Visuddhi Magga XIV

Erklärung der 5 Daseinsgruppen mit Hinsicht auf Vergangenheit usw.

 

Obiges ist vorerst die im Abhidhamma im Sinne einer Begriffserklärung gegebene ausführliche Besprechung. Der Erhabene aber hat die Daseinsgruppen in folgender Weise zerlegt (Vibh. I): "Was immer es an Körperlichkeit gibt, ob vergangen, zukünftig, gegenwärtig, eigen oder fremd, grob oder subtil, gemein oder edel, fern oder nahe, das alles zu einer Gruppe zusammengenommen, zusammengefaßt, gilt als die Körperlichkeitsgruppe. Was immer es an Gefühl gibt .... an Wahrnehmung .... an Geistesformationen .... an Bewußtsein .... das alles zu einer einzigen Gruppe zusammengenommen, zusammengefaßt, gilt als die Bewußtseinsgruppe."

 

In diesem Ausspruche ist der Ausdruck 'was immer' allumfassend, und der Ausdruck 'Körperlichkeit' verhindert zu weite Anwendung. So also wird schon in diesen zwei Worten die Körperlichkeit restlos zusammengefaßt. Darauf beginnt die Erklärung mit Hinsicht auf Vergangenheit usw., denn die Körperlichkeit zerfällt teils in zukünftige, teils in gegenwärtige usw. Die entsprechende Erklärung gilt auch für das Gefühl und die übrigen Gruppen.

 

 

Körperlichkeit

 

Hierunter nun gilt die Körperlichkeit in vierfacher Beziehung als der Vergangenheit angehörig, nämlich: mit Hinsicht auf Lebenszeit, Kontinuität, Gelegenheit und Augenblick. Genau so verhält es sich mit der zukünftigen und der gegenwärtigen Körperlichkeit.

 

Hierbei gilt 'hinsichtlich der Lebenszeit' als vergangen diejenige Körperlichkeit, die vor der Geburt eines Wesens in irgend einem Dasein bestanden hat, als zukünftig die nach dem Abscheiden bestehende, als gegenwärtig die dazwischen bestehende.

 

'Hinsichtlich der Kontinuität' gilt als gegenwärtig die durch gleiche gemeinsame Temperatur und Nahrung entstandene und zusammenhängend fortbestehende Körperlichkeit, als vergangen die durch davon verschiedene Temperatur und Nahrung vorher entstandene Körperlichkeit, als zukünftig die danach entstehende Körperlichkeit. Die mit ein und demselben Bewußtseinsprozeß, denselben Impulsivmomenten und demselben Erreichungszustande entstandene 'geistgezeugte' (citta-ja) Körperlichkeit gilt als gegenwärtig, die davor entstandene als vergangen, die danach entstehende als zukünftig. Für die 'karma-entstandene' (kamma-ja) Körperlichkeit gibt es mit Hinsicht auf Kontinuität keine getrennte Einteilung als vergangen usw. Bloß im Sinne einer Stütze für die durch Temperatur, Nahrung und Geist entstandenen Dinge ist ihre Vergangenheit usw. zu verstehen.

 

'Hinsichtlich der Gelegenheit' gilt als gegenwärtig diejenige Körperlichkeit, die während solcher oder solcher von den Zeitbestimmungen, wie Weile, Abend, Morgen; Nacht, Tag usw., als etwas Dauerndes fortbesteht. Als vergangen gilt die davor bestanden habende, als zukünftig die danach bestehende.

 

'Hinsichtlich des Bewußtseinsaugenblickes' gilt als gegenwärtig die in den 3 Augenblicken des Entstehens, Beharrens und Schwindens eingeschlossene Körperlichkeit; vorher gilt diese als zukünftig, nachher als vergangen. Ferner gilt diejenige Körperlichkeit, bei der die Funktion der (wiedergeburterzeugenden) Wurzelursachen und Abhängigkeitsbedingungen abgeschnitten ist, als vergangen; diejenige, bei der die Funktion der Wurzelursache beendet ist, aber unbeendet die Funktion der Abhängigkeitsbedingungen, diese gilt als gegenwärtig; diejenige aber, bei der beide Funktionen noch nicht eingetreten sind, gilt als zukünftig. Oder, in dem Augenblick, wo die Körperlichkeit ihre eigene Funktion verrichtet, gehört sie der Gegenwart an, davor der Zukunft, danach der Vergangenheit.

 

(Hier ist offenbar die durch einen Bewußtseinszustand bedingte und gleichzeitig damit entstandene, sog. geist-gezeugte Körperlichkeit gemeint, d.i. körperliche oder sprachliche Äußerung usw.)

 

Hierbei aber hat nur die Erklärung mit Hinsicht auf Augenblick usw. absolute Gültigkeit, die übrige aber bloß eine relative.

 

Die Einteilung in 'eigen' und 'fremd' ist von der oben beschriebenen Art. Hier aber hat man auch das der eigenen Person Angehörende als 'eigen' zu betrachten, das den anderen Angehörende als 'fremd'.

Die Einteilung in 'grob' und 'subtil' folgt der besagten Erklärung.

Die Einteilung in 'gemein' und 'edel' geschieht in zweifacher Art: im relativen und im absoluten Sinne. Z.B. gilt da im Vergleich mit der Körperlichkeit der Hehren Götter die der 'Klarsichtbaren Götter' als gemein, diese letztere aber als edel verglichen mit der Körperlichkeit der 'Klarsichtigen Götter'. Auf diese Weise hat man bis hinab zur Körperlichkeit der Höllenwesen das Gemein- und Edelsein im relativen Sinne zu verstehen. Im absoluten Sinne aber gilt alle Körperlichkeit, wo immer sie als die Wirkung unheilsamen Karmas auftritt, als gemein, und wo immer sie als die Wirkung heilsamen Karmas auftritt, als edel.

,Fern' und 'nahe' sind gleichfalls von der erwähnten Art. Überdies hat man auch hier jedesmal mit Beziehung auf einen bestimmten Gegenstand das Fern- und Nahesein zu verstehen.

Der Ausdruck 'zu einer Gruppe zusammengenommen, zusammengefaßt', bedeutet: wenn man all jene durch die Worte wie 'vergangen' usw. einzeln bezeichnete Körperlichkeit nach ihrer durch das Bedrücken (ruppana) gekennzeichneten Gleichartigkeit voll Einsicht zusammengruppiert, so gilt dies alles als die Körperlichkeitsgruppe. Das ist hier der Sinn.

Hier nun wird gezeigt, daß alle Körperlichkeit, wenn sie mit Hinsicht auf das Merkmal des Bedrücktwerdens zusammengefaßt wird, als die Körperlichkeit gilt. Nicht gibt es nämlich neben der Körperlichkeit noch eine Körperlichkeitsgruppe.

Und wie es mit der Körperlichkeit ist, so ist es auch mit der Gruppierung der Gefühle und der übrigen geistigen Dinge nach dem Merkmal des Fühlens usw. Denn nicht gibt es neben dem Gefühle noch eine Gefühlsgruppe usw.

 

 

Gefühl

 

Was die Einteilung der Gefühle in 'vergangene' usw. anbetrifft, so soll man Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft mit Hinsicht auf Kontinuität, Augenblick usw. verstehen.

 

'Hinsichtlich der Kontinuität' gilt dabei dasjenige Gefühl als gegenwärtig, das in dem gleichen Bewußtseinsprozesse, den gleichen Impulsivmomenten oder dem gleichen Erreichungszustande eingeschlossen und mit dem gleichen Prozesse und Objekte verbunden ist.

 

'Hinsichtlich des Augenblicks' gilt als gegenwärtig dasjenige Gefühl, das in den 3 Augenblicken (des Entstehens, Beharrens und Schwindens) eingeschlossen ist und, zwischen dem früheren und späteren Momente befindlich, seine Funktion erfüllt. Das vorher bestehende Gefühl gilt als vergangen, das nachher bestehende als zukünftig.

Die Einteilung in 'eigen' und 'fremd' ist mit Beziehung auf die eigene Persönlichkeit zu verstehen.

Die Einteilung in 'grob' und 'subtil' ist zu verstehen mit Hinsicht auf Qualität, Natur, Person, Weltlichkeit und Überweltlichkeit, gemäß der in Vibh. (I) gegebenen Erklärung: "Die karmisch-unheilsamen Gefühle gelten als grob, die heilsamen und neutralen aber als subtil."

 

Weil da das unheilsame Gefühl die Wurzelbedingung zu den verwerflichen Handlungen bildet, die Glut der befleckenden Leidenschaften anfacht und von unruhiger Art ist, gilt es 'hinsichtlich der Qualität' als grob, verglichen mit dem heilsamen Gefühle. Und weil es von Mühe, Anstrengung und Folgen begleitet ist und die Glut der befleckenden Leidenschaften anfacht und verwerflich ist, darum gilt es, verglichen mit dem karmagewirkten neutralen Gefühle, als grob. Weil es von Folgen begleitet ist, die Glut der befleckenden Leidenschaften anfacht und beunruhigend und verwerflich ist, darum gilt es, verglichen mit dem funktionellen neutralen Gefühle, als grob. Umgekehrt aber gelten das heilsame und das neutrale Gefühl als subtil, verglichen mit dem unheilsamen Gefühle.

 

Das heilsame und das unheilsame Gefühl gelten beide, weil sie mit Mühe, Anstrengung und Folgen verbunden sind, verglichen mit den beiden (durch heilsames bzw. unheilsames Karma gewirkten) neutralen Gefühlen verglichen, in entsprechender Weise als grob. Umgekehrt gelten auch die beiden karmisch-neutralen Gefühle im Vergleiche mit jenen als subtil. Auf diese Weise hat man das Grobsein und Subtilsein mit Hinsicht auf ihre Qualität zu verstehen.

 

Da die leidvollen Gefühle freudlos sind, plötzlich aufspringen, beunruhigend, erregend und niederdrückend sind, so gelten sie 'ihrer Natur nach', verglichen mit den beiden anderen Gefühlen, als grob. Da diese beiden anderen aber gestillt, edel und angenehm sind und die Mitte halten, darum gelten sie, verglichen mit dem leidvollen Gefühle, in entsprechender Weise als subtil. Freudvolles und leidvolles Gefühl aber gelten beide, da sie plötzlich aufspringen, erregend und gewöhnlich sind, mit dem freudlos-leidlosen Gefühle verglichen, als grob. Umgekehrt gilt dieses GefühL, mit den beiden anderen verglichen, als subtil. Auf diese Weise ist das Grobsein und Subtilsein der Gefühle mit Hinsicht auf ihre Natur zu verstehen.

 

'Mit Hinsicht auf die Person' aber gilt das Gefühl des Nichtvertieften, weil es eben durch vielerlei Objekte zersplittert ist, mit dem Gefühle des Vertieften verglichen, als grob. Umgekehrt gilt das letztere Gefühl als subtil. Auf diese Weise ist mit Hinsicht auf die Person das Grobsein und Subtilsein zu verstehen.

 

'Mit Hinsicht auf Weltlichkeit und Überweltlichkeit' aber gilt das den Trieben ausgesetzte (sāsava) Gefühl als weltlich. Weil dieses nun einen Anlaß zur Entstehung der Triebe bildet, den Fluten, Fesseln, Verstrickungen, Hemmungen und Anhaftungen ausgesetzt, von befleckenden Leidenschaften begleitet und den Weltlingen eigen ist, darum gilt es als grob, verglichen mit dem triebfreien (anāsava) Gefühle. Umgekehrt gilt letzteres, mit dem den Trieben ausgesetzten Gefühle verglichen, als subtil. Auf diese Weise hat man mit Rücksicht auf Weltlichkeit und Überweltlichkeit das Grobsein und Subtilsein der Gefühle zu verstehen.

 

Hierbei nun möge man die Vermengung hinsichtlich der Qualität usw. vermeiden. Denn wenn auch z.B. das mit dem durch unheilsames Karma gewirkten Körperbewußtsein verbundene Gefühl infolge seiner karmischen Neutralität seiner Qualität nach subtil ist, so ist es dennoch seiner Natur nach (als leidvoll) grob. Es heißt nämlich (Vibh. I): "Das karmisch-neutrale Gefühl ist subtil, das leidvolle Gefühl grob. Das Gefühl des Vertieften ist subtil, das des Nichtvertieften grob. Das von Trieben freie Gefühl ist subtil, das den Trieben ausgesetzte Gefühl grob." Und wie das leidvolle Gefühl, so auch ist das freudvolle Gefühl usw. der Qualität nach grob, der Natur nach aber subtil. Darum soll man das Grobsein und Subtilsein der Gefühle so verstehen, daß es zu keiner Vermengung hinsichtlich der Qualität usw. komme. Wenn man nämlich bezüglich der Qualität sagt, das karmisch-neutrale Gefühl, verglichen mit dem heilsamen und unheilsamen Gefühle, ist subtil; so darf man nicht Fragen aufnehmen, welche sich auf die Einteilung nach der Natur usw. der Gefühle beziehen, wie: 'Wie nun ist das karmisch-neutrale Gefühl? Wie das leidvolle Gefühl? Wie das freudvolle? Wie das Gefühl des Vertieften? Wie des Nichtvertieften? Wie das den Trieben ausgesetzte? Wie das von Trieben freie?' Diese Erklärung gilt überall. Es heißt (Vibh. I): "Jedesmal mit Beziehung auf dieses und jenes Gefühl gilt ein Gefühl als grob oder subtil." Im Einklang mit diesen Worten ist von den unheilsamen und übrigen Gefühlen das haßbegleitete Gefühl grob, verglichen mit dem gierbegleiteten Gefühle, weil eben jenes wie ein Feuer die eigene Stütze (Herz) zerstört, und das gierbegleitete Gefühl ist (damit verglichen) subtil. Von den haßbegleiteten Gefühlen wiederum ist das konstante Gefühl grob, das inkonstante subtil. Auch von den äonenlang andauernden Gefühlen (in der Hölle) ist das konstante Gefühl grob, das inkonstante aber (damit verglichen) subtil. Auch von den äonenlang andauernden konstanten Gefühlen (in der Hölle) ist das unvorbereitete Gefühl grob, das, andere aber (damit verglichen) subtil. Ohne Unterschied aber sind von den unheilsamen Gefühlen die mit großer Karmawirkung grob, die mit kleiner Karmawirkung subtil; und von den heilsamen Gefühlen sind die mit kleiner Karmawirkung grob, die mit großer Karmawirkung subtil.

 

Weiterhin sind die heilsamen Gefühle der Sinnensphäre grob, die der Feinkörperlichen Sphäre subtil; noch mehr aber sind es die der Unkörperlichen Sphäre, noch mehr die Überweltlichen Gefühle. Die durch Almosengeben bedingten Gefühle der Sinnensphäre sind grob, die durch Sittlichkeit bedingten aber subtil; noch mehr aber sind es die durch Geistesentfaltung bedingten. Auch von den durch Geistesentfaltung bedingten Gefühlen sind die von 2 Wurzelbedingungen (Gierlosigkeit, Haßlosigkeit) begleiteten grob, die von 3 Wurzelbedingungen (Gierlosigkeit, Haßlosigkeit, Unverblendung) begleiteten subtil. Das Gefühl der ersten Vertiefung der Feinkörperlichen Sphäre ist grob .... das der fünften Vertiefung subtil. Auch in der Unkörperlichen Sphäre ist das mit dem Raumunendlichkeitsgebiet verbundene Gefühl grob, .... das mit dem Gebiet der Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmung verbundene Gefühl subtil. Von den überweltlichen Gefühlen ist das mit dem Pfade des Stromeintrittes verbundene Gefühl grob .... das mit dem Pfad der Arahatschaft verbundene Gefühl subtil. Diese Erklärung gilt auch für die karmagewirkten und funktionellen Gefühle auf dieser und jener Daseinsebene, als auch für jene Gefühle, die erwähnt wurden als 'leidvoll' usw., als Gefühle des Nichtvertieften usw.

 

'Mit Hinsicht auf den Ort' sind die leidvollen Gefühle in der Hölle grob, im Tierreiche aber subtil .... bei den 'über die Erzeugnisse Anderer verfügenden Geister' (paranimmita-vasavatti) subtil ; und genau wie die leidvollen Gefühle sind auch die subtilen Gefühle überall entsprechend anzuführen.

Auch 'mit Hinsicht auf das Objekt' sind alle Gefühle mit niedrigen Objekten grob, die mit erhabenen Objekten subtil. Dasjenige Gefühl, das bei Einteilung in ;niedrig' und 'erhaben' als grob gilt, hat man als 'niedrig' zu betrachten, und dasjenige, das als subtil gilt, als 'erhaben'.

'Fernsein' und 'Nahsein' aber werden in Vibhanga (I) so erklärt: "Ein karmisch-unheilsames Gefühl gilt als von einem heilsamen und neutralen Gefühle fern. Ein karmisch-unheilsames Gefühl gilt als einem karmisch-unheilsamen Gefühle nahe." Daher gilt das unheilsame Gefühl, weil es eben anders ist, keine Berührung und Ähnlichkeit damit hat, als fern von dem heilsamen und dem neutralen Gefühle. In gleicher Weise sind das heilsame und das neutrale Gefühl ferne von dem unheilsamen Gefühle. Die entsprechende Erklärung gilt überall. Ein unheilsames Gefühl aber ist, wegen seiner Gleichartigkeit und Ähnlichkeit damit, einem unheilsamen Gefühle nahe.

 

Hier endet die ausführliche Besprechung der Gefühlsgruppe mit Hinsicht auf Vergangenheit usw. Dieselbe Erklärung hat man auch genau so bei der mit diesem oder jenem Gefühle verbundenen Wahrnehmung und den übrigen Gruppen zu verstehen.


Vis. XIV. Einzelheiten über die 5 Daseinsgruppen

 

Hat man nun solches verstanden, so gilt mit Beziehung auf diese Dinge fernerhin:
 

Was da den Ausdruck 'nach Reihenfolge' betrifft, so gibt es da vielerlei Arten von Reihenfolgen:
 

 

(Die hier sich in Nebensächlichkeiten ergehenden Erklärungen dieser Dinge glaubte ich dem Leser ersparen zu müssen). Diese letztere kommt hier in Betracht. Wünschte nämlich der Erhabene einen Menschen, der aus Mangel an einer Einteilung der 5 Daseinsgruppen dem Ichwahne verfallen, aber doch belehrbar war, durch Hinweis auf die Zerlegbarkeit des (scheinbar) Kompakten bei den Gruppen vom Ichwahne zu befreien, so zeigte er aus Wohlwollen für diesen Menschen des leichteren Erfassens wegen als erstes:

 
Auf diese Weise hat man mit Hinsicht auf die Reihenfolge die Erklärungsmethode zu verstehen.

 
'Nach Unterschied' besagt: hinsichtlich des Unterschiedes zwischen den 'Gruppen' und den 'Anhaftungsgruppen'.

Worin besteht nun ihr Unterschied?

Von 'Gruppen' spricht man ganz allgemein. Als Anhaftungsgruppen (upādāna-kkhandha) aber werden sie bezeichnet, sofern sie den Trieben oder Anhaftungen noch ausgesetzt sind.

Wie es heißt (S.22.48):

"Die fünf Gruppen, ihr Mönche, will ich euch weisen, und die fünf Anhaftungsgruppen. So höret denn! Was aber, ihr Mönche, sind die fünf Gruppen?

Was immer ihr Mönche, es an Körperlichkeit gibt, ob vergangen, gegenwärtig oder zukünftig .... ob fern oder nahe, das, ihr Mönche, nennt man die Körperlichkeitsgruppe.
Was immer es an Gefühl gibt .... an Wahrnehmung .... an Geistesformationen .... an Bewußtsein .... ob fern oder nahe, das, ihr Mönche, nennt man die fünf Gruppen.

Was aber, ihr Mönche, sind die fünf 'Anhaftungsgruppen'?
Alle Körperlichkeit ihr Mönche, .... alles Gefühl .... alle Wahrnehmung .... alle Geistesformationen .... alles Bewußtsein .... das üble Triebe und Anhaftungen veranlaßt, das, ihr Mönche, nennt man die fünf Anhaftungsgruppen."

Wie es nun Gefühle usw. gibt, die keine üblen Triebe veranlassen, so trifft das nicht bei der Körperlichkeit zu. Insofern diese nämlich im Sinne des Anhäufens als Gruppe zu gelten hat, so wird sie unter den Gruppen aufgezählt; sofern sie aber im Sinne des Anhäufens als auch im Sinne des Veranlassens von üblen Trieben als Anhaftungsgruppe zu gelten hat, darum wird sie unter den Anhaftungsgruppen aufgezählt. Von den Gefühlen und den anderen Gruppen aber werden bloß die keine Triebe veranlassenden unter den Gruppen aufgezählt, und diejenigen, welche Triebe veranlassen, unter den Anhaftungsgruppen. Der Sinn ist hier so zu verstehen, daß die Anhaftungsgruppen die für das Anhaften die Objekte bildenden Gruppen sind. Hier jedoch sind alle diese Dinge, zusammengefaßt, als die Gruppen zu verstehen.

 
(Hiernach hätte man also nur die Daseinsgruppen des triebfreien Heiligen als 'khandha' (Gruppen) zu bezeichnen, die Daseinsgruppen aber aller Nichtheiligen als 'upādānakkhandha' (Anhaftungsgruppen). Die Körperlichkeitsgruppe wäre jedoch in jedem Falle als 'upādānakkhandha' zu bezeichnen, und zwar offenbar deshalb, weil selbst der Körper des treibfreien Heiligen noch ein Objekt des Haftens für andere Wesen bilden mag. - 'sāsava' darf genau genommen nicht mit 'triebverbunden' übersetzt werden, wie auch aus dem Kom. zu S.22.48 klar hervorgeht: ",sāsavan'ti āsavānam ārammana-bhāvena paccaya-bhūtam", d.i.: 'sāsava' (wörtl. 'mit Trieben') bedeutet soviel wie 'als Objekt eine Bedingung bildend für die Triebe')

 

 
'Als mehr nicht, auch nicht weniger' so heißt es. Warum aber hat der Erhabene gerade fünf Gruppen gelehrt, nicht mehr, und nicht weniger? Weil darin alles Gestaltete als zusammengehörig zu einem Ganzen zusammengefaßt ist und sie die äußerste Grenze bilden für eine Grundlage zur Wahnidee von einem 'Ich' (attā) oder einem 'dem Ich Zugehörigen' (attanīya), und weil sie auch alle übrigen Gruppen miteinschließen. Unter allen den mannigfachen gestalteten Dingen nämlich, die als zusammengehörig zusammengefaßt werden, gilt auf Grund der Zusammenfassung zu einem gemeinsamen Ganzen die Körperlichkeit als eine Gruppe, ebenso das Gefühl als eine Gruppe; und dieselbe Erklärung gilt auch für die übrigen Gruppen. Darum werden auf Grund der Zusammenfassung alles Gestalteten zu einem gemeinsamen Ganzen bloß fünf Gruppen gelehrt. Und diese fünf Gruppen bilden die äußerste Grenze für die Grundlagen zu der Wahnidee eines 'Ich' (attā) oder eines 'dem Ich Gehörigen' (attanīya).

Es heißt nämlich (S.22.150):

" Weil es da, ihr Mönche, die Körperlichkeit gibt, so entsteht, durch die Körperlichkeit bedingt und abhängig davon, die Ansicht: 'Das gehört mir, das bin ich, das ist meine Persönlichkeit'. Weil es da Gefühl .... Wahrnehmung .... Geistesformationen .... Bewußtsein gibt, so entsteht, durch Bewußtsein bedingt und abhängig davon, die Ansicht: 'Das gehört mir, das bin ich, das ist meine Persönlichkeit'."

Somit wurden bloß diese 5 Gruppen gelehrt, weil diese die äußerste Grenze bilden für die Grundlagen zu der Wahnidee von einem 'Ich' oder einem 'dem Ich Gehörigen'. Wenn da auch noch von 5 anderen Gruppen von Erscheinungen, wie Sittlichkeit, Geisteszucht, Wissen, Erlösung, Erkenntnisblick der Erlösung, die Rede ist, so sind doch diese, da sie in der Gruppe der Geistesformationen zusammengefaßt sind, auch in jenen 5 Gruppen eingeschlossen. Weil somit auch alle anderen Gruppen darin eingeschlossen sind, darum wurden bloß jene fünf gelehrt. In diesem Sinne hat man die Erklärung zu verstehen von dem Ausdrucke 'als mehr nicht, auch nicht weniger'.

 

'Nach Gleichnissen': Einem Krankenhause nämlich gleichet die Anhaftungsgruppe Körperlichkeit, weil diese eben als Grundlage, Sinnenpforte und Objekt den Aufenthaltsort bildet für die dem Kranken gleichende Anhaftungsgruppe Bewußtsein. Der Krankheit gleichet die Anhaftungsgruppe Gefühl, weil diese eben ein drückendes Leiden ist. Der Krankheitsentstehung gleichet die Anhaftungsgruppe Wahrnehmung, weil eben kraft der sinnlichen und anderen Wahrnehmungen das mit Gier usw. verbundene Gefühl entsteht. Der Ausübung unheilsamer Dinge gleichet die Anhaftungsgruppe der Geistesformationen, weil diese eben den Ursprung bildet für das der Krankheit gleichende Gefühl.

Gesagt wurde nämlich (s.S.22.79): "Das Gefühl gestaltet man zum Zwecke des Fühlens." Ebenso (Dhs. 556): "Dadurch daß man unheilsames Karma getan und angehäuft hat, ist als Wirkung (vipāka) das von Leidensgefühl begleitete Körperbewußtsein aufgestiegen." Dem Kranken gleichet die Anhaftungsgruppe Bewußtsein, weil eben dieses von dem einer Krankheit gleichenden Gefühle nicht frei ist.
 

Ferner lassen sich diese fünf Gruppen (der Reihe nach) auch vergleichen mit Kerker, Strafe, Verbrechen, Strafvollzieher und Verbrecher; ebenso mit Topf, Speise, Zukost, Speisemeister und Speisendem. Auf diese Weise hat man die Erklärungsweise mit Hinsicht auf die Gleichnisse zu verstehen.

 

'Nach zweifacher Betrachtungsweise' besagt: zusammengefaßt und einzelngenommen; so hat man in zweifacher Weise die Erklärung zu verstehen.

 

Zusammengefaßt nämlich hat man die 5 Anhaftungsgruppen nach der im Gleichnis von der Giftschlange (S.35.197) gegebenen Erklärung als Feind mit gezücktem Schwerte aufzufassen, nach der Sutte von der Bürde (ib. 22) als Bürde, nach dem Gespräch über den Fraß (ib. 79) als Fresser, nach der Yamaka-Sutte (ib. 85) als unbeständig, elend, unpersönlich, als zusammengesetzt, als Mörder.

 

Einzelngenommen aber hat man wie eine Schaumblase die Körperlichkeit zu betrachten, weil diese keinen Druck aushält; wie eine Wasserblase das Gefühl, weil dieses bloß für einen Augenblick befriedigt; wie eine Luftspiegelung die Wahrnehmung, weil diese einem etwas vorspiegelt; wie eine Pisangstaude die Geistesformationen, weil diese ohne einen festen Kern sind; wie ein Trugbild das Bewußtsein, weil dieses einem etwas vorgaukelt (s.S.20.95).

 

Im besonderen aber betrachte man selbst die edelste eigene Körperlichkeit als etwas Unreines, das Gefühl als etwas Elendes, da es nicht frei ist von den drei üblen Zuständen, die Wahrnehmung und die Geistesformationen als etwas Unpersönliches, da sie keine Gewalt über sich haben, das Bewußtsein als etwas Unbeständiges, da es dem Entstehen und Vergehen unterworfen ist.

 
 

"Auf daß das Ziel sich ihm erschließe" besagt: damit dem, der so, zusammengefaßt und einzelngenommen, auf diese zweifache Weise die Dinge schaut, sich das Ziel erschließe. Auch mag man die Erklärungsweise so verstehen: Während man die fünf Anhaftungsgruppen, zusammengefaßt, als einen Feind mit gezücktem Schwerte betrachtet, wird man durch die Gruppen nicht mehr niedergedrückt; und während man, einzeln genommen, die fünf Gruppen als Schaumball usw. betrachtet, gewahrt man in den wesenlosen Dingen keinen Kern.

 

Im besonderen aber: die eigene Körperlichkeit als unrein (asubha) betrachtend, durchdringt man die stoffliche Nahrung (kabalinkārāhāra), überwindet die verdrehte Auffassung vom Widerlichen als lieblich, durchkreuzt die sinnliche Flut, macht sich von der sinnlichen Fesselung los, wird vom sinnlichen Triebe nicht mehr berührt, zerreißt das körperliche Band der Habsucht, haftet nicht mehr an der Sinnlichkeit.

 

Das Gefühl als elend (dukkha) betrachtend, durchdringt man den als (geistige) Nahrung geltenden Bewußtseinseindruck (phassa), überwindet die verdrehte Auffassung vom Elend als Glück, durchkreuzt die Daseinsflut, macht sich von der Daseinsfesselung los, wird vom Daseinstriebe nicht mehr berührt, zerreißt die körperliche Fessel des Übelwollens, haftet nicht mehr an Regeln und Riten.

 

Wahrnehmung und Geistesformationen als unpersönlich (anattā) betrachtend, durchdringt man den als (geistige) Nahrung geltenden geistigen Willen (mano-sañcetanā), überwindet die verdrehte Auffassung von etwas Unpersönlichem als persönlich, durchkreuzt die Ansichtsflut, macht sich von der Ansichtsfesselung los, wird vom Ansichtstriebe nicht mehr berührt, zerreißt das körperliche Band des Glaubensfanatismus, haftet nicht mehr am Persönlichkeitsglauben.

 

Das Bewußtsein als vergänglich (anicca) betrachtend, durchdringt man das als (geistige) Nahrung geltende Bewußtsein (viññāna), überwindet die verdrehte Auffassung von etwas Vergänglichem als unvergänglich, durchkreuzt die Flut der Unwissenheit, macht sich von der Fesselung der Unwissenheit los, wird vom Triebe der Unwissenheit nicht mehr berührt, zerreißt das körperliche Band des Haftens an Regeln und Riten, haftet nicht mehr an Ansichten.

 

 

Hier endet des zur Beglückung guter Menschen abgefaßten "Weges zur Reinheit" 14. Teil: die zur Entfaltung des Wissens gehörende Darstellung der Gruppen.
 


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