• Maitreya und Mantras im Theravada Buddhismus

    09 Nov 2006

    Ich lese viel und gerne über den Buddhismus, vor allem interessiere ich mich für den Theravada-Buddhismus. Leider ist es oft so, dass in Büchern oder auch im Internet einfach in die Materie eingestiegen wird, ohne bestimmte Dinge zu erklären. Da es im Buddhismus allgemein und innerhalb der verschiedenen Lehren so viele Begrifflichkeiten und scheinbar auch Auslegungen gibt, ist manches sehr schwer zu verstehen.

    Wenn man zum Beispiel nur mal schnell was in Wikipedia nachschauen will, ist man erst mal beschäftigt, weil in der Erklärung schon wieder 5 Wörter sind, die man nicht versteht. Überhaupt finde ich es sehr schwer: was hat es zum Beispiel mit dem zukünftigen Buddha auf sich (Maitreya)? Was ist mit den Mantras? sind die jetzt im Theravada auch wichtig oder eher nicht, weil man sich ja nur selbst erlösen kann?

    Fragen über Fragen.... Auf dieser Seite gibt es schon viele Anmerkungen und Erklärungen. Danke dafür. ich fühle mich trotzdem noch immer nicht so richtig im Bilde

    viele Grüße Christina


  • Liebe Christina,

    Fragen über Fragen, das erinnert mich an das Gleichnis mit dem vom Pfeil getroffenen (M.63, oder Wort des Buddhas).

    Um unser Wissen zu erweitern ist es unumgänglich Fragen zu stellen, aber wenn wir uns geistig weiter entwickeln wollen ist es auch notwendig mit dem Fragen einzuhalten und mit dem Geistestraining zu beginnen. Sonst gleichen wir einem Sportler der nur die Theorie studiert und nie mit dem Training anfängt.

    Und wie sollen wir unseren Geist trainieren? Indem wir in erster Linie alles was wir tun mit ungeteilter Achtsamkeit tun. Wenn man seine Achtsamkeit schult, wird man schnell erkennen warum Buddha die 5te Regel eingeführt hat (sikkhāpada).

    Achtsamkeit führt dazu dass man im gegenwärtigen Moment verweilt. Die Vergangenheit ist vorbei und die Zukunft gibt es noch nicht, nur im gegenwärtigen Moment spielt sich das Leben ab. Wer den jetzigen Moment verpasst, verpasst das Leben (Vis.M.8).

    Wenn wir also unsere Achtsamkeit schulen, wenn wir jeden Atemzug (siehe Vism.M.8.3), jede Bewegung dieses Körpers empfinden, wenn wir die Gedanken erkennen, wie sie aufsteigen und wieder im Nichts verschwinden, werden wir langsam etappenweise Dinge erkennen und sehen die uns sonst entgehen würden. Wir sehen z.B. wie der Körper von unserem Willen gesteuert wird. Wie die beiden von einander abhängig sind (siehe nāma rūpa), usw. usw., das alles hier zu erklären bringt nichts, man muss es selber erkennen.

    Bei dieser Geistesschulung gibt es zwei Hauptrichtungen, die Achtsamkeit auf Dinge außerhalb unseres Körpers zu richten (Samatha) und die Achtsamkeit auf uns selbst zu richten (siehe Samatha-Vipassana). Um eine gewisse Geistige Ruhe zu erreichen kann man sicherlich Samatha-Meditation üben, um aber die Erlösung, das Nibbana zu Erreichen ist es unumgänglich sich mit uns selbst zu befassen. Die Vergänglichkeit, die Wesenlosigkeit und das damit verbundene Elend ist nur zu durchschauen wenn wir unsere eigenen Körper und Geistestätigkeiten beobachten.

    Wenn wir lange genug unsere Achtsamkeit geschult haben, unsere Willenskraft durch Enthaltsamkeit gestärkt haben, unser Karma durch gute Taten (dāna) verbessert haben, dann wird uns vielleicht eines Tages wie ein Geistesblitz die Erkenntnis dieses Daseins aufsteigen, dann werden wir die Vergänglichkeit (anicca), die Wesenslosigkeit (anattā) und das Elend an diesem Dasein (dukkha) durchschauen und von allem Anhaften abfallen.

    Diese Erkenntnis ist dann so stark, dass sie bei jedem aufsteigendem Gedanken bzw. Bewusstseinsprozess präsent ist und somit ein Anhaften und ein Rückschritt nicht mehr möglich - ja völlig ausgeschlossen ist. Bei jedem wahrgenommenen Objekt, sei es für den ungeschulten Geist noch so anziehend, wird die Vergänglichkeit, die Wesenlosigkeit und das Leiden erkannt und man haftet nicht mehr daran. (siehe A.I.32; A.X.65, oder Vis.M.6

    Dann haben wir das Nibbana, die Heiligkeit, die Erlösung von der Daseinsrunde (Samsara) erreicht. Sie können sich selbst, ihren Verwandten, ihren Freunden, ihren Mitmenschen, dieser Welt, ja diesem gesamten großen Universum keinen größeren Gefallen tun als diesen geistigen Zustand zu erreichen. Es gibt keinen größeren Verdienst. (A.VI.30)

    Wenn wir also mit dem Geistestraining beginnen werden wir bald feststellen, dass man im Berufsleben oder Hausleben, wie Buddha es genannt hat, nicht ständig die Achtsamkeit bei den Körper- und Geistestätigkeiten verweilen lassen kann. Die Ablenkungen und der tägliche Überlebenskampf sind einfach überwältigend. Um intensiv und ernsthaft zu üben ist es notwendig sich einer Klostergemeinschaft anzuschließen und Mönch oder Nonne zu werden. Leider muss man feststellen, dass viele Mönche und Nonnen nicht der Lehre Buddhas folgen, nicht die Achtsamkeit schulen und sich im Kloster genau so verhalten wie im Alltag, mit dem einzigen Unterschied dass sie andere Kleidung tragen und ein paar Regeln einhalten. 

    Um auf deine Fragen zurückzukommen:

    1. Was hat es mit dem zukünftigen Buddha auf sich (Maitreya)?

    [Maitreya - Sanskrit; Metteyya - Pali]

    Buddha hat in der Cakkavatti-sihanāda Sutta (D.26) das Erscheinen des zukünftigen Buddhas Metteyya vorhergesagt. Metteyya wird erst in Erscheinung treten wenn die Lehre des jetzigen Buddhas Gautama in Vergessenheit geraten und völlig verschwunden ist. Nach einiger Kommentarliteratur soll das ca. 5000 Jahre nach Buddha Gautamo der Fall sein. Wenn man diesen Zahlen glauben schenken will, befinden wir uns jetzt in der Halbzeit.

    Hier groß darüber nachzudenken bringt uns nicht weiter. Man kann sicherlich eine Weile darüber lesen und studieren, aber irgendwann sollten wir uns wieder auf die Achtsamkeitsschulung konzentrieren, nur diese bringt uns weiter und auch ans Ziel.

    2. Was ist mit den Mantras?

    [Mantra - Sanskrit; Manto - Pali]

    Mantras sind Zaubersprüche, Zauberformeln und können, wie du schon richtig erkannt hast, nicht bei der Achtsamkeitsschulung helfen, weil man das schon ganz alleine machen muss.

    Über allem Zauber und magischen Wundern, stellt der Buddha das Wunder der Belehrung. Dem Bürger Kevatta, der gewünscht hatte, daß ein Mönch ein Wunder verrichte, um den Glauben an den Buddha-Orden zu stärken, erwiderte Buddha, er halte nichts von den gewöhnlichen Wundertaten, die auf magischen Fähigkeiten oder auf Gedankenlesen beruhen, sondern empfehle nur das Wunder der Lehre. Die Mönche sollen nur die wahre Lehre verbreiten, das sei das einzige Wunder, das Wert habe. (A.III.61 und D.11).

    In den Sutten sind noch Schutztexte (parittā) erwähnt , die in gewissen Situationen Schutz verleihen sollen. Im Milinda Pañha (Mil. 4.2.4) sind sie aufgelistet.

    Das Hersagen dieser Schutztexte ist in allen Ländern des Theravāda Buddhismus sehr verbreitet. Bei verschiedenen Anlässen werden Mönche eingeladen, die dann diese Texte rezitieren, z.B, bei Hochzeiten, Todesfällen, zur Lebensverlängerung, etc. Leider werden diese Texte, bei denen es um Ethik und Moral und um die Lehre Buddhas geht, in einer für die Anwesenden unverständlichen Sprache (Pali) abgehalten, dass niemand den Sinn dieser Lehrreden verstehen kann und die Lehre Buddhas verborgen bleibt, was zum Niedergang der Buddhistischen Lehre beiträgt.  

    So muss man leider überall mit ansehen wie diese edle Befreiungs-Lehre, man nannte sie auch die Diamant-Lehre, nach dem höchsten, edelsten und teuersten Stein benannt, so langsam von allem möglichen Unrat erstickt wird. In vielen Tempeln ist nichts mehr von der Lehre Buddhas zu finden. Ja es ist geradezu erschreckend was sich beim Buddhismus und in den Buddhistischen Tempeln im Laufe der 2 ½ Jahrtausend seines Bestehens so alles angesammelt hat. Bei einem Besuch in einem Tempel in Colombo, irgendwo an der Galle Road, sah ich ein Bildnis von Sai Baba neben den Buddhastatuen. Auf meine Frage an den Abbot was das Bild hier macht erklärte er mir, seine Gemeinde hätte keinen anderen Ort wo sie ihren Guru verehren können. So muss also wieder der Buddhismus herhalten alles aufzunehmen was an anderen Orten keinen  Platz hat. Hier in Thailand ist es üblich streunende Hunde in den Tempel zu bringen. Was stört und nicht mehr gebraucht wird, kommt in den Tempel. 

    Seien sie also kritisch mit dem was sie da alles so finden und vertrauen sie auf ihren gesunden Menschenverstand. Hierzu fällt mir eine Geschichte aus der Bibel ein, wo Jesus in Jerusalem die Händler aus dem Tempel vertreiben wollte. Das soll jetzt nicht heißen, dass sie das auch tun sollen. Es ist besser hier nach der Vipassana Methode zu verfahren. Wenn sie also eine der vielen Bodhisatta Figuren in einem Tempel gesehen haben, die in Asien so beliebt sind, dann gilt es denn aufsteigenden Gedanken, z.B. "Buddha hat die Verehrung von Boddhisattas nicht gelehrt, das alles hat mit der Achtsamkeitsschulung nichts zu tun", zu erkennen, zu bestätigen und wieder ins nichts zu entlassen, wo er hergekommen ist und man kehrt zur  Achtsamkeitsschulung zurück. Denn eins ist gewiss, man kann sich selbst verändern und verbessern, jedoch nicht die anderen.

    WG


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