Visuddhi Magga XVII

(II-III) "Durch die Karmaformationen bedingt ist das Bewußtsein" (sankhāra-paccayā viññānam):

 

- In diesem Ausspruche ist das Bewußtsein (viññāna) sechsfach, nämlich: Seh-, Hör-, Riech-, Schmeck-, Körper- und Geist-Bewußtsein. -

Hierbei ist das Sehbewußtsein zweifach: durch heilsames Karma gewirkt (kusala-vipāka) oder durch unheilsames Karma gewirkt (akusala-vipāka); ebenso ist es mit Hör-, Riech-, Schmeck- und Körperbewußtsein (zusammen 10 Klassen: Tab. 34 bis 38, 50 bis 54).

 

Das Geist-Bewußtsein (mano-viññāna) bildet 22 karmagewirkte Bewußtseinsklassen, nämlich:
 

 

Somit sind in den sechs Arten der Bewußtseinsklassen (Seh-, Hör-, Riech-, Schmeck-, Körper-, Geist-Bewußtsein) alle diese 32 karmagewirkten weltlichen Bewußtseinsklassen eingeschlossen.

(Der Begriff "Geistbewußtsein" (mano-viññāna) ist also nicht etwa identisch mit dem Geistbewußtseins-Element (manoviññāna-dhātu) sondern umfaßt, mit der einzigen Ausnahme des Fünfsinnenbewußtseins (Sehen usw.), alles Bewußtsein überhaupt, also auch das "Geist-Element" (mano-dhātu). Vergl. Tab).

 

Die überweltlichen (lokuttara) Bewußtseinsklassen (66 bis 99) aber werden hier nicht erwähnt, da sie nicht zur Erklärung der Daseinsrunde gehören.

Hier nun könnte einer die Frage aufwerfen: 'Wie aber kann man wissen, daß dieses solcherart beschriebene Bewußtsein durch die Karmaformationen bedingt ist?' - Man kann es wissen, da eben, wenn kein angehäuftes Karma da ist, auch keine Wirkung da ist. Dieses Bewußtsein aber ist karmagewirkt, und ohne angehäuftes Karma tritt keine Wirkung ein. Träte sie nämlich ein, so träten für alle (Wesen) alle diese karmagewirkten Bewußtseinszustände auf. Sie treten aber nicht bei allen auf. So also sollte man wissen, daß durch die Karmaformationen bedingt dieses Bewußtsein zum Entstehen kommt.

 


Bedingt aber durch welche Karmaformationen ist welches Bewußtsein?

 

Durch die verdienstlichen Karmaformationen (puññâbhisankhāra) der Sinnensphäre bedingt sind 16 Bewußtseinsklassen, nämlich:

die mit Sehbewußtsein beginnenden 5 durch heilsames Karma gewirkten Bewußtseinsklassen (34 bis 38); auf dem Gebiete des Geistbewußtseins aber: 1 Geist-Element (mano-dhātu: 39), 2 Geistbewußtseins-Elemente (mano-ññāna-dhātu: 40, 41) und acht karmagewirkte Bewußtseinsklassen der Sinnensphäre (42 bis 49).

Wie es heißt (Dhs.): "... wenn dadurch, daß heilsames Karma der Sinnensphäre ausgeübt oder angehäuft wurde, als dessen Wirkung das Sehbewußtsein aufgestiegen ist (ib. § 431)...

das Hör-, Riech-, Schmeck- und Körperbewußtsein (ib. § 443)...

das karmagewirkte Geist-Element (mano-dhātu) (ib. § 455)...

das von Freude begleitete Geistbewußtseinselement (manoviññāna-dhātu: 40) (ib. § 469)...

(1) das von Freude begleitete und mit Wissen verbundene Bewußtsein...

(2) das von Freude begleitete und mit Wissen verbundene, 'vorbereitete' Bewußtsein...

(3) das von Freude begleitete und mit Wissen nicht verbundene...

(4) das von Freude begleitete und mit Wissen nicht verbundene, 'vorbereitete'...

(5) das von Indifferenz begleitete und mit Wissen verbundene...

(6) das von Indifferenz begleitete und mit Wissen verbundene 'vorbereitete'...

(7) das von Indifferenz begleitete und mit Wissen nicht verbundene...

(8) das von Indifferenz begleitete und mit Wissen nicht verbundene 'vorbereitete'..." (ib. § 498).

 

Durch die verdienstlichen Karmaformationen der Feinkörperlichen Sphäre bedingt sind die 5 karmagewirkten Zustände der Feinkörperlichen Sphäre (57 bis 61). Wie es heißt (ib. § 495): "... wenn dadurch, daß jenes heilsame Karma der Feinkörperlichen Sphäre ausgeübt und angehäuft wurde, als dessen Wirkung man abgesondert von den sinnlichen Dingen in die erste Vertiefung... in die fünfte Vertiefung eingetreten verweilt..." (ib. § 449).

 

Durch die unverdienstlichen Karmaformationen (apuññâbhisankhāra) aber bedingt sind 7 Arten des Bewußtseins, nämlich:

die mit Sehbewußtsein beginnenden 5 durch unheilsames Karma gewirkten Bewußtseinsklassen (50 bis 54),

1 Geist-Element (55) und

1 Geistbewußtseins-Element (56).

Wie es heißt (ib. § 556, 562, 564): "... wenn dadurch, daß unheilsames Karma ausgeübt und angehäuft wurde, als dessen Wirkung das Sehbewußtsein entstanden ist, oder das Hör-, Riech-, Schmeck- und Körperbewußtsein... das karmagewirkte Geist-Element... das karmagewirkte Geistbewußtseins-Element... "

 

Durch die unerschütterliche Karmaformationen (aneñjâbhisankhāra) aber bedingt sind 4 karmagewirkte Bewußtseinszustände der Unkörperlichen Welt (62 bis 65).
Somit ist dieses Bewußtsein 4fach. Wie es heißt (ib. § 501 bis 504): "wenn dadurch, daß jenes heilsame (kusala) Karma der Unkörperlichen Sphäre ausgeübt und angehäuft wurde, als dessen Wirkung man nach völliger Überwindung der Körperlichkeitswahrnehmungen... in die mit der Raumunendlichkeitssphäre... der Bewußtseinsunendlichkeitsphäre... der Nichtsheitssphäre... der Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmungssphäre verbundene vierte Vertiefung eingetreten verweilt. (Diese 4 sog. Unkörperlichen Vertiefungen (arūpajjhāna) oder Gebiete (arūpāyatana; s. Teil X) nämlich sind, genau genommen, als Weiterentwicklungen der aus den beiden Vertiefungsgliedern Gleichmut (upekkhā) und Sammlung (samādhi) bestehenden 4ten Vertiefung der Feinkörperlichen Sphäre zu betrachten)..."

 

Kennt man nun jene durch die Karmaformationen bedingten Bewußtseinsklassen, so sollte man nunmehr auch ihr Auftreten kennen lernen: -

 

Alle diese (32 karmagewirkten) Bewußtseinsklassen treten zu zweierlei Zeit auf, d.i. zum Teil während des Lebens, zum Teil bei der Wiedergeburt. 13 darunter treten bloß während des Lebens im Fünfgruppendasein auf, nämlich die 2 x 5 Bewußtseinsklassen (34 bis 38; 50 bis 54), 2 (die Sinnenobjekte rezipierende) Geist-Elemente (mano-dhātu: 39, 55) und das von Freude begleitete wurzelfreie (prüfende und registrierende) Geistbewußtseins-Element (40). Die übrigen 19 aber treten in allen drei Daseinsklassen (Sinnenwelt, Feinkörperliche Welt, Unkörperliche Welt) auf, u. zw., je nach dem, während des Lebens oder bei der Wiedergeburt. Und in welcher Weise?

 

(Sehbewußtsein usw.)

 

Wer auf Grund der Wirkung von heilsamem und unheilsamen Karma wiedergeboren wurde oder bei dem die Sinnenorgane der Reihe nach zur Reife gelangt sind, in dem entstehen die durch 'heilsames' Karma gewirkten 5 mit Sehbewußtsein beginnenden Bewußtseinsklassen, indem diese die Funktionen des Sehens, Hörens, Riechens, Schmeckens und körperlichen Beeindrückens ausüben. Dies geschieht auf Grund der Sensitivität des Auges usw. und bedingt durch das in den Sehkreis usw. eingetretene erwünschte oder teilweise erwünschte Sehobjekt usw. Entsprechend verhält es sich mit den durch 'unheilsames' Karma gewirkten 5 Bewußtseinsklassen (50 bis 54), bloß daß diese ein unerwünschtes oder teilweise unerwünschtes Objekt haben. Dies ist der einzige Unterschied. Alle 10 Klassen haben ganz bestimmte Sinnenpforten (Sehorgan usw.), Objekte (Sehobjekte usw.), physische Grundlagen, Positionen (in der Serie der Bewußtseinsfunktionen) und Funktionen (des Sehens usw.).

 

(Geist-Element)

 

Unmittelbar auf die durch 'heilsames' Karma gewirkten Bewußtseinsklassen wie Sehbewußtsein usw. (34 bis 38) steigt das durch heilsames Karma gewirkte Geist-Element (mano-dhātu: 39) auf, indem dieses, auf das gleiche Objekt gestützt und in Abhängigkeit von der physischen Grundlage (Herz), die Funktion des Rezipierens (sampaticchana) ausübt. Entsprechend ist es mit dem durch 'unheilsames' Karma gewirkten Geist-Element (55), das unmittelbar auf die durch unheilsames Karma gewirkten Bewußtseinsklassen (50-54) folgt. Diese beiden Geistelemente (39, 55) aber haben 'kein bestimmtes' (aniyata) Sinnentor oder Objekt (da sie bei irgend einem der 5 Sinnentore und 5 Sinnenobjekte aufsteigen können), wohl aber eine bestimmte physische Grundlage (Herz), eine bestimmte Position und eine bestimmte (niyata) Funktion (näml. des Rezipierens des Sinnenobjektes).
 

[Übrigens kann eine karmische Wirkung (kamma-vipāka), wie z.B. Sehbewußtsein, weder karmisch heilsam noch unheilsam (kusala, akusala) sein, sondern ist eben stets karmisch neutral (avyākata).]

 

(Geistbewußtseins-Element)

 

Unmittelbar auf das durch heilsames Karma gewirkte Geist-Element aber folgt das von Freude begleitete wurzelfreie Geistbewußtseins-Element (manoviññāna-dhātu: 40) ' indem dieses, auf das gleiche Objekt gestützt und in Abhängigkeit von der physischen Grundlage (Herz), die Funktion des Prüfens (santīrana) ausübt. Nachdem es aber, im Falle eines intensiven Objektes, an einer der sechs Sinnenpforten, u. zw. bei den Wesen der Sinnensphäre gewöhnlich am Ende der mit Gier verbundenen Impulsivmomente (javana), den unterbewußten Daseinsprozess (bhavanga-vīthi) durchbrochen hat, tritt es bei dem vom Impulsivbewußtsein aufgefaßten Objekte einmal oder zweimal als Registrierendes (tad-ārammana) Bewußtsein auf: so heißt es im Kommentar zu Majjhima-Nikaya. Im Kommentar zum Abhidhamma aber werden hinsichtlich des Registrierens zwei Bewußtseinsmomente überliefert. Dieses Bewußtsein nun erhält zwei Namen: das Registrierende Bewußtsein (tad-ārammana) oder das Abschließende Unterbewußtsein (pitthi-bhavanga). Dieses Bewußtsein hat kein bestimmtes Sinnentor und Objekt wohl aber eine bestimmte physische Grundlage (Herz), keine bestimmte Position und keine bestimmten Funktionen. Somit sollte man wissen, daß 13 (karmagewirkte) Bewußtseinsklassen bloß während des Lebens im Fünfgruppendasein (pañca-vokāra-bhava) auftreten.

 

Unter den übrigen 19 Bewußtseinsklassen (41 bis 49; 56; 57 bis 65) gibt es keine, die nicht in einem ihr selber entsprechenden Wiedergeburtsmomente (patisandhi) auftreten könnte. Während des Lebensfortganges (pavatti) aber üben bei ihrem Auftreten die durch heilsames und unheilsames Karma gewirkten 2 wurzelfreien (von Indifferenz begleiteten) Geistbewußtseins-Elemente (manoviññāna-dhātu: 41, 56) 4 Funktionen aus, nämlich: die Funktion des Prüfens (santīrana-kicca) unmittelbar nach dem durch heilsames oder unheilsames Karma gewirkten wurzellosen Geist-Element (mano-dhātu) an den 5 Sinnenpforten; die Funktion des Registrierens (tad-ārammana-kicca) an den 6 Toren, wie oben beschrieben; die Funktion des Unterbewußtseins (bhavanga-kicca), solange auf den durch diese (beiden Geistbewußtseins-Elemente) selber bewirkten Wiedergeburtsmoment kein anderes den unterbewußten Daseinsstrom durchbrechendes Bewußtsein aufsteigt; ferner die Funktion des Abscheidens (cuti-kicca) beim Lebensende. Diese beiden Geistbewußtseins-Elemente haben wohl eine bestimmte physische (Herz-) Grundlage, aber kein bestimmtes Sinnentor und Objekt, keine bestimmte Position und keine bestimmte Funktion (da sie irgend eine der oben erwähnten Funktionen ausüben mögen).

 

Die 8 wurzelbegleiteten (durch heilsames Karma gewirkten) Bewußtseinsklassen der Sinnensphäre (42 bis 49), die eine bestimmte physische Grundlage (Herz) haben, aber kein bestimmtes Objekt, keine bestimmte Position und keine bestimmte Funktion, üben während des Lebensfortganges drei Funktionen aus, nämlich: die Funktion des Registrierens (tad-ārammana) an den 6 Pforten, wie oben beschrieben; die Funktion des Unterbewußtseins (bhavanga), solange auf den durch diese (8 Bewußtseinsklassen) selber bewirkten Wiedergeburtsmoment kein anderes den unterbewußten Daseinsstrom durchbrechendes Bewußtsein aufsteigt; ferner die Funktion des Abscheidens (cuti) am Lebensende.

 

Die 5 (karmagewirkten) Bewußtseinsklassen der Feinkörperlichen Sphäre (57-61) und die 4 der Unkörperlichen Spähre (62-65) üben während des Lebensfortganges (dortselbst) zwei Funktionen aus, nämlich: die Funktion des Unterbewußtseins, solange auf den durch sie selber bewirkten Wiedergeburtsmoment kein anderes den unterbewußten Daseinsstrom durchbrechendes Bewußtsein aufsteigt; ferner die Funktion des Abscheidens am Lebensende.

 

Hierbei nun haben die 5 (karmagewirkten) Bewußtseinsklassen der Feinkörperlichen Sphäre (in jener Welt) eine bestimmte physische Grundlage (Herz) und ein bestimmtes Objekt, aber keine bestimmte Position und keine bestimmte Funktion (da sie entweder die Funktion der Wiedergeburt oder des Unterbewußtseins oder des Sterbens ausüben mögen). Die anderen (4 karmagewirkten Bewußtseinsklassen der Unkörperlichen Sphäre) haben keine bestimmte physische Grundlage (in der Unkörperlichen Welt gibt es eben keine Körperlichkeit mehr), aber ein bestimmtes Objekt sind ohne bestimmte Position und ohne bestimmte Funktion.

 

Auf diese Weise sind die während des Lebensfortganges auftretenden 32 (karmagewirkten) Bewußtseinsklassen durch die Karmaformationen bedingt.  


 

(Wiedergeburt)

 

Dabei sind während des Lebens alle jene Karmaformationen für diese karmagewirkten Bewußtseinsklassen eine Bedingung im Sinne von Karma und von Anlaß (upanissaya). Wenn es aber heißt, daß von den übrigen 19 Bewußtseinsklassen es keine einzige gibt, die nicht in einem ihr selber entsprechenden Wiedergeburtsmomente (patisandhi) auftreten könnte, so ist diese Aussage wegen ihrer zu kurzen Fassung schwer verständlich. Um diese daher in ausführlicher Weise zu erklären, sind die folgenden Fragen aufzuwerfen:

 

1. Wieviele Arten der Wiedergeburt gibt es?
2. Wieviele Klassen des Wiedergeburtsbewußtseins?
3. Wodurch und wo findet die Wiedergeburt statt?
4. Was ist das Bewußtseinsobjekt bei der Wiedergeburt?

 

1. Einschließlich der Wiedergeburt als Unbewußtes Wesen gibt es 20 Arten der Wiedergeburt.
 

2. Wie oben erwähnt, gibt es 19 Klassen von Wiedergeburtsbewußtsein (56; 41; 42 bis 49; 57 bis 65).
 

3. Von diesen findet:

- Vermittels des durch unheilsames Karma gewirkten wurzelfreien Geistbewußtseins-Elementes (56) die Wiedergeburt in den Niederen Welten (apāya: Tierreich, Gespensterreich, Hölle, Dämonenreich) statt.

- Vermittels des durch heilsames Karma gewirkten (von Indifferenz begleiteten) Geistbewußtseins-Elementes (41) kommt es in der Menschenwelt zur Geburt von Blindgeborenen, Tauben, Irrsinnigen, Taubstummen, Zwittern u. dgl.

- Vermittels der 8 von Wurzeln begleiteten durch, (heilsames) Karma gewirkten Bewußtseinsklassen der Sinnensphäre (42 bis 49) werden die Verdienstvollen unter Himmelswesen und Menschen wiedergeboren.

- Vermittels der 5 karmagewirkten Bewußtseinszustände (Vertiefungen) der Feinkörperlichen Sphäre (57 bis 61) wird man in der feinkörperlichen Brahmawelt wiedergeboren.

- Vermittels der 4 karmagewirkten Bewußtseinszustände der Unkörperlichen Sphäre (62 bis 65) in der Unkörperlichen Welt. Wodurch (d.i. vermittels welches Bewußtseins) und wo immer die Wiedergeburt stattfindet, da entspricht die Wiedergeburt (d.i. das Wiedergeburtsbewußtsein * jenem Bewußtsein.

 

* Die Wiedergeburt (patisandhi, wörtl Wiederverbindung des neuen Lebewesens) ist nämlich als ein im Augenblick der Empfängnis aufblitzender Bewußstseinsmoment aufzufassen. Entsprechend ist es mit dem Sterben

 

4. Kurzgesagt, hat die Wiedergeburt dreierlei Objekte: vergangenes, gegenwärtiges oder unwirkliches Objekt (d.i. ein rein begriffliches). Die Wiedergeburt unter den Unbewußten Wesen (asañña-satta) aber hat kein Bewußtseinsobjekt.

 

Das Wiedergeburtsbewußtsein im Gebiete der Bewußtseinsunendlichkeit (63) und im Gebiete der Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmung (65) hat bloß ein vergangenes Objekt; die (für die Wiedergeburt in Betracht kommenden) 10 Bewußtseinsklassen der Sinnensphäre haben ein vergangenes oder gegenwärtiges Objekt, während die übrigen ein unwirkliches Objekt haben.

 

Weil nun das in dieser Weise bei den 3 Objekten auftretende Wiedergeburtsbewußtsein unmittelbar nach dem ein vergangenes oder unwirkliches Objekt habenden Sterbebewußtsein (cuti) auftritt, das Sterbebewußtsein aber kein gegenwärtiges Objekt hat, darum kommt es, wie einzusehen, unmittelbar nach dem eines von den (ersteren) beiden Objekten habenden Sterbebewußtsein zur Wiedergeburt auf glücklicher oder unglücklicher Daseinsfährte, mit einem von den drei Objekten.

 

(Von glücklicher zu unglücklicher Fährte)

 

Es heißt nämlich, daß dem auf glücklicher Daseinsfährte weilenden Übeltäter zu solcher Zeit seine üblen Taten vorschweben. Demgemäß tritt bei dem auf seinem Sterbelager Liegenden sein aufgehäuftes übles Karma (kamma) oder ein Abzeichen dieses Karma (kamma-nimitta) in den Eingang der Geistespforte (mano-dvāra) ein. Unmittelbar aber auf den dadurch bedingt aufgestiegenen und im Registrierenden Bewußtsein (tad-ārammana) endenden Impulsivprozess (javana-vīthi) steigt das Sterbebewußtsein auf, indem dieses das Unterbewußtseinsobjekt zu seinem eigenen Objekte macht. Sobald dieses aber geschwunden ist, steigt, durch jene in die Geistpforte eingetretene (frühere) Tat (kamma) oder durch ein Abzeichen der Tat (kamma-nimitta) bedingt, das Wiedergeburtsbewußtsein auf, durch die Macht unüberwundener Leidenschaften niedergedrückt und in unglücklicher Daseinsfährte eingeschlossen. Dies ist das ein vergangenes Objekt habende Wiedergeburtsbewußtsein, das unmittelbar nach dem ein vergangenes Objekt habenden Sterbebewußtsein aufsteigt.

 

Bei einem anderen erscheint auf Grund der oben beschriebenen Tat im Sterbemomente an der Geistpforte das Abzeichen einer unglücklichen Daseinsfährte, etwa der Anblick von feurigen Flammen wie in der Hölle u. dgl. Nachdem daher das Unterbewußtsein nach zweimaligem Aufsteigen wieder verschwunden ist, steigen drei prozeßbildende Bewußtseinsklassen (vīthi-citta) auf, nämlich: 1 auf jenes Objekt gegründetes Aufmerkendes (āvajjana) Bewußtsein; ferner infolge der durch die Todesnähe verminderten Geschwindigkeit bloß 5 (statt 7) Impulsivmomente (javana); ferner 2 Registrierende (tad-ārammana) Bewußtseinsmomente. Darauf entsteht ein Sterbebewußtsein (cuti-citta), indem dieses das Unterbewußtseinsobjekt zum eigenen Objekte macht. Soweit sind 11 Bewußtseinsmomente vergangen. Darauf steigt in ihm bei eben jenem für die fünf übrigen Bewußtseinsmomente andauernden Objekte das Wiedergeburtsbewußtsein auf (*). Dies ist das ein gegenwärtiges Objekt habende Wiedergeburtsbewußtsein, das unmittelbar nach dem ein vergangenes Objekt habenden Sterbebewußtsein aufsteigt.

 

(*) Ein einzelner Bewußtseinsvorgang nämlich soll jedesmal aus 16 Bewußtseinsmomenten (citta-kkhana) bestehen. Näheres über die verschiedenen Arten der Bewußtseinsvorgänge und die dabei stattfindenden 14 Bewußtseinsfunktionen s. Tab.I, unten.

 

Bei einem anderen erscheint an einer der fünf Sinnenpforten ein seine Gier erregendes niedriges Sinnenobjekt. In diesem Menschen kommen in der richtigen Folge am Ende des aufgestiegenen Feststellungsmomentes (votthapana) infolge der durch die Todesnähe verminderten Geschwindigkeit bloß 5 Impulsivmomente (javana), dann 2 Registrierende (tad-ārammana) Bewußtseinsmomente zum Entstehen. Danach tritt das Sterbebewußtsein (cuti-citta) ein, indem dieses das Unterbewußtseinsobjekt zum eigenen Objekte macht. Soweit sind 15 Bewußtseinsmomente vergangen, nämlich:
 

 

Darauf kommt bei jenem bloß für die Zeit eines einzigen Bewußtseinsmomentes andauernden Objekte das Wiedergeburtsbewußtsein zum Entstehen. Dies ist das ein gegenwärtiges Objekt habende Wiedergeburtsbewußtsein, das unmittelbar nach dem ein vergangenes Objekt habenden Sterbebewußtsein aufsteigt.

 

Dies ist die Entstehungsweise des ein vergangenes oder gegenwärtiges Objekt habenden und auf unglücklicher Daseinsfährte eintretenden Wiedergeburtsbewußtseins, das unmittelbar nach dem ein vergangenes Objekt habenden Sterbebewußtsein auf glücklicher Daseinsfährte aufsteigt.

 

(Von unglücklicher zu glücklicher Fährte)

 

Wer aber, auf unglücklicher Daseinsfährte (Hölle, Tierreich usw.) weilend, untadeliges Karma angehäuft hat, bei dem tritt in besagter Weise an der Geistespforte jenes untadelige Karma oder Abzeichen des Karma (kamma-nimitta) in die Geistpforte ein. In dieser Weise hat man alles genau wie oben beschrieben zu verstehen, nur hat man für die schlechte Seite die gute einzusetzen. Dies ist die Entstehungsweise des ein vergangenes oder gegenwärtiges Objekt habenden und auf glücklicher Daseinsfährte eintretenden Wiedergeburtsbewußtseins, das unmittelbar nach dem ein vergangenes Objekt habenden Sterbebewußtsein auf unglücklicher Daseinsfährte aufsteigt.

 

(Von glücklicher zu glücklicher Fährte)

 

Wer aber, auf glücklicher Daseinsfährte weilend, untadeliges Karma angehäuft hat, dem erscheint, während er auf seinem Sterbelager liegt, dieses angehäufte untadelige Karma oder ein Abzeichen davon am Eingange zur Geistespforte, gemäß der Aussage, daß: 'diese Taten ihm zu solcher Stunde vorschweben usw.' (s. oben). Dies gilt jedoch bloß für das angehäufte untadelige Karma in der Sinnensphäre. Demjenigen aber, der entfaltetes (übersinnliches) Karma (damit sind gemeint die Vertiefungen der Feinkörperlichen und Unkörperlichen Sphäre) angehäuft hat, erscheint bloß ein Abzeichen jenes Karma. Unmittelbar nach dem, durch jenes Karma-Abzeichen bedingt entstandenen und in Registrierendem Bewußtsein endenden reinen Impulsivprozeß (javana-vīthi) steigt das Sterbebewußtsein auf, indem dieses das Unterbewußtseinsobjekt zum eigenen Objekte macht. Ist dieses aber geschwunden, so erscheint, durch eben das in die Geistpforte eingetretene Karma oder Karma-Abzeichen bedingt, das durch die Macht der noch nicht überwundenen Leidenschaften bedrückte und in glücklicher Daseinsfährte eingeschlossene Wiedergeburtsbewußtsein. Dies ist das ein vergangenes oder nicht wirkliches Objekt habende Wiedergeburtsbewußtsein, das unmittelbar nach dem ein vergangenes Objekt habenden Sterbebewußtsein aufsteigt.

 

Einem anderen erscheint kraft untadeligen Karmas in der Sinnensphäre im Momente des Todes an der Geistpforte das Abzeichen einer glücklichen Daseinsfährte (gati-nimitta), in der Menschenwelt etwa der Anblick des Mutterschoßes, oder in der Himmelwelt der Anblick eines Parkes, Schlosses oder Wunschbaumes u. dgl. Unmittelbar nach dem Sterbebewußtein steigt in ihm das Wiedergeburtsbewußtsein auf, in der Weise wie es anläßlich des Abzeichens von der unglücklichen Daseinsfährte beschrieben wurde. Dies ist das ein gegenwärtiges Objekt habende Wiedergeburtsbewußtsein, das unmittelbar nach dem ein vergangenes Objekt habenden Sterbebewußtsein aufsteigt.

 

Einem anderen bieten seine Verwandten ein Objekt für die fünf Sinnenpforten dar. Sie geben ihm z.B. etwas zum Betrachten, wie eine Blumenkette, ein Fähnchen u. dgl., und sagen: 'Dies, mein Lieber, wird um deines Heiles willen dem Buddha als Opfergabe dargebracht. Sei heiteren Herzens!' Oder sie geben ihm etwas zum Hören, etwa einen Vortrag über die Lehre, Opfermusik u. dgl. Oder sie geben ihm etwas zum Riechen, wie Räucherwerk, wohlriechende Düfte u. dgl. Oder sie geben ihm etwas zum Schmecken, wie Honig, Süßigkeiten u. dgl. und sagen: 'Koste dies, mein Lieber! Es ist eine Gabe, die zu deinem Heile dargebracht werden soll.' Oder sie geben ihm etwas zum Anfühlen, wie Chinaseide, Samarastoff u. dgl., und sagen: 'Fühle dies an, mein Lieber! Es ist eine Gabe, die deinem Heile zuliebe dargebracht werden soll.' (*) Sobald nun jenes Objekt, des Sehens usw. in den Sinnenbereich gelangt ist, steigen in richtiger Folge zu Ende des aufgestiegenen Feststellenden (votthapana) Bewußtseinsmomentes, wegen der durch die Todesnähe verlangsamten Geschwindigkeit, bloß 5 Impulsivmomente auf und 2 Registrierende Bewußtseinsmomente. Dann folgt ein Sterbebewußtseinsmoment, indem dieser das Unterbewußtseinsobjekt zum eigenen Objekte macht, und zu Ende desselben das nur für einen Augenblick andauernde Wiedergeburtsbewußtsein. Dies ist das ein gegenwärtiges Objekt habende Wiedergeburtsbewußtsein, das unmittelbar nach dem ein vergangenes Objekt habenden Sterbebewußtsein aufsteigt.

 

(*) In Tibet gibt es den Brauch neben den Verstorbenen aus dem Totenbuch vorzulesen, wo Hinweise enthalten sind, wie man sich im Jenseits zu verhalten hat, bzw. nicht auf falsche Wege gerät. Siehe "Das Tibetische Totenbuch"

 

Bei einem anderen auf glücklicher Daseinsfährte Weilenden aber, der durch die Erdkasina-Vertiefung usw. geistige Entfaltung erreicht hat, tritt im Sterbemomente irgend ein der Sinnensphäre angehörendes (früher verübtes) heilsames Karma in den Bereich der Geistpforte ein, oder auch ein Abzeichen der neuen Daseinsfährte (gati-nimitta), oder das Erdkasina-Abzeichen usw., oder das entfaltete Bewußtsein (der Vertiefung). Oder, an der Seh- oder Hörpforte tritt das das heilsame Karma veranlaßt habende erhabene Objekt in den Sinnenbereich ein. Zu Ende des aufgestiegenen Feststellenden (votthapana) Bewußtseinsmomentes steigen in ihm, in der richtigen Folge, wegen der durch die Todesnähe verlangsamten Geschwindigkeit bloß 5 Impulsivmomente (javana) auf. Bei dem auf entfalteter Daseinsfährte (der Feinkörperlichen Welt usw.) Weilenden aber besteht das Registrierende (tad-ārammana) Bewußtsein nicht. Daher entsteht unmittelbar nach den Impulsivmomenten (javana) ein einziger Sterbebewußtseinsmoment, indem dieses Bewußtsein das Unterbewußtseinsobjekt zum eigenen Objekte nimmt. Zu Ende desselben aber tritt das Wiedergeburtsbewußtsein ein, das in einer der glücklichen Daseinsfährten der Sinnensphäre eingeschlossen ist und das, je nach den sich darbietenden Gegenständen, irgend einen davon zum Objekte nimmt. Dies ist das ein vergangenes, gegenwärtiges oder unwirkliches Objekt habende Wiedergeburtsbewußtsein, das unmittelbar nach dem ein unwirkliches Objekt habenden Sterbebewußtsein auf glücklicher Daseinsfährte aufsteigt. In Übereinstimmung hiermit hat man auch jene Wiedergeburt zu verstehen, die unmittelbar auf das Sterben in der Unkörperlichen Welt erfolgt. Dies ist die Entstehungsweise des ein vergangenes oder unwirkliches Objekt habenden Wiedergeburtsbewußtseins, das unmittelbar nach dem ein vergangenes oder unwirkliches Objekt habenden Sterbebewußtsein auf glücklicher Daseinsfährte aufsteigt.


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