Anguttara Nikaya

5. Kapitel: dhammika-vagga

A.VI. 43 Der edle Ilph

Einst weilte der Erhabene im Jetahaine bei Sāvatthī, im Kloster des Anāthapindika. Und der Erhabene kleidete sich in der Frühe an, nahm Gewand und Schale und begab sich nach Sāvatthī um Almosenspeise. Nach dem Almosengang aber, nach Beendigung des Mahles, am Nachmittage, wandte sich der Erhabene an den ehrwürdigen Ananda und sprach:

»Lasset uns, Ananda, zum Ostkloster gehen, zum Terrassenbau der Mutter Migāras, um dort den Tag zu verbringen.« - »So sei es, o Herr«, erwiderte der ehrwürdige Ananda dem Erhabenen. Und der Erhabene begab sich in Begleitung des ehrwürdigen Ananda zum Ostkloster, zum Terrassenbau der Mutter Migāras. Gegen Abend aber, nachdem sich der Erhabene aus der Zurückgezogenheit erhoben hatte, sprach er zum ehrwürdigen Ananda: »Komm, Ananda, lasset uns zum östlichen Badeplatze (*1) gehen, um unsere Glieder zu spülen!« - »So sei es, o Herr!« erwiderte der ehrwürdige Ananda dem Erhabenen.

Und der Erhabene begab sich in Begleitung des ehrwürdigen Ananda zum östlichen Badeplatze, um sich dort die Glieder zu spülen. Als er sich aber die Glieder gespült hatte und wieder heraufgestiegen war, stellte er sich, bloß mit einem einzigen Gewande bekleidet, hin, um die Glieder trocknen zu lassen.

Zu jener Zeit aber kam Seta, der weiße Elefant des Kosaler Königs Pasenadi, unter lauter Musik und Trommelklang vom östlichen Badeplatze herauf. Bei seinem Anblick aber sprachen die Leute: »Wahrlich, von herrlicher Gestalt ist des Königs Ilph (*2)! Wahrlich, sehenswert, anmutig, von vollendetem Körperbau ist des Königs Ilph!« Auf diese Worte sprach der ehrwürdige Udāyi (*3) also zum Erhabenen: »Bezeichnen wohl die Leute bloß einen großen, ausgewachsenen, wohlgestalteten Elefanten als etwas Edles, oder auch wenn sie etwas anderes sehen, das groß ist, ausgewachsen und wohlgestaltet?« -

»Sei es, Udāyi, ein großer, ausgewachsener, wohlgestalteter Elefant, den sie erblicken, oder sei es ein solches Pferd, ein Rind, eine Schlange, ein Baum oder ein Mensch, so bezeichnen sie diese als edel. Wer aber, Udāyi, in der Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und guten Geistern, mit ihrer Schar von Asketen und Priestern, Göttern und Menschen in Werken, Worten und Gedanken 'nichts Unedles' (na āgu) begeht, den nenne ich einen Edlen (nāgo) (*4).« -

»Wunderbar ist es, o Herr! Erstaunlich ist es, o Herr, wie da der Erhabene so treffend gesagt hat, daß er nur denjenigen einen Edlen nennt, der nichts Unedles begeht. Den vom Erhabenen aber so treffend gesprochenen Worten möchte ich in diesen Versen meinen Beifall spenden:

Der als ein Menschenwesen voll erwacht,
der selbstbezähmt ist, selbstvertieft,
auf heiliger Fährte schreitet hin
und sich am Herzensfrieden freut,

Ihm, dem die Menschen Ehre zollen
als einem Meisterkenner aller Dinge,
die Götter auch (*5) erweisen ihm Verehrung -
so hat man mir's vom Heiligen erzählt.

Der aller Fesseln ledig ist,
vom Wahn zum Nirwahn (*6) hingelangt,
der froh der Sinnlichkeit entging,
wie reines Gold von Schlacken frei,

Der Edle überstrahlet alle Wesen,
wie der Himalaya die Berge überragt.
Von allen, die man 'edel' nennt,
trägt er in Wahrheit diesen Namen.

Den edlen Ilphen will ich nun beschreiben,
der nicht mehr Unedles begeht:
die Milde und Barmherzigkeit
als seine Vorderfüße gelten;

Die Hinterfüße aber sind
der Heilige Wandel, die Askese.
Vertrauen bildet seinen Rüssel,
sein weiß' Gezähn der Gleichmut ist.

Der Hals ist seine Achtsamkeit,
worauf das Haupt, die Weisheit, ruht.
Sein Fühlorgan (*7) ist lehrgemäßes Denken,
die Leibeswärme (*8) ist die Lehre,
sein Schwanz: die Abgeschiedenheit (*9).
Wie leichten Atems froh,
beglückt ihn die Vertiefung.
 
Sein Inneres ist gut gefaßt.
Auch wenn er geht und steht,
besonnen ist der Edle, Hehre.
Auch wenn er sitzt und liegt,
wahrt er Besonnenheit;
und allseits ist er stets beherrscht.
 
Dies, wahrlich, ist des Edlen Art.
Untadelig seine Nahrung ist,
Verwerfliches genießt er nicht.
 
Mit Nahrung und Gewand beschenkt,
aufspeichern wird er dieses nicht.
Ob stark die Fessel oder schwach,
jedwedes Band hat er zerstört.
 
Darum, wo immer er auch geht,
er wandelt stets von Sorgen frei.
Gleichwie im Teich die Lotusblume
entstanden, immer höher wächst,
vom Wasser gänzlich unbenetzt,
entzückend und von süßem Duft,

So trat der Buddha in die Welt,
und in der Welt verweilet er;
doch nicht beflecken kann sie ihn,
wie's Wasser nicht den Lotuskelch.

Gleichwie die helle Feuersglut,
sobald der Brennstoff fehlt, erlischt,
so gilt als restlos er erloschen,
sobald der Daseinswille stirbt (*10).

Dies Gleichnis, das verständliche,
ward vom Verständigen gezeigt.
Die großen Ilphen (nāgā; hier: die Heiligen ) werden all
versteh'n den Ilph, vom Ilph erklärt.

Der Ilph, in welchem Gier, Haß, Wahn
und alle Triebe sind versiegt,
läßt seinen letzten Leib zurück,
erlöst von jedem Trieb und Wahn.«

(*1) pubba-kotthaka. Die nachfolgende Szene mit dem Elefanten macht die Erklärung im Subk wahrscheinlich, daß es sich um einen in der Nähe des Osttores der Stadt gelegenen Badestrand am Flusse Aciravati handelt, wo besondere Plätze für den König, die Stadtbewohner, die Mönchsgemeinde und den Buddha reserviert waren. - Ein Bad des Buddha an der gleichen Stelle wird mit denselben Worten in M. 26 beschrieben.

(*2) nāgo ist eine Bezeichnung für Elefant, Kobra, drachenartige Schlangengottheiten, sowie im übertragenen Sinne für besonders gewaltige und edle Wesen, wie Seher, Yogis, Heilige und für den Buddha selber.

(*3) Laut K handelt es sich hier um den der Analytischen Wissen mächtigen Mönch Kāludāyi. Die Verse finden sich auch in LdM 689-704 unter dem Namen Udāyi. Dem Kāludāyi werden in LdM die Verse 527-536 zugeschrieben.

(*4) Das hier gegebene Wortspiel ist natürlich nicht als eine Etymologie des Wortes nāga beabsichtigt.

(*5) Der Nachdruck dieser ersten beiden Verse liegt offenbar darauf, daß dem Buddha als einem Menschenwesen (manussa-bhūtam) selbst die Götter Huldigung zollen.

(*6) vanā nibbānam āgatam. Das Wortspiel im Pāli bezieht sich auf eine alte Erbauungsetymologie für Nibbāna (Skr: nirvāna): nir-vana, Freisein vom Dschungel (vana) der Lust. In der Übersetzung wurde ein anderes Wortspiel gewählt.

(*7) vīmamsā, 'das Forschende'- K: die Rüsselspitze.

(*8) ChS: kucchi-samātapo- K: samāvāpo. Dies bezieht sich offenbar auf die die Speise verdauende Körperwärme. Als die 'Lehre' (dhamma) gilt hier, lt. K, die 4. Vertiefung als Ausgangspunkt für verschiedene höhere Geisteskräfte und Bewußtseinszustände.

(*9) K: Wie der Schwanz des Elefanten die Mücken verscheucht, so hält die innere und äußere Abgeschiedenheit des Erhabenen die Störungen durch Hausleute und Mönche fern.

(*10) ChS: sankhāres'ūpasantesu; wtl: wenn die karmischen Willenskräfte gestillt sind.


A.VI. 44 Urteilt nicht die Menschen ab!

Einst weilte der Erhabene im Jetahaine bei Sāvatthī, im Kloster des Anāthapindika. Und der ehrwürdige Ananda kleidete sich in der Frühe an, nahm Gewand und Schale und begab sich zur Wohnung der Laienjüngerin Migasālā. Dort angelangt, setzte er sich auf dem bereiteten Sitze nieder. Und die Laienjüngerin Migasālā ging auf den ehrwürdigen Ananda zu, begrüßte ihn ehrfurchtsvoll und setzte sich zur Seite nieder. Seitwärts sitzend aber sprach sie zum ehrwürdigen Ananda also:

»Wie denn, ehrwürdiger Ananda, wie hat man wohl die vom Erhabenen gewiesene Lehre zu verstehen, wonach da ein keusch Lebender und ein nicht keusch Lebender nach dem Tode beide ein und denselben Ausgang haben sollen? Mein Vater Pūrana nämlich, o Ehrwürdiger, lebte keusch, enthaltsam, vom gemeinen Geschlechtsverkehr abgewandt. Nach dessen Tode hat der Erhabene von ihm erklärt, daß er die Einmalwiederkehr erlangt habe und im Himmel der Seligen Götter wiedererschienen sei. Meines Vaters Bruder Isidatta aber, o Ehrwürdiger, lebte nicht keusch, sondern in glücklicher Ehe. Aber auch nach dessen Tode hat der Erhabene von ihm erklärt, daß er die Einmalwiederkehr erlangt habe und im Himmel der Seligen Götter wiedererschienen sei. Wie nun, o Ehrwürdiger, hat man diese vom Erhabenen gewiesene Lehre zu verstehen, wonach da ein keusch Lebender und ein nicht keusch Lebender nach dem Tode beide ein und denselben Ausgang haben sollen?« -

»So hat dies freilich der Erhabene erklärt, o Schwester.«

Nachdem nun der ehrwürdige Ananda im Hause der Laienjüngerin Migasālā seine Almosenspeise erhalten hatte, erhob er sich von seinem Sitze und entfernte sich. Am Nachmittage aber, nach Beendigung des Mahles, begab sich der ehrwürdige Ananda zum Erhabenen, begrüßte ihn ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Seitwärts sitzend, berichtete nun der ehrwürdige Ananda dem Erhabenen [, was sich zugetragen hatte].

[Darauf sprach der Erhabene:] »Wer, Ananda, ist denn die Laienjüngerin Migasālā, diese törichte, unerfahrene, mit Weiberwitz behaftete Frau? Und was sind in Vergleich dazu solche, die der Wesen höhere oder niedrige Fähigkeiten erkennen können (*1)?

Sechs Menschen, Ananda, sind in der Welt anzutreffen. Welche sechs?

Da, Ananda, ist ein Mensch liebevoll und ein angenehmer Gefährte, und seine Ordensbrüder leben gerne mit ihm zusammen. Aber er ist ohne Erfahrung, ohne große Strebsamkeit (*2), hat mit Erkenntnis nichts durchdrungen und auch die zeitweilige Loslösung (*3) wird ihm nicht zuteil. Ein solcher macht beim Zerfall des Körpers, nach dem Tode, einen Rückschritt, keinen Fortschritt; er geht zurück und steigt nicht höher.

Da, Ananda, ist ein Mönch liebevoll, ein angenehmer Gefährte, und seine Ordensbrüder leben gerne mit ihm zusammen. Und er besitzt Erfahrung und große Strebsamkeit, hat in Erkenntnis etwas erreicht; auch wird ihm dann und wann Loslösung zuteil. Ein solcher macht beim Zerfall des Körpers, nach dem Tode, einen Fortschritt keinen Rückschritt; er steigt höher und fällt nicht zurück.

Hier nun, Ananda, urteilen die Kritiker (pamānikā paminanti) folgendermaßen: 'Der eine besitzt jene Eigenschaften, und auch der andere besitzt jene Eigenschaften. Warum sollte da der eine niedriger und der andere höher sein?' - Solches [Aburteilen] aber, Ananda, wird ihnen lange zum Unheil und Leiden gereichen. Wer da, Ananda, Erfahrung und große Strebsamkeit besitzt, in Erkenntnis etwas erreicht hat und dem dann und wann Loslösung zuteil wird, dieser Mensch, Ananda, ist höher und edler als jener erste. Und warum? Weil eben, Ananda, der Strom der Lehre diesen Menschen mit sich fortreißt. Wer außer dem Vollendeten vermag wohl solchen Unterschied zu erkennen? Darum, Ananda, urteilt nicht die Menschen ab! Legt an die Menschen keinen Maßstab an! Man schadet sich, wenn man die Menschen aburteilt. Ich freilich, Ananda, vermag die Menschen abzuschätzen oder einer, der mir ähnlich ist.

Da, Ananda, kommt einen Menschen Groll und Dünkel an, und von Zeit zu Zeit steigen in ihm begehrliche Zustände auf. Und er ist ohne Erfahrung, ohne große Strebsamkeit, hat mit Erkenntnis nichts durchdrungen, auch wird ihm nicht dann und wann Loslösung zuteil. Ein solcher macht beim Zerfall des Körpers, nach dem Tode einen Rückschritt, keinen Fortschritt; er geht zurück und steigt nicht höher.

Da, Ananda, kommt einen Menschen Groll und Dünkel an, und von Zeit zu Zeit steigen in ihm begehrliche Zustände auf. Doch er hat Erfahrung, große Strebsamkeit, hat in Erkenntnis etwas erreicht; auch wird ihm dann und wann Loslösung zuteil. Ein solcher macht beim Zerfall des Körpers, nach dem Tode, einen Fortschritt, keinen Rückschritt; er steigt höher und fällt nicht zurück.

Da, Ananda, kommt einen Menschen Groll und Dünkel an, und von Zeit zu Zeit entfahren ihm böse Worte. Und er ist ohne Erfahrung . . . Ein solcher macht beim Zerfall des Körpers, nach dem Tode einen Rückschritt, keinen Fortschritt; er geht zurück und steigt nicht höher.

Da, Ananda, kommt einen Menschen Groll und Dünkel an, und von Zeit zu Zeit entfahren ihm böse Worte. Doch er hat Erfahrung . . . Ein solcher macht beim Zerfall des Körpers, nach dem Tode einen Fortschritt, keinen Rückschritt; er steigt höher und fällt nicht zurück.

Hier nun, Ananda, urteilen die Kritiker folgendermaßen: 'Der eine besitzt jene Eigenschaften, und auch der andere besitzt jene Eigenschaften. Warum sollte da der eine niedriger und der andere höher sein?' - Solches [Aburteilen] aber, Ananda, wird ihnen lange zum Unheil und Leiden gereichen. Wenn da, Ananda, einen Menschen Groll und Dünkel ankommen, ihm auch von Zeit zu Zeit böse Worte entfahren, wenn er aber Erfahrung besitzt, große Strebsamkeit, in Erkenntnis etwas erreicht hat und ihm auch dann und wann Loslösung zuteil wird - dieser Mensch, Ananda, ist höher und edler als jener erste. Und warum? Weil eben, Ananda, der Strom der Lehre diesen Menschen mit sich fortreißt. Wer außer dem Vollendeten vermag wohl solchen Unterschied zu erkennen? Darum, Ananda, urteilt nicht die Menschen ab! Legt an die Menschen keinen Maßstab an! Man schadet sich, wenn man die Menschen aburteilt. Ich freilich, Ananda, vermag die Menschen abzuschätzen oder einer, der mir ähnlich ist.

Diese sechs Menschen, Ananda, sind in der Welt anzutreffen.

Hätte, Ananda, Isidatta dieselbe Sittlichkeit besessen wie Pūrana, so hätte Pūrana Isidattas künftigen Zustand nicht erreicht; und hätte Pūrana dieselbe Weisheit besessen wie Isidatta, so hätte Isidatta Pūranas künftigen Zustand nicht erreicht. Somit, Ananda, waren diese beiden Menschen in je einer Eigenschaft unvollkommen.«


(*1) purisa-puggala-paropariya-ñāna. Dies ist eine der 'zehn Kräfte des Vollendeten' (dasa tathāgata-balāni); s. A.X.21 und M 12.

(*2) bāhusaccena. In diesem Kompositum ist sacca meist = Skr: srautya 'Wissen'. Hier aber erklärt es K mit viriya, 'Energie' (Skr sakti, Pāli: satti).

(*3) samāyikani vimuttim. K er findet nicht von Zeit zu Zeit Freude und Begeisterung beim Hören der Lehre.


A.VI. 45 Armut

»Armut, ihr Mönche, bedeutet für den Genußliebenden in der Welt ein Elend.«

»So ist es, o Herr.« -

»Wenn nun, ihr Mönche, der Arme, der Unbegüterte, Unvermögende, Schulden macht, so bedeutet eben auch das Schuldenmachen für den Genußliebenden in der Welt ein Elend.« -

»So ist es, o Herr.« -

»Wenn aber, ihr Mönche, der Arme, Unbegüterte, Unvermögende, nachdem er Schulden gemacht hat, Zinsen verspricht, so bedeutet eben auch die Zinspflicht für den Genußliebenden in der Welt ein Elend.« -

»So ist es, o Herr.« -

»Wenn aber, ihr Mönche, der Arme, Unbegüterte, Unvermögende, der Zinsen versprochen hat, die fälligen Zinsen nicht zahlt und man ihn mahnt, so bedeutet eben auch das Gemahntwerden für den Genußliebenden in der Welt ein Elend.« -

»So ist es, o Herr.« -

»Wenn man aber, ihr Mönche, den Armen, Unbegüterten, Unvermögenden, da er auf die Mahnung hin nicht bezahlt, verfolgt, so bedeutet eben auch das Verfolgtwerden für den Genußliebenden in der Welt ein Elend.« -

»So ist es, o Herr.« -

»Wenn man aber, ihr Mönche, den Armen, Unbegüterten, unvermögenden, der auf Verfolgung hin nicht bezahlt, einkerkert, so bedeutet eben auch das Eingekerkertwerden für den Genußliebenden in der Welt ein Elend.« -

»So ist es, o Herr.« -

»Mithin, ihr Mönche, ist für den Genußliebenden in der Welt die Armut ein Elend, ist das Schuldenmachen ein Elend, ist die Zinspflicht ein Elend, ist das Gemahntwerden ein Elend, das Verfolgtwerten ein Elend, das Eingekerkertwerden ein Elend.

Ebenso auch, ihr Mönche, wer da hinsichtlich des Guten ohne Vertrauen ist, ohne Schamgefühl, Gewissensscheu, Willenskraft und Weisheit, der, ihr Mönche, gilt als arm, unbegütert, unvermögend in der Zucht des Heiligen.

Weil nun dieser Arme, Unbegüterte, Unvermögende hinsichtlich des Guten ohne Vertrauen ist, ohne Schamgefühl, Gewissensscheu, Willenskraft und Weisheit, so führt er schlechten Wandel in Werken, Worten und Gedanken. Das aber nenne ich seine Verschuldung.

Um aber seinen schlechten Wandel in Werken, Worten und Gedanken zu verheimlichen, nährt er üble Wünsche. 'Ach, möchte man mich doch nicht erkennen!', so wünscht er. 'Ach, möchte man mich doch nicht erkennen!', so trachtet er. 'Ach, möchte man mich doch nicht erkennen!', so denkend, wählt er seine Worte. 'Ach, möchte man mich doch nicht erkennen!', so denkend, bemüht er sich in seinen Handlungen. Das aber nenne ich seine Zinspflicht.

Von ihm aber sprechen seine gesitteten Ordensbrüder also: 'Derart handelt dieser Ehrwürdige, derart beträgt er sich.' Das aber nenne ich sein Gemahntwerden.

Hat er sich aber in den Wald begeben, an den Fuß eines Baumes oder an einsame Stätte, so verfolgen ihn die mit Gewissensbissen verbundenen üblen, unheilsamen Gedanken. Das aber nenne ich sein Verfolgtwerden.«

»Weil aber, ihr Mönche, jener Arme, Unbegüterte, Unvermögende in Werken, Worten und Gedanken einen schlechten Wandel führt, so gerät er beim Zerfall des Körpers, nach dem Tode in die Fessel der Hölle, in die Fessel der Tierwelt. Und keine andere Fessel kenne ich, ihr Mönche, die so fürchterlich ist, so hart, so voller Pein und für die Erreichung der höchsten Bürdenfreiheit (yogakkhema, wtl: Bürdenfreiheit, d.i. Nibbāna) ein solches Hindernis bildet, als wie die Fessel der Hölle, die Fessel der Tierwelt.«

»Ein Elend ist es, arm zu sein,
ein Elend ist der Schulden Last,
denn wer geborgtes Gut genießt,
der Arme wird von Qual verzehrt.

Und später gar verfolgt man ihn,
legt man ihm starke Fesseln an.
Ein Elend aber Fesseln sind
für den, der nach Genuß begehrt.

So ist's auch in der Zucht des Herrn
mit einem, dem Vertrauen fehlt,
Schamhaftigkeit, Gewissensscheu
und der auf böse Taten sinnt.

Denn wer im Bösen sich ergeht,
mit seinem Körper, seinem Wort,
und böse Tat im Sinne trägt,
wünscht, daß man es nicht wissen soll.

Er windet sich in seinem Tun,
in seinen Worten, seinem Geist,
indem er's Böse mehr und mehr
bald hier, bald dort zum Wachsen bringt.

Solch Übeltäter, solcher Tor,
der seiner Schuld sich wohl bewußt,
ist einem armen Schuldner gleich,
der voller Qual sein Brot verzehrt.

Und dann verfolgen immerdar
trübsel'ge Bilder seinen Geist,
erzeugt durch die Gewissensangst -
sei es im Dorfe, sei's im Wald.

Solch Übeltäter, solcher Tor,
der seiner Tat sich wohl bewußt,
verfällt dem nied'ren Tieresschoß,
wenn nicht der Hölle Fessel gar.

Ein Elend nenn' solch' Fessel ich,
woraus der Weise sich befreit,
der mit den recht erlangten Schätzen
beglückten Herzens Gaben gibt.

Der Hausbewohner voll Vertrauen
gewinnet beiderseits sein Ziel:
das Wohlergehn in dieser Welt,
in nächster Welt Glückseligkeit.
 
So wächst Verdienst bei Hausnern an
durch ihren freigebigen Sinn.

Und ferner: wer in edler Zucht
gefestigt ist in Zuversicht,
voll Scham und voll Gewissensscheu,
voll Weisheit, sittlich wohl bedacht.

Von dem heißt's, daß er voller Glück
im heil'gen Orden leben mag.
Und hat er laut'res Glück erreicht,
dann harret er im Gleichmut aus.

Die Fünferhemmung überwindend
und stets von frischer Kraft beseelt,
die Schauungen erwirket er,
geeinten Geist's, besonnen, klar.

Nachdem die Fesseln all' versiegt,
die Dinge schauend, wie sie sind,
an nichts mehr haftend, nirgendwo,
wird völlig sein Gemüt erlöst.

Und so im Geiste ganz erlöst,
steigt solchem die Erkenntnis auf:
'Die Daseinsfessel ist zerstört,
ich bin erlöst für alle Zeit.'

Das allerhöchste Wissen ist's,
es ist ein unvergleichlich Glück:
der Frieden, leidlos-ungetrübt,
die höchste Freiheit von der Frohn.«

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