Visuddhi Magga XVII

(II-III) "Durch die Karmaformationen bedingt ist das Bewußtsein" (sankhāra-paccayā viññānam):

(Fortsetzung)


(Von unglücklicher zu unglücklicher Fährte)

 

Dem auf unglücklicher Daseinsfährte Weilenden aber, der (dort) übles Karma begangen hat, erscheint, genau wie oben beschrieben, an der Geistpforte jenes Karma oder ein Abzeichen des Karma (kamma-nimitta) oder ein Abzeichen der neuen Daseinsfährte (gati-nimitta); oder an einer der 5 Sinnenpforten tritt das jenes unheilsame Karma veranlaßt habende Objekt in den Sinnenbereich ein. Zu Ende des Sterbebewußtseins aber erscheint, in richtiger Folge, das in unglücklicher Daseinsfährte eingeschlossene Wiedergeburtsbewußtsein, das eines von jenen Gegenständen zum Objekt hat. Dies ist die Entstehungsweise des ein vergangenes oder gegenwärtiges Objekt habenden Wiedergeburtsbewußtseins, das unmittelbar nach dem ein vergangenes Objekt habenden Sterbebewußtsein auf unglücklicher Daseinsfährte aufsteigt.

 

Soweit nun wurde die Entstehungsweise der 19 Bewußtseinsklassen bei der Wiedergeburt beleuchtet. Und von diesem gesamten Bewußtsein heißt es:

 

 

Diese bei der Wiedergeburt auftretenden 19 Arten des karmagewirkten Bewußtseins nämlich entstehen in zweierlei Weise durch das Karma. Das wiedergeburterzeugende Karma nämlich ist für jenes Bewußtsein jedesmal die Bedingung im Sinne des zu anderer Zeit (als der seines Entstehens) wirkenden Karma (s. Bed. 13) als auch im Sinne eines Anlasses (upanissaya: Bed. 9). Es heißt nämlich (Pañh. 9): "Das heilsame und das unheilsame Karma sind für ihre Wirkung eine Bedingung im Sinne eines Anlasses." In dieser Weise aber ist auch die zwei- oder mehrfache Einteilung dieser Bewußtseinsvorgänge mit Hinsicht auf die begleiteten und die anderen Klassen zu verstehen. Obgleich nämlich dieses Bewußtsein mit Hinsicht auf die Wiedergeburt von einer einzigen Art ist, so ist es doch zweifach mit Hinsicht darauf, ob es von Körperlichkeit begleitet ist oder nicht. Dreifach ist es mit Hinsicht auf das Sinnliche, Feinkörperliche und Unkörperliche Dasein; vierfach mit Hinsicht auf die Entstehungsschoße, wie Geburt im Ei, Geburt im Mutterleib, Geburt in der Feuchtigkeit und spontane Geburt; fünffach mit Hinsicht auf die fünf Daseinsfährten, siebenfach mit Hinsicht auf die Bewußtseinsstätten, achtfach mit Hinsicht auf die Wesenswelten. Hierzu heißt es:

 

 

'Begleitet ist es zweifach nach Geschlecht': - Jenes Wiedergeburtsbewußtsein (patisandhi-viññāna), das da - außerhalb des Unkörperlichen Daseins - von Körperlichkeit begleitet aufsteigt, ist von zweifacher Art: mit oder ohne Geschlecht, denn im Feinkörperlichen Dasein steigt es ohne das als männliche oder weibliche Fähigkeit geltende Geschlecht auf, und in der Sinnensphäre steigt es zusammen mit der Geschlechtsfähigkeit auf, außer bei Wiedergeburt als Eunuch.

 

'Und zweifach ist's da mit Geschlecht': - Das von der Geschlechtsfähigkeit begleitete Bewußtsein ist da zweifacher Art, insofern es nämlich mit einer von den beiden Geschlechtsfähigkeiten, wie der des Mannes (purisa-bhāva) oder der Frau (itthi), zusammen aufsteigt.

 

'Zwei Zehnergruppen oder drei gibt's zumindest mit dem ersteren': Was da nämlich von den beiden Klassen des Wiedergeburtsbewußtseins - dem begleiteten und dem nicht begleiteten - das erstere von Körperlichkeit begleitete Wiedergeburtsbewußtsein anbetrifft, so entstehen zusammen mit diesem mindestens 2 physische Zehnergruppen, nämlich die Herz-Zehnergruppe (vatthu-dasaka) (d.i. das als physische Grundlage des Geistes geltende Herz, ferner physische Lebensfähigkeit, 4 Elemente, Farbe, Duft, Saft, Nährstoff) und die Körperorgan-Zehnergruppe (d.i. Körperorgan, physische Lebensfähigkeit usw.); oder es entstehen drei Zehnergruppen, nämlich die Herz-Zehnergruppe, die Hörorgan-Zehnergruppe und die Geschlechts-Zehnergruppe (Geschlechtsfähgikeit, physische Lebensfähigkeit usw.) Weniger Körpergebilde als diese kann es dabei nicht geben. (Was die tote, anorganische Materie betrifft, so bildet diese die allerprimitivste Gruppe, die sog. Reine Achtergruppe (suddhatthaka-kalāpa), siehe Wtb. rūpa-kalāpa.)

Jenes mit solchem winzigen Umfange entstehende und als Kalala-Stadium bezeichnete (embryonale) Körpergebilde entsteht in zwei Schoßen, in dem der Eigeborenen und dem der Leibgborenen, und es hat das Ausmaß eines hängenden Tröpfchens Butterölschaum.

Hier nun sollte man die verschiedenartige Entstehung der Schoße mit Hinsicht auf die Daseinsfährten kennen. Darüber nämlich heißt es: -

 

 

Unter dem Ausdruck 'auch unter Göttern nicht' hat man zu verstehen, daß die ersten drei Entstehungsschoße (d.i. der Ei-Geborenen, Leib-Geborenen und Feuchtigkeit-Geborenen) nicht unter den durstgequälten Gespenstern zu finden sind, ebensowenig wie in der Hölle und unter den Himmelswesen - ausgenommen unter den Erdgeistern - denn alle diese sind spontan-geborene Wesen (opapātika). Die übrigen 3 Schoße aber trifft man auf drei Daseinsfährten, nämlich im Tierreich, Gespensterreich und Menschenreich, außerdem noch unter den erwähnten Erdgeistern. Hierüber heißt es: -

 

 

Bei den spontan entstandenen Feinkörperlichen Brahmagöttern steigen zusammen mit dem Wiedergeburtsbewußtsein 39 Körperliche Dinge auf, u.zw. in Form von 4 physischen Gruppen, nämlich: die Zehnergruppen des Auges, des Ohres und des Herzens; ferner die Vitale Neunergruppe (physische Lebensfähigkeit 4 Elemente usw. Riech-, Schmeck- und sensitives Körperorgan sollen bei den Wesen der Feinkörperlichen Welt (rūpa-loka) fehlen). Von den Feinkörperlichen Brahmagöttern aber abgesehen, finden sich bei den anderen, in Feuchtigkeit oder spontan entstandenen Wesen bis 70 körperliche Dinge, u. zw. in Form der Zehnergruppen des Auges, des Ohres, der Nase, der Zunge, des Körperorgans, des Herzens und des Geschlechts. Diese Dinge finden sich stets bei den Himmelswesen (in der Sinnenwelt).

 

Hierbei nun gilt als die Augen-Zehnergruppe (cakkhu-dasaka) eine aus 10 körperlichen Dingen bestehende körperliche Anhäufung, nämlich: Farbe, Duft, Saft, Nährstoff, die 4 Elemente, Augensensitivität (cakkhu-ppasāda) und physische Lebensfähigkeit. Dementsprechend hat man auch die übrigen physischen Gruppen zu verstehen.

 

Wer blind geboren ist, taub, ohne Riechorgan oder geschlechtslos, bei dem entstehen wenigstens 30 körperliche Gebilde, nämlich die Zehnergruppen der Zunge (das Schmeckorgan entsteht erst nach dem Austritt aus dem Mutterleib), des Körperorgans und des Herzens. Die Zuteilung der höchsten und niedrigsten Anzahl von Körpergebilden sollte man in richtiger Weise verstehen. Und hat man diese verstanden, so gilt da fernerhin folgendes:

 

 

Der Sinn hierbei ist folgender: Was da diese - als (von Körperlichkeit) begleitet oder nicht begleitet - zweifach seiende Wiedergeburt betrifft, und was da das ihr unmittelbar vorangehende Sterben betrifft, so sollte man da den Unterschied erkennen, in welcher Weise diese beiden Dinge hinsichtlich der Daseinsgruppen usw. verschieden sind oder nicht. Bisweilen nämlich ist die unmittelbar auf das Sterben in der Unkörperlichen Viergruppen-Welt folgende Wiedergeburt mit vier Daseinsgruppen hinsichtlich des Objektes nicht verschieden. Bisweilen folgt auf einen Tod in der nicht-erhabenen (Sinnensphäre; amahaggatta) mit einem äußeren Objekt eine (über die Sinnensphäre) erhabene (mahaggatta) Wiedergeburt mit einem die eigene Person betreffenden Objekte. Diese Erklärung jedoch gilt bloß für die Unkörperliche Daseinsebene. - Bisweilen aber folgt unmittelbar auf den Tod in der vier Daseinsgruppen habenden Unkörperlichen Sphäre die Wiedergeburt in der sinnlichen Fünfgruppen-Sphäre: Bisweilen folgt unmittelbar auf den Tod in der Sinnlichen oder Feinkörperlichen Fünfgruppensphäre die Wiedergeburt in der Unkörperlichen Viergruppensphäre. In derselben Weise folgt auf den ein vergangenes Objekt habenden Tod eine ein gegenwärtiges Objekt besitzende Wiedergeburt; oder auf den Tod auf irgend einer glücklichen Daseinsfährte die Wiedergeburt auf irgend einer unglücklichen Daseinsfährte, auf einen von Wurzelbedingungen freien (ahetuka) Tod (Tab. I, 56, 41) eine von Wurzelbedingungen begleitete Wiedergeburt (42 bis 49), auf einen Tod mit 2 Wurzelbedingungen (44, 45, 48, 49) eine Wiedergeburt mit 3 Wurzelbedingungen (42, 43, 46, 47), auf einen von Indifferenz begleiteten Tod (41, 56) eine von Freude begleitete Wiedergeburt (42 bis 45), auf einen von Entzücken freien Tod eine von Entzücken begleitete Wiedergeburt, auf einen von Diskursivem Denken freien Tod eine von Diskursivem Denken begleitete Wiedergeburt, auf einen von Gedankenfassung und Diskursivem Denken freien Tod eine von Gedankenfassung und Diskursivem Denken begleitete Wiedergeburt. Auf diese Weise mag man durch Umkehrung dieser oder jener Aussagen in passender Weise die Worte miteinander verbinden.

 

 

Wenn nämlich dieses bedingt entstandene körperliche oder unkörperliche bloße Phänomen aufsteigt, so sagt man, daß es in das nächste Dasein eintrete. Kein Wesen (satta) oder Lebensprinzip (jīva) aber ist es, das da aus dem vergangenen Dasein in dieses Dasein herüberwanderte, aber dennoch kommt dieser Embryo hier nicht ohne frühere Ursache zur Entstehung. Dies nun wollen wir erklären an Hand des klarliegenden Vorganges des Sterbens und Wiedergeborenwerdens eines Menschen. Nehmen wir an, im vergangenen Dasein war ein Mensch, durch natürliche Gründe (d.i. durch einen natürlichen Tod) oder durch einen äußeren Anlaß, dem Tode ganz nahe gekommen. Und als er die Wucht der die Gelenkbänder aller Glieder abtrennenden und schwertgleichen, unerträglichen, im Tod endenden Schmerzgefühle nicht länger ertragen konnte und dann sein Körper, wie ein weggeworfenes grünes Palmblatt, nach und nach auftrocknete, oder als sein Auge und die übrigen Sinnenorgane zerstört und die Fähigkeit des Körperorgans, des Geistes und des Lebens bloß noch auf die Grundlage Herz gegründet waren, da kam das, in diesem Augenblicke von der noch übrigen Grundlage Herz abhängige Bewußtsein zur Entstehung, auf Grund eines Objektes bestehend in irgend einer gewichtigen, häufig wiederholten, kurz vor dem Tode oder schon früher verübten Tat, bei der alle Bedingungen erfüllt waren und die als die Karmaformation gilt. Oder das Objekt bestand in einem bei jener Tat anwesend gewesenen Abzeichen (kamma-nimitta) oder einem Abzeichen der neuen Daseinsfährte (gati-nimitta). Sind da nun Begehren und Verblendung noch nicht überwunden, so richtet das Begehren das also tätige Bewußtsein auf jenes Objekt, dessen Elend durch die Verblendung verhüllt wird, und auch die gleichzeitig damit entstandenen Karmaformationen treiben es dorthin. Innerhalb des kontinuierlichen Prozesses (von Tod, Wiedergeburt und dem darauf folgenden Bewußtsein) vom Begehren gezwungen und von den Karmaformationen angetrieben, verläßt das Bewußtsein die (beim Tode noch bestehende) frühere Grundlage ('nissaya', hier die physische 'Grundlage' des Geistes) und funktioniert auf Grund des Objektes und der anderen Bedingungen, ganz einerlei ob es eine andere durch Karma erzeugte Grundlage erlangt oder nicht (*). Es ist genau so, wie wenn ein Mann einen Wassergraben überschreitet, indem er sich an einem Seile festhält, das an einem Baume am diesseitigen Ufer befestigt ist.

 

(*) d.i. ob die Wiedergeburt in einem Fünfgruppendasein (der Sinnlichen oder Feinkörperlichen Welt) stattfindet oder in der der Körperlichkeitsgruppe, also auch der physischen Herzgrundlage entbehrenden Unkörperlichen Welt.

 

Hierbei nun wird das frühere Bewußtsein wegen seines Abscheidens als das 'Sterben' (cuti) bezeichnet, das spätere Bewußtsein aber wegen seines Sichwiederverbindens mit dem Anfang eines neuen Daseins als die 'Wiedergeburt' (patisandhi, wörtl. 'Wiederverbindung'). Nicht aber ist dieses Bewußtsein aus dem früheren Dasein in dieses herübergewandert, noch auch ist es entstanden ohne solche Anlässe wie Karma, Karmaformationen, Neigung, Objekt usw., wie man wissen sollte.

 

 

Daß nämlich dieses Bewußtsein nicht aus dem früheren Dasein hierhergelangt, wohl aber infolge der in früherem Dasein eingeschlossenen Anlässe entstanden ist, dafür mögen vielerlei Dinge als Vergleiche dienen, wie etwa das Echo, das Lampenlicht, ein Siegelabdruck oder ein Spiegelbild. Wie nämlich diese Dinge durch Töne usw. veranlaßt sind und zum Entstehen kommen, ohne daß ein Hinüberwandern irgendwohin stattgefunden hätte, genau so ist es mit diesem Bewußtsein. 'Ist eben der Prozeß im Gange, gibt's Gleichsein nicht, nicht Anderssein.' Bestände da nämlich, während dieser Prozeß im Gange ist, eine völlige Identität (zwischen den einzelnen Stadien), so könnte aus der Milch niemals Dickmilch entstehen; bestände aber ein völliges Anderssein, so könnte die Dickmilch niemals durch die Milch bedingt sein. Diese Erklärung gilt bei allen bedingt entstandenen Dingen. Träfe nämlich das Obige zu, so schwänden alle weltlichen (konventionellen) Ausdrucksweisen. Das aber wäre nicht wünschenswert. Daher sollte man weder ein völliges Gleichsein noch ein völliges Anderssein annehmen.

 

Hier nun könnte einer den Einwurf erheben: 'Wenn sich da kein Hinüberwandern zeigt, könnte dann nicht wenn sich das die Wirkung verursachende Karma nicht dorthin (zur Wirkung) hinbegibt, diese Wirkung einer anderen Person zuteil werden, oder könnte sie dann nicht auch aus einem anderen (Karma) entstehen? Gibt es aber keinen die Wirkung Empfindenden, wen kann da wohl die Wirkung treffen? Jene Erklärung ist somit nicht richtig.' - Die Antwort hierauf lautet:

 

 

Wenn nämlich in einer Daseinskontinuität irgend eine Wirkung auftritt, so gehört diese keinem an und kommt von keinem her, da eben hierbei ein völliges Gleichsein und völliges Anderssein abgestritten werden muß. Das Einpflanzen von Samenkörnern aber erklärt diesen Vorgang. Wenn man z.B. Mangokerne u. dgl. gepflanzt hat und auf Grund der während des Wachstumsprozesses dieses Samens erlangten Bedingungen eine besondere Frucht entsteht, so ist diese Frucht weder aus anderen Kernen entstanden noch durch andersgeartete Pflanzen bedingt, noch auch gelangen jene Kerne und jene Vorbereitungen zu der Stelle, wo sich die Frucht befindet. Auf diese Weise hat man den Vorgang zu verstehen.

 

Auch auf Grund der im jugendlichen Alter gemachten Studien in einer Wissenschaft oder Kunst oder auf Grund eines angewandten Heilmittels usw. zeigt sich nach Jahren in den Erwachsenen eine Wirkung. Auch so ist obiger Sinn zu verstehen. Auf die Frage 'Da es aber keinen die Wirkung Empfindenden gibt, wen sollte da wohl die Wirkung treffen?' darauf lautet die Antwort:

 

 

Gerade nämlich, wie wenn man von einem Baume sagt, daß er Früchte trage oder er ein Fruchttrager sei, dies nur geschieht auf Grund des Entstehens der Baumfrüchte, die doch von den als Baum geltenden Dingen nur einen Teil ausmachen: genau so auch sagt man, daß ein Himmelswesen oder ein Mensch die Karmafrüchte genieße oder froh oder bedrückt sei, sobald die als das 'Genießen' geltende freudvolle oder leidvolle Wirkung eintritt, die doch nur einen Teil von den als 'Himmelswesen' oder 'Mensch' bezeichneten Daseinsgruppen ausmacht. Somit bedarf es dabei gar keines weiteren 'Genießers'.

 

Es möchte da einer einwerfen: - 'Selbst wenn dies so ist, dann sollten jene Karmaformationen entweder als wirklich vorhandene (gegenwärtige) Dinge die Bedingungen zu der Wirkung sein, oder als nicht wirklich vorhandene (nicht gegenwärtige) Dinge. Sind sie jedoch als vorhandene Dinge die Ursache, so muß die Wirkung im Augenblick ihres Entstehens eintreten. Sind sie aber als nicht vorhandene Dinge die Ursache, so müssen sie Wirkungen zeigen, sowohl vor wie nach ihrer Entstehung.' - Einem solchen wäre folgendes zu erwidern:

 

 

Bloß wegen ihrer Betätigung nämlich sind die Karmaformationen die Bedingungen für ihre eigene Wirkung, nicht aber dadurch, daß sich vorhanden sind oder nicht. Wie es heißt (Dhs. § 431; Vibh. VI): "... wenn dadurch, daß heilsames Karma der Sinnensphäre (in früherem Leben) gewirkt und angehäuft wurde, als Wirkung (in diesem Leben) das Sehbewußtsein aufgestiegen ist..." usw. Sobald die Karmaformationen einmal die Bedingungen für ihre eigene angemessene Wirkung gewesen sind, bringen sie nicht von neuem wieder Wirkungen hervor, da eben die Wirkungen bereits gereift sind. Um diese Sache klarzumachen, sollte man das Gleichnis vom Verwalter und die übrigen Gleichnisse kennen.

 

Wenn nämlich unter den Menschen einer zur Erledigung irgend eines Geschäftes zum Verwalter ernannt ist und er da Waren einkauft oder Anleihen macht, so bildet bei ihm schon solch bloßes Ausführen von Handlungen die Bedingung für die Erledigung jenes Geschäftes usw., nicht aber tut dies schon das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein jeder beliebigen Handlung, und nicht ist er auch dann noch der Verwalter, wenn er das Geschäft erledigt hat. Und warum nicht? Eben weil er das Geschäft erledigt hat. In derselben Weise sind die Karmaformationen die Bedingung zu ihrer eigenen Wirkung (Bewußtsein). Haben sie aber in der angemessenen Weise die Wirkung hervorgebracht, so bringen sie weiterhin keine Wirkungen mehr hervor. Insofern nun wurde die durch die Karmaformationen bedingte Entstehung des Wiedergeburtsbewußtseins beleuchtet, das in zweifacher Weise tätig ist: (von Körperlichkeit) begleitet oder nicht begleitet.

 

Um nun bei allen diesen 32 karmagewirkten Bewußtseinsklassen (s.XIV. Tab.I) Verwirrung zu vermeiden, wurde gesagt:

 

'Die verschiedenen Daseinsklassen usw.' bedeutet hier:
 

 

Der Sinn ist der, daß man von den Karmaformationen wissen sollte, für welche karmagewirkten Bewußtseinsklassen, bei der Geburt und während des Lebens, in allen diesen Arten des Daseins usw, sie die Bedingung (s. Bed.13) sind, und in welcher Weise.

 

 

(Die eingeklammerten Ziffern hinter Bewußtseins- und Willenszuständen beziehen sich auf die Tabelle am Ende des Buches)

 

 

(a) Hierbei nun sind von den verdienstlichen Karmaformationen (puññâbhisankhāra) die 8 Willenklassen (1 bis 8) der Sinnensphäre für 9 karmagewirkte Bewußtseinsklassen (41 bis 49) bei Wiedergeburt (d.i. im Wiedergeburtsmomente) auf einer glücklichen Fährte des sinnlichen Daseins ohne Unterschied eine zweifache Bedingung: im Sinne des zu anderer Zeit wirkenden Karmas und im Sinne eines Anlasses (upanissaya).

 

Dieselbe zweifache Bedingung bilden die, in den 5 heilsamen Willensklassen (9 bis 13) der Feinkörperlichen Sphäre bestehenden verdienstlichen Karmaformationen für die 5 Bewußtseinsklassen (57 bis 61) bei der Wiedergeburt im Feinkörperlichen Dasein.

 

Die oben erwähnten (heilsamen) Karmaformationen der Sinnensphäre (1  bis  8) aber bilden für die nach Abzug des von Indifferenz begleiteten wurzelfreien Geistbewußtseins-Elementes (41) noch übrig bleibenden 7 begrenzten karmagewirkten Bewußtseinsklassen (34 bis 40) auf glücklicher Fährte des sinnlichen Daseins eine wie oben beschriebene zweifache Bedingung während des Lebens, nicht aber bei der Wiedergeburt. Für 5 karmagewirkte Bewußtseinsklassen (34, 35, 39 bis 41) im Feinkörperlichen Dasein sind sie eine ebensolche Bedingung während des Lebens dortselbst, nicht aber bei der Wiedergeburt.

 

Für die 8 begrenzten karmagewirkten Bewußtseinsklassen (34 bis 41) auf unglücklicher Fährte des sinnlichen Daseins (auch während des Lebens auf unglücklicher Daseinsfährte mögen Wirkungen früheren guten Karmas (Wirkens) auftreten) sind sie eine ebensolche Bedingung während des Lebens dortselbst, nicht aber bei der Wiedergeburt. Was da aber die Hölle anbetrifft, so sind diese (acht) Karmaformationen die Bedingung dafür, daß man dort erwünschte Objekte antrifft, wie man z.B. den Ordensälteren Moggallāna auf seinen Höllenwanderungen usw. angetroffen hat. Auch unter den Tieren und unter den magiegewaltigen Gespenstern werden (durch jene 8 heilsamen Karmaformationen bedingte) erwünschte Objekte angetroffen. Jene mögen aber auch eine ebensolche Bedingung sein für die 16 durch heilsames Karma gewirkten Bewußtseinsklassen (34 bis 49) auf einer glücklichen Fährte des sinnlichen Daseins, u. zw. teils während des Lebens (34 bis 41), teils bei der Wiedergeburt (41 bis 49) dortselbst. Ganz allgemein gesprochen aber sind die verdienstlichen Karmaformationen (der Sinnensphäre und Feinkörperlichen Sphäre) eine ebensolche Bedingung für 10 karmagewirkte Bewußtseinsklassen im Feinkörperlichen Dasein, u. zw. teils während des Lebens (34, 35, 39 bis 41), teils bei der Wiedergeburt (57 bis 61) dortselbst.

 

 

(b) Die in die 12 unheilsamen Willensklassen (22 bis 33) zerfallenden unverdienstlichen Karmaformationen (apuññâbhisankhāra) sind eine ebensolche (zweifache) Bedingung für ein einziges Bewußtsein (Geistbewußtseins-Element: 56) bei der Wiedergeburt auf einer Leidensfährte des sinnlichen Daseins, nicht aber während des Lebens dortselbst; für 6 Bewußtseinsklassen (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Körperbewußtsein, Rezipierendes Geist-Element: 50 bis 55) aber während des Lebens dortselbst (*), nicht bei der Wiedergeburt; für alle 7 durch unheilsames Karma gewirkten Bewußtseinsklassen (50 bis 56) also teils während des Lebens (50 bis 55), teils bei der Wiedergeburt (56) dortselbst.

 

(*) Dieses Geistbewußtseins-Element (56) verrichtet jedoch während des Lebens auf glücklicher Fährte des sinnlichen Daseins die Funktion des Untersuchens (santīrana) und des Registrierens (tad-ārammana) der Sinnenobjekte.

 

Was die Glücksfährten (sugati) des sinnlichen Daseins aber anbetrifft, so sind die unverdienstlichen Karmaformationen (22 bis 33) eine ebensolche Bedingung für eben jene 7 Bewußtseinsklassen (50 bis 56) während des Lebens dortselbst, nicht bei der Wiedergeburt.

 

Was das Feinkörperliche Dasein anbetrifft, so sind die unverdienstlichen Karmaformationen dort für 4 Bewußtseinsklassen (50, 51, 55, 56) eine ebensolche Bedingung während des Lebens, nicht aber bei der Wiedergeburt. Sie sind dann (für Brahma-Götter) eine Bedingung für das Sehen von unerwünschten Sehobjekten und das Hören von unerwünschten Tönen (50, 51) in der Sinnensphäre. In der Brahmawelt (brahma-loka) aber gibt es keine unerwünschten Sehobjekte usw., ebensowenig wie in der der Sinnensphäre angehörenden Himmelswelt.

 

 

(c) Die unerschütterlichen Karmaformationen (aneñjâbhisankhāra: 14 bis 17) sind für 4 karmagewirkte Bewußtseinsklassen im Unkörperlichen Dasein (62-65) eine ebensolche zweifache Bedingung, u. zw. bei der Wiedergeburt (41) und während des Lebens dortselbst.

 

So also sollte man wissen, in welcher Weise und wofür, bei der Wiedergeburt und während des Lebens, in den verschiedenen Arten des Daseins jene Karmaformationen die Bedingung bilden. Genau so aber auch sollte man die Karmaformationen mit Hinsicht auf die Entstehungsschoße usw. verstehen. Das Folgende ist hier bloß die Erklärung des wesentlichsten Inhaltes von Anfang an.

 



 

(a) Weil nämlich von jenen Karmaformationen die verdienstlichen Karmaformationen (puññâbhisankhāra), dadurch daß sie die Wiedergeburt bewirken, in zwei Arten des Daseins (bhava) (dem sinnlichen und Feinkörperlichen) ihre ganze eigene Wirkung erzeugen und genau so in den 4 Schoßen der Entstehung wie aus dem Ei usw., in den 2 Daseinsfährten der Himmelswesen und Menschen, in den 4 Bewußtseinsstätten - mit Verschiedenheit des Körpers und Verschiedenheit der Wahrnehmung, mit Verschiedenheit des Körpers und Gleichheit der Wahrnehmung, mit Gleichheit des Körpers und Verschiedenheit der Wahrnehmung, mit Gleichheit des Körpers und Gleichheit der Wahrnehmung - und in bloß 4 Wesenswelten, da in der Welt der Unbewußten Wesen (asaññasatta) die Karmaformationen bloß Körperlichkeit bewirken, insofern sind die verdienstlichen Karmaformationen in besagter Weise die Bedingung für 21 karmagewirkte Bewußtseinsklassen (34 bis 49, 57 bis 61) u. zw. teils bei der Wiedergeburt (41 bis 49, 57 bis 61), teils während des Lebens (34 bis 41) in 2 Daseinsarten, 4 Schoßen der Entstehung, 2 Fährten, 4 Bewußtseinsstätten und 4 Wesenswelten.

 

(b) Weil aber die unverdienstlichen Karmaformationen (apuññâbhisankhāra) bloß in 1 Sinnlichen Dasein die Wiedergeburt bewirken, in 4 Schoßen der Entstehung, in den übrig bleibenden 3 Fährten (die Menschen- und Himmelswelt ausnehmend) und in 1 Bewußtseinsstätte - nämlich mit Verschiedenheit des Körpers und Gleichheit der Wahrnehmung - und in bloß solch einer einzigen Wesenswelt, darum sind die unverdienstlichen Karmaformationen im besagten Sinne eine Bedingung für 7 karmagewirkte Bewußtseinsklassen (50 bis 56), u. zw. teils bei der Wiedergeburt (56), teils während des Lebens (50 bis 56) in 1 Daseinsart, 1 Schoßen der Entstehung, 3 Daseinsfährten, 1 Bewußtseinsstätte und 1 Wesenswelt.

 

(c) Insofern aber die unerschütterlichen Karmaformationen (aneñjâ-bhisankhāra) die Wiedergeburt bloß in dem Feinkörperlichen Dasein bewirken, in 1 spontanen Schoße der Entstehung, 1 Himmlischen Daseinsfährte, 3 Bewußtseinsstätten, wie dem Raumunendlichkeitsgebiete, Bewußtseinsunendlicheitsgebiete und Nichtsheitgebiete, 4 Wesenswelten, wie dem Raumunendlichkeitsgebiete usw., darum sind die unerschütterlichen Karmaformationen in besagter Weise die Bedingung für die 4 Bewußtseinsklassen bei der Wiedergeburt und während des Lebens in 1 Dasein, 1 Schoße der Entstehung, 1 Daseinsfährte, 3 Bewußtseinsstätten und 4 Wesenswelten. Somit heißt es:

 

 

Hier endet die ausführliche Besprechung des Satzes: 'Durch die Karmaformationen bedingt ist das Bewußtsein'.


 Home Oben Zum Index Zurueck Voraus