uparrow.gif (358 bytes)     Visuddhi Magga XVI

(8.IV). Darstellung des zur Leidenserlöschung führenden Pfades

(dukkha-nirodha-gāminī patipadā)

 

Obgleich die in der Darstellung des zur Leidenserlöschung führenden Pfades erwähnten 8 Glieder bereits in der Darstellung der Daseinsgruppen dem Sinne nach erklärt wurden, so wollen wir aber hier dennoch davon sprechen, um den Unterschied bei diesen (auf den Heiligkeitspfaden) in ein und demselben Augenblicke auftretenden Dingen zu zeigen.

 

1. Kurz gesagt: 'Rechte Erkenntnis" (sammā-ditthi) ist das Auge der Einsicht, das dem in die Durchdringung (pativedha) der vier Wahrheiten eingetretenen Schulungbeflissenen (sekha) (hier ist also bloß von der 'überweltlichen rechten Erkenntnis' (lokuttara-sammāditthi) des Schulungsbeflissenen die Rede) eignet und das, das Nirwahn zum Objekte habend, den Trieb der Unwissenheit zerstört. Rechte Erkenntnis hat als Merkmal das rechte Erkennen, als Wesen das Offenbar machen der Daseinselemente, als Äußerung die Vertreibung der Finsternis und der Unwissenheit.

 

2. Als "Rechte Gesinnung" (sammā-sankappa) gilt bei dem von solcher Erkenntnis Erfüllten das Richten des Geistes auf das Nirwahngebiet, jenes Richten des Geistes, das mit der Erkenntnis verbunden ist und die verkehrte Gesinnung vernichtet. Rechte Gesinnung hat als Merkmal das rechte Richten des Geistes, als Wesen das Festigen, als Äußerung die Überwindung der verkehrten Gesinnung.

 

3. Bei einem also Erkennenden, also Gesinnten, gilt das mit rechter Gesinnung verbundene und das böse Wirken in Worten vernichtende Sichzurückhalten von verkehrter Rede als "Rechte Rede" (sammā-vācā). Die rechte Rede hat als Merkmal das Ansichfesseln, als Wesen das Sichzurückhalten (von verkehrter Rede), als Äußerung die Überwindung verkehrter Rede.

 

4. Bei dem sich also Zurückhaltenden aber gilt das mit jener (rechten Gesinnung) verbundene und das verkehrte körperliche Wirken zerstörende Sichzurückhalten vom Töten u. dgl. als "Rechte Tat" (sammā-kammanta). Diese hat als Merkmal das Entstehenlassen, als Wesen das Sichzurückhalten, als Äußerung die Überwindung der verkehrten Tat.

 

5. Als "Rechter Lebenserwerb" (sammā-ājīva) aber gilt das mit der Lauterkeit rechter Rede und Tat verbundene und solche Dinge wie Betrügerei u. dgl. zerstörende Sichzurückhalten von verkehrtem Lebenserwerb (micchā-ājīva). Der rechte Lebenserwerb hat als Merkmal die Lauterkeit, als Wesen die Ausübung eines rechtschaffenen Lebenserwerbs, als Äußerung die Überwindung des verkehrten Lebenserwerbs.

 

6. Wer aber auf dem durch rechte Rede, rechte Tat und rechten Lebenserwerb gebildeten Boden feststeht, bei dem gilt die dieser Sittlichkeit angepaßte und damit verbundene und die Trägheit zerstörende Willensanstrengung als die "Rechte Anstrengung" (sammā-vāyāma). Diese hat als Merkmal das Vorwärtsstreben; als Wesen das noch unaufgestiegene Unheilsame nicht aufsteigen zu lassen usw .(d. i. das aufgestiegene Unheilsame zu überwinden, das unaufgestiegene Heilsame zu erwecken, das aufgestiegene Heilsame zu erhalten), als Äußerung die Überwindung der verkehrten Anstrengung.

 

7. Bei dem sich also Anstrengenden aber gilt das mit dieser Anstrengung verbundene und die verkehrte Achtsamkeit abschüttelnde geistige Unverwirrtsein als die "Rechte Achtsamkeit" (sammā-sati). Diese hat als Merkmal das Gegenwärtighalten, als Wesen das Freisein von Gedankenlosigkeit (sammussana), als Äußerung die Überwindung der verkehrten Achtsamkeit.

 

8. Bei dem durch solche unübertroffene Achtsamkeit geistig Bewachten gilt die mit dieser Achtsamkeit verbundene und die verkehrte Sammlung zerstörende geistige Einspitzigkeit als die "Rechte Sammlung" (sammā-samādhi). Diese bat als Merkmal das Nichtzerstreutsein, als Wesen das Festigen, als Äußerung die Überwindung der verkehrten Sammlung.

 

Dies ist die Darlegungsweise des zur Leidenserlöschung führenden Pfades (*).

Auf diese Weise hat man hier die Erklärung zu verstehen mit Hinsicht auf die Feststellung der mit Geburt beginnenden Dinge.

 

 

(*) Über den achtfachen Pfad (magga) ist von berufener wie unberufener Seite viel geschrieben und geredet worden, in den meisten Fällen aber wurde der eigentliche Charakter des Pfades völlig mißverstanden. . .

 

Als erstes sei darauf hingewiesen, daß dieser sog. 'Pfad', genau genommen, überhaupt gar kein Pfad ist, d.h. ein Pfad auf dem man etappenweise vorwärts schreitet bis man nach sukzessiver Durchlaufung aller 8 Stationen schließlich am Ziele, dem Nirwahn, anlangt - eine Ansicht die man bei den meisten buddhistischen Autoren antrifft.

 

Wenn dem wirklich so wäre, dann müßte man eben als allererstes rechte Erkenntnis und Wahrheitsdurchschauung verwirklicht haben, bevor man daran denken könnte, rechte Gesinnung, rechte Rede usw. zu erreichen, und jedes frühere Pfadglied bildete für jedes spätere die notwendige Grundlage.

 

In Wirklichkeit aber werden die die Sittlichkeit (sīla) bildenden Glieder 3-5 als erstes zur Vollendung gebracht, dann die als Geistesschulung oder Sammlung (samādhi) geltenden Glieder 6-8, und zu allerletzt die das Wissen (paññā) ausmachenden 2 ersten Glieder. Der den übrigen Gliedern eine feste Stütze bietende wichtige Bestandteil ist allerdings die rechte Erkenntnis, die vom keimhaften Verständnis ab sich ganz allmählich bis zum höchsten Hellblick entwickelt und die unmittelbare Bedingung bildet zum Eintritt in die 4 überweltlichen Stufen der Heiligkeit und zur Verwirklichung des Nirwahns. Nur im Falle dieses überweltlichen Hellblicks (vipassanā) sind alle übrigen Glieder als bloße Symptome, Begleiterscheinungen oder Äußerungen der Erkenntnis zu werten.

 

Was den weltlichen Pfad aber anbetrifft, kann derselbe auch ohne das erste Glied, rechte Erkenntnis, aufsteigen. Übrigens sei hier gleichzeitig darauf hingewiesen, daß die Glieder nicht nur nicht aufeinander folgen, wie bereits angedeutet, sondern auch daß sie, wenigstens zum Teile, als untrennbar verbundene Geistesfaktoren in ein und demselben Bewußtseinszustande aufsteigen. So sind z.B. mit jedem karmisch-heilsamen (kusala) Bewußtseinszustande unter allen Umständen zum mindesten 4 Pfadglieder verbunden (s. Dhs. § 147; vgl. auch M.117 u. "W.d.B.", Rechte Erkenntnis usw.), nämlich 2, 6, 7, 8. Rechte Erkenntnis ist also durchaus nicht immer anwesend. Sobald eines von diesen 4 Pfadgliedern aufsteigt, steigen auch die 3 anderen auf." (B.Wtb.: magga).


(9.) Nach den Funktionen des Erkennens (ñāna-kicca):

 

- Auch mit Hinsicht auf die Funktionen des 'Erkennens der Wahrheiten' (sacca-ñāna) sollte man die Erklärung verstehen. Von zweierlei Art nämlich ist die Erkenntnis der Wahrheiten: verstehende Erkenntnis (anubodha-ñāna) und durchdringende Erkenntnis (pativedha-ñāna).

(Zu diesen diesen beiden Bezeichnungen vergleiche den Ausspruch S.56.21 u. A.IV.1: "Durch das Nichtverstehen (an-anubodha) und Nichtdurchdringen (a-ppativedha) von 4 Dingen (der 4 Wahrheiten), ihr Mönche, haben sowohl ich als auch ihr diese lange Zeiten die Geburten durchlaufen, die Geburten durcheilt usw.")

 

Unter diesen ist die, verstehende Erkenntnis' (anubodha-ñāna) weltlich (lokiya) und entsteht mit Hinsicht auf die Leidenserlöschung und den Pfad auf Grund von Hörensagen usw.

 

Die 'durchdringende Erkenntnis' (pativedha-ñāna) aber ist überweltlich (lokuttara); die Leidenserlöschung als Objekt habend durchdringt sie, auf Grund ihrer Funktion, die vier Wahrheiten, wie es heißt (S.46.30):

 

"Wer, ihr Mönche, das Leiden erkennt, der erkennt auch die Entstehung des Leidens, erkennt auch die Erlöschung des Leidens, erkennt auch den zur Leidenserlöschung führenden Pfad."

In dieser Weise hat man dies alles anzuführen. Diese Funktion der Erkenntnis aber wird bei Darstellung der 'Reinheit des Erkenntnisblickes' (XXII) klar werden.

 

Was da aber die weltliche Erkenntnis anbetrifft, so vertreibt die Erkenntnis des Leidens die durch Befangensein in Vorurteilen bedingte 'Persönlichkeitsansicht' (sakkāya-ditthi); die Erkenntnis der Leidensentstehung aber vertreibt die 'Vernichtungsansicht' (uccheda-ditthi), die Erkenntnis der Leidenserlöschung die 'Ewigkeitsansicht' (sassata-ditthi), und die Erkenntnis des Pfades die 'Ansicht von der Wirkungslosigkeit der Taten' (akiriya-ditthi). Oder, die Erkenntnis des Leidens vertreibt die verkehrte Auffassung von der Wirkung, d. i. die Auffassung, daß die ohne Beständigkeit, Lieblichkeit, Glück und Persönlichkeit seienden Daseinsgruppen etwas Beständiges, Liebliches, Glück und die Persönlichkeit seien. Die Erkenntnis der Leidensentstehung vertreibt das Mißverstehen von der Ursache, d. i. die falsche Annahme von etwas als Grund, was kein Grund ist, z. B. daß aus dem Schöpfer oder dem Urstoff ('padhāna' skr. 'pradhāna', die Natur im chaotischen Zustande, der höchste Gott, die Weltseele) oder der Zeit (*) oder der Natur die Welt hervorgegangen sei. Die Erkenntnis der Leidenserlöschung vertreibt die verkehrte Auffassung von der Erlöschung, d. i. die Ansicht, daß in der Unkörperlichen Welt (wie bei Kalama und Uddaka-Ramaputta) oder in den höchsten Himmeln (wie bei den Niganthern) oder anderswie (z. B. durch Stillestehen des Urstoffes, wie bei den Anhängern des Kapila) die Erlösung zu finden sei. Die Erkenntnis des Pfades vertreibt die verkehrte Auffassung hinsichtlich der Mittel, d. i. die Annahme von etwas als Reinheitspfad, was keiner ist, wie z. B. die Hingabe an sinnliche Freuden oder an Selbstquälerei. Daher heißt es:

 
 

 

Dies nun gilt als die Erklärung mit Hinsicht auf die Funktion der Erkenntnis.

 

 

(*) Zu dieser Auffassung führt der Kom. die Stelle an:


(10.) Nach Einteilung der Inhalte:

 

(I) In der Wahrheit vom Leiden sind alle Dinge eingeschlossen, mit Ausnahme des Begehrens (tanhā) und der den üblen Trieben nicht ausgesetzten Dinge (d.s. die 4 überweltlichen Pfad- und Fruchtmomente).

 

(II) In der Wahrheit von der Leidensentstehung sind 36 Begehrensbahnen eingeschlossen (Vibh.XVII,p.392-400).

 

(III) Die Wahrheit von der Leidenserlöschung ist unvermengt.

 

(IV) In der Wahrheit vom Pfade ist:

 

(1) unter dem Gesichtspunkte "Rechte Erkenntnis" (sammā-ditthi) die als Machtfährte geltende Erwägung (vīmams-iddhipāda) eingeschlossen, fernerhin Einsichtsfähigkeit, Einsichtskraft und die als Erleuchtungsglied geltende Wahrheitserforschung (dhamma-vicaya-samboj-jhanga) (Dhs.§297).

 

(2) In dem Begriffe 'Rechte Gesinnung' (sammā-sankappa) sind 3 Gedanken eingeschlossen, nämlich: entsagender Gedanke (nekkhamma-sankappa), haßloser Gedanke (avyāpāda), friedfertiger Gedanke (avihimsā).

 

(3) In dem Begriffe 'Rechte Rede'(sammā-vācā) sind 4 Arten des rechten Benehmens in Worten eingeschlossen (Abstehen von Lüge, Nachrede, roher Rede und leerem Plappern);

 

(4) in dem Begriffe 'Rechte Tat' (sammā-kammanta) 3 Arten des rechten Wandels (Abstehen von Töten, Stehlen und Geschlechtsvergehen);

 

(5) in dem Leitwort Rechter Lebenserwerb' (sammā-ājīva) Bedürfnislosigkeit und Genügsamkeit. Da nun aber alle diese Dinge wie rechte Rede, rechte Tat und rechter Lebenserwerb von den Edlen als Sittlichkeit geschätzt werden und die von den Edlen geschätzte Sittlichkeit von der Hand des Vertrauens festgehalten werden muß, und die Anwesenheit der letzteren eine Tatsache ist, so ist auch Vertrauensfähigkeit und Vertrauenskraft hier eingeschlossen.

 

(6) In dem Begriff 'Rechte Anstrengung'(sammā-vāyāma) sind die 4 rechten Anstrengungen (sammāppadhāna; s. A.IV.13 f) und die als Fähigkeit, Kraft und Erleuchtungsglied geltende Willenskraft (Dhs.§302) eingeschlossen.

 

(7) In dem Begriff 'Rechte Achtsamkeit' (sammā-sati) sind die 4 Grundlagen der Achtsamkeit (satipatthāna) sowie die als Fähigkeit, Kraft und Erleuchtungsglied geltende Achtsamkeit eingeschlossen (ib.303).

 

(8) In dem Begriff,Rechte Sammlung'(sammā-samādhi) sind die drei Arten der Sammlung eingeschlossen, d.i. die mit Gedankenfassung und Diskursivem Denken verbundene Sammlung die bloß mit Diskursivem Denken verbundene Sammlung der zweiten Vertiefung und die von Gedankenfassung und Diskursivem Denken freie Sammlung der übrigen Vertiefungen; ferner die Geistessammlung, die als Fähigkeit und Kraft geltende Sammlung (ib. 304) und die Erleuchtungsglieder Verzückung, Gestilltheit, Sammlung und Gleichmut.

Auf diese Weise ist die Erklärung mit Hinsicht auf die Einteilung der Inhalte zu verstehen.


 (11.) Nach Gleichnissen:

 

- "Als Bürde hat man die Leidenswahrheit zu betrachten, als das Aufsichnehmen der Bürde die Wahrheit von der Leidensentstehung, als das Niederlegen der Bürde die Wahrheit von der Leidenserlöschung, als das Mittel zum Niederlegen der Bürde die Wahrheit vom Pfade" (S.22.22). - Wie eine Krankheit hat man die Leidenswahrheit zu betrachten, wie die Ursache der Krankheit die Wahrheit von der Leidensentstehung, wie die Heilung der Krankheit die Wahrheit von der Leidenserlöschung, wie die Arznei die Wahrheit vom Pfade.

 

- Oder, mit dem Nahrungsmangel möge man die Leidenswahrheit vergleichen, mit dem Regenmangel die Wahrheit von der Leidenentstehung, mit der Nahrungsfülle die Wahrheit von der Leidenserlöschung, mit der Regenfülle die Wahrheit vom Pfade.

 

Ferner mögen auch die folgenden Dinge zum Vergleiche herangezogen werden, nämlich: die Feindschaft, ihre Wurzel, ihre Ausrottung und das Mittel zu ihrer Ausrottung; ein Giftbaum, seine Wurzel, seine Enttwurzelung und das Mittel zu seiner Entwurzelung; die Gefahr, ihre Ursache, die Gefahrlosigkeit und der Weg zu ihrer Erreichung; das dieseitige Ufer, der große Strom, das jenseitige Ufer und die Anstrengung, um dorthin zu gelangen.

 

Auf diese Weise hat man die Erklärung mit Hinsicht auf die Gleichnisse zu verstehen.


(12.) Mit Hinsicht auf die Vierergruppe:

 

- Es gibt Leiden, das keine edle Wahrheit ist. Es gibt edle Wahrheit, die kein Leiden ist. Es gibt etwas, das sowohl Leiden ist als auch edle Wahrheit. Es gibt etwas, das weder Leiden ist noch edle Wahrheit. Dieselbe Erklärung gilt auch für die Entstehung usw.

 

Hierunter nun gelten die mit dem edlen Pfade verbundenen Dinge und die Früchte des Heiligen Wandels (sāmañña-phala) zwar im Sinne von 'Leiden als Daseinsgebilde' als Leiden, aber sie gelten nicht als edle Wahrheit, wie es heißt (S.22.32): "Was vergänglich ist, das ist Leiden".

 

Die Leidenserlöschung ist eine edle Wahrheit, aber kein Leiden.

 

Die beiden übrigen Wahrheiten (2. und 4te) aber mögen Leiden sein im Sinne von Vergänglichkeit, nicht aber in jenem höchsten Sinne, zu dessen Durchdringung man unter dem Erhabenen den Heiligen Wandel führt. In jeder Hinsicht aber sind, das Begehren (als 2te Wahrheit) ausgenommen, die 5 Anhaftungsgruppen sowohl Leiden als auch edle Wahrheit. Die mit dem Pfade verbundenen Dinge und die Früchte des Heiligen Lebens, zu deren Durchdringung man unter dem Erhabenen den Heiligen Wandel führt, die sind in diesem Sinne weder Leiden noch edle Wahrheit.

 

Auch die Leideinsentstehung usw. hat man in richtiger Weise zu verbinden und so die Erklärung mit Hinsicht auf die Vierergruppe zu verstehen.

 

(Obige Methode der Begriffsfestlegung erinnert stark an das in Yam. übliche Verfahren.)


(13.) Mit Hinsicht auf die Leerheit (suññatā):

 

- Im höchsten Sinne hat man alle vier Wahrheiten als leer zu betrachten, und zwar weil es da:
 

Darum heißt es:
 

 

Oder, leer von (d.i. unverbunden mit) der Leidenserlöschung (III) sind drei Wahrheiten (I. II. IV.), und die Leidenserlöschung ist leer von diesen drei Wahrheiten. - Oder leer vom Ergebnisse (I. III.) ist die Enstehungsbedingung (II.IV.), insofern in der Leidensentstehung das Leiden (Ergebnis) fehlt und in dem Pfade die Leidenserlöschung; nicht hat nämlich die Entstehungsbedingung (hetu) mit dem Ergebnisse einen gemeinsamen Schoß, etwa wie es bei dem Urstoffe (pakati) der Urstofflehrer der Fall ist. - Und leer ist das Ergebnis (I.III.) von der Entstehungsbedingung (II.IV.), insofern eben das Leiden (Ergebnis) nicht mit der Leidensentstehung, und die Leidenserlöschung nicht mit dem Pfade verbunden ist; nicht sind nämlich Ergebnis und Entstehungsbedingung miteinander verbunden, wie etwa 2 Atome usw. gemäß den Lehren solchen Vorhandenseins. Darum heißt es:

 


(14.) Nach Einfachsein und Mehrfachsein:

 

(I) Das ganze Leiden (Dasein) ist hinsichtlich seiner Entstehung von einer einzigen Art, zweifach als Geistigkeit (nāma) und Körperlichkeit (rūpa), dreifach mit Rücksicht darauf, ob es in der sinnlichen, feinkörperlichen oder unkörperlichen Welt entsteht, vierfach mit Hinsicht auf die Nährstoffe (stoffliche Nahrung, Bewußtseinseindruck, geistiger Wille, Bewußtsein), fünffach nach Einteilung in die 5 Anhaftungsgruppen.

 

(II) Auch die Leidensentstehung (Begehren) ist hinsichtlich ihrer Entstehung von einer einzigen Art, zweifach als mit oder ohne Ansichten verbunden (s. Tab. 22-29), dreifach als sinnliches Begehren, Daseinsbegehren und Selbstvernichtungsbegehren, vierfach als durch die 4 Pfade überwindbar, fünffach als das Entzücktsein über Sebobjekt usw., sechsfach als die 6 Begehrensgruppen.

 

(III) Auch die Leidenserlöschung (Nirwahn) ist hinsichtlich ihrer Natur als Unerschaffenes Element von einer einzigen Art, zweifach aber in einem relativen Sinne: mit einem Daseinsrest oder ohne einen Daseinsrest (*), dreifach als Stillung der 3 Daseinsarten, vierfach als durch die 4 Pfade erreichbar, fünffach als Stillung des fünffachen Entzückens (hinsichtlich der 5 Sinnenobjekte), sechsfach als Versiegung der sechs Begehrungsgruppen (hinsichtlich der 5 Sinnenobjekte und des Geistobjektes).

 

 

(*)'sa-upādisesa-nibbāna' und 'an-upādisesa-nibbāna'. Ersteres, auch 'kilesa-parinibbāna' oder 'Erlöschung der Leidenschaften genannt, wird erreicht beim Eintritt in die Heiligkeit; letzteres, auch 'khandha-parinibbāna' oder 'Erlöschung der Daseinsgruppen' genannt, wird erreicht beim Tode des Heiligen. - 'upādi', wörtl. 'das woran man haftet', ist eine Bezeichnung der 5 Daseinsgruppen. Vergl. B.Wtb.: nibbāna.

 

 

(IV) Auch der Pfad ist als das zu Entfaltende von einer einzigen Art, zweifach als Gemütsruhe (samatha; Stromeintritt) und Hellblick (vipassanā; die 3 höheren Pfade),ebenso als Erkennen (dassana) und Entfaltung (bhāvanā), dreifach als die 3 Gruppen (Sittlichkeit, Sammlung, Wissen). Dieser Pfad nämlich ist, insofern er spezifisch ist, genau wie eine Stadt in einem Königreiche, in drei umfassenden Gruppen eingeschlossen.

 

Wie es heißt (M.44):

"Nicht sind, Bruder, Visākha, die drei Gruppen in dem edlen achtfachen Pfade eingeschlossen, wohl aber ist der edle achtfache Pfad in den drei Gruppen eingeschlossen (Diese an sich äußerst leicht verständliche Stelle (M.44) wurde von K.E.Neumann völlig mißverstanden). Rechte Rede, rechte Tat und rechter Lebenserwerb, diese Dinge, Visakha, sind in der Sittlichkeitsgruppe (sīla-kkhanda) eingeschlossen (*). Rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit und rechte Sammlung: diese Dinge sind in der Sammlungsgruppe (samādhi-kkhandha) eingeschlossen. Rechte Erkenntnis und rechte Gesinnung, diese Dinge sind in der Wissensgruppe (paññā-kkhandha) eingeschlossen."

 

 

(*)Die Bezeichnung 'Sittlichkeitsgruppe' (sīla-kkhandha) wird gebraucht als Sammelname für sämtliche, selbst ganz äußerliche Sittenregeln. Daher also ist die in 4facher rechter Rede, 3facher rechter Tat und rechtem Lebenserwerb bestehende Sittlichkeit des achtfachen Pfades in der Sittlichkeitsgruppe eingeschlossen, und nicht umgekehrt. Entsprechend verhält es sich mit Sammlung und Wissen.

 

 

In diesem Ausspruche gelten die mit rechter Rede beginnenden drei Glieder (r. Rede, Tat, Lebenserwerb) als Sittlichkeit; darum sind sie, als von derselben Art, in der Sittlichkeitsgruppe eingeschlossen. Wenn auch im Texte die Erklärung 'sīla-kkhandhe ('in der' Sittlichkeitsgruppe) im Lokativ steht, so ist sie doch im Sinne des Instrumentals ('von' der Sittlichkeitsgruppe) zu verstehen.

 

Was die drei mit rechter Anstrengung beginnenden Glieder (r. Anstrengung, Achtsamkeit, Sammlung) aber anbetrifft, so ist die 'Sammlung' an sich nicht imstande, sich auf ein einziges Objekt zu heften. Da aber die 'Willenskraft' die Funktion des Festhaltens und die 'Achtsamkeit' die Funktion des Nichtschwindenlassens ausübt, so ist die Sammlung mit solcher Unterstützung wohl dazu imstande.

Hierzu folgendes Gleichnis:

 

Drei Freunde treten in einen Garten ein, um dort an einem Feste teilzunehmen. Beim Erblicken eines in voller Blüte stehenden Champak-baumes (*) streckt einer von ihnen die Hand aus, kann aber die Blüten nicht erreichen. Darauf bückt sich der zweite und bietet ihm den Rücken, trotzdem, jener aber auf seinen Rücken gestiegen ist, kann er doch vor Zittern die Blüten nicht abpflücken. Alsdann bietet ihm noch der dritte eine Schulter an; und auf des einen Rücken stehend und sich an der Schulter des anderen anlehnend, pflückt er Blüten, soviel braucht, schmückt sich damit und erfreut sich am Feste. In folgender Weise hat man diese Sache zu verstehen: Den drei gemeinsam in den Garten eingetretenen Freunden gleichen die mit rechter Anstrengung beginnenden und zusammen entstandenen drei Eigenschaften (Anstrengung, Achtsamkeit, Sammlung). Dem in voller Blüte stehenden Champak-baume gleicht das Objekt. Dem Freunde, der die Hand ausstreckt, die Blüten aber nicht erreichen kann, dem gleichet die 'Sammlung', insofern diese an sich nicht imstande ist, sich auf ein einziges Objekt zu heften. Dem Freunde, der gebückt steht und seinen Rücken anbietet, gleichet die 'Anstrengung'. Dem Freunde, der aufrecht steht und seine Schultern anbietet, gleichet die 'Achtsamkeit'. Wie nun jener Mann auf des einen Rücken stehend und sich an an die Schultern des anderen anlehnend nach Herzenslust die Blüten zu pflücken imstande ist, so auch ist, insofern die 'Tatktaft' (6.Glied) die Funktion des Festhaltens, und die 'Achtsamkeit' (7. Glied) die Funktion des Nichtschwindenlassens ausübt, mit solcher Unterstützung die 'Sammlung' (8.Glied) wohl dazu imstande, sich auf ein einziges Objekt zu heften. Somit ist die Sammlung in der Sammlungsgruppe eingeschlossen, weil sie eben von derselben Art ist; Anstrengung und Achtsamkeit aber sind darin eingeschlossen wegen ihrer Funktionen.

 

 

(*) Der Campak-Baum, sinh. 'sapu', ist ein mächtiger Baum, der gutes Bauholz liefert und wohlriechende weiße oder gelbe Blüten trägt, die in Ceylon täglich vor dem Buddhabilde dargebracht werden.

 

 

Auch was die rechte Erkenntnis (sammā-ditthi) und rechte Gesinnung (sammā-sankappa) anbetrifft, so ist die 'Einsicht' (1. Glied) an sich nicht imstande ein Objekt als vergänglich, elend und unpersönlich festzustellen. Insofern aber das 'Gedankenfassen' (2. Glied) durch wiederholtes Einwirken eine Unterstützung bietet, ist die Einsicht dazu wohl imstande. Und in welcher Weise? Gleichwie ein Geldwechsler, trotzdem er die auf die Hand gelegte' Münze an allen Stellen zu betrachten wünscht, er sie dennoch mit der bloßen Augenoberfäche nicht umdrehen kann, sondern sie vermittels der Fingergelenke hin und her drehen muß, um sie von allen Seiten betrachten zu können: genau so ist die 'Einsicht' an sich nicht imstande ein Objekt als vergänglich, elend und unpersönlich festzustellen; wohl aber kann sie jedes aufgegriffene und dargebotene Objekt feststellen, wenn das durch Festigen sich kennzeichnende 'Gedankenfassen' es gewissermaßen unter wiederholtem Festnageln bearbeitet und hin und her dreht. So ist auch hier nur die rechte Erkenntnis, als dieselbe Art besitzend, in der Weisheitsgruppe eingeschlossen; rechte Gesinnung aber ist eingeschlossen wegen ihrer (unterstützenden) Tätigkeit.

 

Auf diese Weise ist der Pfad in diesen drei Gruppen eingeschlossen. Darum wurde gesagt, daß der Pfad dreifach ist mit Rücksicht auf die drei Gruppen. Vierfach ist der Pfad mit Rücksicht auf die vier (überweltlichen) Pfade, wie den des Stromeingetretenen usw.

 

Weiterhin sind alle vier Wahrheiten von einer einzigen Art, insofern sie untrüglich oder insofern sie erkennbar sind. Zweifach sind sie als weltlich (I.II.) und überweltlich (III. IV.), oder als erschaffen (I.II.IV.) und unerschaffen (III). Dreifach sind sie als: durch Erkennen (dassana) zu überwinden (I), durch Entfaltung (bhāvanā) zu überwinden (II), nicht zu überwinden (III. IV). Vierfach sind sie als: zu durchdringen (I), zu überwinden (II), zu verwirklichen (III), zu entfalten (IV).


(15.) Nach Ähnlichkeit und Unähnlichkeit:

 

- Alle vier Wahrheiten sind sich einander ähnlich, insofern sie nicht verkehrt sind, leer sind von Persönlichkeit und schwer zu durchdringen. Wie es heißt (S.56.45):

 

"Was meinst du, Ananda, was ist wohl schwerer auszuführen und zu erreichen: daß ein Mann aus der Ferne Pfeil um Pfeil durch ein enges Schlüsselloch schießt ohne zu fehlen, oder daß er mit der Spitze eines hundertfach gespaltenen Haares die Spitze eines entsprechenden Haares durchdringt ?" - Schwerer ist es, o Ehrwürdiger, schwerer zu erreichen, daß jener Mann mit der Spitze eines hundertfach gespaltenen Haares die Spitze eines entsprechenden Haares durchdringt." - "Noch schwerer zu Durchdringendes aber, Ananda, durchdringen jene, die der Wirklichkeit gemäß die Wahrheiten durchdringen: 'Dies ist das Leiden, dies ist die Leidensentstehung, dies ist die Leidenserlöschung, dies ist der zur Leidenserlöschung führende Pfad'."

Unähnlich sind sich die vier Wahrheiten, insofern sie nach ihren eigenen Merkmalen festzustellen sind.

 

Ähnlich sind sich die beiden ersten Wahrheiten, insofern sie auf Grund ihrer schweren Durchdringbarkeit tiefgründig sind, und insofern sie weltlich und mit üblen Trieben verknüpft sind. Unähnlich aber sind sie sich als Wirkung (I) und Ursache (II), und insofern sie zu durchschauen (I) oder zu überwinden (II) sind.

 

Ähnlich sind sich die beiden letzten Wahrheiten, insofern sie wegen ihrer Tiefgründigkeit schwer zu durchdringen sind, oder insofern sie überweltlich und nicht mit üblen Trieben verknüpft sind. Unähnlich aber sind sie sich, insofern die eine (III) das Objekt ist, die andere (IV) aber diese als Objekt hat; oder insofern die eine (III) zu verwirklichen, die andere (IV) zu entfalten ist.

 

Ähnlich sind sich die erste und dritte Wahrheit, insofern sie ein Ergebnis bezeichnen, unähnlich insofern sie etwas Erschaffenes (I) oder etwas Unerschaffenes (III) sind.

 

Ähnlich sind sich die zweite und vierte Wahnheit, insofern sie etwas Erschaffenes sind, unähnlich als äußerst unheilsam (II) oder äußerst heilsam (IV).

 

Ähnlich sind sich die erste und vierte Wahrheit, insofern sie etwas Erschaffenes sind, unähnlich als weltlich (I) oder überweltlich (IV).

 

Ähnlich sind sich die zweite und dritte Wahrheit, insofern sie weder dem Gebiete des Schulungbelissenen (sekha) noch dem des Schulungentronnenen (asekha) angehören, unähnlich, insofern sie mit einem Objekte verbunden (II) oder nicht verbunden (III) sind.

 

 

Hier endet des zur Beglückung guter Menschen abgefaßten "Weges zur Reinheit" 16.Teil: die auf die Entfaltung des Wissens sich beziehende Darstellung der Fähigkeiten und Wahrheiten.


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