Samyutta Nikaya

12. Nidāna-Samyutta - Von den Ursachen

31-40 Kalārakhattiya-Vagga - Vom Edelmann Kalāra

S.12.31. Geworden
S.12.32. Kalāra
S.12.33. Die Gegenstände des Wissens (1)
S.12.34. Die Gegenstände des Wissens (2)
S.12.35. Aus dem Nichtwissen als Ursache entstanden (1)
S.12.36. Aus dem Nichtwissen als Ursache entstanden (2)
S.12.37. Nicht euch gehörig
S.12.38. Das Denken (1)
S.12.39. Das Denken (2)
S.12.40. Das Denken (3)

S.12.31. Geworden

 

Der "Pārāyana" genannte Abschnitt, aus dem ein Vers zitiert wird, gehört dem Suttanipāta an und bildet hier den fünften und letzten Vagga. Die Ajitamānavapucchā "die Fragen des Brahmanen Ajita" umfassen die Verse 1032 bis 1039 der ganzen Sammlung. Der zitierte Vers ist Nr.1038. Er enthält die Frage nach der iriyā, der Lage, dem Charakter oder Wesen (der Komm. zum S., Siam-Ausg. II, 77.15 umschreibt den Begriff durch vutti, gocaravihāra, patipatti) 1. der samkhātadhammāse (Ko: "so werden die genannt, die den Dhamma erkannt, den Dh. erwogen, den Dh. vollkommen durchgeführt haben") und 2. der sekhā, die "hier" (d. h. in der Buddhagemeinschaft) noch auf dem Wege zur Vollendung begriffen sind, die noch auf einer der sieben Vorstufen stehen. Diese sind je die beiden Stufen (magga "Weg" und phala "Frucht, Erfolg") des sotāpanna, der in den Strom (der Erlösung) eingetreten ist, des sakadāgāmin, der nur noch einmal in ein irdisches Dasein eintreten wird, des anāgāmin, der nicht mehr in ein irdisches Dasein eintreten, sondern aus einer himmlischen Existenz unmittelbar in das Nirvana eingehen wird, und endlich die Unterstufe (magga) des arahant, des "Vollendeten". Die Oberstufe (phala) des Arahant ist der Erlösungszustand. Der Erlöste ist samkhātadhammo.

 

Das ganze Sutta beschäftigt sich mit den beiden Begriffen upādāna "Erfassen" (= āhāra "Nahrungsstoff", vergl. die Einl. zu Sutta 11) und bhava "Werden" (bhūta "geworden") der Kausalitätsreihe. Der Grundgedanke ist der: Alles Gewordene hat zur Voraussetzung das Erfassen eines Nahrungsstoffes, das Haften am Nahrungsstoff; ohne upādāna kein bhava. Hat der Strebende das erkannt, so wird er durch Aufhebung des upādāna, d. h. des Zusammenhanges mit der empirischen Welt, zur Erlösung gelangen, er ist anupādā vimutto, es fehlt das Substrat für eine neue Existenz.

 

1. Einstmals weilte der Erhabene in Sāvatthī.

 

2. Da nun redete der Erhabene den ehrwürdigen Sāriputta an: "So ist, Sāriputta, in dem Pārāyana-Abschnitt, in der Frage des Ajita gesagt:

 

Die da die Wahrheit erprobt haben,
(und) die vielen, die hier noch streben,
ihr Wesen als Kundiger
teile mir mit, mein Lieber, auf meine Frage

 

Wie ist nun, Sāriputta, von diesem kurz gefaßten Ausspruch der Sinn ausführlich zu verstehen?" Auf dieses Wort: hin schwieg der ehrwürdige Sāriputta.

 

3. Und zum zweiten Mal redete der Erhabene den ehrwürdigen Sāriputta an usw. usw. (= 2) ... Und zum zweiten Mal schwieg der ehrwürdige Sāriputta.

 

4. Und zum dritten Mal redete der Erhabene den ehrwürdigen Sāriputta an: "So ist, Sāriputta, in dem Pārāyana-Abschnitt, in der Frage des Ajita gesagt:

 

Die da die Wahrheit erprobt haben,
(und) die vielen, die hier noch streben,
ihr Wesen als Kundiger
teile mir mit, mein Lieber, auf meine Frage.

 

Wie ist nun, Sāriputta, von diesem kurz gefaßten Ausspruch der Sinn ausführlich zu verstehen?" Und zum dritten Mal schwieg der ehrwürdige Sāriputta (*f84).

 

5. " ,Dies ist geworden': siehst du das, Sāriputta? ,Dies ist geworden': siehst du das, Sāriputta?"

 

6. " ,Dies ist geworden': das, o Herr, sieht man durch richtige Erkenntnis der Wirklichkeit gemäß. ,Dies ist geworden': wenn man das durch richtige Erkenntnis der Wirklichkeit gemäß gesehen hat, dann ist man auf dem Wege zum Widerwillen gegen das Gewordene, zu seinem Verschwinden und zu seiner Aufhebung (*f85). - ,Es hat seine Entstehung durch seinen Nahrungsstoff': das sieht man in richtiger Erkenntnis der Wirklichkeit gemäß. ,Es hat seine Entstehung durch seinen Nahrungsstoff': wenn man das durch richtige Erkenntnis der Wirklichkeit gemäß gesehen hat, dann ist man auf dem Wege zum Widerwillen gegen das, was Entstehung durch einen Nahrungsstoff hat, zu seinem Verschwinden und zu Seiner Aufhebung. - ,Durch Aufhebung seines Nahrungsstoffes ist das, was geworden, dem Gesetz der Aufhebung unterworfen' (*f86): das sieht man durch richtige Erkenntnis der Wirklichkeit gemäß. ,Durch Aufhebung seines Nahrungsstoffes ist das, was geworden, dem Gesetz der Aufhebung unterworfen': wenn man das durch richtige Erkenntnis der Wirklichkeit gemäß gesehen hat, dann ist man auf dem Wege zum Widerwillen gegen das, was dem Gesetz der Aufhebung unterworfen ist, zu seinem Verschwinden und zu seiner Aufhebung.

Auf diese Weise nun, o Herr, ist man einer, der strebt.

 

7. Wie aber, Herr, wird man einer, der die Wahrheit erprobt hat? ,Dies ist geworden': das, o Herr, sieht man durch richtige Erkenntnis der Wirklichkeit gemäß. ,Dies ist geworden': wenn man das durch richtige Erkenntnis der Wirklichkeit gemäß gesehen hat, dann ist man infolge des Widerwillens gegen das Gewordene, infolge seines Verschwindens und seiner Aufhebung, durch Nichterfassen erlöst (*f87). - ,Es hat seine Entstehung durch seinen Nahrungsstoff': das sieht man durch richtige Erkenntnis der Wirklichkeit gemäß. ,Es hat seine Entstehung durch seinen Nahrungsstoff': wenn man das durch richtige Erkenntnis der Wirklichkeit gemäß gesehen hat, dann ist man infolge des Widerwillens gegen das, was Entstehung durch einen Nahrungsstoff hat, infolge seines Verschwindens und seiner Aufhebung, durch Nichterfassen erlöst. - ,Durch Aufhebung seines Nahrungsstoffes ist das, was geworden, dem Gesetz der Aufhebung unterworfen': das sieht man durch richtige Erkenntnis der Wirklichkeit gemäß. ,Durch Aufhebung seines Nahrungsstoffes ist das, was geworden, dem Gesetz der Aufhebung unterworfen': wenn man das durch richtige Erkenntnis der Wirklichkeit gemäß gesehen hat, dann ist man infolge des Widerwillens gegen das, was dem Gesetze der Aufhebung unterworfen ist, infolge seines Verschwindens und seiner Aufhebung durch Nichterfassen erlöst.

Auf diese Weise nun, o Herr, ist man einer, der die Wahrheit erprobt hat.

 

8. So also (ist) das, o Herr, (zu verstehen), was in dem Pārāyana-Abschnitt, in der Frage des Ajita gesagt ist:

 

Die da die Wahrheit erprobt haben,
(und) die vielen, die hier noch streben,
ihr Wesen als Kundiger
teile mir mit, mein Lieber, auf meine Frage.

 

Auf diese Weise also, o Herr, verstehe ich von diesem kurz gefaßten Ausspruch den Sinn ausführlich."

 

9. "Gut, gut, Sāriputta! ,Dies ist geworden': das, Sāriputta, sieht man durch richtige Erkenntnis der Wirklichkeit gemäß. ,Dies ist geworden': wenn man das durch richtige Erkenntnis der Wirklichkeit gemäß gesehen hat, dann ist man auf dem Wege zum Widerwillen gegen das Gewordene, zu seinem Verschwinden und zu seiner Aufhebung. - ,Es hat seine Entstehung durch seinen Nahrungsstoff': das sieht man durch richtige Erkenntnis der Wahrheit gemäß. ,Es hat seine Entstehung durch seinen Nahrungsstoff': wenn man das durch richtige Erkenntnis der Wirklichkeit gemäß gesehen hat, dann ist man auf dem Wege zum Widerwillen gegen das, was Entstehung durch einen Nahrungsstoff hat, zu seinem Verschwinden und zu seiner Aufhebung. - ,Durch Aufhebung seines Nahrungsstoffes ist das, was geworden, dem Gesetz der Aufhebung unterworfen': das sieht man durch richtige Erkenntnis der Wirklichkeit gemäß. ,Durch Aufhebung des Nahrungsstoffes ist das, was geworden, dem Gesetz der Aufhebung unterworfen': wenn man das durch richtige Erkenntnis der Wirklichkeit gemäß gesehen hat, dann ist man auf dem Wege zum Widerwillen gegen das, was dem Gesetz der Aufhebung unterworfen ist, zu seinem Verschwinden und zu seiner Aufhebung.

Auf diese Weise nun, Sāriputta, ist man einer, der strebt.

 

10. Wie aber, Sāriputta, wird man einer, der die Wahrheit erprobt hat? ,Dies ist geworden': das, Sāriputta, sieht man durch richtige Erkenntnis der Wirklichkeit gemäß. ,Dies ist geworden': wenn man das durch richtige Erkenntnis der Wirklichkeit gemäß gesehen hat, dann ist man infolge des Widerwillens gegen das Gewordene, infolge seines Verschwindens und seiner Aufhebung durch Nichterfassen erlöst. - ,Es hat seine Entstehung durch seinen Nahrungsstoff': das sieht man durch richtige Erkenntnis der Wirklichkeit gemäß. ,Es hat seine Entstehung durch seinen Nahrungsstoff': wenn man das durch richtige Erkenntnis der Wirklichkeit gemäß gesehen hat, dann ist man infolge des Widerwillens gegen das, was Entstehung durch einen Nahrungsstoff hat, infolge seines Verschwindens und seiner Aufhebung durch Nichterfassen erlöst. - ,Durch Aufhebung seines Nahrungsstoffes ist das, was geworden, dem Gesetz der Aufhebung unterworfen': das sieht man durch richtige Erkenntnis der Wirklichkeit gemäß. ,Durch Aufhebung seines Nahrungsstoffes ist das, was geworden, dem Gesetz der Aufhebung unterworfen': wenn man das durch richtige Erkenntnis der Wirklichkeit gemäß gesehen hat, dann ist man infolge des Widerwillens gegen das, was dem Gesetz der Aufhebung unterworfen ist, infolge seines Verschwindens und seiner Aufhebung durch Nichterfassen erlöst.

Auf diese Weise nun, Sāriputta, ist man einer, der die Wahrheit erprobt hat.

 

11. So also (ist) das, Sāriputta, (zu verstehen), was in dem Pārāyana-Abschnitt, in der Frage des Ajita gesagt ist:

 

Die da die Wahrheit erprobt haben,
(und) die vielen, die hier noch streben,
ihr Wesen als Kundiger
teile mir mit, mein Lieber, auf meine Frage.

 

Auf diese Weise also, Sāriputta, ist von diesem kurz gefaßten Ausspruch der Sinn ausführlich zu verstehen.

 

 


(*f84) Sāriputtas Schweigen erklärt Buddhaghosa (Samy. Komm. II, 77 ff.) so: "Warum hat Sāriputta auf die Frage dreimal geschwiegen? War er in Zweifel über die Frage oder über die Absicht (des Meisters)? Nicht über die Frage (an sich). Er überlegte nämlich so: Der Meister will, daß ich den Weg, der von denen, die streben und die nicht (mehr) streben, beschritten werden muß, darlege. Man kann dies nun auf verschiedene Weise tun: unter dem Gesichtspunkt (vasena) der Wesensbestand  teile (khandhā), der Elemente (dhātu), der Sinnesbereiche (āyatanāni) oder der Ursächlichkeit (paccayākāro). Durch welche Darlegung nun werde ich die Absicht des Meisters treffen können? Und der Meister dachte: Außer mir gibt es nur Schüler und von diesen ist keiner dem Sāriputta an Verständnis gleich. Der aber hat, nachdem ich eine Frage an ihn gestellt, dreimal geschwiegen. Ist er nun in Zweifel über die Frage oder über meine Absicht? Und da er erkennt, daß er über die Absicht im Zweifel ist, gibt er ihm nun für die Darlegung der Frage mit den Worten ,dies ist geworden: siehst du das Sāriputta' den rechten Weg (naya) an."

(*f85) P. nibbidāya, virāgāya, nirodhāya. Über diese Termini vergl. oben die Einleitung zu Sutta 16.

(*f86) P. nirodhadhamma, d. h. es muß notwendig untergehen. Über diesen Gebrauch von dhamma am Ende eines Kompositums s. M. und W. Geiger, Pāli Dhamma, S. 11.

(*f87) P. anupādā (= -dāya) vimutto, wtl. "indem man nicht erfaßt, erlöst". Gemeint ist das "Erfassen" (upādāna) der empirischen Dinge, die Beschäftigung mit ihnen. Ist man von ihnen abgekommen, so ist man erlöst. Vgl. die Einl. zum Sutta. R. O. Franke (Dīghanikāya übers. S. 25) gibt die Phrase freier aber zutreffend mit "durch Abkehr erlöst" wieder; Mrs. Rhys Davids (The Book of the kindred Sayings, II, S. 37) durch "becomes free, grasping at nothing".


S.12.32. Kalāra

 

1. Ort der Begebenheit: Sāvatthī.

 

2. Und es begab sich der Bhikkhu Kalāra, der Edelmann (*f88), dorthin, wo sich der ehrwürdige Sāriputta befand. Nachdem er sich dorthin begeben, begrüßte er sich mit dem ehrwürdigen Sāriputta, und nachdem er mit ihm die (üblichen) Begrüßungen und Höflichkeiten ausgetauscht, setzte er sich zur Seite nieder.

 

3. Zur Seite sitzend sprach dann der Bhikkhu Kalāra, der Edelmann, zu dem ehrwürdigen Sāriputta also: "Der Bhikkhu Moliya-Phagguna (*f89), verehrter Sāriputta, hat die Schulung aufgegeben und ist zum niedrigen Leben zurückgekehrt." "Dann hat eben der Ehrwürdige in unserer Lehre und Regel (*f44) keinen Trost gefunden."

 

4. "So hat also der ehrwürdige Sāriputta in dieser Lehre und Regel Trost gefunden?" "Ich hege darüber keinen Zweifel, Verehrter."

 

5. "Aber vielleicht in Zukunft?" "Ich mache mir keine Gedanken darüber, Verehrter."

 

6. Da stand der Bhikkhu Kalāra, der Edelmann, von seinem Sitze auf und begab sich dahin, wo der Erhabene sich befand. Nachdem er sich dorthin begeben und den Erhabenen ehrfurchtsvoll begrüßt hatte, setzte er sich zur Seite nieder.

 

7. Zur Seite sitzend sprach dann der Bhikkhu Kalāra, der Edelmann, zu dem Erhabenen also: "Der ehrwürdige Sāriputta hat die Erreichung der höchsten Erkenntnis erklärt (*f91).: vernichtet ist die Geburt; gelebt ist der heilige Wandel; vollbracht ist, was zu vollbringen war; nichts mehr habe ich fürderhin zu tun mit dem weltlichen Dasein: solches weiß ich."

 

8. Da nun sprach der Erhabene einen Bhikkhu an: "Gehe du, Bhikkhu, und sprich in meinem Namen zu Sāriputta: der Meister will dich sprechen, verehrter Sāriputta."

 

9. "Ja, Herr!", erwiderte aufhorchend der Bhikkhu und begab sich dorthin, wo der ehrwürdige Sāriputta sich befand. Nachdem er sich dorthin begeben hatte, sprach er zu dem ehrwürdigen Sāriputta also: "Der Meister will dich sprechen, verehrter Sāriputta."

 

10. "Ja, Verehrter," erwiderte ihm aufhorchend der ehrwürdige Sāriputta und begab sich dorthin, wo der Erhabene sich befand. Nachdem er sich dorthin begeben und den Erhabenen ehrfurchtsvoll begrüßt hatte, setzte er sich zur Seite nieder.

 

11. Zu dem zur Seite sitzenden ehrwürdigen Sāriputta sprach der Erhabene also: " Hast du wirklich, Sāriputta, die Erreichung der höchsten Erkenntnis erklärt: vernichtet ist die Geburt; gelebt ist der heilige Wandel; vollbracht ist, was zu vollbringen war; nichts mehr habe ich fürderhin zu tun mit dem weltlichen Dasein; solches weiß ich?" "Nicht mit diesen Worten, Herr, und diesen Ausdrücken habe ich die Sache ausgesprochen."

 

12. "In welcher Form auch immer, Sāriputta, ein Sohn aus gutem Hause die Erreichung der höchsten Erkenntnis erklärt, die Erklärung muß als eine solche verstanden werden."

 

13. "Sage ich denn aber nicht also, Herr: nicht mit diesen Worten, Herr, und diesen Ausdrücken habe ich die Sache ausgesprochen?"

 

14. ,Wenn man dich so fragen würde, Sāriputta: ,Auf Grund welches Wissens, verehrter Sāriputta, und welches Schauens (*f92), hast du die Erreichung der höchsten Erkenntnis erklärt: vernichtet ist die Geburt, gelebt ist der heilige Wandel; vollbracht ist, was zu vollbringen war; nichts mehr habe ich fürderhin zu tun mit dem weltlichen Dasein: solches weiß ich?' - Wenn du so gefragt würdest, Sāriputta, was würdest du antworten?"

 

15. "Wenn man mich so fragen würde, Herr: ,auf Grund welches Wissens, Sāriputta, und welches Schauens hast du die Erreichung der höchsten Erkenntnis erklärt: vernichtet ist die Geburt; gelebt ist der heilige Wandel; vollbracht ist, was zu vollbringen war; nichts mehr habe ich fürderhin zu tun mit dem weltlichen Dasein; solches weiß ich?' - Wenn ich so gefragt würde, Herr, würde ich also antworten:

 

16. ,Wenn ich erkannt habe, Verehrter, daß, falls infolge der Vernichtung der Ursache, auf Grund deren Geburt (entsteht), das eine (nämlich die Ursache) vernichtet ist, dann (auch das andere, nämlich die Folge) vernichtet ist (*f93), - wenn ich so erkannt habe, daß, falls (die Ursache) vernichtet ist, dann (auch die Folge) vernichtet ist: vernichtet ist (damit) die Geburt; gelebt ist der heilige Wandel, vollbracht ist, was zu vollbringen war; nichts mehr habe ich fürderhin zu tun mit dem weltlichen Dasein: solches weiß ich.' -

Wenn ich so gefragt würde, Herr, würde ich also antworten."

 

17. "Wenn man dich aber so fragen würde, Sāriputta: ,die Geburt aber, verehrter Sāriputta, was hat sie zur Ursache, was zum Ursprung, was zur Herkunft, was zur Entstehung?' - wenn du so gefragt würdest, Sāriputta, was würdest du antworten?"

 

18. "Wenn man mich so fragen wurde, Herr: ,die Geburt aber, verehrter Sāriputta, was hat sie zur Ursache, was zum Ursprung, was zur Herkunft, was zur Entstehung?' - Wenn ich so gefragt würde, Herr, würde ich also antworten: ,die Geburt, Verehrter, hat das Werden zur Ursache, das Werden zum Ursprung, das Werden zur Herkunft, das Werden zur Entstehung.' - Wenn ich so gefragt würde, Herr, würde ich also antworten."

 

19. "Wenn man dich aber so fragen würde, Sāriputta: ,das Werden aber, verehrter Sāriputta, was hat es zur Ursache, was zum Ursprung, was zur Herkunft, was zur Entstehung ?' - Wenn du so gefragt würdest, Sāriputta, was würdest du antworten?"

 

20. "Wenn man mich so fragen würde, Herr: ,das Werden aber, verehrter Sāriputta, was hat es zur Ursache, was zum Ursprung, was zur Herkunft, was zur Entstehung?' - Wenn ich so gefragt würde, Herr, würde ich also antworten: ,das Werden, Verehrter, hat das Erfassen zur Ursache, das Erfassen zum Ursprung, das Erfassen zur Herkunft, das Erfassen zur Entstehung.' - Wenn ich so gefragt würde, Herr, würde ich also antworten."

 

21. "Wenn man dich aber so fragen würde, Sāriputta: ,das Erfassen aber, verehrter Sāriputta, was hat es zur Ursache, was zum Ursprung, was zur Herkunft, was zur Entstehung?' - Wenn du so gefragt würdest, Sāriputta, was würdest du antworten?"

 

22. "Wenn man mich so fragen würde, Herr: ,das Erfassen aber, verehrter Sāriputta, was hat es zur Ursache, was zum Ursprung, was zur Herkunft, was zur Entstehung?' - Wenn ich so gefragt würde, Herr, würde ich also antworten: ,das Erfassen, Verehrter, hat den Durst zur Ursache, den Durst zum Ursprung, den Durst zur Herkunft, den Durst zur Entstehung.' - Wenn ich so gefragt würde, Herr, würde ich also antworten."

 

23. "Wenn man dich aber so fragen würde, Sāriputta: ,der Durst aber, verehrter Sāriputta, was hat er zur Ursache, was zum Ursprung, was zur Herkunft, was zur Entstehung?' - Wenn du so gefragt würdest, Sāriputta, was würdest du antworten?"

 

24. "Wenn man mich so fragen würde, Herr: ,der Durst aber, was hat er zur Ursache, was zum Ursprung, was zur Herkunft, was zur Entstehung?' - Wenn ich so gefragt würde, Herr, würde ich also antworten: ,der Durst, Verehrter, hat die Empfindung zur Ursache, die Empfindung zum Ursprung, die Empfindung zur Herkunft, die Empfindung zur Entstehung.' - Wenn ich so gefragt würde, Herr, würde ich also antworten."

 

25. "Wenn man dich aber so fragen würde, Sāriputta: ,auf Grund welches Wissens aber, verehrter Sāriputta, und welches Schauens ist in dir das, was eine angenehme Empfindung ist, nicht aufgekommen?' - Wenn du so gefragt würdest, Sāriputta, was würdest du antworten?"

 

26. "Wenn man mich so fragen würde, Herr: ,auf Grund welches Wissens, verehrter Sāriputta, und welches Schauens ist in dir das, was eine angenehme Empfindung ist, nicht auf; gekommen?' - Wenn ich so gefragt würde, Herr, würde ich also antworten:

 

27. ,Dreierlei sind, Verehrter, die Empfindungen. Welche drei? Lustvolle Empfindungen, leidvolle Empfindungen und Empfindungen, die weder leid- noch lustvoll sind. Diese dreierlei Empfindungen, Verehrter, sind vergänglich. Was vergänglich ist, das ist leidvoll. Da ich dies erkannt habe, ist das, was eine angenehme Empfindung ist, nicht aufgekommen.' - Wenn ich so gefragt würde, Herr, würde ich also antworten.

 

28. "Gut, gut, Sāriputta! Auch folgende Wendung (*f94), Sāriputta, (würde dazu dienen,) die nämliche Frage in Kürze zu beantworten: was empfunden wird, das gehört zum Leidvollen.

 

29. Wenn man dich aber so fragen würde, Sāriputta: ,auf Grund welcher Erlösung nun, verehrter Sāriputta, hast du die Erreichung der höchsten Erkenntnis erklärt: vernichtet ist die Geburt; gelebt ist der heilige Wandel; vollbracht ist, was zu vollbringen war; nichts mehr habe ich fürderhin zu tun mit dem weltlichen Dasein: solches weiß ich? -wenn du so gefragt würdest, Sāriputta, was würdest du antworten?

 

30. "Wenn man mich so fragen würde, Herr ,auf Grund welcher Erlösung (*f95) nun, verehrter Sāriputta, hast du die Erreichung der höchsten Erkenntnis erklärt: vernichtet ist die Geburt; gelebt ist der heilige Wandel; vollbracht ist, was zu vollbringen war; nichts mehr habe ich fürderhin zu tun mit dem weltlichen Dasein: solches weiß ich? - Wenn ich so gefragt würde, würde ich also antworten:

 

31. ,Auf Grund der Erlösung der eignen Person (*f96), Verehrter, lebe ich durch Vernichtung alles Erfassens in solcher Selbstbesinnung (*f97), daß mich, da ich in solcher Selbstbesinnung lebe, die weltlichen Einflüsse nicht überfluten, und ich lasse mich selbst nicht außer acht (*f98).' - Wenn ich so gefragt würde, würde ich also antworten."

 

32. "Gut, gut, Sāriputta! Auch folgende Wendung, Sāriputta, (würde dazu dienen,) die nämliche Frage in Kürze zu beantworten: was der Samana weltliche Einflüsse nennt, über diese hege ich keinen Zweifel, sie haben bei mir aufgehört, ich mache mir keine Gedanken darüber."

 

33. Als der Erhabene dies gesagt hatte, stand er auf von seinem Sitze und begab sich in den Vihara.

 

34. Nachdem der Erhabene kurze Zeit weggegangen war, da redete der ehrwürdige Sāriputta die Bhikkhus an:

 

35. "Als der Erhabene, Verehrte, an mich, da ich (seine Absicht) vorher noch nicht recht begriffen hatte, die erste Frage richtete, da geriet ich darüber in Verlegenheit. Aber seitdem der Erhabene, Verehrte, meine (Antwort auf die) erste Frage gütig annahm (*f99), da, Verehrte, dachte ich also:

 

36. Wenn mich den (ganzen) Tag hindurch der Erhabene über diesen Gegenstand (*f100) befragen würde, immer wieder mit anderen Worten und anderen Wendungen, würde ich den (ganzen) Tag hindurch dem Erhabenen über diesen Gegenstand Antwort erteilen, immer wieder mit anderen Worten und anderen Wendungen.

 

37. Und wenn mich die (ganze) Nacht hindurch der Erhabene über diesen Gegenstand befragen würde, immer wieder mit anderen Worten und anderen Wendungen, wurde ich die (ganze) Nacht hindurch über diesen Gegenstand Antwort erteilen, immer wieder mit anderen Worten und anderen Wendungen.

 

38-44. Und wenn mich Tag und Nacht hindurch - zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben Tage und Nächte hindurch der Erhabene über diesen Gegenstand befragen würde, immer wieder mit anderen Worten und anderen Wendungen, würde ich Tag und Nacht hindurch - zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben Tage und Nächte hindurch - dem Erhabenen über diesen Gegenstand Antwort erteilen, immer wieder mit anderen Worten und anderen Wendungen."

 

45. Da erhob sich der Bhikkhu Kalāra, der Edelmann, von seinem Sitze und begab sich dorthin, wo sich der Erhabene befand. Nachdem er sich dorthin begeben und den Erhabenen ehrfurchtsvoll begrüßt hatte, setzte er sich zur Seite nieder.

 

46. Zur Seite sitzend, sprach dann der Bhikkhu Kalāra, der Edelmann, zu dem Erhabenen also: "Der ehrwürdige Sāriputta, Herr, hat einen Löwenruf erschallen lassen (*f101): ,Als der Erhabene, Verehrte, an mich, da ich (seine Absicht) vorher noch nicht recht begriffen hatte, die erste Frage richtete, da geriet ich darüber in Verlegenheit. Aber seitdem der Erhabene, Verehrte, meine (Antwort auf die) erste Frage gütig annahm, da, Verehrte, dachte ich also: wenn mich den (ganzen) Tag hindurch der Erhabene über diesen Gegenstand befragen würde, immer wieder mit anderen Worten und anderen Wendungen, würde ich den (ganzen) Tag hindurch dem Erhabenen über diesen Gegenstand Antwort erteilen, immer wieder mit anderen Worten und anderen Wendungen. Und wenn mich die (ganze) Nacht hindurch - Tag und Nacht hindurch, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben Tage und Nächte hindurch - der Erhabene über diesen Gegenstand befragen würde, immer wieder mit anderen Worten und anderen Wendungen, würde ich die (ganze) Nacht hindurch - Tag und Nacht hindurch, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben Tage und Nächte hindurch - dem Erhabenen über diesen Gegenstand Antwort erteilen, immer wieder mit anderen Worten und anderen Wendungen."

 

47. "Das Wesen der Wahrheit (*f102), Bhikkhu, ist von Sāriputta so vollkommen durchdrungen, daß mir Sāriputta, da von ihm das Wesen der Wahrheit so vollkommen durchdrungen ist, wenn ich ihn den (ganzen) Tag hindurch über diesen Gegenstand befragen würde, immer wieder mit anderen Worten und anderen Wendungen, den (ganzen) Tag hindurch über diesen Gegenstand Antwort erteilen würde. immer wieder mit anderen Worten und anderen Wendungen. Und wenn ich die (ganze) Nacht hindurch - Tag und Nacht hindurch, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben Tage und Nächte hindurch - den Sāriputta über diesen Gegenstand befragen würde, immer wieder mit anderen Worten und anderen Wendungen, würde mir Sāriputta die (ganze) Nacht hindurch - Tag und Nacht hindurch, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben Tage und Nächte hindurch - über diesen Gegenstand Antwort erteilen, immer wieder mit anderen Worten und anderen Wendungen."

 

 


(*f88) Der Name Kalārakhattiya weist wohl darauf hin, daß der Bhikkhu, ehe er in den Orden eintrat, der Adelskaste angehört hatte.

(*f89) Moliya-Phagguna wurde schon oben in Sutta 12 (S. 18ff.) erwähnt. Es kommt ferner Majjhima, Kakacūpama-Sutta (Nr. 21 = I, 122ff. der Ausgabe) vor. Hier wird er wegen ungehörigen Verkehrs mit den Bhikkhunīs zurecht gewiesen, was ein Licht auf unsere Stelle werfen dürfte. Ob der Samy. XXXV. 83 (= IV. 52 der Ausg.) genannte Phagguna der gleiche ist, wie der hier erwähnte, ist zweifelhaft.

(*f91) P. aññā vyākatā. Das Wort aññā = skr. ājñā ist ein Synonymum zu arahatta. Wenn der Bhikkhu zu der Überzeugung kommt, daß er die höchste Stufe der Erkenntnis, die Würde des Arahant, erreicht hat, verkündigt er dies feierlich mit der oben mitgeteilten Formel. Die aññā fälschlich, aus Dünkel oder Selbstüberhebung zu erklären, ist eine schwere Verfehlung.

(*f92) Wtl. "wie wissend, S., und wie schauend".

(*f93) Die Stelle ist sehr schwierig. Die richtige Auffassung, wie ich glaube, findet sich bei Buddhaghosa (SKo. ed. Siam. II. 80.2: "Aus was als Ursache Geburt entsteht, wenn, nach Vernichtung dieser Ursache, die Ursache der Geburt vernichtet ist, dann ist auch die Frucht, womit die Geburt gemeint ist, vernichtet." Es ist also zu khīnasmim im Pālitext paccaye und zu khīnam entsprechend phalam zu ergänzen. Ganz anders Mrs. Rhys Davids, Book of the Kindred Sayings II, S.39: "it is because, friend, in [the word] ,destroyed' (Verfasserin sieht in khīnasmim des Grundtextes ein Zitat aus der aññā-Formel) I have discerned that the basis of birth is destroyed - through this I know that these things are true of me."

(*f94) P. ayam pi kho pariyāyo weist auf das das folgende hin: yam kimci vedayitam tam dukkhasmim. Das wort pariyāya wird von jeder Darlegung gebraucht, sei sie ausführlich (vitthārena) oder, wie hier, kurz (samkhittena) formuliert.

(*f95) P. katham-vimokkhā. Der Kommentar erklärt den Abl. durch den Instr. katarena vimokkhena "durch welche der beiden Erlösungen?" Er bezieht sich damit auf ceto-vimutti "Herzenserlösung" und paññā-v. "Wissenserlösung". Vgl. H. Beckh, Buddhismus II, 133 ff.

(*f96) P. ajjhattam-vimokkhā, das der Kommentar erklärt mit "durch die Arahantwürde, die erreicht ist nach richtigem Erfassen (des Wesens) der Gestaltungen der eigenen Person d. h. des eigenen Kamma.

(*f97) P. P. sabbūpādānahkhayā tathāsato viharāmi. Es werden vier upādānā oder Formen und Wege des Erfassens der empirischen Dinge (vgl. ob. Sutta 11) unterschieden: kāma "Lust", ditthi "(falsche) Anschauung", sīlabbata "(äußerliche) Riten und Observanzen" und attavāda "Lehre von einem (dauernden) Ich". - Zu tathāsato ist auf den Begriff sammāsati "rechtes Sichbesinnen" (vgl. z. B. 12. 27. 4) innerhalb des "achtgliedrigen Pfades zu verweisen.

(*f98) attānam ca nāvajānāmi (Komm. na av-) kann unmöglich mit "ich erkenne kein dauerndes Ich an übersetzt werden. Das V. avajānāti bedeutet stets "mißachten". Ich glaube, es soll der gleiche Gedanke, wie im vorangehenden ausgesprochen werden, daß nämlich Sāriputta die Selbstbeobachtung nie versäumt, immer sato sampajāno bleibt.

(*f99) Nach dem Kommentar (II. 85.10) ist die erste Frage, die den Sāriputta in zögernde Verlegenheit (dandhāyitatta) versetzt, die in 14 gestellte: auf Grund welches Wissens usw. Die andere Frage, deren Beantwortung die freundliche Billigung des Buddha findet, ist die von 17: die Geburt aber usw.

(*f100) Der "Gegenstand" ist nach dem Kommentar der paticcasamuppāda, die Kausalitätsformel, die in den verschiedensten Formen und unter den verschiedensten Gesichtspunkten behandelt wird.

(*f101) D. h. er hat ein bedeutungsvolles, stolzes und selbstbewußtes Wort gesprochen. P. Sāriputtena sīhanādo nadito. So wird Theragāthā 175 die Erklärung der aññā (s. Anm. zu 12, 32. 7) als sīhanāda bezeichnet.

(*f102) P. dhammadhātu. Über diesen Begriff s. M. und W. Geiger, Pāli Dhamma, S. 69.


S.12.33. Die Gegenstände des Wissens (1)

 

1. Ort der Begebenheit: Sāvatthī.

 

2. "Ich will euch, ihr Bhikkhus, die vierundvierzig Gegenstände des Wissens (*f103) lehren; höret zu, merket wohl auf, ich will es euch verkünden." "Wohl, Herr!" erwiderten die Bhikkhus aufhorchend dem Erhabenen.

 

3. Der Erhabene sprach also: "Welches sind nun, ihr Bhikkhus, die vierundvierzig Gegenstände des Wissens?

 

4. Das Wissen von Alter und Tod, das Wissen vom Ursprung von Alter und Tod, das Wissen von der Aufhebung von Alter und Tod, das Wissen von dem zur Aufhebung von Alter und Tod führenden Weg.

 

5-14. Das Wissen von der Geburt - vom Werden, vom Erfassen, vom Durst, von der Empfindung, von der Berührung, von den sechs Sinnesbereichen, von Name und Form, vom Bewußtsein, - das Wissen von den Gestaltungen, das Wissen vom Ursprung der Gestaltungen, das Wissen von der Aufhebung der Gestaltungen, das Wissen von dem zur Aufhebung der Gestaltungen führenden Weg. - Diese heißen, ihr Bhikkhus, die vierundvierzig Gegenstände des Wissens.

 

(Vgl. zum folg. oben Sutta 12.2.4 und Sutta 12.27.3)

 

15. Was aber, ihr Bhikkhus, ist Alter und Tod? Das Altern der verschiedenen Einzelwesen in den verschiedenen Klassen von Wesen, ihr Hinsiechen, ihr Gebrechlichwerden, das Ergrauen der Haare, das Welkwerden der Haut, die Abnahme der Lebenskraft, der Verfall der Sinne: das heißt Alter. - Das Fortgehen und Ausscheiden der verschiedenen Einzelwesen aus den verschiedenen Klassen von Wesen, ihre Vernichtung, ihr Verschwinden, ihr Hingang und Sterben, der Ablauf der Lebenszeit, die Vernichtung der Wesensbestandteile, das Abwerfen der Leiblichkeit: das heißt Tod. So ist dieses das Alter, dieses der Tod das, ihr Bhikkhus, heißt Alter und Tod.

 

16. Aus dem Ursprung der Geburt folgt der Ursprung von Alter und Tod, aus der Aufhebung der Geburt folgt die Aufhebung von Alter und Tod, der edle achtgliedrige Pfad ist der zur Aufhebung von Alter und Tod führende Weg, nämlich: rechte Anschauung, rechtes Wollen, rechtes Reden, rechtes Tun, rechte Lebensführung, rechtes Sichbemühen, rechtes Sichbesinnen, rechte geistige Sammlung.

 

17. Wann nun, ihr Bhikkhus, ein edler Jünger auf diese Weise Alter und Tod kennt, auf diese Weise den Ursprung von Alter und Tod kennt, auf diese Weise die Aufhebung von Alter und Tod kennt, auf diese Weise den zur Aufhebung von Alter und Tod führenden Weg kennt:

 

18. Das ist für ihn das Wissen von der Wahrheit (*f105). Vermöge dieser Wahrheit, die er geschaut und erkannt hat, die an keine Zeit gebunden ist, die er erreicht und durchdrungen hat (*f106), zieht er in Bezug auf Vergangenheit und Zukunft die Schlußfolgerung:

 

19. Alle die Samanas oder Brāhmanas, die in der vergangenen Zeit Alter und Tod begriffen haben, den Ursprung von Alter und Tod begriffen haben, die Aufhebung von Alter und Tod begriffen haben, den zur Aufhebung von Alter und Tod führenden Weg begriffen haben, - alle diese haben das ganz in der gleichen Weise begriffen, wie auch ich eben jetzt.

 

20. Und alle die Samanas oder Brāhmanas, die in der zukünftigen Zeit Alter und Tod begreifen werden, den Ursprung von Alter und Tod begreifen werden, die Aufhebung von Alter und Tod begreifen werden, den zur Aufhebung von Alter und Tod führenden Weg begreifen werden - alle diese werden das ganz in der gleichen Weise begreifen wie auch ich eben jetzt: das ist für ihn das Wissen von der (notwendigen) Folge (*f107).

 

21. Wann nun, ihr Bhikkhus, ein edler Jünger dieses doppelte Wissen gereinigt und geläutert besitzt, das Wissen von der Wahrheit und das Wissen von der (notwendigen) Folge: ein solcher, ihr Bhikkhus, heißt ein edler Jünger, der mit (richtiger) Anschauung begabt ist, der mit Einsicht begabt ist, der zu dieser guten Lehre gelangt ist, der diese gute Lehre schaut, der die Erkenntnis des Strebenden besitzt, der das Wissen des Strebenden besitzt, der mit dem Ohr der Wahrheit begabt ist, ein edler, der die (in die höchste Wahrheit) eindringende Erkenntnis besitzt, der da anpocht an die Pforte des Nirvana.

 

22-30. Was aber, ihr Bhikkhus, ist Geburt - Werden - Erfassen - Durst - Empfindung - Berührung - die sechs Sinnesbereiche - Name und Form - Bewußtsein (*f108)? -

 

31. Was aber sind die Gestaltungen? Die drei Arten Gestaltung, ihr Bhikkhus, die Gestaltung des körperlichen Tuns, die Gestaltung des Redens, die Gestaltung des Denkens: das, ihr Bhikkhus, heißt Gestaltungen.

 

32. Aus dem Ursprung des Nichtwissens folgt der Ursprung der Gestaltungen, aus der Aufhebung des Nichtwissens folgt die Aufhebung der Gestaltungen, der edle achtgliedrige Pfad ist der zur Aufhebung der Gestaltungen führende Weg, nämlich: rechte Anschauung, rechtes Wollen, rechtes Reden, rechtes Tun, rechte Lebensführung, rechtes Sichbemühen, rechtes Sichbesinnen, rechte geistige Sammlung.

 

33. Wann nun, ihr Bhikkhus, ein edler Jünger auf diese Weise die Gestaltungen kennt. auf diese Weise den Ursprung der Gestaltungen kennt, auf diese Weise die Aufhebung der Gestaltungen kennt, auf diese Weise den zur Aufhebung der Gestaltungen führenden Weg kennt: das ist für ihn das Wissen von der Wahrheit. Vermöge dieser Wahrheit, die er geschaut und erkannt hat, die an keine Zeit gebunden ist, die er erreicht und durchdrungen hat, zieht er in Bezug auf Vergangenheit und Zukunft die Schlußfolgerung:

 

34. Alle die Samanas oder Brāhmanas, die in der vergangenen Zeit die Gestaltungen begriffen haben, den Ursprung der Gestaltungen begriffen haben, die Aufhebung der Gestaltungen begriffen haben, den zur Aufhebung der Gestaltungen führenden Weg begriffen haben, - alle diese haben das ganz in der gleichen Weise begriffen, wie ich eben jetzt.

 

35. Und alle die Samanas oder Brāhmanas, die in der zukünftigen Zeit die Gestaltungen begreifen werden, den Ursprung der Gestaltungen begreifen werden, die Aufhebung der Gestaltungen begreifen werden, den zur Aufhebung der Gestaltungen führenden Weg begreifen werden, - alle diese werden das ganz in der gleichen Weise begreifen, wie ich eben jetzt: das ist für ihn das Wissen von der (notwendigen) Folge.

 

36. Wann nun, ihr Bhikkhus, ein edler Jünger dieses doppe1te Wissen gereinigt und geläutert besitzt, das Wissen von der Wahrheit und das Wissen von der (notwendigen) Folge: ein solcher, ihr Bhikkhus, heißt ein edler Jünger, der mit (richtiger) Anschauung begabt ist, der mit Einsicht begabt ist, der zu dieser guten Lehre gelangt ist, der diese gute Lehre schaut, der die Erkenntnis des Strebenden besitzt, der das Wissen des Strebenden besitzt, der mit dem Ohr der Wahrheit begabt ist, ein edler, der die (in die höchste Wahrheit) eindringende Erkenntnis besitzt, der da anpocht an die Pforte des Nirvana."


(*f103) ñānavatthūni. Ich fasse vatthu hier im Sinne von "Objekt". Mrs. Rhys Davids übersetzt "bases of knowledge".

(*f105) Oder "das Wissen von der wahren, rechten Lehre" (dhamme ñānam).

(*f106) iminā dhammena ditthena viditena akālikena pattena pariyogālhena. Den Ausdruck akālika gibt der Komm. (II, 86.17) wieder durch kimci kālam anatikamitvā pativedhānantaram phaladāyakena, d. h. die Frucht (der Erfolg, das Ergebnis) tritt unmittelbar nach dem Eindringen in die Wahrheit ein, ohne das noch eine Zeit verstreicht.

(*f107) anvaye ñānam. Das W. anvaya bedeutet urspr. "Aufeinanderfolge, Reihenfolge, Zusammenhang". Hier ist es die Erkenntnis von der logischen Folge, von der im paticcasamuppāda gelehrten Kausalität, die immer die gleiche war und immer die gleiche sein wird.

(*f108) Der Text ist hier in den Handschriften gekürzt. Jede einzelne Frage ist nach dem Muster der §§15 bis 21 ausgeführt, zu denken. Die Antworten auf die Fragen stimmen überein mit Sutta 2. 5-13 unseres Samyutta. Die Schlußfrage nach dem Wesen der "Gestaltungen" ist dann wieder in 31 bis 36 ausführlich behandelt.


S.12.34. Die Gegenstände des Wissens (2).

 

1. Ort der Begebenheit: Sāvatthī.

 

2. "Ich will euch, ihr Bhikkhus, die siebenundsiebzig Gegenstände des Wissens lehren; höret zu, merket wohl auf, ich will es euch verkünden." "Wohl, Herr!" erwiderten die Bhikkhus aufhorchend dem Erhabenen. Der Erhabene sprach also: "Welches sind nun, ihr Bhikkhus, die siebenundsiebzig Gegenstände des Wissens?

 

3. Das Wissen, daß aus der Geburt als Ursache Alter und Tod entstehen; das Wissen, daß wenn Geburt nicht ist, Alter und Tod nicht sind; das Wissen, daß auch in der vergangenen Zeit aus der Geburt als Ursache Alter und Tod entstanden; das Wissen, daß, wenn (damals) Geburt nicht war, Alter und Tod nicht waren; das Wissen, daß auch in der zukünftigen Zeit aus Geburt als Ursache Alter und Tod entstehen werden; das Wissen, daß, wenn (dann) Geburt nicht ist, Alter und Tod nicht sein werden; das Wissen (endlich), daß auch dieses Wissen von dem Fortbestand der Dinge (*f109) dem Gesetze des Verfalls, dem Gesetze der Vernichtung, dem Gesetze des Verschwindens, dem Gesetze der Aufhebung unterworfen ist.

 

4-12. Das Wissen, daß aus dem Werden als Ursache die Geburt - aus dem Erfassen als Ursache das Werden - aus dem Durst als Ursache das Erfassen - aus der Empfindung als Ursache der Durst - aus der Berührung als Ursache die Empfindung - aus den sechs Sinnesbereichen als Ursache die Berührung - aus Name und Form als Ursache die sechs Sinnesbereiche - aus dem Bewußtsein als Ursache Name und Form - aus den Gestaltungen als Ursache das Bewußtsein entsteht usw. usw (*f110).

 

13. Das Wissen, daß aus dem Nichtwissen als Ursache die Gestaltungen entstehen; das Wissen, daß, wenn Nichtwissen nicht ist, die Gestaltungen nicht sind; das Wissen, daß auch in der vergangenen Zeit aus dem Nichtwissen als Ursache die Gestaltungen entstanden; das Wissen, daß, wenn (damals) Nichtwissen nicht war, die Gcstaltungen nicht waren; das Wissen, daß auch in der zukünftigen Zeit aus dem Nichtwissen als Ursache die Gestaltungen entstehen werden; das Wissen, daß, wenn (dann) Nichtwissen nicht ist, die Gestaltungen nicht sein werden; das Wissen (endlich), daß auch dieses Wissen von dem Fortbestand der Dinge dem Gesetze des Verfalls, dem Gesetze der Vernichtung, dem Gesetze des Verschwinden dem Gesetze der Aufhebung unterworfen ist."

 

 


(*f109) P. dhammatthitiñānam. Nach dem Kommentar ist das nur ein Ausdruck für die Kausalität "denn da die Kausalität die Ursache ist für den Fortgang (pavatti) oder Bestand (thiti) der dhammā, heißt sie dh.-tth.-ñ." Der Sinn ist, daß schließlich, im Erlösungszustand, auch die Kausalität aufgehoben wird.

(*f110) Die Stelle ist wieder im einzelnen ausgeführt zu denken nach dem Muster von § 3, bezw. 13.


S.12.35. Aus dem Nichtwissen als Ursache entstanden (1)

 

Das Sutta ist, außer von Mrs. Rhys Davids (Kindered Sayings II. 43 f.) auch von H. C. Warren, Buddhism in Translations, S. 166 ff. übersetzt, sowie von Seidenstücker, Pāli-Buddhismus Nr. 129, S. 212. -

Einer Bemerkung bedürfen die Ausdrücke in 15 und 16 visūkāyitāni visevitāni vipphanditāni, die ich mit "Verrenkungen, Verzerrungen, unruhige Seitensprünge" übersetze. Es hat über sie ausführlich R. O. Franke, Dīghanikāya, übers., S. 5f., Anm. 8 (vergl. auch S. 41 f., Anm. 6 gegen Schluß) gesprochen, und ich kann ihm in der Hauptsache zustimmen. Man hat auszugehen von Majjhima 65 (I. 44612), wo die Ausdrücke von den unruhigen Bewegungen, dem Bocken und Ausschlagen eines untrainierten Pferdes gebraucht werden. Sie werden dann auf das geistige Gebiet übertragen, Samyutta I. 123 = Majjhima I. 234. An diesen beiden Stellen sind aber das tertium comparationis die zuckenden, krampfhaften Bewegungen eines Krebses, den Kinder aus dem Wasser aufs Land geworfen und verstümmelt haben. Gemeint ist also das ungeschulte, ungeregelte Denken, die geistige Zerfahrenheit und Unstetigkeit, und der Kommentar hat gewiß recht, wenn er (II. 897) die Ausdrücke als Synonyma zu micchāditthi "falsche Anschauung" erklärt. Es finden sich auch die Verbindungen ditthivisūkam ditthivipphanditam Majjh. 2 (I. 828) und 72 (I, 48529). Zu letzterem ist die Wurzel skr. spand "sich unruhig bewegen, zucken, ausschlagen" zu vergleichen. In naccagītavāditavisūkadassana Dīgha I, 57, 6418 Vinaya I, 8336 endlich glaube ich visūka auf die Körperverrenkungen der Akrobaten beziehen zu müssen. Wir hätten hier also zu übersetzen "das Zuschauen bei Tanz, Gesang, Musik und Akrobatenaufführungen".

 

1. Ort der Begebenheit Sāvatthī.

 

2. "Aus dem Nichtwissen als Ursache, ihr Bhikkhus, entstehen die Gestaltungen; aus den Gestaltungen als Ursache entsteht das Bewußtsein; aus dem Bewußtsein als Ursache entsteht Name und Form; aus Name und Form als Ursache entstehen die sechs Sinnesbereiche; aus den sechs Sinnesbereichen als Ursache entsteht die Berührung; aus der Berührung als Ursache entsteht die Empfindung; aus der Empfindung als Ursache entsteht der Durst; aus dem Durst als Ursache entsteht das Erfassen; aus dem Erfassen als Ursache entsteht das Werden; aus dem Werden als Ursache entsteht die Geburt; aus der Geburt als Ursache entsteht Alter und Tod. Auf solche Art kommt der Ursprung der ganzen Masse des Leidens zustande."

 

3. "Was aber ist nun, Herr, Alter und Tod, und wem wieder wird dieses Alter und dieser Tod zu eigen?"

"Die Frage ist nicht richtig," erwiderte der Erhabene. "Wenn man, o Bhikkhu, sagte: ,was ist Alter und Tod, und wem wieder wird dieses Alter und dieser Tod zu eigen?' - oder wenn man, o Bhikkhu, sagte: ,ein anderes ist Alter und Tod, und ein anderes ist der, dem dieses Alter und dieser Tod zu eigen wird,' so wäre beides ein und dasselbe, nur der Ausdruck wäre verschieden. Wenn, o Bhikkhu, die Anschauung besteht, Leben und Körper seien dasselbe, so gibt es keinen heiligen Wandel; oder wenn, o Bhikkhu, die Anschauung besteht, ein anderes sei das Leben, und ein anderes sei der Körper, so gibt es keinen heiligen Wandel. Diese beiden Enden vermeidend, o Bhikkhu, verkündet in der Mitte der Tathāgata die wahre Lehre: aus der Geburt als Ursache entsteht Alter und Tod."

 

4. "Was aber ist nun, Herr, die Geburt, und wem wieder wird diese Geburt zu teil?"

"Die Frage ist nicht richtig," erwiderte der Erhabene. "Wenn man, o Bhikkhu, sagte: ,was ist die Geburt, und wem wieder wird diese Geburt zu eigen?' - oder wenn man, o Bhikkhu, sagte: ,ein anderes ist die Geburt, und ein anderes ist der, dem diese Geburt zu eigen wird', so wäre beides ein und dasselbe, nur der Ausdruck wäre verschieden. Wenn, o Bhikkhu, die Anschauung besteht, Leben und Körper seien dasselbe, so gibt es keinen heiligen Wandel; oder wenn, o Bhikkhu, die Anschauung besteht, ein anderes sei das Leben, und ein anderes sei der Körper, so gibt es keinen heiligen Wandel. Diese beiden Enden vermeidend, o Bhikkhu, verkündet in der Mitte der Tathāgata die wahre Lehre aus dem Werden als Ursache entsteht die Geburt.

 

5-13. Aus dem Erfassen als Ursache entsteht das Werden - aus dem Durst als Ursache entsteht das Erfassen - aus der Empfindung als Ursache entsteht der Durst - aus der Berührung als Ursache entsteht die Empfindung - aus den sechs Sinnesbereichen als Ursache entsteht die Berührung - aus Name und Form als Ursache entstehen die sechs Sinnesbereiche - aus dem Bewußtsein als Ursache entsteht Name und Form - aus den Gestaltungen als Ursache entsteht das Bewußtsein (*f111)."

 

14. "Was aber sind nun, Herr, die Gestaltungen und wem wieder sind diese Gestaltungen eigen?"

"Die Frage ist nicht richtig," erwiderte der Erhabene. "Wenn man, o Bhikkhu, sagte: ,Was sind die Gestaltungen, und wem wieder sind diese Gestaltungen zu eigen?' - oder wenn man, o Bhikkhu, sagte: ,ein anderes sind die Gestaltungen, und ein anderes ist der, dem diese Gestaltungen zu eigen sind', so wäre beides ein und dasselbe, nur der Ausdruck wäre verschieden. Wenn, o Bhikkhu, die Anschauung besteht, Leben und Körper seien dasselbe, so gibt es keinen heiligen Wandel; oder wenn, o Bhikkhu, die Anschauung besteht, ein anderes sei das Leben, und ein anderes sei der Körper, so gibt es keinen heiligen Wandel. Diese beiden Enden vermeidend, o Bhikkhu, verkündet in der Mitte der Tathāgata die wahre Lehre; aus dem Nichtwissen als Ursache entstehen die Gestaltungen.

 

15. Nach dem restlosen Verschwinden aber und der Aufhebung des Nichtwissens, o Bhikkhu, werden alle seine Verrenkungen (*f112), Verzerrungen und unruhigen Seitensprünge, welche immer es seien, (nämlich): ,was ist Alter und Tod und wem wieder ist dieses Alter und dieser Tod zu eigen?' - oder: ein anderes ist Alter und Tod, und ein anderes ist der, dem dieses Alter und dieser Tod zu eigen wird.' - oder: ,Leben und Körper sind ein und dasselbe' - oder: ,ein anderes ist das Leben, und ein anderes ist der Körper.' - alle diese (Verrenkungen usw.) werden aufhören, an den Wurzeln abgeschnitten, ausgerodet (*f113) und vernichtet, so daß sie künftighin nicht mehr dem Gesetze des Wiederentstehens unterworfen sind.

 

16. Nach dem restlosen Verschwinden aber und der Aufhebung des Nichtwissens, o Bhikkhu, werden alle seine Verrenkungen, Verzerrungen und unruhigen Seitensprünge, welche immer es seien, (nämlich:) ,was ist Geburt (*f114) - Werden - Erfassen - Durst - Empfindung - Berührung - die sechs Sinnesbereiche - Name und Form - Bewußtsein - oder: ,was sind die Gestaltungen, und wem wieder werden die Gestaltungen zu eigen? oder: ,ein anderes sind die Gestaltungen, und ein anderes ist der, dem diese Gestaltungen zu eigen werden, oder: ,Leben und Körper sind ein und dasselbe, oder: ,ein anderes ist das Leben, und ein anderes ist der Körper, - alle diese (Verrenkungen usw.) werden aufhören, an der Wurzel abgeschnitten, ausgerodet und vernichtet, so daß sie künftighin nicht mehr dem Gesetze des Wiederentstehens unterworfen sind.


(*f111) Wieder sind die einzelnen Sätze in 5 bis 13 nach dem Beispiel von § 3 und 4 bezw. 14 auszuführen und den Abschluß jedes Teiles bildet die betreffende Formel aus der Kausalitätsreihe wie sie im Text oben gegeben ist.

(*f112) Man hat natürlich yāni 'ssa tāni und sabbāni 'ssa (= assa) tāni zu lesen. Der Herausgeber scheint auch den Zusammenhang des Ganzen nicht richtig erfaßt zu haben da er den Satz avijjāya bis kānici kānici zum vorhergehenden Paragraphen zieht. Es ist mit ihm vielmehr der neue Paragraph 15 zu beginnen. Ebenso im folgenden.

(*f113) P. tālavatthukatāni, wtl. zu einem Palmyrapalmengrundstück gemacht". Die Übersetzung in einen Palmyra-palmstumpf verwandelt vermag ich mit dem Pāli-Ausdruck schwer zu vereinigen.

(*f114) Wieder ist jeder einzelne Teil nach dem Muster von 15 ausgeführt zu denken, und den Abschluß jedes Teiles bildet jedesmal der Satz: Alle diese (Verrenkungen usw.) werden aufhören usw.

(*f115) Vergl. die Anm. zum vor. Sutta § 16.


S.12.36. Aus dem Nichtwissen als Ursache entstanden (2)

 

Sutta 36 unterscheidet sich vom vorhergehenden nur dadurch, daß nicht von einem einzelnen Bhikkhu eine Zwischenfrage gestellt wird, die der Zurechtweisung bedarf. Die Erörterung wendet sich vielmehr fortlaufend an die Gesamtheit der Bhikkhus, und der Meister führt selbst die Irrtümer an, die er widerlegt.

 

1. Ort der Begebenheit: Sāvatthī.

 

2. "Aus dem Nichtwissen als Ursache, ihr Bhikkhus, entstehen die Gestaltungen usw. usw. (= 35. 2) . . . Auf solche Art kommt der Ursprung der ganzen Masse des Leidens zu stande.

 

3. Wenn man nun sagte, ihr Bhikkhus: ,was ist Alter und Tod, und wem wieder wird dieses Alter und dieser Tod zu eigen? - oder wenn man, ihr Bhikkhus, sagte: ,ein anderes ist Alter und Tod, und ein anderes ist der, dem dieses Alter und dieser Tod zu eigen wird, so wäre beides ein und dasselbe, nur der Ausdruck wäre verschieden. Wenn, ihr Bhikkhus, die Anschauung besteht, Leben und Körper seien dasselbe, so gibt es keinen heiligen Wandel; oder wenn, ihr Bhikkhus, die Anschauung besteht, ein anderes sei das Leben und ein anderes sei der Körper, so gibt es keinen heiligen Wandel. Diese beiden Enden vermeidend, ihr Bhikkhus, verkündet in der Mitte der Tathāgata die wahre Lehre: Aus der Geburt als Ursache entsteht Alter und Tod.

 

4-13. Wenn man nun, ihr Bhikkhus, sagte: ,was ist Geburt - Werden - Erfassen - Durst - Empfindung - Berührung - die sechs Sinnesbereiche - Name und Form - Bewußtsein usw. usw. - was sind die Gestaltungen, und wem wieder werden die Gestaltungen zu eigen?' - oder wenn man, ihr Bhikkhus, sagte: ,ein anderes sind die Gestaltungen, und ein anderes wieder ist der, dem diese Gestaltungen zu eigen werden', so wäre beides ein und dasselbe, nur der Ausdruck wäre verschieden. Wenn, ihr Bhikkhus, die Anschauung besteht, Leben und Körper seien dasselbe, so gibt es keinen heiligen Wandel; oder wenn, ihr Bhikkhus, die Anschauung besteht, ein anderes sei das Leben, und ein anderes sei der Körper, so gibt es keinen heiligen Wandel. Diese beiden Enden vermeidend, ihr Bhikkhus, verkündet in.der Mitte der Tathāgata die wahre Lehre: Aus dem Nichtwissen als Ursache entstehen die Gestaltungen.

 

14-24. Nach dem restlosen Verschwinden aber und der Aufhebung des Nichtwissens, ihr Bhikkhus, werden alle seine Verrenkungen, Verzerrungen und unruhigen Seitensprünge, welche immer es seien, (nämlich:) ,was ist Geburt - Werden - Erfassen - Durst - Empfindung - Berührung - die sechs Sinnesbereiche - Bewußtsein - oder: ,was sind die Gestaltungen, und wem wieder werden die Gestaltungen zu eigen?' oder ,ein anderes sind die Gestaltungen, und ein anderes ist der, dem diese Gestaltungen zu eigen werden', oder: ,Leben und Körper sind ein und dasselbe', oder: ,ein anderes ist das Leben, und ein anderes ist der Körper,' - alle diese (Verrenkungen usw.) werden aufhören, an der Wurzel abgeschnitten, ausgerodet und vernichtet, so daß sie künftighin nicht mehr dem Gesetze des Wiederentstehens unterworfen sind."


S.12.37. Nicht euch gehörig

 

1. Ort der Begebenheit: Sāvatthī.

 

2. "Nicht ist, ihr Bhikkhus, dieser Körper euch gehörig, noch auch ist er anderen gehörig.

3. Als das frühere Kamma (*f116) ist dieser (Körper) zu verstehen, ihr Bhikkhus, durch Tun hervorgebracht, durch Denken hervorgebracht, durch Empfinden hervorgebracht (*f117).

 

4. Es ist daher, ihr Bhikkhus, das Gesetz von der ursächlichen Entstehung, das ein unterrichteter edler Jünger gut und reiflich erwägt,

 

5. nämlich: wenn jenes ist, tritt dieses ein; aus der Entstehung von jenem folgt die Entstehung von diesem; wenn jenes nicht ist, tritt dieses nicht ein; aus der Aufhebung von jenem folgt die Aufhebung von diesem. Das heißt: aus dem Nichtwissen als Ursache entstehen die Gestaltungen; aus den Gestaltungen als Ursache entsteht das Bewußtsein usw. usw. (= 1. 3) ... Auf solche Art kommt der Ursprung der ganzen Masse des Leidens zu stande. Aus dem restlosen Verschwinden aber und der Aufhebung des Nichtwissens folgt Aufhebung der Gestaltungen, aus der Aufhebung der Gestaltungen folgt Aufhebung des Bewußtseins usw. usw. (= 1. 4) ... Auf solche Art kommt die Aufhebung der ganzen Masse des Leidens zustande."


(*f116) P. purānam idam kammam. Der Kommentar (II. 90.2) erklärt das mit purānakammābhinibbatto "durch das frühere K. hervorgebracht".

(*f117) P. abhisamkhatam abhisamcetayitam vedayitam. Den ersten Begriff erläutert der Kommentar mit paccayehi kato "durch Ursachen entstanden", die beiden anderen mit "dessen vatthu (Stoff, Angelegenheit, Gegenstand) das Denken (bezw. Empfinden) ist". Die drei Worte werden auf den Körper (kāya masc.) bezogen und das Neutrum durch die Anlehnung an das unmittelbar vorhergehende neutrale kamma erklärt.


S.12.38. Das Denken (1)

 

Der Grundgedanke von Sutta 38, 39 und 40 ist der, daß es das kamma ist, das die Widergeburt bedingt. Durch unsere Beziehungen zur empirischen Welt, die durch ceteti "denkt", pakappeti "plant, beabsichtigt" und anuseti "verweilt, beharrt" (vergl. über anusaya die Einl. zu Sutta 15) ausgedrückt werden, kommen die samkhārā, d.h. das Kamma zu stande. 

Es bildet die "Grundlage" (ārammana) dafür, daß das "Bewußtsein" (viññāna) über den leiblichen Tod hinaus fortbesteht und durch den vorhandenen Stoff "zunimmt, wächst" (virūlha), d.h. neue Nahmng empfängt. 

Diese Fortdauer des Bewußtseins führt dazu, daß "Name und Geist" (nāma-rūpa) und die übrigen Glieder die Nidānakette sich einstellen, die zu "Werden" und "Geburt" hinüber leiten. In Sutta 39 werden sie einzeln aufgezählt in Sutta 38 mit dem Begriff "Wiedergeburt und Neuerstehung" (punabhavābhinibbatti) zusammen gefaßt. Es ist zu beachten, daß in Sutta 12. 3 dieser Ausdruck innerhalb der Nidānakette an Stelle des auf viññāna folgenden nāmarūpa steht. In Sutta 40 endlich treten für punabhavābhibbatti zwei Begriffe ein, die den Kreislauf der Existenzen, den samsāra, bezeichnen, nämlich "Kommen und Gehen" (āgatigati) und "Ausscheiden und Wiedererstehen" (cutūpapāta). Die Verbindung zwischen dem "Bewußtsein" und dem "Kommen und Gehen" wird durch die "Hinneigung" (nati) zu den Dingen der Erscheinungswelt hergestellt.

 

1. Ort der Begebenheit: Sāvatthī.

 

2. "Was einer denkt, ihr Bhikkhus, und was er beabsichtigt, und wobei er verharrt (*f118), damit entsteht eine Grundlage (*f119) für den Bestand des Bewußtseins. Wenn eine Grundlage vorhanden ist, so tritt Fortdauer des Bewußtseins ein. Wenn das Bewußtsein fortdauert und zunimmt, so tritt für die Zukunft Wiedergeburt und Neuerstehung ein. Wenn für die Zukunft Wiedergeburt und Neuerstehung vorhanden ist, so entstehen für die Zukunft Geburt, Alter und Tod, Schmerz, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung. Auf solche Art kommt der Ursprung der ganzen Masse des Leidens zustande.

 

3. Wenn einer nicht denkt, ihr Bhikkhus, und nichts beabsichtigt, aber doch (bei den Dingen) verharrt, so entsteht damit eine Grundlage für den Bestand des Bewußtseins. Wenn eine Grundlage vorhanden ist, so tritt Fortdauer des Bewußtseins ein. Wenn das Bewußtsein fortdauert und zunimmt, so tritt für die Zukunft Wiedergeburt und Neuerstehung ein. Wenn Wiedergeburt und Neuerstehung vorhanden ist, so entstehen für die Zukunft Geburt, Alter und Tod, Schmerz, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung. Auf solche Art kommt der Ursprung der ganzen Masse des Leidens zustande.

 

4. Wenn einer aber nicht denkt, ihr Bhikkhus, und nichts beabsichtigt und auch nicht (bei den Dingen) verharrt, - so entsteht damit keine Grundlage für den Bestand des Bewußtseins. Wenn keine Grundlage vorhanden ist, so tritt Fortdauer des Bewußtseins nicht ein. Wenn das Bewußtsein nicht fortdauert und nicht zunimmt, so tritt für die Zukunft Wiedergeburt und Neuerstehung nicht ein. Wenn Wiedergeburt und Neuerstehung nicht vorhanden ist, so werden für die Zukunft Geburt, Alter und Tod, Schmerz, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung aufgehoben. Auf solche Art kommt die Aufhebung der ganzen Masse des Leidens zustande."


(*f118) Im Kommentar (II. 90.8ff). werden alle drei Verba durch pavatteti "beginnt, unternimmt" erklärt.

(*f119) P. ārammana "Gegenstand, Objekt". Nach dem Kommentar (II. 90.14) hier = paccaya "Ursache".


S.12.39. Das Denken (2)

 

1. Ort der Begebenheit: Sāvatthī.

 

2. "Was einer denkt, ihr Bhikkhus, und was er beabsichtigt, und wobei er verharrt, damit entsteht eine Grundlage für den Bestand des Bewußtseins. Wenn eine Grundlage vorhanden ist, so tritt Fortdauer des Bewußtseins ein. Wenn das Bewußtsein fortdauert und zunimmt, so tritt Name und Form in die Erscheinung.

 

3. Aus Name und Form als Ursache entstehen die sechs Sinnesbereiche; aus den sechs Sinnesbereichen als Ursache entsteht die Berührung; aus der Berührung als Ursache entsteht die Empfindung; aus der Empfindung als Ursache entsteht der Durst; aus dem Durst als Ursache entsteht das Erfassen; aus dem Erfassen als Ursache entsteht das Werden; aus dem Werden als Ursache entsteht die Geburt; aus der Geburt als Ursache entstehen Alter und Tod, Schmerz, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung. Auf solche Art kommt der Ursprung der ganzen Masse des Leidens zustande.

 

4. Wenn einer aber nicht denkt, ihr Bhikkhus, und nichts beabsichtigt, aber doch (bei den Dingen) verharrt, so entsteht damit eine Grundlage für den Bestand des Bewußtseins. Wenn eine Grundlage vorhanden ist, so tritt Fortdauer des Bewußtseins ein. Wenn das Bewußtsein fortdauert und zunimmt, so tritt Name und Form in die Erscheinung.

 

5. Aus Name und Form als Ursache entstehen die sechs Sinnesbereiche usw. usw. (= 3) . . . Auf solche Art kommt der Ursprung der ganzen Masse des Leidens zustande.

 

6. Wenn einer aber nicht denkt, ihr Bhikkhus, und nichts beabsichtigt und auch nicht (bei den Dingen) verharrt, so entsteht damit keine Grundlage für den Bestand des Bewußtseins. Wenn keine Grundlage vorhanden ist, so tritt Fortdauer des Bewußtseins nicht ein. Wenn das Bewußtsein nicht fortdauert und nicht zunimmt, so treten Name und Form nicht in die Erscheinung.

 

7. Aus der Aufhebung von Name und Form folgt Aufhebung der sechs Sinnesbereiche; aus der Aufhebung der sechs Sinnesbereiche folgt Aufhebung der Berührung; aus der Aufhebung der Berührung folgt Aufhebung der Empfindung; aus der Aufhebung der Empfindung folgt Aufhebung des Durstes; aus der Aufhebung des Durstes folgt Aufhebung des Erfassens; aus der Aufhebung des Erfassens folgt Aufhebung des Werdens; aus der Aufhebung des Werdens folgt Aufhebung der Geburt; durch Aufhebung der Geburt werden Alter und Tod, Schmerz, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung aufgehoben. Auf solche Art kommt die Aufhebung; der ganzen Masse des Leidens zustande."


S.12.40. Das Denken (3)

 

1. Ort der Begebenheit: Sāvatthī.

 

2. "Was einer denkt, ihr Bhikkhus, und was er beabsichtigt, und wobei er verharrt, damit entsteht eine Grundlage für den Bestand des Bewußtseins. Wenn eine Grundlage vorhanden ist, so tritt Fortdauer des Bewußtseins ein.

 

3. Wenn das Bewußtsein fortbesteht und zunimmt, so tritt Hinneigung (*f120) (zu den Dingen) ein. Wenn Hinneigung vorhanden ist, so entsteht Kommen und Gehen. Wenn Kommen und Gehen vorhanden ist, so entsteht Ausscheiden und Wiedererstehen. Wenn Ausscheiden und Wiedererstehen vorhanden ist, so entstehen für die Zukunft Geburt, Alter und Tod, Schmerz, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung. Auf solche Art kommt der Ursprung der ganzen Masse des Leidens zustande.

 

4. Wenn einer aber nicht denkt, ihr Bhikkhus, und nichts beabsichtigt, aber doch (bei den Dingen) verharrt, so entsteht damit eine Grundlage für den Bestand des Bewußtseins. Wenn eine Grundlage vorhanden ist, so tritt Fortdauer des Bewußtseins ein.

 

5. Wenn das Bewußtsein fortdauert und zunimmt, so tritt Hinneigung (zu den Dingen) ein. Wenn Hinneigung vorhanden ist, so entsteht Kommen und Gehen. Wenn Kommen und Gehen vorhanden ist, so entsteht Ausscheiden und Wiedererstehen. Wenn Ausscheiden und Wiedererstehen vorhanden ist, so entsteht für die Zukunft Geburt, Alter und Tod, Schmerz, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung. Auf solche Art kommt der Ursprung der ganzen Masse des Leidens zustande.

 

6. Wenn einer aber nicht denkt, ihr Bhikkhus, und nichts beabsichtigt und auch nicht (bei den Dingen) verharrt, so entsteht damit keine Grundlage für den Bestand des Bewußtseins. Wenn keine Grundlage vorhanden ist, so tritt Fortdauer des Bewußtseins nicht ein.

 

7. Wenn das Bewußtsein nicht fortdauert und nicht zunimmt, so tritt keine Hinneigung (zu den Dingen) ein. Wenn keine Hinneigung vorhanden ist, so entsteht kein Kommen und Gehen. Wenn Kommen und Gehen nicht vorhanden ist, so entsteht kein Ausscheiden und Wiedererstehen. Wenn Ausscheiden und Wiedererstehen nicht vorhanden ist, so werden für die Zukunft Geburt, Alter und Tod, Schmerz, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung aufgehoben. Auf solche Art kommt die Aufhebung der ganzen Masse des Leidens zustande."


(*f120) P. nati. Der Kommentar (II. 92.9) erläutert den Begriff durch tanhā "Durst" und fügt hinzu: "denn dieser wird ,Hinneigung' genannt wegen seines Hinneigens zu lieben Formen (piyarūpesu) und den sonstigen Sinnesobjekten".


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