Anguttara Nikaya

5. Kapitel: mundarāja-vagga

A.V. 41 Rechte Anwendung des Reichtums

(. . . Und der Erhabene sprach zu Anāthapindika also:)

Fünf Verwendungsarten des Besitzes gibt es, o Hausvater. Welche fünf? (Vergl. den letzten Teil von A.IV.61)

Mit dem Besitz, o Hausvater, den der edle Jünger durch Aufbietung seiner Kraft erworben hat, durch seiner Hände Fleiß, im Schweiße seines Angesichtes, auf rechtmäßige, ehrliche Weise, damit macht er sich selber glücklich und zufrieden und bewahrt sich ein vollkommenes Wohlsein. Und Vater und Mutter, Weib und Kind, Diener und Knechte macht er glücklich und zufrieden und bewahrt ihnen ein vollkommenes Wohlsein. Dies ist die erste Verwendungsart des Besitzes.

Ferner, o Hausvater, macht der edle Jünger mit diesem Besitze Freunde und Genossen glücklich und zufrieden und bewahrt ihnen ein vollkommenes Wohlsein. Das ist die zweite Verwendungsart des Besitzes.

Ferner, o Hausvater: mit diesem Besitz wendet der edle Jünger Mißgeschick ab, das ihm durch Feuer oder Wasser, durch Fürsten, Diebe oder gehässige Erben entstehen möchte, und schützt so seine eigene Person. Dies ist die dritte Verwendungsart des Besitzes.

Ferner, o Hausvater: mit diesem Besitze leistet der edle Jünger fünferlei Abgaben: Spenden für Verwandte, Spenden für Gäste, Spenden für Verstorbene, Abgaben an den Fürsten, Spenden für die Gottheiten. Dies ist die vierte Verwendungsart des Besitzes.

Ferner, o Hausvater: den Asketen und Priestern, die frei sind von Rausch und Lässigkeit, die Geduld und Milde besitzen, die einzig ihr Ich bezähmen, einzig ihr Ich zur Ruhe bringen, einzig ihr Ich erlöschen lassen, solchen Asketen macht er mit diesem Besitze Geschenke, die hohe Früchte bringen, himmlische, glückerzeugende, himmelwärts führende. Dies ist die fünfte Verwendungsart des Besitzes.

Diese fünf Verwendungsarten des Besitzes gibt es, o Hausvater.

Wenn nun, o Hausvater, jenem edlen Jünger, während er seinen Besitz in dieser fünffachen Weise verwendet, sein Besitz abnimmt, so denkt er: »Was da die angemessenen Verwendungsweisen des Besitzes sind, dafür verwende ich ihn und dabei verringert sich der Besitz.« So ist er dabei ohne Reue. Und wenn, o Hausvater, jenem edlen Jünger, während er seinen Besitz in dieser fünffachen Weise verwendet, sein Besitz zunimmt, so denkt er: »Was da die angemessenen Verwendungsweisen des Besitzes sind, dafür verwende ich ihn und dabei nimmt mein Besitz zu.« So ist er dabei in zweifacher Hinsicht frei von Reue.

Verse wie in A.IV.61


A.V. 42 Der Einfluß des guten Menschen

Der in einer guten Familie wiedergeborene edle Mensch, ihr Mönche, gereicht vielem Volke zum Heil, Segen und Wohl. Vater und Mutter, Weib und Kind, Dienern und Knechten, Freunden und Genossen, Asketen und Priestern: allen diesen gereicht er zum Heil, Segen und Wohl.

Gleichwie ein starker Regen, dadurch, daß er das ganze Getreide zur Reife bringt, vielen zum Heil, Segen und Wohl gereicht, ebenso auch, ihr Mönche, gereicht der in einer guten Familie wiedergeborene edle Mensch vielem Volke zum Heil, Segen und Wohl.

Den Menschenfreund, der vielen Gaben spendet,
den Tugendhüter hüten auch die Götter.
Dem Wissensreichen, rein im Sittenwandel,
dem Pflichtgetreuen folgt stets guter Ruf.
Den Pflichtbewußten, Tugendhaften,
wahrhaftig, voller Schamgefühl,
solch Menschen, laut'rem Golde gleich,
wer könnte ihn wohl tadeln wollen?
Selbst Himmelswesen preisen einen solchen
und Brahma selber kündet ihm sein Lob.

A.V. 43 Fünf erwünschte Dinge

(. . . Und der Erhabene sprach zu Anāthapindika also:)

Es gibt, o Hausvater, fünf erwünschte, begehrte, angenehme Dinge, die schwer in der Welt zu erlangen sind.

Welche fünf?

Langes Leben, Schönheit, Glück, Ehre und himmlische Wiedergeburt.

Und ich sage, o Hausvater: nicht durch Gebete und Gelübde (*1) erlangt man diese fünf erwünschten, begehrten, angenehmen, in der Welt so schwer erlangbaren Dinge. Denn könnte man sie durch Gebete und Gelübde erlangen, wer möchte wohl auf sie verzichten?

Nicht ziemt es sich, o Hausvater, für den edlen Jünger, der langes Leben wünscht, daß er darum fleht, daran Entzücken findet oder danach giert. Zur Erlangung eines langen Lebens sollte der danach strebende edle Jünger eben den zu langem Leben führenden Pfad (*2) beschreiten. Denn wenn er diesen zu langem Leben führenden Pfad wandelt, so wird er ein hohes Alter erreichen, und langes Leben wird ihm beschieden sein, sei es himmlisches oder menschliches.

Nicht ziemt es sich, o Hausvater, für den edlen Jünger, der Schönheit wünscht - Glück wünscht - Ehre wünscht, daß er darum fleht, daran Entzücken findet oder danach giert. Zur Erlangung von Schönheit, Glück und Ehre sollte der danach strebende edle Jünger eben den dazu führenden Pfad beschreiten. Wenn er den dazu führenden Pfad wandelt, so wird er Schönheit, Glück und Ehre erreichen. Schönheit, Glück und Ehre werden ihm beschieden sein, sei es himmlische oder menschliche.

Nicht ziemt es sich, o Hausvater, für den edlen Jünger, der himmlische Wiedergeburt wünscht, daß er darum fleht, daran Entzücken findet oder danach giert. Zur Erlangung himmlischer Wiedergeburt sollte der danach strebende Jünger eben den dazu führenden Pfad beschreiten. Wenn er den dazu führenden Pfad wandelt, so wird er himmlische Wiedergeburt erlangen. Ein Leben in den Himmelswelten wird ihm beschieden sein.

Wer langes Leben, Schönheit sich erwünscht,
nach Ehr' und Ruhm begehrt und trachtet,
auch Himmelsglück erstrebt und hohen Stand -
wer solche hohen Güter sich ersehnt,
dem geben Weise diesen guten Rat:
mit ernstem Streben sich zu üben
in guten Werken und in edlen Taten.
So ernsthaft strebend als ein weiser Mann,
wird zweifach Heil er sich erringen:
in dieser Welt und künft'gem Dasein auch.
Wer so sich auf sein Heil versteht,
den nennt man einen weisen Mann.

(*1) Oder: durch Bitten und Aspirationen (āyācanahetu vā pathanāhetu vā).

(*2) K: d.i. der Pfad sittlichen Verdienstes durch Freigebigkeit, Tugend und Meditation.


A.V. 44 Wer schenkt, wird beschenkt

Einst weilte der Erhabene im Großen Walde bei Vesālī, in der Halle des Giebelhauses. Eines Morgens kleidete sich der Erhabene an und begab sich, mit Gewand und Schale versehen, zur Wohnung des Vesalier Hausvaters Ugga. Und der Vesalier Ugga, der Hausvater, näherte sich dem Erhabenen, begrüßte ihn ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Seitwärts sitzend sprach er zum Erhabenen also:

»Aus dem Munde des Erhabenen, o Herr, habe ich es vernommen, aus seinem Munde es erfahren: 'Wer etwas Gutes schenkt, erhält Gutes zurück.' Etwas Gutes aber, o Herr, ist meine Sālablüten-Speise (*1). Möge diese der Erhabene von mir annehmen, von Mitleid bewogen!«

Und der Erhabene nahm dieselbe an, von Mitleid bewogen.

»Aus dem Munde des Erhabenen, o Herr, habe ich es vernommen, aus seinem Munde es erfahren: 'Wer etwas Gutes schenkt, erhält Gutes zurück.' Etwas Gutes aber, o Herr, ist mein Schweinefleisch (*2) mit süßen Brustbeeren - etwas Gutes mein mit Öl zubereitetes Stielgemüse - etwas Gutes mein Reisgericht, von schwarzen Körnern frei, versehen mit mancherlei Brühen und Gemüsen - etwas Gutes sind meine kostbaren Benaresgewänder. Möge diese der Erhabene von mir annehmen, von Mitleid bewogen!«

Und der Erhabene nahm diese an, von Mitleid bewogen.

»Aus dem Munde des Erhabenen, o Herr, habe ich es vernommen, aus seinem Munde es erfahren: 'Wer etwas Gutes schenkt, erhält Gutes zurück.' Etwas Gutes aber, o Herr, ist mein Ruhebett, belegt mit einer Ziegenhaardecke, einer weißen Wolldecke, einer Decke aus feinstem Antilopenfell und versehen mit einer Überdecke und purpurnen Kissen an beiden Enden. Ich, weiß aber, o Herr, daß solches für den Erhabenen nicht annehmbar (*3) ist. Doch diesen Sandelholz-Block, über Hunderttausend wert, den möge der Erhabene von mir annehmen, von Mitleid bewogen!«

Und der Erhabene nahm ihn an, von Mitleid bewogen. Darauf sprach der Erhabene dem Vesalier Hausvater Ugga seine Anerkennung (anumodanīyena anumodi) aus in folgenden Worten:

»Wer Gutes spendet, der erhält auch Gutes.
Wer gerne darbringt solchen geraden Wandels (*5)
Gewand und Lager sowie Trank und Speise
und andere Dinge, die von Nutzen sind,
die Heiligen als ein fruchtbar Feld betrachtend,
gereut ihn nicht (*6), was er verschenkt und fortgibt.
Ein guter Mensch, der schwer Entbehrtes fortgibt,
erhält zurück das Gute, das er so geschenkt.«

Nachdem nun der Erhabene dem Vesalier Hausvater Ugga in diesen Worten seine Anerkennung ausgesprochen hatte, erhob er sich von seinem Sitze und entfernte sich.

Kurze Zeit darauf aber starb Ugga, der Vesalier Hausvater, und erschien nach seinem Tode in einer geistgezeugten Welt (*7) wieder. Zu jener Zeit nun weilte der Erhabene im Jeta-Hain, bei Sāvatthi, im Kloster des Anāthapindika. Und Ugga, der Himmelssohn, kam zu vorgerückter Nachtstunde, mit seinem herrlichen Glanze den ganzen Jeta-Hain erleuchtend, zum Erhabenen heran, begrüßte ihn ehrerbietig und blieb seitwärts stehen. Da sprach der Erhabene also zu ihm:

»Geht es dir wohl, Ugga, nach deinem Wunsch?« -
»Ja, o Herr, es geht mir nach meinem Wunsch.«
Und der Erhabene sprach zu Ugga, dem Himmelssohn, in diesen Versen:
»Wer Gutes spendet, der erhält auch Gutes,
das Höchste spendend, Höchstes man erringt;
Erhabenes erlangt, wer solches spendet;
wer's Beste gibt, gelangt zum besten Ort.
Erlesene Gabe wer da spendet,
ein Mann, der beste Gabe gibt,
erwirbt sich Ruhm und langes Leben,
wo immer er ins Dasein tritt.«

(*1) K: Ein aus Reismehl, Honig, Ghee usw. hergestelltes Gebäck, das die Form einer Sāla-Blüte hat.

(*2) Der Buddha hat also keineswegs den Fleischgenuß an sich als verwerflich bezeichnet; s. Wtb. Fleischgenuß

(*3) Dem Mönch ist es nicht gestattet, üppige Lagerstätten zu benutzen.

(*5) D.h. solche, deren Wandel in Taten, Worten und Gedanken durch unerschütterliche sittliche Festigkeit völlig aufrecht und gerade geworden ist.

(*6) Freie, doch sinngemäße Wiedergabe für unsichere Lesart. PTS: anuggahītam, 'ohne sich (an das Verschenkte innerlich) zu klammern; ChS und K: anaggahītam, ohne es hoch zu bewerten (grammatische Form zweifelhaft; zu aggheti?).

(*7) manomayam kāyam. Dies bezieht sich lt. K. auf eine zu den 'Lauteren Gefilden' (suddhāvāsa) gehörende Himmelswelt, erzeugt durch das Vertiefungsbewußtsein der feinkörperlichen Sphäre (rūpajjhāna).


A.V. 45 Die fünf Ströme des Verdienstes

Fünf Ströme des Verdienstes, Ströme des Heilsamen, gibt es, ihr Mönche, segenbringende, himmlische, glückerzeugende, himmelwärts führende, die Erwünschtes, Erfreuliches, Angenehmes bringen und Heil und Segen. Welche fünf? (Vergl. A.IV.51)

Mit wessen Gewand bekleidet - wessen Almosenspeise genießend - wessen Kloster bewohnend - wessen Bett und Stuhl benutzend - wessen Arzneimittel gebrauchend, ein Mönch in der unbeschränkten Sammlung des Gemütes (*1) verweilt, diesem Spender wird ein unermeßlich großer Strom des Verdienstes zuteil, ein Strom des heilsamen, ein segenbringender, himmlischer, glückerzeugender, himmelwärts führender, der Erwünschtes, Erfreuliches, Angenehmes bringt und Heil und Segen.

Diese fünf Ströme des Verdienstes, Ströme des Heilsamen gibt es, ihr Mönche, segenbringende, himmlische, glückserzeugende, himmelwärts führende, die Erwünschtes, Erfreuliches, Angenehmes bringen und Heil und Segen.

Schwerlich kann man, ihr Mönche . . .

(Fortsetzung, einschließlich der Verse, wie in A.IV.51, mit Abänderung von vier Ströme in fünf Ströme.)


(*1) K: und zwar als ein Rückblickswissen (paccavekkhana-ñāna). Vgl. D. 34 (pañca-ñāniko sammā-samādhi).


A.V. 46 Fünffache Bewährung

Fünf Bewährungen (sampadā) gibt es, ihr Mönche. Welche fünf?

    1. Bewährung im Vertrauen,
    2. Bewährung in Sittlichkeit,
    3. Bewährung im Wissen,
    4. Bewährung in Freigebigkeit und
    5. Bewährung in Weisheit.

Diese fünf Bewährungen gibt es.


A.V. 47 Die fünf Schätze

(Dieser und der folgende Text fehlten in der 1. Auflage dieser Übersetzung).

Fünf Schätze gibt es, ihr Mönche. Welche fünf?

  1. Den Schatz des Vertrauens, 
  2. den Schatz der Sittlichkeit, 
  3. den Schatz des Wissens, 
  4. den Schatz der Freigebigkeit und 
  5. den Schatz der Weisheit.

Was aber ist der Schatz des Vertrauens? Da besitzt der edle Jünger Vertrauen; er glaubt an die Erleuchtung des Vollendeten, so nämlich: 'Dies, wahrlich, ist der Erhabene: er ist der Heilige, vollkommen Erleuchtete, der in Wissen und Wandel Bewährte, der Kenner der Welt, der unvergleichliche Lenker führungsbedürftiger Menschen, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene.' Das nennt man den Schatz des Vertrauens.

Was aber ist der Schatz der Sittlichkeit? Da enthält sich der edle Jünger der Verletzung lebender Wesen; er steht ab vom Nehmen des Nicht-Gegebenen, von unrechtem Geschlechtsverkehr, von der Lüge und vom Genuß berauschender Getränke. Das nennt man den Schatz der Sittlichkeit.

Was aber ist der Schatz des Wissens? Da besitzt der edle Jünger reiches Wissen; er ist ein Träger des Wissens, hat großes Wissen angesammelt; und jene Lehren, die im Anfang vorzüglich sind, in der Mitte vorzüglich und am Ende vorzüglich, die, dem Sinne wie dem Wortlaut nach, ein ganz vollkommenes, geläutertes Reinheitsleben verkünden, diese Lehren hat er sich häufig angehört, sich eingeprägt, im Wortlaut gelernt, im Geiste erwogen und sie weise verstanden. Das nennt man den Schatz des Wissens.

Was aber ist der Schatz der Freigebigkeit? Da lebt der edle Jünger im Hause mit einem vom Makel des Geizes freien Herzen; er ist freigebig und spendet mit offenen Händen, er gibt gern, ist den Bedürftigen zugetan und hat Freude am Austeilen von Gaben. Das nennt man den Schatz der Freigebigkeit.

Was aber ist der Schatz der Weisheit? Da eignet dem edlen Jünger Weisheit; ausgerüstet ist er mit jener Weisheit, die das Entstehen und Vergehen begreift, der edlen Weisheit, der durchdringenden, zu völliger Leidensvernichtung führenden. Das nennt man den Schatz der Weisheit.

Dies, ihr Mönche, sind die fünf Schätze.

(Verse wie in A.IV.52)


A.V. 48 Fünf unerreichbare Dinge

(Vergl. A.IV.182)

Fünf Dinge, ihr Mönche, kann niemand erreichen, kein Asket, kein Priester, kein Götterwesen, kein guter oder böser Geist, noch irgend jemand in der Welt. Welches sind diese fünf Dinge?

Daß das dem Altern Unterworfene nicht altern möge, das kann niemand erreichen, kein Asket, kein Priester, kein Götterwesen, kein guter oder böser Geist, noch irgend jemand in der Welt.

Daß das der Krankheit Unterworfene nicht erkranken möge, das kann niemand erreichen, kein Asket, kein Priester, kein Götterwesen, kein guter oder böser Geist, noch irgend jemand in der Welt.

Daß das dem Sterben Unterworfene nicht sterben möge, das kann niemand erreichen, kein Asket, kein Priester, kein Götterwesen, kein guter oder böser Geist, noch irgend jemand in der Welt.

Daß das dem Verfall Unterworfene nicht verfallen möge, das kann niemand erreichen, kein Asket, kein Priester, kein Götterwesen, kein guter oder böser Geist, noch irgend jemand in der Welt.

Daß das dem Untergang Unterworfene nicht untergehen möge, das kann niemand erreichen, kein Asket, kein Priester, kein Götterwesen, kein guter oder böser Geist, noch irgend jemand in der Welt.

Da, ihr Mönche, beginnt bei dem unwissenden Weltlinge, was dem Altern unterworfen ist, zu altern . . .

(Fortsetzung wie in A.V.50, einschließlich der Verse.)

Der gesamte Passus erscheint in diesem Kapitel dreimal. Es wurde vorgezogen, ihn ausführlich im letzten Text zu geben, wo diese Lehrdarlegung einen besonderen Namen erhält.


A.V. 49 Mallikas Tod

Einst weilte der Erhabene im Jeta-Hain bei Sāvatthi, im Kloster des Anāthapindika. Da begab sich der Kosaler König Pasenadi zum Erhabenen. Dort angelangt, begrüßte er den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Gerade zu jener Zeit aber starb Mallikā, die Königin. Und ein Mann trat zum Könige und flüsterte ihm ins Ohr: »Herr, die Königin Mallikā ist gestorben.« Diese Worte aber erfüllten den Kosaler König Pasenadi mit Schmerz und Gram; und mit gebeugtem Körper und gesenktem Haupt saß er da, vor sich hinbrütend, ohne ein Wort zu sprechen. Als nun aber der Erhabene sah, wie der Kosaler König Pasenadi von Schmerz und Gram erfüllt dasaß, sprach er zu ihm also:

»Fünf Dinge, o König, kann niemand erreichen, kein Asket, kein Priester, kein Götterwesen, kein guter oder böser Geist, noch irgend jemand in der Welt. Welches sind diese fünf Dinge?

    1. Daß das dem Altern Unterworfene nicht altern möge -
    2. daß das der Krankheit Unterworfene nicht erkranken möge -
    3. daß das dem Sterben Unterworfene nicht sterben möge -
    4. daß das dem Verfall Unterworfene nicht verfallen möge -
    5. daß das dem Untergang Unterworfene nicht untergehen möge,

das kann niemand erreichen, kein Asket, kein Priester, kein Götterwesen, kein guter oder böser Geist, noch irgend jemand in der Welt.

(Fortsetzung, einschließlich der Verse, wie in Text 50.)


A.V. 50 Das Herausreißen des Leidensstachels

Einst weilte der ehrwürdige Nārada (*1) im Hahnen-Kloster bei Pātaliputta. Damals war gerade dem Könige Munda seine geliebte und teure Königin Bhaddā gestorben; und infolge ihres Todes badete er sich nicht mehr und salbte sich nicht, er nahm weder Nahrung zu sich, noch widmete er sich seinen Geschäften. Tag und Nacht saß er verstört neben der Leiche der Königin Bhaddā. Und König Munda sprach zu Piyaka, seinem Schatzmeister:

»So lege denn, lieber Piyaka, den Leichnam der Königin Bhaddā in einen eisernen, mit Öl gefüllten Sarg (*2) und bedecke ihn mit einem anderen eisernen Behälter, damit wir den Leichnam der Königin Bhaddā noch länger sehen können!«

»Ja, o Herr«, erwiderte Piyaka, der Schatzmeister, und tat wie befohlen.

Und Piyaka, der Schatzmeister, dachte bei sich: »Diesem Könige Munda ist seine geliebte, teure Königin Bhaddā gestorben; und wegen ihres Todes badet er sich nicht und salbt sich nicht, er nimmt keine Nahrung zu sich und widmet sich nicht seinen Geschäften. Tag und Nacht sitzt er ganz verstört neben der Leiche der Königin Bhaddā. Gut wäre es, wenn sich König Munda zu einem Asketen oder Priester begeben wollte, damit er, dessen Lehre hörend, diesen Stachel des Kummers los werde.«

Und Piyaka, dem Schatzmeister, kam da dieser Gedanke: »Es weilt da jener ehrwürdige Nārada bei Pātaliputta im Hahnen-Kloster. Über den ehrwürdigen Nārada aber hat sich der gute Ruf verbreitet, daß er weise und erfahren sei, einsichtsvoll, von großem Wissen, ein treffticher Redner von edler Schlagfertigkeit, dabei in reifem Alter und ein Heiliger. Wenn König Munda den ehrwürdigen Nārada aufsucht, mag er vielleicht, nachdem er von ihm die Lehre gehört, den Stachel des Kummers los werden.« Und Piyaka, der Schatzmeister, trat vor den König Munda und teilte ihm das mit.

»Gut, Piyaka!« sprach der König. »Verständige den ehrwürdigen Nārada hiervon! Denn wie dürfte wohl einer meinesgleichen daran denken, einen Asketen oder Priester, der in meinem Lande lebt, ohne vorherige Ankündigung aufzusuchen?« -

»Gut, o Herr!« erwiderte Piyaka, der Schatzmeister, und begab sich zum ehrwürdigen Nārada. Dort angelangt, begrüßte er den ehrwürdigen Nārada ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Seitwärts sitzend sprach Piyaka, der Schatzmeister, zum ehrwürdigen Nārada also: »Dem Könige Munda, o Herr, ist seine geliebte, teure Königin Bhaddā gestorben, und wegen ihres Todes badet er sich nicht und salbt sich nicht, nimmt er weder Nahrung zu sich, noch widmet er sich seinen Geschäften. Tag und Nacht sitzt er ganz verstört neben ihrer Leiche. Gut, wäre es, o Herr, wenn der ehrwürdige Nārada dem Könige Munda die Lehre wiese, auf daß König Munda, vom ehrwürdigen Nārada belehrt, den Stachel des Kummers los werde.« -

»Wie es denn, Piyaka, dem Könige Munda belieben mag.«

Und Piyaka, der Schatzmeister, stand von seinem Sitze auf, begrüßte den ehrwürdigen Nārada ehrerbietig, und, ihm die Rechte zukehrend, entfernte er sich. Er begab sich sodann zum König Munda, und, bei ihm angelangt, sprach er zu ihm also: »Der ehrwürdige Nārada, o Herr, hat seine Zustimmung gegeben. Möge es nun dem Herren gefällig sein!« -

»So lasse denn, lieber Piyaka, recht stattliche Wagen anspannen!« -

»Gut, o Herr!» erwiderte Piyaka und ließ recht stattliche Wagen anspannen. Darauf sprach er zum Könige Munda: »Bespannt, o Herr, sind deine stattlichen Wagen. Möge es dem Herrn nun gefällig sein!«

Und König Munda bestieg seinen Staatswagen und begab sich, von vielen stattlichen Wagen begleitet, in voller Königspracht, zum Hahnen-Kloster, um den ehrwürdigen Nārada zu besuchen. Als er soweit gefahren war, wie es das Gelände erlaubte, stieg er vom Wagen und ging zu Fuß zum Kloster. Dort angelangt, begrüßte er den ehrwürdigen Nārada ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Darauf sprach der ehrwürdige Nārada zum Könige Munda also:

»Fünf Dinge, o König, kann niemand erreichen, kein Asket, kein Priester, kein Götterwesen, kein guter oder böser Geist, noch irgend jemand in der Welt. Welches sind diese fünf Dinge?

Daß das dem Altern Unterworfene nicht altern möge - daß das der Krankheit Unterworfene nicht erkranken möge - daß das dem Sterben Unterworfene nicht sterben möge - daß das dem Verfall Unterworfene nicht verfallen möge - daß das dem Untergang Unterworfene nicht untergehen möge, das kann niemand erreichen, kein Asket, kein Priester, kein Götterwesen, kein guter oder böser Geist, noch irgend jemand in der Welt.

Da, o König, beginnt bei dem unwissenden Weltling, was dem Altern unterworfen ist, zu altern. Während aber das dem Altern Unterworfene altert, da bedenkt er nicht: 'Ich bin ja nicht der einzige, bei dem das dem Altern Unterworfene altert. Soweit es eben Wesen gibt, die da kommen und gehen, sterben und geboren werden, bei allen Wesen altert eben, was dem Altern unterworfen ist. Würde ich nun, wenn das dem Altern Unterworfene altert, klagen, stöhnen, jammern, mir weinend an die Brust schlagen und in Verzweiflung geraten, so möchte mir die Nahrung nicht bekommen, der Körper elend aussehen, die Arbeiten keinen Fortgang nehmen. Die Feinde aber würden erfreut und die Freunde betrübt sein.' Wenn nun das dem Altern Unterworfene altert, da klagt, stöhnt und jammert er, schlägt sich weinend in die Brust und gerät in Verzweiflung. Von diesem unwissenden Weltling, o König, heißt es, daß er, getroffen vom giftigen Pfeile des Kummers, sich nur selber Qualen bereitet.

Ferner, o König, beginnt da bei dem unwissenden Weltling zu erkranken, was der Krankheit unterworfen ist - zu sterben, was dem Sterben unterworfen ist - zu verfallen, was dem Verfall unterworfen ist - unterzugehen, was dem Untergang unterworfen ist. Während aber das dem Untergang Unterworfene untergeht, da bedenkt er nicht: 'Ich bin ja nicht der einzige, bei dem das dem Untergang Unterworfene untergeht. Soweit es eben Wesen gibt, die da kommen und gehen, sterben und geboren werden, bei allen Wesen geht eben unter, was dem Untergang unterworfen ist. Würde ich nun, wenn das dem Untergang Unterworfene untergeht, klagen, stöhnen, jammern, mir weinend in die Brust schlagen und in Verzweiflung geraten, so möchte mir die Nahrung nicht bekommen, der Körper elend aussehen, die Arbeiten keinen Fortgang nehmen. Die Feinde aber würden erfreut und die Freunde betrübt sein.' Wenn nun das dem Untergang Unterworfene untergeht, da klagt, stöhnt und jammert er, schlägt sich weinend in die Brust und gerät in Verzweiflung. Von diesem unwissenden Weltling, o König, heißt es, daß er, getroffen vom giftigen Pfeile des Kummers, sich nur selber Qualen bereitet.

Da aber, o König, beginnt bei dem wissenden, edlen Jünger zu altern, was dem Altern unterworfen ist - zu erkranken, was der Krankheit unterworfen ist zu sterben, was dem Sterben unterworfen ist - zu verfallen, was dem Verfall unterworfen ist - unterzugehen, was dem Untergang unterworfen ist. Während aber das dem Untergang Unterworfene untergeht, da sagt er sich: 'Ich bin ja nicht der einzige, bei dem das dem Untergang Unterworfene untergeht. Soweit es eben Wesen gibt, die da kommen und gehen, sterben und geboren werden, bei allen Wesen geht eben unter, was dem Untergang unterworfen ist. Würde ich nun, wenn das dem Untergang Unterworfene untergeht, klagen, stöhnen, jammern, mir weinend in die Brust schlagen und in Verzweiflung geraten, so möchte mir die Nahrung nicht bekommen, der Körper elend aussehen, die Arbeiten keinen Fortgang nehmen. Die Feinde aber würden erfreut und die Freunde betrübt sein.' Wenn daher nun das dem Untergang Unterworfene untergeht, da klagt, stöhnt und jammert er nicht, schlägt sich nicht weinend die Brust, gerät nicht in Verzweiflung. Von diesem wissenden, edlen Jünger, o König, heißt es, daß er den giftigen Pfeil des Kummers entfernt hat, durch den getroffen der unwissende Weltling sich nur selber Qualen bereitet. Befreit vom Kummer, befreit vom Stachel des Leidens, bewirkt der edle Jünger seine eigne Wahnerlöschung.

Dies sind die fünf Dinge, o König, die niemand erreichen kann, kein Asket, kein Priester, kein Götterwesen, kein guter oder böser Geist, noch irgend jemand in der Welt.

»Nicht wird durch Kummer oder Klagen
auch nur geringster Zweck erreicht.
Wenn sie den Kummervollen sehen,
frohlocken seine Feinde nur.
 
Doch wenn im Ungemach der Weise,
als Kenner seines Heiles, nicht erzittert,
dann werden seine Feinde mißgestimmt,
weil sie sein Antlitz unverändert sehen.
 
Ob es durch Rezitieren (*3) oder Sprüchesagen (*4),
ob treffliches Gespräch, ein großes Spendenmahl,
ob es Befolgen der Familienbräuche,
was immer hilfreich (*5) dabei sein mag,
dem möge man sich eifrig widmen.
 
Sobald man weiß, daß dieses oder jenes (*6)
man selbst nicht, auch kein anderer je erreicht,
so soll man ohne Klagen es erdulden
und eifrig wende seiner Arbeit (*7) man sich zu.«

Auf diese Worte sprach König Munda zum ehrwürdigen Nārada also: »Was ist wohl, o Herr, der Name dieser Lehrdarlegung?« -

»'Das Ausreißen des Leidensstachels', das, o König, ist der Name dieser Lehrdarlegung.«

»Wahrlich, o Herr, ein Ausreißen des Leidensstachels war es; denn nach dem Anhören dieser Lehrdarlegung ist mir der Stachel meines Kummers geschwunden.«

Und König Munda gebot Piyaka, seinem Schatzmeister: »So verbrenne denn, lieber Piyaka, den Leichnam der Königin Bhaddā und lasse ihr ein Kuppelmal errichten! Von heute ab will ich mich wieder baden, salben, Nahrung zu mir nehmen und meinen Geschäften nachgehen.«


(*1) Dieser Text ist wahrscheinlich nach Lebzeiten des Buddha entstanden. König Munda ist vermutlich der Urenkel Ajātasattus und der zweite in der Nachfolge Ajātasattus auf dem Thron von Magadha. Des Buddha Parinibbāna war während der Regierungszeit Ajātasattus.

(*2) In beiden Fällen: doni, ein trog- oder bootähnlicher Behälter. Die gleiche Prozedur wurde auch beim Hinscheiden des Buddha befolgt. s. D. 16.

(*3) jappena; jappa ist das 'murmelnde' Rezitieren religiöser Texte, und zwar lt. K. besonders von Lobgebeten (vanna-bhānana), offenbar an die Gottheiten des Brahmanismus gerichtet.

(*4) mantena; manta sind im Wortgebrauch der alten Suttentexte die vedischen Sprüche und Hymnen. K: Kräftige Mantras.

(*5) D.h. als Ablenkung vom Kummer.

(*6) Nämlich die oben erwähnten fünf unerreichbaren Dinge.

(*7) kammam dalham kinti karomi dāni; wtl: (Man frage sich:) 'Welches Werk soll ich jetzt energisch verrichten?' - K erklärt jedoch: 'Ein stark an den Daseinskreislauf bindendes Wirken (kamma) habe ich vollbracht. Was soll ich nun dazu tun?' - Wahrscheinlicher ist es aber wohl daß hier, wie im vorigen Vers, an 'ablenkende Beschäftigung' gedacht ist. - Diese Verse befassen sich mit der unentrinnbaren Vergänglichkeit des Daseins nicht vom höchsten Standpunkt der Buddhalehre aus, sondern sprechen vom Gesichtspunkt der Weltklugheit aus vor der Zwecklosigkeit des Kummers und raten zu ablenkender Beschäftigung. Die Verse kommen auch in No. 48 vor, wo sie freilich in diesem an Mönche gerichteten Text nicht recht am Platz erscheinen. Sie sind ferner enthalten in Jātaka 368.


    Oben  


eten Text nicht recht am Platz erscheinen. Sie sind ferner enthalten in Jātaka 368.


    Oben