Anguttara Nikaya

A.VII. 58 Zur Überwindung der Schläfrigkeit

So habe ich gehört Einst weilte der Erhabene im Lande der Bhagger, bei Sumsumāragiri, im Wildpark des Bhesakalā-Waldes. Im Lande der Māgadher, im Dorfe Kallavālaputta, war nun gerade zu dieser Zeit der ehrwürdige Mahā-Moggallāna beim Sitzen von Schläfrigkeit befallen (*1). Dies schaute der Erhabene mit dem himmlischen Auge, dem geklärten, übermenschlichen. Dies schauend, verschwand er aus dem Wildpark des Bhesakalā-Waldes, und, so schnell wie ein kräftiger Mann den gebeugten Arm ausstreckt oder den gestreckten Arm beugt, trat er im Lande der Māgadher, im Dorfe Kallavālaputta, vor dem ehrwürdigen Mahā-Moggallāna wieder in Erscheinung. Und der Erhabene setzte sich auf dem vorbereiteten Sitze nieder und sprach zum ehrwürdigen Mahā-Moggallāna:

"Du bist wohl schläfrig, Moggallāna? Du bist wohl schläfrig, Moggallāna?"

-"Ja, o Herr."

-"So darfst du denn, Moggallāna, jene Vorstellung, in der verweilend dich die Müdigkeit überkommt, nicht beachten, nicht großziehen. Dann mag es sein, daß, wenn du derart verweilst, deine Müdigkeit schwindet.

Sollte aber, während du so verweilst, deine Müdigkeit nicht schwinden, so magst du über die Lehre, so wie du sie vernommen und gelernt hast, nachdenken und nachsinnen, sie im Geiste erforschen. Dann mag es sein, daß, wenn du derart verweilst, deine Müdigkeit schwindet.

Sollte aber, während du so verweilst, deine Müdigkeit nicht schwinden, so magst du, Mogallāna, die Lehre, so wie du sie vernommen und gelernt hast, ausführlich hersagen. Dann mag es sein, daß, wenn du derart verweilst, deine Müdigkeit schwindet.

Sollte aber, während du so verweilst, deine Müdigkeit nicht schwinden, so magst du, Mogallāna, beide Ohren hin und her schütteln und mit der Hand deine Glieder reiben. Dann mag es sein, daß, wenn du derart verweilst, deine Müdigkeit schwindet.

Sollte aber, während du so verweilst, deine Müdigkeit nicht schwinden, so magst du, Mogallāna, dich vom Sitze erheben, deine Augen mit Wasser abspülen (*2), darauf Himmelskörper betrachten. Dann mag es sein, daß, wenn du derart verweilst, deine Müdigkeit schwindet.

Sollte aber, während du so verweilst, deine Müdigkeit nicht schwinden, so magst du, Mogallāna, deinen Geist auf die Vorstellung des Lichtes heften, die Tagesvorstellung festhalten: wie bei Tage so bei Nacht, wie des Nachts so bei Tage. So magst du mit einem wachen, ungetrübten Geiste, einem von Helle erfüllten Bewußtseinszustand die Vorstellung des Lichtes entfalten. Dann mag es sein, daß, wenn du derart verweilst, deine Müdigkeit schwindet.

Sollte aber, während du so verweilst, deine Müdigkeit nicht schwinden, so magst du, Mogallāna, des Vorwärts- und Zurück[gehens] gewahr, auf und ab wandeln, mit nach innen gerichteten Sinnen, ohne den Geist nach außen schweifen zu lassen. Dann mag es sein, daß, wenn du derart verweilst, deine Müdigkeit schwindet.

Sollte aber, während du so verweilst, deine Müdigkeit nicht schwinden, so magst du, Moggallāna, auf der rechten Seite liegend, in der Löwenhaltung ausruhen, ein Bein über dem anderen, achtsam, klar bewußt, den Geist auf die Vorstellung des Wiederaufstehens einstellend. Beim Erwachen aber, Mogallāna, sollst du dich schnell erheben und daran denken: 'Nicht will ich mich dem Genusse des Ausruhens und des Schlafens hingeben.' So, Mogallāno, sollst du dich üben.

Ferner, Mogallāno, sollst du dich darin üben: 'Nicht will ich mich aufgeblähten Geistes zu den Familien hinbegeben!' Denn wenn sich ein Mönch aufgeblähten Geistes zu den Familien hinbegibt, es aber dort Geschäfte zu erledigen gibt, derenthalben die Leute dem ankommenden Mönche keine Beachtung schenken, so kommt dem Mönche der Gedanke: 'Wer hat mich denn mit dieser Familie entzweit? Diese Menschen scheinen jetzt Abneigung gegen mich zu haben.' Und weil er nichts erhält, gerät er in Bestürzung; infolge seiner Bestürzung wird er aufgeregt; aufgeregt aber ist er ohne Beherrschung; ohne Beherrschung ist sein Geist fern der Sammlung.

Ferner, Mogallāno, sollst du dich darin üben: 'Keinen heftigen Wortwechsel will ich führen!' Denn bei heftigem Wortwechsel hat man einen großen Schwall von Worten zu erwarten, bei einem großen Wortschwall aber Aufgeregtheit, bei Aufgeregtheit Mangel an Beherrschung, und ohne Beherrschung ist der Geist fern von der Sammlung.

Nicht lobe ich, Moggallāna, jedwede Gemeinschaft; und nicht tadele ich, Moggallāna, jedwede Gemeinschaft. Gemeinschaft mit Mönchen, die sich den Hausleuten zugesellen, die lobe ich nicht (*3). Doch was es da an Behausungen gibt, dem Lärm und Geräusch unzugänglich, von kühlen Winden umweht, den Menschen entzogen, zur Loslösung geeignet: die Gemeinschaft (mit Mönchen) in solchen Behausungen, die lobe ich."

Auf diese Worte sprach der ehrwürdige Mahā-Moggallāna zum Erhabenen also (*4):

"Inwiefern wohl, o Herr, ist ein Mönch, kurz gesagt, durch Aufhebung des Begehrens erlöst, im Besitze höchster Gewißheit, höchster Sicherheit, höchster Reinheit, höchster Vollendung, ist der Edelste unter Göttern und Menschen?"

"Da, Moggallāna, hat ein Mönch vernommen: Kein Ding (*5) ist wert, daß man daran haftet. Hat nun der Mönch dies vernommen, so lernt er jedes Ding gründlich kennen (*6). Hat er es gründlich kennen gelernt, so durchschaut er jedes Ding (*7). Wenn er dann so jedes Ding durchschaut hat und er dann irgendein Gefühl empfindet, sei es erfreulich, leidig oder weder erfreulich noch leidig, so weilt er bei diesen Gefühlen in der Betrachtung ihrer Vergänglichkeit, in der Betrachtung ihrer Aufhebung und in der Betrachtung der Loslösung von ihnen. In solcher Betrachtung der Gefühle verweilend, hängt er an nichts mehr in der Welt. An nichts mehr hängend, erzittert er nicht mehr; nicht mehr erzitternd, erreicht er eben aus sich selber heraus das Nibbāna. 'Versiegt ist die Wiedergeburt, erfüllt der Heilige Wandel; getan ist, was zu tun war; nichts Weiteres mehr nach diesem hier', so erkennt er (*8).

Insofern, Moggallāna, ist ein Mönch, kurz gesagt, durch Aufhebung des Begehrens erlöst, im Besitze höchster Gewißheit, höchster Sicherheit, höchster Reinheit, höchster Vollendung, ist der Edelste unter Göttern und Menschen."


(*1) Dem K zufolge hatte Mahā Moggallāna eine Woche lang das meditierende Auf- und Abgehen geübt.

(*2) ChS, PTS: anumajjitvā; andere Manuskripte und K: apanijitvā (zu nij, 'waschen').

(*3) Der Text dieser Stelle ist unsicher. ChS, PTS: sagahattha-pabbajitehi ... samsaggam na vannayāmi. Eine der in PTS angeführten Lesarten hat: sangahattham pabbajitehi ..., 'nicht lobe ich die Gemeinschaft mit Hauslosen zum Zwecke der Geselligkeit'.

(*4) Auch in M.37, wo Mahā-Moggallāna diese Lehrdarlegung dem Götterkönig Sakka vorträgt.

(*5) K: Die 5 Daseinsgruppen, 12 Sinnengrundlagen, 18 Elemente; Subk: diese sind nämlich das Gebiet des Hellblicks (vipassanā), auf den sich der hier dargestellte Erkenntnisgang bezieht.

(*6) abhijānāti; K: 'das Durchschauen des Erkannten' (ñāta-pariññā; s. Wtb: pariññā; VisM 831), d.i. das völlige Vertrautsein mit dem Erkenntnisgegenstand, in seinen ihm jeweils eigentümlichen Merkmalen, Funktionen usw.

(*7) parijānāti, K: 'die untersuchende Durchschauung' (tīrana-pariññā), d.i. der die drei Merkmale (Vergänglichkeit usw.) feststellende Hellblick.

(*8) Laut K erreichte Mahā-Moggallāna nach dem Hören dieser Lehrrede die Heiligkeit; dies geschah eine Woche nach seiner Ordination.


A.VII.58 II Der Segen gütiger Gesinnung

(In ChS als besonderes Sutta gezählt; in PTS dem vorhergehenden Text angefügt)

Fürchtet euch nicht vor guten Werken, ihr Mönche, denn sie sind gleichbedeutend mit Glück. Ich weiß es aus Erfahrung (*1), ihr Mönche, daß mir für das Gute, das ich während langer Zeit getan habe, lange Zeit hindurch erwünschte, erfreuliche, angenehme Früchte zuteil wurden.

Sieben Jahre lang übte ich gütige Gesinnung (metta-cittam), und nachdem ich sieben Jahre lang gütige Gesinnung geübt hatte, kehrte ich für die Zeit von sieben Weltuntergängen und Weltentstehungen nicht mehr zu dieser Welt zurück. 

Als die Welt am Untergehen war, ihr Mönche, da erschien ich unter den Strahlenden Göttern wieder. 

Als die Welt wieder neu entstand, da trat ich in einem leeren Brahma-Palaste in Erscheinung. Dort, ihr Mönche, war ich der Brahma, der Große Brahma, der Sieger, der Unbesiegte, der Allsehende, der Allmächtige. 

Sechsunddreißigmahl, ihr Mönche, war ich Sakka, der Herr der Götter. 

Einige hundert Male war ich ein Weltherrscher, ein gerechter Gesetzeskönig, Beherrscher der vier Weltteile, meinem Reiche Sicherheit gebend, im Besitze der sieben idealen Dinge (*2). Folgende sieben idealen Dinge besaß ich, ihr Mönche: das Ideal eines Herrscherrades, das Ideal eines Elefanten, das Ideal eines Rosses, das Ideal eines Diamanten, das Ideal eines Weibes, das Ideal eines Bürgers und das Ideal eines Ratgebers als siebentes. Über tausend Söhne besaß ich, ihr Mönche, Helden, Heldengestalten, die es vermocht hätten, die feindlichen Heere zu vernichten. So lebte ich auf dieser Erde, die ich bis zum Meere hin durch das Gesetz, ohne Stock und Schwert, erobert hatte.

Schaut an der guten Taten Lohn,
ihr, die ihr nach dem Glücke sucht!
Weil Güte ich im Herzen trug,
ihr Mönche, sieben Jahre lang,
kam ich für sieben Weltäonen
nicht mehr zu dieser Welt zurück.

Als dann die Welt zugrunde ging,
erschien ich bei den 'Strahlenden'.
Sobald die neue Welt erstand,
kam ich zur leeren Brahmawelt;
und sieben Male war ich da
der Große Brahma, machtbegabt.

Darauf ward Sechsunddreißigmahl
die Götterherrschaft mir zuteil.
dann wurde Weltenkaiser ich
und Herrscher übers Inderland.

Ein Hauptgekrönter Adelsspross,
war ich der Menschen höchster Herr.
Doch ohne Stock und ohne Schwert
hatt' ich erobert diese Welt.

Ich übte ohne jeden Zwang,
in Milde meine Herrschaft aus.
Und als auf diesem Erdenrund'
ich rechtlich Herrschaft ausgeübt,
Erschien in edlem Hause ich,
das mächtig, reich, begütert war,
Genüsse darbot aller Art
und sieben Kleinode besaß.

Die Buddhas sind der Welt Erbarmer;
auch diese haben's recht gelehrt,
daß dies der Grund zu Hohem ist
und man das Königtum erlangt.

An Schätzen und an Gütern reich,
ward ich ein König, würdevoll,
gewaltig und von hohem Ruhm,
der Herrscher übers Inderland.

Wer hört dies wohl und freut sich nicht,
und sei er selbst von nied'rer Art?

Wer darum Wohl und Glück begehrt
und Hohes zu erreichen strebt,
der halt' die Gute Lehre hoch,
der Buddhas Weisung eingedenk.

(*1) abhijānāmi, d.i. direktes, unmittelbares, erfahrungsmäßiges Wissen. Subk: abhivisitthena ñānena jānāmi, paccakkhato bujjhati. Laut Subk ist dies eine Rückerinnerung auf eine frühere Existenz als der Glaubensstifter Sunetta; s. Text 62.

(*2) satta-ratana; s. A.V.143. Bis hierher in It. No. 22 (PTS p. 14).


A.VII. 59 Die gute Gattin

Einst weilte der Erhabene im Jetahaine bei Sāvatthī, im Kloster des Anāthapindika. Und der Erhabene kleidete sich in der Frühe an, nahm Gewand und Schale und begab sich zur Wohnung Anāthapindikas, des Hausvaters. Dort angelangt, setzte er sich auf dem bereiteten Sitze nieder. Zu jener Zeit aber machten in der Wohnung des Hausvaters Anāthapindika die Leute einen großen, starken Lärm. Und der Hausvater Anāthapindika näherte sich dem Erhabenen, begrüßte ihn ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Und der Erhabene sprach zu ihm:

"Warum machen da, o Hausvater, die Leute im Hause solch' großen, starken Lärm, gleichwie Fischer beim Feilbieten ihres Fischfangs?"

-"Es ist dies, o Herr, Sujātā (K: die jüngere Schwester der Visākhā), die Schwiegertochter des Hauses, die aus reichem Hause (meinem Sohne als Gattin) zugeführt wurde. Diese kümmert sich weder um ihre Schwiegermutter noch um ihren Schwiegervater, noch um ihren Gatten. Selbst nicht einmal den Erhabenen ehrt, achtet, würdigt und schätzt sie."

Darauf rief der Erhabene Sujātā, die Schwiegertochter des Hauses, heran, mit den Worten: "Komme heran, Sujātā!" - "Ja, o Herr!", erwidert Sujātā dem Erhabenen. Und Sujātā trat vor den Erhabenen, begrüßte ihn ehrfurchtsvoll und setzte sich seitwärts nieder. Und der Erhabene sprach zu ihr:

"Sieben Arten von Gattinnen eines Mannes gibt es, Sujātā. Welche sieben?

Welche von diesen aber bist du?"

-"Nicht verstehe ich, o Herr, den genauen Sinn dessen, was da der Erhabene in kurzen Worten gesagt hat. Gut wäre es, o Herr, wollte mir der Erhabene so die Lehre vortragen, daß ich den Sinn des vom Erhabenen in Kürze Gesagten ausführlich verstehen möge."

-"So höre denn, Sujātā, und achte wohl auf meine Worte!"

-"Ja, o Herr!" erwiderte Sujātā, und der Erhabene sprach:

"Die, bösen Herzens, nicht des Gatten Wohl bedenkt,
nach andern giert, dem eigenen Mann Verachtung zollt,
ihn, der durch Schätze sie gewann, zu töten sucht:
Solch eine Gattin, die dem Mann beschieden ist,
mag eine Mörderin mit Recht man nennen.

 

Wenn von dem Gelde, das der Gatte sich erwirbt,
sei's durch ein Handwerk, Handel oder Ackerbau,
auch wenig nur das Weib zu nehmen sucht:
Solch eine Gattin, die dem Mann beschieden ist,
mag eine Diebin wohl mit Recht man nennen.

 

Das Weib, das arbeitsscheu, gefräßig, träge ist,
und ungestüm und heftig böse Worte spricht,
den stets bemühten Gatten zu beherrschen sucht:
Solch eine Gattin, die dem Mann beschieden ist,
als herrschbegierig kennt man sie mit Recht.


Das Weib, das stets auf ihres Gatten Wohl bedacht,
das ihn behütet wie die Mutter ihren Sohn,
und die von ihm erworbenen Schätze wohl bewacht:
Solch eine Gattin, die dem Mann beschieden ist,
als Mutter mag mit Recht man sie bezeichnen.


Die, gleich der jüngern Schwester zu der älteren,
voll Achtung gegen ihren Gatten sich benimmt,
von Scham erfüllt sich seinem Willen unterwirft:
Solch eine Gattin, die dem Mann beschieden ist,
als Schwester mag mit Recht man sie bezeichnen.


Die da beim Anblick ihres Gatten voller Freude,
wie Freunde, die nach langer Frist sich wiederseh'n;
von edlem Hause, sittenrein, dem Gatten treu:
Solch eine Gattin, die dem Mann beschieden ist,
als Freundin mag mit Recht man sie bezeichnen.


Die ohne Zorn ist und aus Furcht vor Zucht und Strafe
dem Gatten willig nachgibt ohne Herzensgroll
und ohne jeden Haß des Gatten Willen tut:
Solch eine Gattin, die dem Mann beschieden ist,
mag eine Dienerin mit Recht man nennen.


Das Weib, das man als Mörderin bezeichnet,
das eine Diebin, eine Herrscherin man nennt,
das sittenlos und grob ist, keine Achtung kennt:
Solch eine Gattin, die dem Mann beschieden ist,
gelangt zur Hölle, wenn dereinst der Leib zerbricht.


Die aber Mutter, Schwester oder Freundin heißt,
die man die Dienerin des Gatten nennen mag, in
Tugend fest, durch lange Jahre wohl beherrscht,
gelangt zum Himmel, wenn dereinst der Leib zerbricht.


Diese sieben Gattinnen eines Mannes gibt es, Sujātā. Als welche aber von diesen bekennst du dich?"

-"Von heute ab, o Herr, möge mich der Erhabene als eine der Dienerin gleichende Gattin des Mannes kennen."


A.VII. 60 Die Folgen der Gehässigkeit

Sieben dem Feinde erwünschte und dienliche Dinge, ihr Mönche, befallen den Gehässigen, ob Mann oder Weib. Welche sieben?

1. Da, ihr Mönche, wünscht der Feind dem Feinde: "Ach, daß doch dieser ein häßliches Aussehen hätte!" Und warum? Weil eben, ihr Mönche, der Feind nicht über des Feindes Schönheit erfreut ist. Selbst wenn sich der gehässige, von Haß überwältigte, haßverzehrte Mensch gründlich badet, salbt, Haar und Bart pflegt und sich in weiße Gewänder kleidet, so ist er dennoch von häßlichem Aussehen, wenn er vom Hasse sich beherrschen läßt. Das, ihr Mönche, ist das erste dem Feinde erwünschte und dienliche Ding, das den Gehässigen befällt, ob Mann oder Weib.

2. Weiterhin, ihr Mönche, wünscht der Feind dem Feinde: "Ach, daß doch dieser einen schlechten Schlaf hätte!" Und warum? Weil eben, ihr Mönche, der Feind nicht über des Feindes guten Schlaf erfreut ist. Selbst wenn der gehässige, von Haß überwältigte, haßverzehrte Mensch auf einem Sofa schläft, auf dem eine Ziegenhaardecke ausgebreitet ist oder eine weiße Wolldecke oder eine Decke aus feinstem Antilopenfell, und das versehen ist mit einer Überdecke und an beiden Seiten mit purpurnen Kissen, so schläft er dennoch schlecht, wenn er vom Hasse sich beherrschen läßt. Das, ihr Mönche, ist das zweite dem Feinde erwünschte und dienliche Ding, das den Gehässigen befällt, ob Mann oder Weib.

3. Weiterhin, ihr Mönche, wünscht der Feind dem Feinde: "O daß ihm doch keine großen Glücksfälle zuteil würden!" Und warum? Weil eben, ihr Mönche, der Feind über des Feindes Glücksfälle nicht erfreut ist. Hat nun aber der gehässige, von Haß überwältigte, haßverzehrte Mensch einen Nachteil erlitten, so glaubt er einen Vorteil erlangt zu haben, und hat er einen Vorteil erlangt, so glaubt er einen Nachteil erlitten zu haben. Da er aber, von Haß überwältigt, diese beiden Dinge miteinander verwechselt, darum gereichen sie ihm lange Zeit zum Unheil und Leiden. Das, ihr Mönche, ist das dritte dem Feinde erwünschte und dienliche Ding, das den Gehässigen befällt, ob Mann oder Weib.

4. Weiterhin, ihr Mönche, wünscht der Feind dem Feinde: "Ach, daß doch dieser nicht reich wäre!" Und warum? Weil eben, ihr Mönche, der Feind nicht über des Feindes Reichtum erfreut ist. Wenn nun der gehässige, von Haß überwältigte, haßververzehrte Mensch auch Schätze besitzt, rechtmäßige, rechtmäßig erlangt, die er sich durch Fleiß und Anstrengung erworben, durch seiner Hände Arbeit, im Schweiße seines Antlitzes angesammelt hat, so lassen die Fürsten seine Besitztümer in die königlichen Schatzkammern wandern (als Strafen für die im Zorn begangenen Handlungen), wenn er vom Hasse sich beherrschen läßt. Das, ihr Mönche, ist das vierte dem Feinde erwünschte und dienliche Ding, das den Gehässigen befällt, ob Mann oder Weib.

5. Weiterhin, ihr Mönche, wünscht der Feind dem Feinde: "Ach, daß doch dieser kein Ansehen besäße!" Und warum? Weil eben, ihr Mönche, der Feind nicht erfreut ist, wenn sein Feind Ansehen besitzt. Was nun auch der gehässige, von Haß überwältigte, haßverzehrte Mensch durch seine Strebsamkeit an Ansehen erworben hat, das verliert er, wenn er vom Hasse sich beherrschen läßt. Das, ihr Mönche, ist das fünfte dem Feinde erwünschte und dienliche Ding, das den Gehässigen befällt, ob Mann oder Weib.

6. Weiterhin, ihr Mönche, wünscht der Feind dem Feinde: "Ach, daß doch dieser keine Freunde besäße!" Und warum? Weil eben, ihr Mönche, der Feind nicht erfreut ist, wenn sein Feind Freunde besitzt. Wenn nun auch der gehässige, von Haß überwältigte, haßverzehrte Mensch Freunde und Genossen, Vettern und Blutsverwandte besitzt, so meiden ihn doch jene, wenn er vom Hasse sich beherrschen läßt. Das, ihr Mönche, ist das sechste dem Feinde erwünschte und dienliche Ding, das den Gehässigen befällt, ob Mann oder Weib.

7. Weiterhin, ihr Mönche, wünscht der Feind dem Feinde: "Ach, daß doch dieser beim Zerfall des Körpers, nach dem Tode, in niedere Welt gelangen möchte, auf eine Leidensfährte, in die Daseinsabgründe, zur Hölle!" Und warum? Weil eben, ihr Mönche, der Feind nicht erfreut ist, wenn sein Feind auf eine glückliche Daseinsfährte gelangt. Der gehässige, von Haß überwältigte, haßverzehrte Mensch aber führt einen schlechten Wandel in Werken, in Worten und in Gedanken; und solchen schlechten Wandel führend, gelangt er beim Zerfall des Körpers, nach dem Tode, in niedere Welt, auf eine Leidensfährte, in die Daseinsabgründe, zur Hölle, da er vom Hasse sich beherrschen läßt. Das, ihr Mönche, ist das siebente dem Feinde erwünschte und dienliche Ding, das den Gehässigen befällt, ob Mann oder Weib.

Diese sieben dem Feinde erwünschten und dienlichen Dinge, ihr Mönche, befallen den Gehässigen, ob Mann oder Weib.

Wer haßt, ist häßlich anzuschauen,
liegt ruhlos auf der Lagerstatt.
Und wenn ein Vorteil ihm erwächst,
glaubt er, daß es ein Nachteil sei.


Wenn da durch Worte oder Tat
der Haßverzehrte Mord verübt,
verliert, vom Hasse übermannt,
der Mensch sein ganzes Hab und Gut.


Betört durch Hasses Leidenschaft
verliert er seinen guten Ruf,
und Herzensbruder, Vetter, Freund
dem Hasser aus dem Wege gehen.


Verderben bringt Gehässigkeit,
Gehässigkeit verstimmt das Herz,
doch nicht bemerkt er die Gefahr,
die so in seinem Herzen wächst.


Nicht kennt der Hasser, was ihm nützt,
die Lehre kann er nicht verstehen;
denn Finsternis und Blindheit herrscht,
wo Haß den Menschen niederzwingt.


Was auch der Hassende zerstört,
sei's mühsam, sei es leicht zu tun,
sobald der Haß erloschen ist,
wird wie vom Feuer er verzehrt.


Ist erst der Haß einmal entfacht,
durch den die Welt in Wut entbrannt,
legt er Erregung an den Tag,
gleichwie dem Feuer Rauch entströmt.


Nicht kennt er Schamgefühl noch Scheu,
ist ohne Achtung, wenn er spricht;
und wird vom Haß er übermannt,
so kennt er nimmer einen Halt.


Voller Qualen sind die Taten,
die vom Guten abseits liegen.
Diese will ich euch nun weisen,
so höret, wie es damit steht:


Im Zorn den Vater man erschlägt;
im Zorn bringt man die Mutter um;
im Zorn schlägt man den Priester tot,
im Zorne den gemeinen Mann.


Durch die gehegt, durch die gepflegt,
der Weltling diese Welt betrat,
die Mutter, die ihm's Leben gab,
selbst die bringt er im Zorne um.


Sich selbst hat jedermann zum Freund
sich selber hat am liebsten man
und doch im Zorn bringt man sich um,
von mannigfachem Wahn betört.


Man bringt sich mit dem Schwerte um,
verschluckt auch Gift, vom Wahn gepackt,
hängt sich an einem Stricke auf,
stürzt sich von einem Fels hinab.


Wer einen Lebenskeim zerstört (*1),
wer selber sich das Leben nimmt,
begreift nicht, was er damit tut:
Aus Zorn erwächst ihm Untergang.


So mag denn aus dem Zorn entstehen
ein ganz versteckter Todesstrick.
Ihn rottet aus durch Selbstbeherrschung,
Erkenntnis, Weisheit, Strebsamkeit!


Und wie der einsichtsvolle Mensch
er tötet diesen bösen Trieb,
so sollt ihr euch im Guten üben,
daß euch Erregung nicht mehr packt!


Vom Zorn und von Verzweiflung frei,
von Gier entledigt und Verlangen,
gezügelt wer den Haß verwand,
erreicht Nibbāna, triebbefreit.

(*1) ChS, K: bhūnahaccāni kammāni, wtl: Embryo-Tötung; hier wohl allgemein im Sinne von Lebenszerstörung. Vgl. bhūnahu in M.75, Snp 664.


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