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Fragen zu Nirwana, Selbstmord, Gott, etc
20 Mai 1999
1. Frage:
Wenn die Welt und das Leben nur unter dem Aspekt des Elends gesehen wird, ist
man da nicht einseitig auf einem Auge blind, wenn nur das Negative gesehen wird?
1. Antwort:
Es wird gesehen wie es tatsächlich ist. Es wird die Wahrheit gesehen,
unverschleiert, offen ehrlich. Warum wollen Sie sich weiterhin selbst betrügen?
2. Frage:
Wenn man das Leben so schnell wie möglich wieder loswerden will und das Ziel die
Vernichtung im Nirvana ist, degradiert man dann das Leben nicht zu etwas
sinnlosem, das man am besten gar nicht erhalten hätte? Man gleicht dann doch
einem Menschen, der sich aus Angst vor dem Tod suizidiert?
2. Antwort:
Das Leben ist nicht sinnlos, es gibt Ihnen die Möglichkeit aus dem Samsara
Kreislauf, des Geborenwerden – Altern – Erkranken und Sterben auszubrechen. Man
kann das Leben gar nicht vermeiden und es ist Ihnen nicht gegeben worden, Sie
haben es sich selbst gegeben. Ob Sie es wollen oder nicht, Sie müssen wieder
kommen, auch wenn Sie sich mit Händen und Füßen dagegen sträuben oder sich sogar
das Leben nehmen. Im Grunde genommen, kommen Sie wieder weil Sie es eigentlich
selbst wollen, ohne dass Sie sich dessen bewusst sind.
Man macht einen Suizid nur aus Unwissenheit über die Tatsache, dass man nur
diesen Körper zerstört und die übrig bleibende geistige Energie zu einer neuen
Wiedergeburt führt.
So einfach kann man dem Samsara - Kreislauf nicht entrinnen. Wir sitzen darin
fest, wie ein Zug auf dem Gleis. Ohne Buddha's Wissen und seiner Meditation sind
wir nicht in der Lage den Geburten-Kreislauf zu verlassen.
Wir haben es nicht in der Hand, wo und wann wir wieder geboren werden, wie
die Umstände sein werden, ob wir nicht in schlechte Gesellschaft kommen und
dadurch wieder auf Abwege geraten. Dieses Leben ist etwas sehr wertvolles, es
ist sehr schwer zu erlangen, vergleichen Sie dazu das Gleichnis von der
Schildkröte in Samy. 56.47 und
Majjh 129.
Wenn man jetzt denkt durch eine gute und edle Lebensweise zu vorteilhafter
Wiedergeburt zu kommen, in eine reiche Familie hineingeboren zu werden und
dadurch ein gutes Leben führen zu können, muss wieder enttäuscht werden. Dadurch
dass man reich ist, wird Gier aufsteigen und man wird wieder einen schlechten
Lebenswandel führen und wieder auf Abwege geraten. Und so wandern wir seit
unendlichen Zeiten durch die verschiedenen (31) Existenzebenen. Im
15ten Samyutta Nikaya sind einige
beeindruckende Beispiele angeführt, wie lange wir schon diese Daseinsrunde
durcheilen. Hier erzählt Buddha, dass wir schon mehr Blut und mehr Tränen
vergossen haben, als das Wasser der vier Weltmeere. Oder dass es sehr schwierig
ist, irgendein Wesen zu finden, das nicht früher schon einmal Mutter - Vater -
Bruder - Schwester - Sohn - Tochter gewesen wäre, während dieser langen Zeit.
(Im Therigatha 495 in
Gedichtform), (über Buddhas frühere Leben siehe im
Milinda Pañha 4.4.6)
Vergleichen Sie dazu was Buddha im
Anguttara Nikaya A.I.32 gesagt
hat:
Gleichwie, ihr Mönche, selbst schon ein wenig Kot, Urin, Schleim, Eiter
oder Blut übel riecht, so auch preise ich nicht einmal ein kurzes Dasein, auch
nicht für einen Augenblick.
oder in A.X.60:
...... »Da, Ananda, überwindet der Mönch dieses krampfhafte Hängen an der
Welt, dieses Festhalten und diese Triebe und Neigungen des Geistes, kehrt sich
davon ab, ohne daran zu haften......
oder Fußnote Nr. 40
aus dem Buch 'Die Heilslehre von Buddha' von G Krauskopf:
Der Selbstmord gilt als verwerflich, solange eine Lebensverkettung vorliegt,
und sie besteht gerade bei den Selbstmördern am stärksten. Das Leben gilt als zu
kostbar, um leichtsinnig oder gewaltsam unterbrochen zu werden. Nach der
Karmalehre knüpft jeder Selbstmörder wieder dort sein Leben an unter ähnlichen
Umständen, wo er es verlassen hat. Der Kampf mit dem Leben soll aufgenommen
werden, weil nur dadurch eine Verbesserung des gegenwärtigen und zukünftigen
Lebens erreicht werden kann.
- "Wie hat er sich betrogen!
- Hier stand er hinterm Busch versteckt,
- Dort steht er bloß und aufgedeckt,
- Und alles, was ihn hier erschreckt,
- Ist mit ihm gezogen.
- Wie hat er sich betrogen!"
(Matthias Claudins)
Anders liegt der Fall bei einem Entsüchteten, dem von Gier, Haß und Wahn
befreiten. Bei diesem entsüchteten und zu Ende gekommenen Leben ist es gleich,
wann und wie der körperliche Tod erfolgt, da nichts mehr da ist, was neu Fuß
fassen kann.
4. Frage:
Eine rein auf das Leiden beschränkte Sicht der Dinge, ein Leben ohne
Endbestimmung, nur die Vernichtung als Ziel, ein Weg ohne Schöpfer, ohne Gott,
wo soll da eine Erlösung liegen? Erlösung müßte doch etwas positives sein, nach
dieser Definition dürfte ein Mensch der das Leben liebt, niemals die
nirvanische Erlösung anstreben, im Gegenteil müßte er sie fürchten.
4. Antwort:
Er fürchtet sich aus Unwissenheit, weil er die Zusammenhänge dieses Daseins
nicht erkennt. Er sollte sich eigentlich vor diesem Dasein fürchten.
5. Frage:
Dieser Tage habe ich ein Buch über Leben und Lehre des hinduistischen Mystikers
Ramana Maharshi gelesen. Er benutzt ganz ähnliche Meditationstechniken, die
allerdings ein völlig anderes Ziel zu haben scheinen: Die Verschmelzung mit dem
Göttlichen, also etwas völlig positiv formuliertes, ähnlich wie die christlichen
Mystiker.
6. Antwort:
Die Verschmelzung mit dem Göttlichen mag einem Unwissenden erstrebenswert
erscheinen. Kann es aber nicht sein, weil es zu erneuter Geburt – Altern –
Erkranken – und Sterben führt. Auch Götter (auch der liebe Gott) haben nur ein
befristetes Dasein und sind dem Zerfall unterworfen.
Hierzu ein Gedicht aus dem
Dhp.178
- Besser als Alleinherrschaft auf Erden,
- Besser als Geburt in einem Götterreich,
- Besser als die Herrschaft über alle Welt
- Ist fürwahr das Ziel des Eintritts in den Strom.
Im Anguttara Nikaya III.71
finden Sie etwas über das Alter der Götter. In
Majjh.49 ist ein Gespräch überliefert
zwischen Buddha und dem Lieben Gott (Brahma). In
A.VII.58 ii erzählt Buddha
dass er selbst schon als der Große Brahma geboren wurde.
7. Frage:
Warum kommen die Mystiker der verschiedenen Traditionen in der Meditation trotz
ähnlicher Techniken zu solch unterschiedlichen Betrachtungsweisen und
Ergebnissen?
7. Antwort:
Es gibt in diesem Universum eine Kraft oder Energie, vielleicht vergleichbar mit
der Schwerkraft, die uns in die Gegenrichtung der Erlösung zieht. Diese Kraft
will, dass wir immer wieder geboren werden, sie ernährt sich daran. Diese Kraft
versucht uns von der Erlösung abzubringen. Im Christentum wurde diese Kraft als
Teufel bezeichnet. Im Buddhismus wird sie Mara
genannt. Sie kann in allen Möglichen Formen auftreten.
Das erste Große Hindernis auf dem Weg zur Befreiung ist das andere Geschlecht
(siehe Anguttara Nikaya I.1).
Hat man das Elend in dem Anhaften daran erkannt und sich davon befreit, lauert
schon das nächste Hindernis: Macht, Einfluss, Berühmtheit.
Wie Buddha erwähnt, waren einige seiner Mönche und Anhänger schon sehr weit
in der Meditation fortgeschritten. Als sie dadurch Berühmtheit erlangten, fingen
sie wieder an zu lügen um Ihre Macht zu erhalten oder zu erweitern und gelangten
dadurch wieder auf die falsche Fährte zur Wiedergeburt und damit zu erneutem
Leiden.
Wolfgang G
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