aus welchem Grunde wird man da Dieb des Duftes genannt?
Wer da die Stengel ausgräbt und die Lotosblüten ißt,
Wer so Handlung über Handlung ausgeführt hat (*2),
Warum wird der nicht so genannt?"

 

6. (Die Devatā:)

"Ein Mann, der Frevel über Frevel begangen,
der beschmutzt ist, wie der Rock einer Dienstmagd,
Für den gilt mein Wort nicht; das aber darf ich sagen:
Einem fleckenlosen Manne, der ständig nach dem Reinen sucht,
Erscheint was von einer Sünde nur so viel ist wie die Spitze eines Haares,
groß wie eine Wolke."

 

7. (Der Bhikkhu:)

"Wahrlich, du kennst mich, o Yakkha (*3), und du hast Erbarmen mit mir.
Sprich (*4) nur wieder (zu mir), o Yakkha, wenn du derartiges siehst."

 

8. (Die Devatā:)

"Ich bin im Leben nicht abhängig von dir (*5),
noch hast du (andere) Leute, die für dich wirken (*6).
Du selber, Bhikkhu, mußt wissen, wie du zu glücklicher Existenz kommst."

 


(*1) Nach dem Komm. I. 348-9 dachte die Devatā so: Wenn der Bhikkhu an dem Duft Gefallen findet, wird er an anderen Tagen wieder an den Blumen riechen, sein Wohlgefallen wird wachsen und es wird Begierde, Durst (tanhā), Durst nach dem Wohlgeruch über ihn kommen. "Durst" aber gehört zu den Hemmungen auf dem Erlösungswege.

(*2) ākinnakammo, wtl. "wer mit Tun überhäuft ist". Der Komm. I. 349.9 gibt auch eine andere Lesart: akhīnakammo "bei dem das Tun nicht vernichtet ist."

(*3) Allgemeine Bezeichnung für übermenschliche Wesen. Vgl. dazu oben S. 19, N. 1.

(*4) Es ist vajjāsi zu lesen. So auch der Komm., der es mit vadeyyāsi wiedergibt. Die Form findet sich öfters.

(*5) Die Devatā befürchtet (Komm. I. 349-50), der Bhikkhu möchte in ihr die ständige Mahnerin sehen, die ihn auf alle Fehltritte aufmerksam macht, und dadurch selber in seinem Streben erlahmen. Daher ihre ablehnende Antwort.

(*6) na pi te katakammase (dieses metri Causa für -kammāse), wtl. "noch auch hast du solche die (für dich) die Arbeit verrichtet haben." Auch mit diesen Worten weist die Devatā den Bhikkhu darauf hin, daß er nur durch eigne Kraft erlöst werden kann.


  Oben