Zurueck Milindapañha, Teil 4

5. Kapitel 

 

Mil. 4.5.1. Das Wohnen in Häusern

 

"Der Erhabene, ehrwürdiger Nāgasena, hat gesagt:

 

 

Andererseits aber hat der Erhabene gesagt:

 

 

Wenn, ehrwürdiger Nāgasena, der Erhabene den ersten Ausspruch getan hat, so ist der Ausspruch, daß man liebliche Klöster erbauen solle, falsch. Hat aber der Erhabene gesagt, daß man liebliche Klöster erbauen solle, so muß eben der erste Ausspruch falsch sein. Auch dies ist wiederum ein zweischneidiges Problem, das ich dir da stelle und das du nun zu lösen hast."

"Beides, o König, hat der Erhabene gesagt. Doch wenn der Erhabene gesagt hat, daß das Hausleben den Schmutz gebiert, so ist das ein der wahren Beschaffenheit gemäßes Urteil, eine umfassende Aussage, die keine weitere Möglichkeit offen läßt, eine bedingungslose Aussage, für Asketen passend, den Asketen entsprechend, den Asketen angemessen, der Asketen würdig, dem Asketengebiet angehörend, eine Asketenweise, ein Asketenbrauch.

Gleichwie, o König, der Hirsch des Waldes in Wald und Hag umherschweift und, ohne Haus und Heim, hineilt wohin er will: in diesem Sinne, o König, hat man jenen Ausspruch zu verstehen.

Wenn aber, o König, der Erhabene gesagt hat, daß man liebliche Klöster errichten solle, um dort Wissensreiche wohnen zu lassen, so hat der Erhabene das aus zwei Gründen gesagt. Aus welchen beiden? Die Schenkung eines Klosters nämlich wurde von allen Erleuchteten gepriesen, anerkannt, gelobt und gerühmt; denn durch Schenkung eines Klosters (als ersten Anstoß zum heiligen Leben) kann man die Erlösung erlangen von Geburt, Alter und Tod. Dies ist der erste Segen der Klosterschenkung. Fernerhin, wenn ein Kloster da ist, so können die Nonnen mit erfahrenen Mönchen zusammentreffen, und wer will, kann diese leicht besuchen. Ist aber kein Kloster da, so ist es schwer, sie aufzufinden. Dies ist der zweite Segen der Klosterschenkung.

Angesichts dieser beiden Gründe hat der Erhabene gesagt, daß man liebliche Klöster errichten solle, um dort Wissensreiche wohnen zu lassen. Nicht aber darf da des Buddha Jünger an seiner Behausung hangen."

"Vortrefflich, ehrwürdiger Nāgasena! So ist es, und so nehme ich es an."


Mil. 4.5.2. Maßhalten beim Mahle

 

"Der Erhabene, ehrwürdiger Nāgasena, hat den Ausspruch getan:

 

 

Andererseits aber sagt der Erhabene <Ich aber, Udayi, esse bisweilen diese ganze Almosenschale voll, bisweilen sogar noch mehr.> (M.77) Wenn nun, ehrwürdiger Nāgasena, der Vollendete den ersten Ausspruch getan hat, so ist der zweite falsch; hat er aber den zweiten Ausspruch getan, so muß der erste falsch sein."

"Beides, o König, hat der Erhabene gesagt. Wenn er aber sagt: <Erhebe dich, und sei nicht schlaff, im Zaume halte deinen Leib,> so ist dies ein der wahren Beschaffenheit gemäßes Urteil, ein wahrer Ausspruch, ein Wirklichkeit besitzender Ausspruch, eine unverdrehte Behauptung, ein Ausspruch der Weisen, ein Ausspruch der Denker, ein Ausspruch der Erhabenen, der Heiligen, der <Einzel-Erleuchteten> (pacceka-buddha), ein Ausspruch des Siegers, des Allwissenden, des Vollendeten, Heiligen, Vollkommen Erleuchteten. Der am Leibe Unbeherrschte, o König, bringt Lebendiges um, nimmt Ungegebenes, vergeht sich an seines Nächsten Weib, redet falsch, trinkt berauschende Getränke, beraubt Vater, Mutter und Heilige des Lebens, entzweit die Jüngerschaft, vergießt in boshafter Gesinnung des Vollendeten Blut. Hat denn, o König, Devadatta dadurch, daß er, im Leibe unbeherrscht, die Jüngerschaft entzweit hatte, nicht wohl eine für ein Weltzeitalter wirkende (böse) Tat angehäuft? Angesichts dieser und vieler anderer Gründe hat der Erhabene den Ausspruch getan:

 

 

Wer, o König, seinen Leib bezwingt, 

Hat denn nicht wohl, o König, einst ein junger Papagei dadurch, daß er seinen Leib bezwang, die Götterwelt der Dreiunddreißig (Tāvatimsa) zum Wanken gebracht und Sakka, den Götterkönig, gezwungen, ihm zu dienen? (Jātaka Nr. 429 und 430) Angesichts vieler solcher Gründe hat der Erhabene den Ausspruch getan: <Raffe dich auf und sei nicht schlaff! Im Zaume halte deinen Leib!> - 

Wenn aber, o König, der Erhabene sagt, daß er bisweilen eine ganze Almosenschale voll esse, so hat das der Allwissende, der Vollendete von sich selbst gesagt, nachdem er seine Aufgabe erfüllt, das Werk vollendet, sein Ziel erreicht, zum Ende seines Weges gelangt, frei von Hindernissen. Gleichwie, o König, für einen Kranken, der sich erbricht, Durchfall hat und jeder Aufwartung entbehrt, heilsame Behandlung wünschenswert ist: ebenso auch muß, o König, wer noch von den Leidenschaften befleckt ist, die Wahrheit noch nicht erkannt hat, seinen Leib bezwingen. Gleichwie man, o König, einen hell-leuchtenden, echten, von Natur aus lauteren Edelstein nicht mehr durch Schleifen und Reiben zu polieren braucht, ebenso auch, o König, gibt es für den Vollendeten, im Buddhabereiche zur Vollkommenheit Gelangten, keine Hemmung (durch Leidenschaften) mehr bei der Ausübung seiner Handlungen."

"Vortrefflich, ehrwürdiger Nāgasena! So ist es, und so nehme ich es an."

 


Mil. 4.5.3. War Bakkula dem Buddha überlegen?

 

"Der Erhabene, ehrwürdiger Nāgasena, hat gesagt: <Ein Priester (Das heißt ein wahrer Priester, Brahmane, ein Heiliger) bin ich, ihr Mönche, den Bittenden zugetan, mit offenen Händen gebend, trage meinen letzten Körper (m.a.W.: Dies ist meine letzte Wiedergeburt), bin der höchste Heiler und Arzt.> Andererseits, ehrwürdiger Nāgasena, hat der Erhabene gesagt: <Der erste, ihr Mönche, unter meinen gesunden Ordensjüngern ist Bakkula.> (Über die besonderen Eigenschaften einiger Ordensjüngern, siehe A.I.24) Es ist nun aber bekannt, daß im Körper des Erhabenen oftmals Krankheiten ausbrachen. Wenn also, ehrwürdiger Nāgasena, der Erhabene unübertroffen ist so ist eben die Behauptung, daß Bakkula unter den gesunden Ordensjüngern der erste sei, falsch. Ist er aber unter den gesunden Ordensjüngern wirklich der erste, so stimmt eben nicht der Ausspruch, daß der Erhabene der höchste Heiler und Arzt sei. Auch das ist wiederum ein zweischneidiges Problem, das ich dir da stelle und das du nun zu lösen hast."

"Beides, o König, hat der Erhabene gesagt. Letzteres jedoch wurde gesagt hinsichtlich der außerhalb von ihm selber (das ist bei Jüngern) anzutreffenden Lehrtraditionen, Erreichungen und Lehrkenntnissen. Es gibt nämlich, o König, unter den Jüngern des Erhabenen solche, die im Stehen oder Auf- und Abwandeln sich vertiefen; diese verbringen stehend oder auf und ab wandelnd Tag und Nacht. Der Erhabene jedoch, o König, verbringt Tag und Nacht gehend oder stehend, sitzend oder liegend. Somit sind jene dem Erhabenen in diesem Punkte überlegen. Und es gibt, o König, unter den Jüngern des Erhabenen solche, die bloß bei einmaligem Niedersitzen speisen. Diese nehmen, selbst wenn sich's um ihr Leben dreht, keine zweite Mahlzeit an. Der Erhabene jedoch nahm zweimal, auch sogar dreimal Speise zu sich. Somit sind jene Mönche dem Erhabenen in diesem Punkte überlegen. So viele solche Punkte gibt es, o König, die einmal von diesem, einmal von jenem Jünger berichtet werden. Der Erhabene aber, o König, ist unübertroffen in Sittlichkeit, Sammlung, Weisheit, Erlösung und dem Erkenntnisblicke der Erlösung, in den zehn Kräften (eines Buddha), dem vierfachen Selbstvertrauen, den achtzehn Buddha-Fähigkeiten, den sechs außerordentlichen Wissen und in dem gesamten Buddha-Bereiche. Und mit Hinsicht hierauf hat er gesagt: <Ein Priester bin ich, ihr Mönche, den Bittenden zugetan, mit offenen Händen gebend, trage meinen letzten Körper, bin der höchste Heiler und Arzt.>

Da, o König, ist unter den Menschen der eine von edler Geburt, der eine reich, der eine ein Weiser, der eine ein tüchtiger Handwerker, der eine ein Held, der eine voll Scharfsinn. Alle aber übertrifft der König und ist unter ihnen der Höchste. Ebenso auch, o König, ist der Erhabene unter allen Wesen der Höchste, der Edelste, der Beste. - 

Daß aber der ehrwürdige Bakkula frei war von Krankheit, das war infolge seines Entschlusses (in früherer Geburt), weil er nämlich, selber ein Asket, mit vielerlei Arzneien den erhabenen Anomadassi-(Buddha) heilte, der von einer Blähung im Leibe befallen war, und ebenso den erhabenen Vipassī-(Buddha) und die 68000 Mönche, die von <Grasblütenvergiftung> befallen waren, darum erreichte er selber Gesundheit und wurde als der Erste unter den gesunden Ordensjüngern bezeichnet. Ob nun, o König, den Erhabenen eine Krankheit befällt oder nicht, ob er Asketengelübde auf sich nimmt oder nicht, kein Wesen gleicht dem Erhabenen. Auch der Erhabene, o König, der über allen Göttern Stehende, sagt in der hehren Samyutta-Sammlung: <Was es da auch, ihr Mönche, an Wesen gibt, ob fußlos, Zweifüßer, Vierfüßer oder Vielfüßler, ob formhaft oder formlos, ob mit Wahrnehmung, ohne Wahrnehmung oder weder mit noch ohne Wahrnehmung: als Höchster unter allen diesen gilt der Vollendete, der Heilige, Vollkommen Erleuchtete." (S.45.139; auch A.IV.34, A.X.15, A.V.32)

"Vortrefflich, ehrwürdiger Nāgasena! So ist es, und so nehme ich es an."

 


Mil. 4.5.4. Hat der Buddha den Achtfachen Pfad selber geschaffen?

 

"Ehrwürdiger Nāgasena, der Erhabene hat gesagt: <Der Vollendete, ihr Mönche, der Heilige, Vollkommen Erleuchtete, ist des unentdeckten Pfades Eröffner.> (Samy.45.139

Andererseits aber sagte er: <Erkannt habe ich, ihr Mönche, den alten Pfad, den alten Weg, auf dem schon früher die Vollkommen Erleuchteten gewandelt sind.> (Samyutta-Nikāya II. 105) 

Wenn also die erste Behauptung richtig ist, so ist die zweite falsch. Ist aber die zweite Behauptung richtig, so muß eben die erste falsch sein. Auch dies ist wiederum ein zweischneidiges Problem, das ich dir da stelle, und das du nun zu lösen hast."

"Beides, o König, hat der Erhabene gesagt. Und beides sind den Tatsachen entsprechende Aussagen. Mit dem Verschwinden der früheren Erleuchteten nämlich, o König, ist, da es an einem Unterweiser fehlte, auch (allmählich) der Pfad verschwunden. Insofern aber der Vollendete den zerstörten, zerfallenen, verborgenen, versteckten, verhüllten Pfad, den nicht mehr betretenen, mit seinem Weisheitsauge wieder entdeckt hat, hat er eben den schon von den früheren Vollkommen Erleuchteten betretenen Pfad wieder erkannt. Aus diesem Grund sagte er: <Erkannt habe ich, ihr Mönche, den alten Pfad.> Weil er aber diesen nicht mehr betretenen Pfad jetzt mit seinem Weisheitsauge erkennend, wieder gangbar gemacht hat, darum sagte er, daß er des unentdeckten Pfades Eröffner sei.

Da, o König, liegt nach dem Verschwinden des einen Weltherrschers das magische Edelsteinjuwel im Innern des Berggipfels verborgen; beim rechten Wandel eines andern Herrschers aber erscheint es wieder. Hat nun dieser letztere, o König, jenen Edelstein erzeugt?" (Dieses geheimnisvolle Edelsteinjuwel ist eines der sogenannten sieben Kleinode eines Weltherrschers)

"Nein, o Ehrwürdiger, sondern das ursprüngliche Edelsteinjuwel hat er bloß wieder erscheinen lassen."

"Ebenso auch, o König, war der ursprüngliche, schon von den früheren Erleuchteten befolgte, achtfache, glückverheißende Pfad, - da es an einem Unterweiser fehlte, - zerstört, zerfallen, verborgen, versteckt und verhüllt und unbetreten, und der Erhabene hat ihn mit seinem Weisheitsauge wieder entdeckt und hat ihn erschlossen und gangbar gemacht. Aus diesem Grunde eben hat er gesagt: <Der Vollendete, ihr Mönche, der Vollkommen Erleuchtete ist des unentdeckten Pfades Eröffnern.>

Es ist damit genau so, o König, wie wenn man die Mutter, die den doch schon vorher in ihrem Leibe befindlichen Sohn zur Welt bringt, als seine Erzeugerin bezeichnet. Oder wenn ein Mann etwas Verlorengegangenes wieder gefunden hat, so sagt man, daß er jenen Gegenstand wieder Zutage gefördert habe. Oder wenn, o König, ein Mann den Wald lichtet und ein Stück Land erschließt, so sagen die Leute von ihm, daß dies sein Land sei, obwohl doch dieses Land gar nicht von ihm erschaffen wurde; aber weil er dieses Land nutzbar gemacht hat, gilt er als der Herr des Landes. Genau so, o König, hat der Vollendete den bereits vorhandenen, aber noch unbetretenen Pfad mit seinem Weisheitsauge wieder entdeckt und hat ihn erschlossen und gangbar gemacht. Und aus diesem Grunde sagte er: <Der Vollendete, ihr Mönche, der Heilige, Vollkommen Erleuchtete, ist des unentdeckten Pfades Eröffnern"

"Vortrefflich, ehrwürdiger Nāgasena! So ist es, und so nehme ich es an."

 


Mil. 4.5.5. War der Bodhisatta jemals grausam gesinnt?

 

"Der Erhabene, ehrwürdiger Nāgasena, hat gesagt: <Schon früher, als Mensch, hegte ich friedfertige Gesinnung gegen die Wesen.> Andererseits aber sagte er: <Als ich Lomasa-Kassapa war, der Einsiedler, da ließ ich viele hunderte von Tieren hinschlachten und brachte das "Krafttrankopfer" (Vgl. Jātaka 433. Das erwähnte Opfer ist eines der sieben großen vedischen Soma-Opfer) dar.> Wenn also, ehrwürdiger Nāgasena, der Erhabene gesagt hat, daß er früher als Mensch friedfertige Gesinnung gegen die Wesen hegte, so ist eben die Aussage, daß er früher viele hunderte von Tieren hätte hinschlachten lassen, falsch. Hat er dies aber dennoch getan, so muß die Behauptung, daß er friedfertige Gesinnung gegen die Wesen hegte, eben falsch sein. Auch dies ist wiederum ein zweischneidiges Problem, das ich dir da stelle und das du mir nun zu lösen hast."

"Beide Aussagen, o König, haben ihre Richtigkeit. Daß der Bodhisatta die vielen hunderte von Tieren hat schlachten lassen, geschah aus Begehren und als er von Sinnen war, nicht bei klarem Geiste."

"Acht Arten von Menschen sind es, ehrwürdiger Nāgasena, die lebende Wesen umbringen. Welche acht? 

Nach seiner natürlichen Veranlagung, ehrwürdiger Nāgasena, hat also der Bodhisatta gehandelt."

"Nein, o König, nicht hat der Bodhisatta nach seiner natürlichen Veranlagung gehandelt; denn hätte er in seiner natürlichen Veranlagung die Neigung gehabt, das große Opfer darzubringen, so hätte er nicht den Vers gesprochen:

 

 

Trotz dieser Worte, o König, war der Bodhisatta schon beim bloßen Anblick der Königstochter Candavatī von Sinnen, im Geiste verwirrt, außer Fassung gebracht, durch und durch verworren und erregt. Und in diesem verwirrten, unsteten, aufgewühlten Geisteszustand brachte er das von dem dahinfließenden Blut der Tiermorde begleitete außerordentlich große Krafttrankopfer dar (Jātaka 310).

Ein Geistesgestörter, o König, mag in seiner verwirrten Geistesverfassung selbst in ein brennendes Feuer hineinlaufen, oder eine gereizte Giftschlange anfassen, oder auf einen wilden Elefanten losstürzen, oder sich ins Meer hinauswagen, ohne auf das Ufer zu achten, oder vielerlei andere verkehrte Handlungen verüben. Genau so, o König, stand es mit dem Bodhisatta.

Das in verwirrtem Geisteszustand verübte Böse, aber, o König, ist weder für dieses Leben ein großes Übel, noch auch hinsichtlich seiner Wirkung in einem zukünftigen Leben. Wenn da ein Geistesgestörter einen Mord verübt, mit welcher Strafe würdest du diesen wohl belegen?"

"Was sollte wohl ein Wahnsinniger für eine Strafe erhalten? Wir würden einem solchen Prügel zuerteilen und ihn dann wieder laufen lassen. Das würde seine ganze Strafe sein."

"Für das Vergehen eines Geistesgestörten, o König, gibt es also keine Strafe. Darum ist die von einem Geistesgestörten verübte Handlung kein Verbrechen und ist verzeihlich. So auch, o König, war der Einsiedler Somasa-Kassapa schon beim bloßen Anblick der Königstochter Candavatī von Sinnen, im Geiste verwirrt, außer Fassung gebracht, durch und durch verworren und erregt. Und in diesem verwirrten, unsteten, aufgewühlten Geisteszustand brachte er das von dem dahinfließenden Blut der Tiermorde begleitete außerordentlich große Krafttrankopfer dar. Als er aber wieder in seinen natürlichen Zustand zurückgekehrt war, da zog er wieder in die Hauslosigkeit hinaus. Und nachdem er die fünf höheren Geisteskräfte (Die sechste Geisteskraft des Wissens von der Triebversiegung, āsava-kkhaya-ñāna, erreicht nur der Heilige, arahat) sich erwirkt hatte, gelangte er in der Brahmawelt wieder zum Dasein."

"Vortrefflich, ehrwürdiger Nāgasena! So ist es, und so nehme ich es an."

 


Mil. 4.5.6. Hatte der Bodhisatta Ehrfurcht vor dem gelben Gewande?

 

"Der Erhabene, ehrwürdiger Nāgasena, hat mit Beziehung auf den Elefantenkönig Chaddanta, den Bodhisatta, gesagt:

 

Andererseits aber hat der Erhabene gesagt: <Als ich der Brahmanenjüngling Jotipāla war, da schmähte und beschimpfte ich Kassapa, den Erhabenen, Heiligen, Vollkommen Erleuchteten, in unpassenden und rohen Worten, indem ich ihn Kahlkopf und Asketlein nannte.> (M.81) Wenn, ehrwürdiger Nāgasena, der Bodhisatta als Tier vor dem gelben Gewande Ehrfurcht hatte, so muß die Behauptung, daß er als Brahmanenjüngling den Erhabenen, Kassapa, beschimpft hätte, falsch sein. Andernfalls muß eben die Behauptung, daß der Elefantenkönig vor dem gelben Gewande Ehrfurcht empfunden hätte, falsch sein. Wenn nämlich der Bodhisatta als Elefantenkönig harte, heftige, bittere Schmerzen empfindend, dem von einem Jünger getragenen gelben Gewand Ehrfurcht erwies, warum verehrte er dann nicht als Mensch mit reifem Wissen und Verstande den erhabenen Kassapa, als er ihn erblickte, ihn, den Heiligen, Vollkommen-Erleuchteten, den zehnfach Gewaltigen, den Weltenlenker, den ganz und gar Erhabenen, von einem klafterbreiten Lichtschein Umflossenen, mit einem äußerst vornehmen, herrlich glänzenden gelben Benaresgewand Bekleideten? Auch das, ehrwürdiger Nāgasena, ist wiederum ein zweischneidiges Problem, das ich dir da stelle, und das du mir nun zu lösen hast."

"Beides, o König, hat seine Richtigkeit. Letzteres aber hat der Bodhisatta unter dem Einfluss seiner Herkunft, seiner Familie getan. Der Brahmanenjüngling Jotipāla nämlich stammte aus einer ungläubigen, vertrauenslosen Familie: Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Diener und Dienerinnen, Knechte und Aufwärter waren Brahma-Anbeter, Brahma-Verehrer; und im Glauben, daß eben die Brahmanen die Höchsten und Edelsten seien, tadelten und verachteten sie alle fremden Mönche. Und da Jotipāla immer von ihnen solche Worte gehört hatte, gebrauchte er, als ihn der Töpfer Ghatikāra zum Besuche des Meisters aufforderte, diese Worte: <Was hast du davon, wenn du dir diesen Kahlkopf, dieses Mönchlein ansiehst?>

Gleichwie, o König, Ambrosia durch Gift bitter, oder kaltes Wasser durch Feuer heiß wird: ebenso auch kam es, o König, daß der Brahmanenjüngling Jotipāala, dadurch daß er aus einer ungläubigen, vertrauenslosen Familie stammte, infolge seiner Familie im Wahne befangen, den Vollendeten schmähte und beschimpfte.

Oder: gleichwie, o König, ein brennendes, loderndes, mächtiges, helleuchtendes Feuer, durch Wasser abgekühlt, seinen Glanz und seine Leuchtkraft verliert und die schwarze Farbe von reifen Niggundifrüchten annimmt: genau so, o König, verhielt es sich mit dem Brahmanenjüngling Jotipāla. Zwar war dieser voll Tugend und Vertrauen und leuchtete weithin mit seinem Wissen, doch da er aus einer ungläubigen, vertrauenslosen Familie stammte, kam es, daß er, infolge seiner Familie im Wahne befangen, den Vollendeten schmähte und beschimpfte. Als er aber hingegangen war und des Erleuchteten Vorzüge erkannt hatte, da nahm er gleichsam die Stellung eines Dieners an. Und unter des Siegers Weisung der Welt entsagend, erwirkte er die höheren Geisteskräfte und die Erreichungszustände, und gelangte in der Brahmawelt wieder zum Dasein."

"Vortrefflich, ehrwürdiger Nāgasena! So ist es, und so nehme ich es an."

 


Mil. 4.5.7. Konnte sich der Buddha vor Schaden schützen?

 

"Der Erhabene, ehrwürdiger Nāgasena, hat gesagt: <Die Werkstatt Ghatīkaras, des Töpfers, blieb während dieser ganzen drei Monate (der Regenzeit) dem freien Himmelsraume ausgesetzt, und doch regnete es nicht hinein.> Andererseits heißt es, daß der Regen durch die Hütte Kassapas, des Vollendeten, durchdrang. (M.31) Wie kommt es nun, ehrwürdiger Nāgasena, daß es in die Hütte des Vollendeten hinein regnete, in dem doch solch hohe Tugend wurzelt? Man sollte doch beim Vollendeten größere Macht annehmen dürfen. Wenn demnach, ehrwürdiger Nāgasena, die erste Behauptung richtig ist, so ist die zweite falsch; ist aber die zweite Behauptung richtig, so muß die erste falsch sein. Auch das, ehrwürdiger Nāgasena, ist wiederum ein zweischneidiges Problem, das ich dir da stelle, und das du mir nun zu lösen hast."

"Mit beiden Aussagen, o König, hat es seine Richtigkeit. Ghatīkāra, der Töpfer, o König, war sittenrein, dem Guten ergeben, hatte in sich die Grundlagen des Guten entwickelt und pflegte seine alten, blinden Eltern; und in seiner Abwesenheit, ohne ihn um Erlaubnis zu bitten, nahm man das Stroh von seinem Hause fort und bedeckte damit die Hütte des Erhabenen. Infolge der Wegnahme des Strohes aber empfand er ein unerschütterliches, unbeirrtes, tiefwurzelndes, großes Glück ohnegleichen. Und eine um so größere, unvergleichliche Freude empfand er bei dem Gedanken: <Wahrlich, der Erhabene, der Höchste in der Welt, hat ein großes Vertrauen zu mir!> Und so ward ihm schon damals ein sichtbarer Lohn beschieden. Nicht wird, o König, der Vollendete durch eine solche kleine Störung beunruhigt. Gleichwie, o König, der Sineru (= Meru), der König der Berge, selbst beim Anpralle von vielen hundert tausend Winden nicht erzittert, erbebt und ins Schwanken gerät, und wie das Weltmeer, diese hehre, erhabene See, trotz der vielen, der unzähligen Flüsse weder voll wird, noch eine Änderung erfährt: ebenso auch, o König, wird der Vollendete durch solche kleine Störung nicht beunruhigt. 

Daß es, o König, in die Hütte des Vollendeten hinein regnete, geschah aus Mitleid mit der großen Menge. Angesichts von zwei Gründen nämlich, o König, nehmen die Vollendeten keine, von ihnen selber (durch Magie) erzeugten Bedarfsgegenstände, und zwar: damit, in dem Gedanken, daß er der höchste unter den der Gaben würdigen Meistern sei, die Himmelswesen und Menschen dem Erhabenen die Bedarfsgegenstände spenden und dadurch einst von all den Leidensfährten Befreiung finden; und ferner, damit die anderen sie nicht tadeln und sagen können, daß sie durch Zauberei sich ihren Lebensunterhalt beschaffen. Wenn, o König, Sakka oder Brahma jene Hütte vor Regen geschützt hätte, oder wenn sie von selber so geblieben wäre, so wäre eine solche Handlung tadelnswert gewesen, fehlerhaft und verwerflich, denn die Leute möchten sagen, daß die Buddhas durch ihre Zauberkraft die Welt betören und die Herren spielen wollen. Darum, o König, ist jene Handlung verwerflich. Nicht suchen, o König, die Vollendeten irgend einen Vorteil; und da sie nicht auf ihren Vorteil ausgehen, verdienen sie auch keinen Tadel."

"Vortrefflich, ehrwürdiger Nāgasena! So ist es, und so nehme ich es an."

 


Mil. 4.5.8. Warum nannte sich der Buddha einen Priester und König?

 

"Der Erhabene, ehrwürdiger Nāgasena, hat gesagt: <Ich, ihr Mönche, bin ein Priester, den Bittenden zugetan.> (Itivuttaka, PTS, p. 101) Andererseits aber sagte er: <Ein König bin ich, Sela!> (M.31) Wenn also, ehrwürdiger Nāgasena, die erste Behauptung zutrifft, so ist die zweite falsch; trifft aber die zweite Behauptung zu, dann muß die erste falsch sein. Der Erhabene kann nur eines sein: entweder ein Adeliger oder ein Priester (Brahmane). Denn nicht kann man in einem und demselben Leben zwei Kasten angehören. Auch das, ehrwürdiger Nāgasena, ist wieder ein zweischneidiges Problem, das ich dir da stelle, und das du mir nun zu lösen hast."

"Beides, o König, hat der Erhabene gesagt. Das aber hat seinen Grund. Weil nämlich die üblen, schuldvollen Erscheinungen in dem Vollendeten ausgeprustet sind, verlassen, verschwunden, vergangen, zerstört, versiegt, zur Versiegung gelangt, erloschen und gestillt sind: darum wird eben der Vollendete ein Priester genannt (das Wortspiel ausgeprustet-Priester ist eine versuchte Wiedergabe der Entsprechung in Pali brāhmano-bāhita). Priester ist einer, der dem Schwanken und dem mannigfaltigen Zweifelspfade entronnen ist. 

Weil nun aber auch der Erhabene, o König, dem Schwanken entronnen ist, darum wird eben der Vollendete ein Priester genannt. Ein Priester ist einer, der von allen Daseinsfährten losgelöst ist, befreit von Schmutz und Staub, einzigartig, weil nun aber auch der Erhabene, o König, losgelöst ist von allen Daseinsfährten, befreit von Schmutz und Staub, einzigartig: darum wird eben der Vollendete ein Priester genannt. 

Als Priester bezeichnet man den Besten, den Höchsten, der häufig in den edlen, erhabenen, himmlischen Zuständen verweilt; weil nun aber auch der Erhabene häufig in den edlen, erhabenen, himmlischen Zuständen verweilte, darum wird eben der Erhabene ein Priester genannt. Priester ist einer, der die im Lernen und Lehren, im Gabenempfangen, der Zügelung, Beherrschung und Zurückhaltung bestehenden alten Unterweisungen, Bräuche und Überlieferungen aufrecht erhält; weil nun aber auch der Erhabene diese Unterweisungen, Bräuche und Überlieferungen der früheren Sieger (Buddhas) aufrecht erhält, darum wird eben der Vollendete ein Priester genannt. 

Ein Priester ist einer, der sich in die Versenkungen vertieft, in erhabenste Glückszustände; weil nun aber auch der Erhabene sich in die Versenkungen vertieft, in erhabenste Glückszustände, darum wird eben der Vollendete ein Priester genannt. Ein Priester ist einer, der bei allen Daseinsfährten weiß, was da an Gattungen (der Wiedergeburt) existiert und vorkommt; weil nun aber auch der Erhabene dies weiß, wird eben der Vollendete ein Priester genannt. 

Der Name Priester, o König, wurde dem Erhabenen weder von seinen Eltern gegeben, noch von seinem Bruder oder seiner Schwester oder seinen Freunden und Genossen, noch von Vettern oder Blutsverwandten, noch von Asketen oder Priestern oder Göttern, sondern eben auf Grund ihrer Erlösung tragen alle die Erleuchteten, die Erhabenen diesen Namen. Nachdem diese am Fuße des Erleuchtungsbaumes die Heerschar des Māra vernichtet und die üblen, schuldvollen Erscheinungen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ausgeprustet haben, wird ihnen gleichzeitig mit Erlangung der Allwissenserkenntnis, im Augenblicke, wo ihnen dieselbe zuteil wird, sich offenbart und aufsteigt, die wahre Bezeichnung <Priester> zuteil. Aus diesem Grunde wird der Vollendete ein Priester genannt."

 

"Aus welchem Grunde aber, ehrwürdiger Nāgasena, wird der Vollendete ein König genannt?"

"König nennt man einen, o König, der die Herrschaft ausübt und die Welt unterweist; weil nun aber, o König, der Erhabene in dem zehntausendfachen Weltsystem mit Gerechtigkeit seine Herrschaft ausübt und die Welt mit ihren Himmelswesen, Māras und Göttern und der Schar der Asketen und Priester unterweist, aus diesem Grunde wird der Vollendete ein König genannt. 

König ist einer, o König, der, über allen Menschen und Geschöpfen stehend, seinem Verwandtenkreise Freude bringt und die Schar seiner Feinde in Sorge versetzt und seinen außerordentlich glanz- und würdevollen, lauteren, fleckenlosen, lichten Schirm (seiner Herrschaft) ausbreitet, der mit einem festen Stocke aus Kernholz versehen und mit vielen hundert Speichen ausgestattet ist; weil nun aber, o König, der Erhabene, die auf verkehrtem Pfade wandelnde Heerschar Māras in Angst versetzend und die auf dem rechten Pfade wandelnden Menschen und Himmelswesen erfreuend, über das zehntausendfache Weltsystem seinen Schirm ausbreitet, seinen mächtig großen, glanz- und würdevollen, mit dem Stab der Geduld und Willenskraft versehenen und den Strahlen der Erkenntnis ausgestatteten, lauteren, fleckenlosen, lichten Schirm der höchsten, erhabensten Erlösung: darum eben wird der Vollendete ein König genannt. 

König ist einer, o König, der von den vielen Menschen, die ihn aufsuchen oder ihn treffen ehrfurchtsvoll begrüßt wird; weil nun aber auch der Erhabene, o König von den vielen Himmelswesen und Menschen ehrfurchtsvoll begrüßt wird, aus diesem Grunde wird eben der Vollendete ein König genannt. König ist einer, o König, der an jedem Tüchtigen Gefallen findet, ihm ein auserwähltes Geschenk spendet und ihn nach seinem Wunsch befriedigt, weil nun aber auch der Erhabene, o König, dem in Werken, Worten und Gedanken Tüchtigen ein auserwähltes Geschenk spendet, nämlich die höchste Erlösung von allen Leiden, und ihn so in seinem lauteren Wunsche befriedigt: aus diesem Grunde wird eben der Vollendete ein König genannt. 

König ist, wer dem gegen das Gesetz Verstoßenden einen Verweis gibt oder ihn mit einer Geldstrafe belegt oder zum Tode verurteilt; weil nun aber auch, o König, der im Orden des Erhabenen gegen die Vorschrift Verstoßende infolge seiner Schamlosigkeit und seines Mißbetragens verachtet wird, Schande erfährt, getadelt wird und aus dem hehren Orden des Erhabenen ausgestoßen wird: aus diesem Grunde wird eben der Vollendete ein König genannt. 

König ist, wer der ehemaligen, gerechten Könige Überlieferung durch seine Belehrung dem Gesetze gemäß erklärt, in Gerechtigkeit die Herrschaft führt und dadurch den Menschen teuer, lieb und angenehm ist und so für lange Zeiten dem Königshause durch die Eigenschaft seiner Gerechtigkeit Festigkeit verleiht; nun hat aber auch der Erhabene, o König, der ehemaligen <Aus Sich Selbst Gewordenen>, (das ist der Buddhas) Überlieferung durch seine Unterweisung dem Gesetze gemäß erklärt; und in Gerechtigkeit die Welt unterweisend, wurde er Göttern und Menschen lieb, teuer und angenehm und richtete für lange Zeiten durch die Eigenschaft seiner Gerechtigkeit das Gesetz auf. 

Aus diesem Grunde wird eben der Vollendete ein König genannt. Somit, o König, gibt es zahlreiche Gründe dafür, daß der Vollendete als Priester gelten mag und auch als König. Nicht einmal während eines ganzen Weltzeitalters könnte selbst ein äußerst scharfsinniger Mönch alle Gründe dafür aufzählen. Wozu also noch der vielen Worte? Nimm an, was ich dir kurz dargelegt habe!"

"Vortrefflich, ehrwürdiger Nāgasena! So ist es, und so nehme ich an."

 


Mil. 4.5.9. Darf der Mönch betteln?

 

"Der Erhabene, ehrwürdiger Nāgasena, hat gesagt:

 

Sutta-Nipāta 81 (Kasi-Bhāradvāja-Sutta). Vergl. z.B. A.VIII.12

 

Wenn aber andererseits der Erhabene dem Volke das Gesetz wies und eine stufenweise Darlegung gab, so lehrte er als Allererstes das Geben, darauf die Sittlichkeit. Und die Himmelswesen und Menschen, die die Worte des Meisters aller Welten vernahmen, richteten Gaben her und gaben sie als Spende hin. Die Gabe aber, zu der der Meister sie angespornt hatte, verzehrten seine Jünger. Wenn also, ehrwürdiger Nāgasena, der Erhabene gesagt hat, daß er das Angepriesene nicht verzehren dürfe, dann ist es falsch, zu behaupten, daß er als Allererstes das Geben lehrte; hat er aber das Geben als Allererstes gelehrt, dann kann die Behauptung nicht zutreffen, daß er das Angepriesene nicht verzehren dürfe. Nachdem eben der der Gaben Würdige den Hausleuten den Segen des Gebens dargelegt hatte, spendeten alle, die das Gesetz vernommen hatten, vertrauensvollen Herzens immer wieder Gaben. Diejenigen aber, die jene Gaben verzehrten, alle diese verzehrten eben das in Sprüchen vorher Angepriesene. Auch das ist wiederum ein zweischneidiges, subtiles, tiefsinniges Problem, das ich dir da stelle, und das du mir nun lösen sollst."

"Beides, o König, hat seine Richtigkeit. Alle Vollendeten aber gehen in dieser Weise vor, daß sie zuerst durch Gespräche über das Almosengeben die Herzen heiter stimmen und dann erst zur Sittlichkeit anspornen.

Gleichwie, o König, die Menschen ihren Kindern zuerst noch Spielzeuge schenken, wie einen Kinderpflug, Spielstöcke, ein Maßgefäß aus Blättern, eine Windmühle, ein Wägelchen oder eine Armbrust, sie aber später alle zu ihrer jeweiligen Arbeit anspornen: ebenso auch, o König, hat der Vollendete zuerst durch Gespräche über das Almosengeben die Herzen heiter gestimmt und dann erst zur Sittlichkeit angespornt. Oder: gleichwie ein Arzt zuerst seine Kranken vier oder fünf Tage lang Öl einnehmen läßt um ihren Körper kräftig und fügsam zu machen und erst dann das Abführmittel verschreibt: ebenso auch, o König, hat der Vollendete zuerst durch Gespräche über das Almosengeben die Herzen heiter gestimmt und dann erst zur Sittlichkeit angespornt. Denn beim Geber, o König, beim edlen Gabenherrn ist das Herz geschmeidig, nachgiebig und fügsam. Und auf diesem Brückendamme des Gebens, auf diesem Fahrzeuge des Gebens gelangt man zum anderen Ufer des Daseinsmeeres. Darum zeigte der Vollendete den Menschen zuerst den Boden für ihr Wirken; dadurch aber machte er sich keineswegs einer Andeutung schuldig."

"Du sprichst da, ehrwürdiger Nāgasena, von Andeutungen. Wievielerlei solcher Andeutungen gibt es wohl?"

"Zweierlei, o König: Andeutungen in Gebärden und Andeutungen in Worten. Unter diesen nun gibt es wiederum solche, die tadelhaft, und solche, die untadelhaft sind. Welche Andeutung in Gebärden aber ist tadelhaft? Da begibt sich ein Mönch zu den Familien hin, und an einer unpassenden Stelle sich hinstellend, versperrt er den Platz; oder dort stehend, streckt er seinen Nacken vor und hält wie ein Pfau erwartungsvoll Ausschau, in der Hoffnung, daß ihn auf diese Weise die Leute bemerken werden; oder er macht Zeichen mit dem Unterkiefer, oder den Augenbrauen, oder dem Daumen. Diese Andeutung in Gebärden ist tadelhaft, und nicht verzehren die Edlen etwas, das sie etwa auf diese Weise vorher angedeutet hätten. Und jener Mensch wird von der Gemeinschaft der Edlen verachtet, verabscheut, verurteilt, gering geschätzt, nicht verehrt und rechnet als im Lebenswandel verkommen. Welche Andeutung in Gebärden aber ist untadelhaft? Da begibt sich ein Mönch zu den Häusern der Familien hin; und wenn er, der Weisung gemäß achtsam, gesammelt und klaren Geistes, zu passenden wie unpassenden Plätzen gelangt ist, bleibt er am passenden Orte stehen. Er wartet bei denen, die zu geben willens sind; bei denen aber, die nichts geben wollen, geht er weiter. Diese Andeutung in Gebärden ist untadelhaft, und das auf diese Weise Angedeutete verzehren die Edlen. Jener Mensch aber wird von der Gemeinschaft der Edlen gelobt, geschätzt, gepriesen und gilt als lauter im Wandel und rein in der Lebensweise. Auch der Erhabene, o König, der Gott der Götter, hat gesagt:

 

Welche Andeutung in Worten aber ist tadelhaft? Da, o König, gibt der Mönch für mancherlei Dinge, wie Gewand, Almosenspeise, Lagerstatt und Heilmittel und Arzneien, Winke in Worten; oder er teilt es den Andern mit, daß er diese oder jene Dinge nötig habe. Und dadurch, daß er die Anderen in diesen Worten bittet, fällt ihm das Geschenk zu. Oder er macht durch weitschweifige Worte die Leute darauf aufmerksam, daß man auf diese oder jene Weise den Mönchen Almosen zu geben habe. Und nachdem diese seine Worte vernommen haben, bringen sie das Angepriesene heran. Diese Andeutung in Worten ist tadelhaft, und nicht verzehren die Edlen etwas, das sie etwa auf diese Weise vorher angedeutet hätten. Und jener Mensch wird von der Gemeinschaft der Edlen verachtet, verabscheut, verurteilt, gering geschätzt, nicht verehrt und rechnet als im Lebenswandel verkommen. Hat nicht wohl, o König, auch der Ordensältere Sāriputta, als er einstmals nach Sonnenuntergang, zur Nachtzeit, krank war, von dem Ordensälteren Mahā-Moggallāna betreffs Arznei befragt, sich in Worten vergangen? Und ist ihm durch dieses Vergehen in Worten nicht wohl die Arznei zuteil geworden? Und hat daraufhin nicht wohl der Ordensältere Sāriputta gedacht: <Durch ein Vergehen in Worten ist mir diese Arznei zuteil geworden. Meine Lebensweise will ich nun doch nicht beflecken!> Und aus Furcht, seine Lebensweise zu beflecken, verzichtete er auf jene Arznei, machte er keinen Gebrauch davon. Solche Andeutung in Worten ist tadelhaft, und nicht verzehren die Edlen etwas, das sie etwa auf diese Weise vorher angedeutet hätten. Und jener Mensch wird von der Gemeinschaft der Edlen verachtet, verabscheut, verurteilt, gering geschätzt, nicht verehrt und rechnet als im Lebenswandel verkommen.

Welche Andeutung in Worten aber ist untadelhaft? Wenn da, o König, der Mönch der Arznei bedarf und deutet dies an unter den verwandten Familien, die ihn eingeladen haben, so ist eine solche Andeutung in Worten untadelhaft; und das auf diese Weise Angedeutete verzehren die Edlen. Jener Mensch aber wird von der Gemeinschaft der Edlen gelobt, geschätzt, gepriesen und gilt als lauter im Wandel und rein in der Lebensweise; und sie wurde gebilligt von den Vollendeten, Heiligen, Vollkommen-Erleuchteten. Die Speise des Brahmanen Kasī-Bhāradvāja aber, die der Vollendete zurückwies, war dargebracht worden, um ihn zu verwirren, um ihn sich herauswinden zu lassen, ihn abzulenken, zu überführen und zum Nachgeben zu zwingen. Darum wies der Vollendete jene Almosenspeise von sich und verzehrte sie nicht."

"Träufelten wohl, ehrwürdiger Nāgasena, jedesmal, wenn der Vollendete speiste, die Gottheiten himmlischen Lebenssaft in seine Almosenschale, oder geschah dies bloß bei zwei Almosenspeisen: dem weichen Eberfleisch(*)  und dem süßen Reisbrei (den er kurz vor seiner Erleuchtung genoß)?"

"Jedesmal, o König, standen die Gottheiten dabei und träufelten ihm von dem himmlischen Lebenssafte auf jeden Bissen, den er zum Munde führte. Gleichwie, o König, während der Fürst beim Speisen ist, der königliche Koch mit der Brühe dabeisteht und etwas davon auf jeden Bissen träufelt: ebenso auch, o König, standen jedesmal, wenn der Vollendete speiste, die Gottheiten mit himmlischem Lebenssafte neben ihm und träufelten ihm etwas davon auf jeden Bissen, den er zum Munde führte. Auch während der Vollendete in Verañjā ausgedörrte Gerstenkörner verzehrte, (Vinaya, Mahāvagga) befeuchteten die Gottheiten, jedesmal bevor sie ihm eines reichten, dasselbe mit himmlischem Lebenssafte. Und dadurch wurde der Körper des Vollendeten gestärkt."

"Heil jenen Gottheiten, ehrwürdiger Nāgasena, die immer und jederzeit mit solchem Eifer den Körper des Vollendeten behüteten. Vortrefflich, ehrwürdiger Nāgasena! So ist es, und so nehme ich es an."


(*) Eberpilz? Der Bericht über dieses, den Tod des Buddha herbeiführende Mahl ist überliefert im Dīgha-Nikāya, Mahāparinibbāna-Sutta. Siehe auch Seite 182ff


Mil. 4.5.10. Warum weigerte sich anfangs der Buddha, die Lehre darzulegen?

 

"Ihr sagt da, ehrwürdiger Nāgasena, daß der Vollendete durch unzählige Weltzeitalter hindurch das allerkennende Wissen zur Reife gebracht hat, um die große Menschenmenge (der Leidenswelt) zu entziehen. Andererseits aber, ehrwürdiger Nāgasena, sagt ihr, daß nach Erlangung der Allerkenntnis sein Herz zur Zurückhaltung neigte und nicht zur Darlegung des Gesetzes. (M.26

Gerade, ehrwürdiger Nāgasena, wie ein Bogenschütze oder sein Schüler, der sich erst viele Tage in der Bogenkunst geübt hat, um sich zum Kampfe vorzubereiten, am Tage des großen Kampfes sich plötzlich zurückhalten möchte: ebenso auch, ehrwürdiger Nāgasena, hat der Vollendete, als er schließlich die Allerkenntnis erlangt hatte, sich geweigert, das Gesetz darzulegen. Oder: wie ein Ringkämpfer oder dessen Schüler, der sich erst viele Tage hindurch beständig geübt hat, plötzlich am Tage des Ringkampfes sich weigern möchte: so auch neigt das Herz des Vollendeten zur Zurückhaltung und nicht zur Darlegung des Gesetzes. 

Sage, ehrwürdiger Nāgasena hat wohl der Vollendete sich aus Furcht geweigert, oder aus Unfähigkeit, oder aus Schwäche, oder weil er eben noch nicht die Allerkenntnis besaß? Was war wohl damals der Grund? Erkläre mir, bitte, diesen Grund, damit ich meine Zweifel los werde! Wenn nämlich, ehrwürdiger Nāgasena, die eine Behauptung richtig ist, so muß die andere Behauptung falsch sein. Tiefsinnig und schwer zu entwirren ist dieses zweischneidige Problem, das dir hier gestellt wird; das sollst du mir nun lösen."

 

"Wohl neigte, o König, nach der Erlangung der Allerkenntnis des Vollendeten Herz zur Zurückhaltung und nicht zur Darlegung des Gesetzes. Denn als er erkannte, wie tiefsinnig, subtil, schwer zu erkennen und zu verstehen, wie abstrus und schwer zu durchdringen dieses Gesetz ist, und wie andererseits die Wesen der Gier ergeben sind und krampfhaft sich anklammern an den Persönlichkeitsglauben, da dachte er: <Was kann ich da tun? Wie soll ich mich da verhalten?> Und sein Herz neigte zur Zurückhaltung und nicht zur Darlegung des Gesetzes. Dies aber geschah bloß zu der Zeit, als er darüber nachdachte, ob die Wesen fähig seien, das Gesetz zu durchdringen.

Gleichwie, o König, ein Arzt, der sich zu einem von vielerlei Krankheiten bedrückten Manne hinbegeben hat, darüber nachdenkt, durch welche Behandlungsweise und Arznei seine Leiden wohl gelindert werden möchten: ebenso auch tat es der Vollendete, als er die von dem Elend der vielen Leidenschaften bedrückte Menschheit erblickte; denn als er erkannte, wie schwer dieses Gesetz zu durchdringen war, da dachte er: <Was kann ich da tun? Wie soll ich mich da verhalten?> Und sein Herz neigte zur Zurückhaltung und nicht zur Darlegung des Gesetzes. Oder: wenn da, o König, der hauptgesalbte Adels-König die von ihm in Abhängigkeit lebenden Menschen erblickt, wie Torhüter, Leibwache, Gefolgschaft, Städter, Söldnertruppen, Königsboten, Räte und Adelsherrn, so kommt ihm der Gedanke: <Wie und auf welche Weise kann ich diese wohl für mich gewinnen?> Genau so, o König, dachte der Vollendete.

Übrigens, o König, ist es die Gepflogenheit aller Vollendeten, daß sie erst auf die Bitten Brahmas hin das Gesetz darlegen. Und warum? Weil nämlich zu einer solchen Zeit alle Menschen, Büßer und Pilger, Asketen und Brahmanen eben Brahma-Anbeter sind, Brahmaverehrer sind, bei Brahma ihre Zuflucht suchen. Denn zufolge der Neigung jenes so Mächtigen, Ruhmreichen, so Verehrten, Anerkannten, Hervorragenden und Erhabenen wird auch die Welt samt ihren Göttern Neigung empfinden, zustimmen und sich hingezogen fühlen. Aus diesem Grunde, o König, legen die Vollendeten erst auf die Bitte Brahmas hin das Gesetz dar.

Gleichwie einem Menschen, dem irgend ein König oder ein königlicher Rat geneigt ist und Ehrfurcht erweist, auch alle übrigen Menschen Neigung und Ehrfurcht erweisen - eben weil jener Mächtigere ihm geneigt ist -: ebenso auch, o König, wird, wenn der Brahma zum Vollendeten eine Neigung zeigt, auch die ganze Welt samt ihren Göttern zum Vollendeten Neigung empfinden. Denn über und über verehrt wird er ja in der Welt. Darum eben ersucht jedesmal der Brahma alle die Vollendeten um Darlegung des Gesetzes. Und aus diesem Grunde legen die Vollendeten erst auf die Bitten Brahmas hin das Gesetz dar."

"Vortrefflich, ehrwürdiger Nāgasena! Gut entwirrt hat du das Problem, sehr treffend waren deine Erklärungen. So ist es, und so nehme ich es an."


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