Visuddhi Magga VII

Die sechs Betrachtungen (anussati)

Vis. VII. 1. Die Betrachtung über den Erleuchteten (buddhānussati)

 

Als "Betrachtung über den Erleuchteten" gilt die betreffs des Erleuchteten aufgestiegene Betrachtung; damit bezeichnet man jene Achtsamkeit, die die Vorzüge des Erleuchteten zum Vorstellungsobjekte hat.

 

Der von unerschütterlichem Vertrauen erfüllte Übungsbeflissene, der von diesen zehn Betrachtungen zunächst die Betrachtung über den Erleuchteten zu entfalten wünscht, begebe sich an eine geeignete Wohnstätte in der Einsamkeit; und abgeschieden gedenke er der Vorzüge des Erleuchteten, des Erhabenen, und zwar in der Weise: 'Dieser Erhabene, wahrlich, ist der Heilige, der Allerleuchtete, der im Wissen und Wandel Vollkommene, der Wohlgefahrene, der Weltenkenner, der unvergleichliche Lenker der zu bezähmenden Männer, der Meister der Himmelswesen und Menschen, der Erleuchtete, der Erhabene.' Hierbei nun ist folgendes die Art und Weise der Betrachtung: 'Dieser Erhabene, wahrlich, ist der Heilige; er, wahrlich, ist der Allerleuchtete; ... usw.... er, wahrlich, ist der Erhabene.' Auf diese Weise stelle man die Betrachtung an. Und aus den folgenden verschiedenen Gründen wurde solches gesagt.

 

 

1. Weil er nämlich 'entfremdet' ist, 'die Feinde erschlagen', 'die Radspeichen zertrümmert hat', der Bedarfsgegenstände 'würdig' ist, hinsichtlich übler Handlungen nichts zu verheimlichen hat: aus diesen Gründen, wahrlich, gedenkt man des Erhabenen als des 'Arahat' ("Heiligen"). Weil er allen befleckenden Leidenschaften 'entfremdet' (āra-ka) ist und, weit, weit davon, auf dem Pfade weilend die befleckenden Leidenschaften mitsamt den anhaftenden Eindrücken zerstört hat, darum gilt er infolge solches Entfremdetseins als der ' Arahā' (der 'Entfremdete') (Dies ist die Nominativform, die Stammform lautet Arahat. Über die wirkliche Etymologie s. später.)
 

Und weil auf dem Pfade der Heiligkeit er die 'Feinde' (arī, arayo), nämlich die befleckenden Leidenschaften, 'erschlagen' (hata) hat, darum gilt er auch infolge des Erschlagenhabens der Feinde als der 'Arahat' (der 'Feinderschlager').
 

Auch darum gilt er als der 'Arahat', weil er die 'Radspeichen' (ara) 'zertrümmert' (hata) hat; denn am Bodhithrone, mit den Füßen der Tatkraft auf dem Boden der Sittlichkeit feststehend und mit dem Arme des Vertrauens die karmazerstörende Erkenntnisaxt schwingend, zertrümmerte er alle Speichen jenes, an dem dreifachen Daseinsgefährt befestigten und seit anfangslosen Zeiten sich drehenden Daseinsrades (samsāra-cakka), das Unwissenheit und Daseinsbegehren als Nabe hat, verdienstvolle und andere Karmaformationen als Speichen, Alter und Tod als Felgen, und durchdrungen ist von der durch den Eintritt der üblen Triebe gebildeten Achse. Oder aber, als Daseinsrad bezeichnet man die in seinem Anfang unausdenkbare Daseinsrunde; als Nabe die Unwissenheit (avijjā), da diese den Ausgangspunkt bildet; als Felge das Altern und Sterben, da diese Dinge den Abschluß bilden; als Speichen die übrigen zehn Glieder der Daseinsrunde (d.i. des Paticca-samuppāda, der Bedingten Entstehung aller Daseinserscheinungen; s. Teil XVII), da diese die Unwissenheit zum Ausgangspunkt und das Altern und Sterben zum Abschluß haben.

 

Hier nun gilt die

 

(I) Unwissenheit (avijjā) als das Nichtwissen hinsichtlich des Leidens, seiner Entstehung, Erlöschung und des dahin führenden Pfades. - Die Unwissenheit im sinnlichen Dasein (kāma-bhava) nun ist die Bedingung zu den
 

(II) 'Karmaformationen' (sankhara) im sinnlichen Dasein, die Unwissenheit im feinkörperlichen Dasein (rūpa-bhava) die Bedingung zu den Karmaformationen im feinkörperlichen Dasein, die Unwissenheit im unkörperlichen Dasein (arūpa-bhava) die Bedingung zu den Karmaformationen im unkörperlichen Dasein. - Die Karmaformationen im sinnlichen Dasein sind die Bedingungen zum
 

(III) 'Wiedergeburtsbewußtsein' (patisandhi-viññāna) im sinnlichen Dasein; die entsprechende Erklärung gilt auch für die übrigen Daseinsarten. - Das Wiedergeburtsbewußtsein im sinnlichen Dasein ist die Bedingung zum
 

(IV) 'Geistigen und Körperlichen' (nāma-rūpa) im sinnlichen Dasein. Dementsprechend ist es im feinkörperlichen Dasein; im unkörperlichen Dasein aber ist es die Bedingung bloß zum Geistigen. - Das Geistige und Körperliche im sinnlichen Dasein ist die Bedingung zu den
 

(V) 6 'Grundlagen' (āyatana: 5 Sinnenorgane und Bewußtsein) im sinnlichen Dasein, das Geistige und Körperliche im feinkörperlichen Dasein die Bedingung zu 3 Grundlagen (Auge, Ohr, Bewußtsein) (Die übrigen Sinnenorgane sollen im feinkörperlichen Dasein fehlen. In den feinkörperlichen Vertiefungen indessen fehlen die sämtlichen 5 äußeren Sinnentätigkeiten) im feinkörperlichen Dasein, das Geistige im unkörperlichen Dasein die Bedingung zu 1 Grundlage (Bewußtsein) im unkörperlichen Dasein. - Die 6 Grundlagen im sinnlichen Dasein (kāma-bhava) sind die Bedingung zu den
 

(VI) 6 'Bewußtseinseindrücken' (phassa) im sinnlichen Dasein, die 3 Grundlagen im feinkörperlichen Dasein (rūpa-bhava) die Bedingung zu den 3 Bewußtseinseindrücken (Seh-, Hör- und Geist-Eindruck) im feinkörperlichen Dasein, die 1 Grundlage (Bewußtsein) im unkörperlichen Dasein (arūpa-bhava) die Bedingung zu 1 Bewußtseinseindruck (dem geistigen) im unkörperlichen Dasein. - Die 6 Bewußtseinseindrücke im sinnlichen Dasein sind die Bedingung zu den 
 

(VII) 6 'Gefühlen' (vedanā) (das sind die durch Seh-, Hör-, Riech-, Schmeck-, Körpergefühls- und geistigen Eindruck hervorgerufenen Gefühle) im sinnlichen Dasein, die drei Bewußtseinseindrücke (Seh-, Hör- und geistiger Eindruck) im feinkörperlichen Dasein die Bedingung zu den drei Gefühlen (das sind die durch Seh-, Hör- oder geistigen Eindruck hervorgerufene Gefühle) dortselbst, der Bewußtseinseindruck (der geistige) im unkörperlichen Dasein die Bedingung zu dem Gefühl (dem geistigen) dortselbst. - Die 6 Gefühle im sinnlichen Dasein sind die Bedingung zu den 
 

(VIII) 6 Gruppen des 'Begehrens' (tanhā), (nach Formen, Tönen, Düften, Säften, Körpereindrücken und Geistobjekten) die 3 (durch Seh-, Hör- und geistigen Eindruck entstandenen) Gefühle im Feinkörperlichen Dasein die Bedingung zu den 3 (Begehrensgruppen) dortselbst, das eine (durch geistigen Eindruck entstandene) Gefühl im Unkörperlichen Dasein die Bedingung zu der (geistigen) Begehrensgruppe im Unkörperlichen Dasein. - Dieses oder jenes Begehren da und dort ist die Bedingung zu dieser oder jener
 

(IX) 'Anhaftung' (upādana). - Die Anhaftung (aber ist die Bedingung) zum
 

(X) 'Werdeprozeß' (bhava) usw.

 
 

Und wieso?

 

Da z.B. führt einer, in der Absicht die Sinnenfreuden zu genießen, durch das 'sinnliche Anhaften' bedingt, einen schlechten Wandel (duccarita) in Werken, Worten und Gedanken, und durch die Befolgung eines schlechten Wandels erscheint er auf niederer Fährte wieder. Hierbei nun gilt sein wiedergeburterzeugendes Wirken als der 'Karma-Prozeß' (kamma-bhava), die aus dem Wirken entsprungenen Daseinsgruppen als der (XI-XII) 'Wiedergeburts-Prozeß' (uppatti-bhava), die Entstehung der Daseinsgruppen als (XI) 'Geburt' (jati), ihr Reifen als (XII) 'Altern' (jarā), und ihr Zerfall als 'Sterben' (marana).
 

Ein anderer, in der Absicht das Himmelsglück zu genießen, führt einen dementsprechenden guten Wandel (sucarita), und durch Befolgung eines guten Wandels wird er im Himmel wiedergeboren. Hierbei nun gilt dessen wiedergeburterzeugendes Wirken als der 'Karma-prozeß' usw.
 

Ein dritter, in der Absicht das Glück der Brahmawelt zu genießen, entfaltet, durch sinnliches Anhaften bedingt, Güte, Mitleid, Mitfreude oder Gleichmut, und nach vollendeter Entfaltung wird er in der Brahmawelt wiedergeboren. Hierbei nun gilt dessen wiedergeburtverursachendes Karma (Wirken) als der 'Karmische Werdeprozeß' (kamma-bhava).
 

Ein vierter, in der Absicht das Glück der Unkörperlichen Welt zu genießen, entfaltet in der entsprechenden Weise das Gebiet der Raumunendlichkeit und die übrigen Erreichungszustände (s. Teil X), und nach vollendeter Entfaltung wird er dort und dort wieder geboren. Hierbei gilt dessen wiedergeburtverursachendes Karma (Wirken) als der 'Karmische Werdeprozeß' (kamma-bhava) die dem Wirken entsprungenen Daseinsgruppen als der 'Wiedergeburtsprozeß' (uppatti-bhava), die Entstehung der Daseinsgruppen als die 'Geburt', ihr Reifen als das 'Altern', und ihr Zerfall als das 'Sterben'. Dieselbe Erklärungsweise gilt auch bei den auf die übrigen Anhaftungen (d.i. das Anhaften an Ansichten, an Regeln und Riten und am Persönlichkeitsglauben) sich beziehenden Darstellungen.
 

Somit bildet diese Unwissenheit die Bedingung, die Karmaformationen aber sind dadurch bedingt entstanden; auch alle beide sind sie bedingt entstanden: solche Weisheit hinsichtlich der Erforschung der Abhängigkeitsbedingungen (paccaya) gilt als die 'Erkenntnis der Beständigkeit des Gesetzes' (dhamma-tthiti-ñāna). Auch im vergangenen wie im künftigen Daseinslauf bildet die Unwissenheit die Bedingung, die Karmaformationen aber sind dadurch bedingt entstanden: auch alle beide sind sie bedingt entstanden; solche Weisheit hinsichtlich der Erforschung der Abhängigkeitsbedingungen gilt als die 'Erkenntnis der Beständigkeit des Gesetzes'. In derselben Weise sind auch alle die übrigen Glieder zu erklären.
 

Hier nun bilden Unwissenheit und Karmaformationen (I-II) eine Gruppe; eine andere Gruppe bilden Bewußtsein, Geistiges und Körperliches, die Grundlagen, Bewußtseinseindruck und Gefühl (III-VII); eine andere bilden Begehren, Anhaftung und (Karm.) Werdeprozeß (VIII bis X); eine andere bilden Geburt, Altern und Sterben (XI-XII).
 

Von diesen betrifft die erste Gruppe (I-II) die Vergangenheit; die beiden mittleren (3 Zeiten) (III-X) betreffen die Gegenwart; Geburt, Altern und Sterben (XI-XII) die Zukunft.
 

(20 Daseinsfaktoren). Hierbei nun sind Begehren, Anhaftung und der (karmische) Werdeprozeß (VIII-X) in Unwissenheit und Karmaformationen (I, II) mit einbegriffen, und diese 5 Dinge bilden die Karmarunde (kamma-vatta) der Vergangenheit. - Die 5 mit Bewußtsein beginnenden Glieder (III-VII) bilden die Wirkungsrunde (vipāka-vatta) der Gegenwart. - Unwissenheit und Karmaformationen (I,II) sind im Begehren, Anhaftung und dem Werdeprozeß (VIII-X) mit einbegriffen, und diese 5 Dinge bilden die Karmarunde der Gegenwart. - Da nun mit 'Geburt, Altern und Sterben, Bewußtsein usw. (III-VII) gemeint sind, so bilden eben diese 5 Dinge die Wirkungsrunde der Zukunft. (Mit Geburt, Altern und Sterben werden bezeichnet das Geburts-, Verfalls- und Auflösungsstadium bei Bewußtsein, dem Geistigen und Körperlichen, den 6 Grundlagen, Bewußtseinseindruck und Gefühl (III-VII))

 

Jene Dinge bilden somit 20 Daseinsfaktoren.
 

 

(3 Verknüpfungen) Dabei nun besteht eine Verknüpfung der Karmaformationen mit dem Bewußtsein, eine Verknüpfung des Gefühls mit dem Begehren, eine Verknüpfung des (karmischen) Werdeprozesses mit der Geburt. (Zwecks eingehender Kenntnis der oben nur kurz angedeuteten Kernlehre des Buddhismus von der Bedingten Entstehung (paticca-samuppāda) sei der Leser verwiesen auf Teil XVII)
 

In dieser Weise versteht, erkennt, durchschaut und durchdringt der Erhabene in jeder Hinsicht diese Bedingte Entstehung, mit den 4 Gruppen, den 3 Zeiten, den 20 Daseinsfaktoren und den 3 Verknüpfungen. Dies nun gilt aufgrund des Erkennens als Erkenntnis, aufgrund des Verstehens als Wissen. Darum heißt es "Das im Erfassen der Abhängigkeitsbedingungen bestehende Wissen gilt als die 'Erkenntnis der Beständigkeit des Gesetzes (der Abhängigkeit)'". Mit dieser Erkenntnis jene Erscheinungen der Wahrheit gemäß erkennend und sich davon abwendend, loslösend und befreiend, hat der Erhabene die Speichen dieses solcherart beschriebenen Daseinsrades zerschlagen, zerstört und vernichtet. Somit gilt er auch aus dem Grunde, daß er die 'Speichen' (ara) 'zerschlagen' (hata) hat, als der Ara-hat (der 'Speichen-zerschlager').
 

Weil er der höchsten Opfergaben würdig ist, ist er auch würdig des Gewandes und der übrigen Bedarfsgegenstände, sowie der besonderen Verehrung. Darum eben brachten, sobald der Vollendete erschienen war, alle die hochmächtigen Himmelswesen und Menschen anderwärts keine Verehrung mehr dar. So z.B. verehrte der Brahma Sahampati den Vollendeten mit einer Juwelenkette, die so groß war wie der Berg Meru. Und ihrem Vermögen entsprechend beschenkten ihn andere Himmelswesen und Menschen, wie König Bimbisāra, König Kosala u.a. Selbst anläßlich des bereits erloschenen Erhabenen spendete König Asoka sechsundneunzig Koti und ließ über ganz Indien verstreut vierundachtzig tausend Klöster errichten. Was sollte man da noch weitere besondere Ehrenbezeigungen anführen? Somit gilt der Erhabene, weil er der Bedarfsgegenstände und anderer Gaben 'würdig' (araha) ist, als der Arahat (der 'Würdige'). (Dies ist die wirkliche Bedeutung des Wortes arahā, Stamm 'arahat' (arahati, würdig sein), während alle übrigen Erklärungen lediglich als religiöse Erbauungsetymologien aufzufassen sind)
 

Und da er es nicht so macht wie in der Welt gewisse Toren, die sich für Weise halten, aus Furcht vor schlechtem Rufe aber ganz im Geheimen Böses tun, so gilt er eben wegen der Abwesenheit von 'geheimem' (raho) Übeltun als der A-rahā' (der 'Nicht-Heimliche').

 
 

Somit hat er auf jede Weise den Namen verdient.
 

 

2. Als 'Allerleuchteter' (sammā-sambuddha) aber gilt er, weil er alle Dinge richtig (sammā) und 'aus sich selbst heraus' (sāmam) 'erkannt' (buddha) hat. Ja, völlig erleuchtet ist er hinsichtlich aller Dinge, denn die zu erkennenden Dinge (Leiden) hat er erkannt, die zu durchschauenden Dinge durchschaut, die zu überwindenden Dinge (Leidensentstehung: Begehren) hat er überwunden, die zu verwirklichenden Dinge (Leidenerlöschung: Nirwahn), hat er verwirklicht, und die zu entfaltenden Dinge (Pfad) hat er entfaltet. Eben deshalb heißt es (Snp. 558):
 
 

 

Ferner hat er richtig und aus sich selbst heraus alle Dinge erkannt, indem er jedesmal einen einzelnen Gegenstand vornahm, als wie: 'Das Auge ist dem Gesetz des Leidens unterworfen; das dieses Auge erzeugende frühere (in früherem Dasein tätige) Begehren aber bildet, da es seine Grundursache ist, die Wahrheit von seiner Entstehung; die Nicht-Fortsetzung (Stillstand) dieser beiden bildet die Wahrheit von seiner Erlöschung; der seine Erlöschung bewirkende Pfad bildet die Wahrheit vom Pfade.' Die nämliche Erklärung gilt für Gehör, Geruch, Geschmack, Körper und Bewußtsein.
 

In genau derselben Weise sind auch zu behandeln: 

Dies nun ist hierbei die Anordnung eines einzelnen Gegenstandes: 'Altern und Sterben bilden die Wahrheit vom Leiden, Geburt bildet die Wahrheit von ihrer Entstehung, die Entrinnung von beiden bildet die Wahrheit von ihrer Erlöschung, der ihre Erlöschung bewirkende Pfad bildet die Wahrheit vom Pfade dahin': indem er so jedesmal einen einzelnen Gegenstand vornimmt, 'erkennt', versteht und durchschaut er alle Dinge 'richtig' und 'aus sich selber heraus'. 

Darum wurde der Ausspruch getan: 'Als Allerleuchteter aber gilt er, weil er alle Dinge richtig und aus sich selber heraus erkannt hat.'

 

3. Als 'Vollkommen im Wissen und Wandel' aber gilt er, weil er vollkommen ist in den Wissensarten und im Wandel.

Hier bezieht sich 'Wissen' (vijjā) auf die 3 Wissen (*) oder auch die 8 Wissen. Die 3 Wissen sind in der in der 'Sutte von Furcht und Angst' (M.4) beschriebenen Weise zu verstehen, die 8 Wissen wie in der Ambattha-Sutte (D.3) angegeben. Dort nämlich sind 8 Wissen angegeben, indem die 6 Höheren Geisteskräfte (abhiññā) mit dem Hellblick-Wissen (vipassanā-ñāna) und der Macht des geistigen Erzeugens (mano-may'iddhi) zusammengefaßt werden.

 

(*) [Erinnerung an frühere Daseinsformen, Himmlisches Auge und Triebversiegung (Heiligkeit). Der Kom. bietet hier eine Reihe von Erbauungsetymologien und erklärt vijjā (Ö vid, wissen) als das Auffinden (Ö vid, vindati) oder das 'Durchdringen' (Ö vidh, skr. Ö vyadh) u. dgl.]

 

Als "Wandel" (carana) sind folgende 15 Dinge zu betrachten: Sinnenzügelung, Bewachung der Sinnentore, Maßhalten bei Mahle, Befleißigung in der Wachsamkeit, die 7 Tugenden (Vertrauen, Schamgefühl, Gewissensscheu, reiches Wissen, Tatkraft, Achtsamkeit, Einsicht; A.VII.3, VII.5, VII.7) und die 4 Vertiefungen in der feinkörperlichen Sphäre. Diese 15 Dinge werden nämlich deshalb als 'Wandel' bezeichnet, weil der edle Jünger sich darin ergeht, sich dadurch in der Richtung zum Todlosen bewegt.

 
Dies alles hat man in der im Mittleren Halbhundert (M.53) beschriebenen Weise zu verstehen, wo es heißt: "Da, Mahānāma, ist der edle Jünger sittenrein usw." Der Erhabene nun ist mit diesen Arten des Wissens und diesem Wandel ausgestattet, darum nennt man ihn 'im Wissen und Wandel vollkommen'.
 

Hier nun bewirkt die Vollkommenheit im Wissen die Allerkenntnis des Erhabenen, die Vollkommenheit im Wandel aber seine große Barmherzigkeit. Mit Hilfe seiner Allerkenntnis das allen Wesen Heilsame und und Unheilsame erkennend, wandte er in seiner großen Barmherzigkeit das Unheilsame von ihnen ab und festigte sie im Heilsamen, wie das eben ein im Wissen und Wandel Vollkommener tut. Daher wandeln seine Jünger auf dem rechten Pfade, nicht aber auf dem üblen Pfade, wie etwa die Jünger der im Wissen und Wandel Unvollkommenen, die Selbstquäler (z.B. A.IV.198) u.a.m.

 

 

4. Als der "Wohl-Gefahrene" (Su-gata) gilt er wegen seiner "glückverheißenden Fährte", oder weil er "zu hehrer Stätte gelangt" ist, oder weil er "richtig gegangen" ist oder "mit richtiger Rede begabt" ist.

 

Denn 'Fährte' wird auch als gata, d.i. 'Gang', bezeichnet; und jene ist bei dem Erhabenen glückverheißend, lauter und untadelig. Und welches ist diese Fährte? Der edle Pfad. Denn auf dieser Fährte ist er ungehemmt zur Stätte der Sicherheit gelangt. Daher gilt er wegen seiner glückverheißenden Fährte als der Su-gata (der 'Wohl-Gefahrene').

 

Und zur hehren Stätte, zum todlosen Nirwahn, ist er hingelangt; daher gilt er auch, weil er zur hehren Stätte gelangt ist, als der Su-gata (der 'zur hehren Stätte Gelangte').

 

Und 'richtig gegangen' ist er, ohne in die auf diesem und jenem Pfade geschwundenen Leidenschaften von neuem wieder zurückzufallen. Denn es heißt: "Zu jenen Befleckungen, die ihm auf dem Pfade des Stromeintritts (sotāpatti-magga) geschwunden sind, strebt er nicht mehr hin, kehrt er nicht mehr um, kehrt er nicht mehr zurück: darum gilt er als der Su-gata (der Richtig-Gegangene). . . . Zu jenen Leidenschaften, die ihm auf dem Pfade der Heiligkeit geschwunden sind, strebt er nicht mehr hin, kehrt er nicht mehr um, kehrt er nicht mehr zurück: darum gilt er als der Su-gata." Oder, von der Zeit ab, wo der Erhabene zu Füßen des Dīpankara-Buddha (hierüber s. Buddhavamsa II) lag, bis zu der Zeit, wo er unter dem Bodhibaume saß, solange wirkte er durch seinen die 30 Vollkommenheiten (Pārami) zur Verwirklichung bringenden rechten Wandel für das Heil und Wohl der ganzen Welt; und den Extremen der Ewigkeitslehre und der Vernichtungslehre (d.i der Glaube, daß das Ich ewig sei, und der Glaube, daß das Ich beim Tode vernichtet werde, während der Buddha 'im höchsten Sinne' die Existenz einer Ichheit überhaupt nicht anerkennt), des Sinnengenusses und der Selbstkasteiung aus dem Wege gehend, ist er auf dem richtigen Wege gegangen. Und auch weil er auf diese Weise richtig gegangen ist, gilt er als der Su-gata (der 'Richtig-Gegangene'). Auch weil er 'richtig redet' (gad), an rechter Stelle das rechte Wort äußert, gilt er auch zufolge seiner richtigen Rede (gada) als der Su-gata (der 'Richtig-Redende').

 

Hierzu die entsprechende Sutte (M.58):

 

"Solche Worte, von denen der Vollendete weiß, daß sie unwahr, unbegründet und unheilsam und den anderen unlieb und unangenehm sind, solche Worte spricht der Vollendete nicht.

Und auch solche Worte, von denen der Vollendete weiß, daß sie wahr und begründet, aber unheilsam und den anderen unlieb und unangenehm sind, auch solche Worte spricht der Vollendete nicht.

Bei solchen Worten aber, von denen der Vollendete weiß, daß sie wahr, begründet und heilsam, wenn auch den anderen unlieb und unangenehm sind, da kennt der Vollendete die richtige Zeit, solche Worte zu äußern.

Solche Worte, von denen der Vollendete weiß, daß sie unwahr, unbegründet und unheilsam, wenn auch den anderen lieb und angenehm sind, solche Worte spricht der Vollendete nicht.

Und auch solche Worte, von denen der Vollendete weiß, daß sie wahr, begründet, aber unheilsam, wenn auch den anderen lieb und angenehm sind, auch solche Worte spricht der Vollendete nicht.

Bei solchen Worten aber, von denen der Erhabene weiß, daß sie wahr, begründet und heilsam, und auch den anderen lieb und angenehm sind, da kennt der Vollendete die richtige Zeit, solche Worte zu äußern."

So also hat man ihn zufolge seiner richtigen Rede als den Su-gata zu betrachten.

 
 

5. Als "Weltenkenner" (loka-vidū) gilt er, weil er auf jede Weise die Welt erkannt hat. Denn der Erhabene hat die Welt mit Hinsicht auf ihre Natur, Entstehung, Erlöschung und den Weg zu ihrer Erlöschung, mithin auf jede Weise erkannt, verstanden und durchdrungen. Wie es heißt (A.IV.45):

"Wahrlich, nicht ist man imstande, o Bruder, das sag' ich, durch Gehen das Ende der Welt zu erkennen, zu sehen oder zu erreichen, da wo es weder Geburt gibt, noch Altern und Sterben, weder Entstehen noch Vergehen. Doch nicht kann man, o Bruder, das sage ich, ohne der Welt Ende erreicht zu haben, dem Leiden ein Ende machen. Das aber verkünde ich, o Bruder: In eben diesem sechs Fuß hohen, mit Wahrnehmung und Bewußtsein behafteten Körper, da ist die Welt enthalten, der Welt Entstehung, der Welt Erlöschung und der zu der Welt Erlöschung führende Pfad."
 

 

 

Fernerhin, es gibt drei Welten: 

Unter diesen hat man die 'Welt der Gebilde' (sankhāa-loka) zu verstehen im Sinne der sich hierauf beziehenden Stelle (A.X.27-28): "Von einer Art ist die Welt: alle Wesen sind von der Nahrung abhängig usw." 

Die 'Welt der Lebewesen' (satta-loka) ist gemeint an der Stelle (z.B.M.63): "Ob die Welt ewig ist, oder ob die Welt nicht ewig ist." 

Die 'Welt des Raumes' (okāsa-loka) ist gemeint in dem Ausspruch (M.49); "So weit da Sonne und Mond kreisen, die Himmel im Glanze erstrahlen, so weit reicht eine tausendfache Welt: dort herrscht dein Wille." 

Diese Welten nun hat der Erhabene in jeder Weise erkannt.


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