Samyutta Nikaya

12. Nidāna-Samyutta - Von den Ursachen
11-20 Āhāra-vagga - Von den Nahrungsstoffen

S.12.11. Die Nahrungsstoffe
S.12.12. Phagguna
S.12.13. Samanas und Brāhmanas (1)
S.12.14. Samanas und Brāhmanas (2)
S.12.15. Der Sproß aus dem Hause Kaccāyana
S.12.16. Der Wahrheitskünder
S.12.17. Der Nacktgänger
S.12.18. Timbaruka
S.12.19. Wie sich der Weise vom Toren unterscheidet
S.12.20. Die Ursachen


S.12.11. Die Nahrungsstoffe

 

Der Ausdruck āhāra "Nährstoff, Nahrung" berührt sich auf das engste mit upādāna (Glied 9 der Nidānakette). Beide Wörter bedeuten ursprünglich "das Ansichnehmen, das Ergreifen, Erfassen". Beide bezeichnen den Nahrungsstoff von Feuer oder Lampe. Vgl. Samy. 22. 88. 25 (= III. 126) tass' eva telassa ca vattiyā ca pariyādānā (telapadīpo) anāhāro nibbāyeyya "durch Wegfall von Öl und Docht würde die Lampe, weil ohne Nahrung, erlöschen." Nach unserem Sutta § 3 ist āhāra durch tanhā "Durst" bedingt, wie upādāna in der Nidānakette. Majjh. 11 (= I. 67) ist von vier Upādānas die Rede, und es wird von ihnen im weiteren Verlaufe wörtlich das gleiche ausgesagt, wie in unserem Sutta und in Majjh. 38 (= I. 261) von den vier Āhāras.

 

1. Also habe ich vernommen.

Einstmals weite der Erhabene in Sāvatthī im Jetahain, im Parke des Anāthapindika.

 

2. "Diese vier Nahrungsstoffe, ihr Bhikkhus, dienen den Wesen, die (schon) geboren sind, zur Erhaltung, oder den Wesen, die nach Wiedergeburt suchen, zur Förderung.

Welche vier? Die eßbare Speise, grobe oder feine; die Berührung ist der zweite; die Denktätigkeit des Geistes ist der dritte; das Bewußtsein ist der vierte. Das also sind, ihr Bhikkhus, die vier Nahrungsstoffe für die Wesen, die (schon) geboren sind, zur Erhaltung, und für die Wesen, die nach Wiedergeburt suchen, zur Förderung.

 

3. Diese vier Nahrungsstoffe aber, ihr Bhikkhus, was haben sie zur Ursache, was zum Ursprung, was zur Herkunft, was zur Entstehung? Diese vier Nahrungsstoffe haben den Durst zur Ursache, den Durst zum Ursprung, den Durst zur Herkunft, den Durst zur Entstehung.

 

4. Dieser Durst aber, ihr Bhikkhus, was hat er zur Ursache, was zum Ursprung, was zur Herkunft, was zur Entstehung? Der Durst hat die Empfindung zur Ursache, die Empfindung zum Ursprung, die Empfindung zur Herkunft, die Empfindung zur Entstehung.

 

5. Diese Empfindung aber, ihr Bhikkhus, was hat sie zur Ursache, was zum Ursprung, was zur Herkunft, was zur Entstehung? Die Empfindung hat die Berührung zur Ursache, die Berührung zum Ursprung, die Berührung zur Herkunft, die Berührung zur Entstehung.

 

6. Diese Berührung aber, ihr Bhikkhus, was hat sie zur Ursache, was zur Entstehung? Die Berührung hat die sechs Sinnesbereiche zur Ursache, die sechs Sinnesbereiche zum Ursprung, die sechs Sinnesbereiche zur Herkunft, die sechs Sinnesbereiche zur Entstehung.

 

7. Diese sechs Sinnesbereiche aber, ihr Bhikkhus, was haben sie zur Ursache, was zum Ursprung, was zur Herkunft, was zur Entstehung? Die sechs Sinnesbereiche haben Name und Form zur Ursache, Name und Form zum Ursprung Name und Form zur Herkunft, Name und Form zur Entstehung.

 

8. Diese (beiden) Name und Form aber, ihr Bhikkhus, was haben sie zur Ursache, was zum Ursprung, was zur Herkunft, was zur Entstehung? Name und Form haben das Bewußtsein zur Ursache, das Bewußtsein zum Ursprung, das Bewußtsein zur Herkunft, das Bewußtsein zur Entstehung.

 

9. Dieses Bewußtsein aber, ihr Bhikkhus, was hat es zur Ursache, was zum Ursprung, was zur Herkunft, was zur Entstehung? Das Bewußtsein hat die Gestaltungen zur Ursache, die Gestaltungen zum Ursprung, die Gestaltungen zur Herkunft, die Gestaltungen zur Entstehung.

 

10. Diese Gestaltungen aber, ihr Bhikkhus, was haben sie zur Ursache, was zum Ursprung, was zur Herkunft, was zur Entstehung? Die Gestaltungen haben das Nichtwissen zur Ursache, das Nichtwissen zum Ursprung, das Nichtwissen zur Herkunft, das Nichtwissen zur Entstehung.

 

11. = 4.27.

 

12. Aus dem restlosen Verschwinden aber und der Aufhebung des Begehrens folgt Aufhebung der Gestaltungen, aus der Aufhebung der Gestaltungen folgt Aufhebung des Bewußtseins usw. (= 1. 4). Auf solche Art kommt die Aufhebung der ganzen Masse des Leidens zustande".

 


S.12.12. Phagguna

 

1. Ort der Begebenheit: Sāvatthī.

 

2. "Diese vier Nahrungsstoffe, ihr Bhikkhus, dienen den Wesen, die (schon) geboren sind, zur Erhaltung, oder den Wesen, die nach Wiedergeburt suchen, zur Förderung.

Welche vier? Die eßbare Speise, grobe oder feine; die Berührung ist der zweite; die Denktätigkeit des Geistes ist der dritte; das Bewußtsein ist der vierte. Das also sind, ihr Bhikkhus, die vier Nahrungsstoffe, für die Wesen, die (schon) geboren sind, zur Erhaltung, und für die Wesen, die nach Wiedergeburt suchen, zur Förderung."

 

3. Nach diesen Worten sprach der ehrwürdige Moliya-Phagguna zum Erhabenen also: "Wer nimmt denn nun, Herr, den Nahrungsstoff Bewußtsein zu sich?"

"Die Frage ist nicht richtig," erwiderte der Erhabene. "Ich sage nicht: er nimmt zu sich (*f20). Würde ich sagen: er nimmt zu sich, dann wäre die Frage, ,wer nimmt denn nun, Herr, zu sich?' richtig. Aber so sage ich nicht. Da ich nun nicht so sage, so wäre die Frage richtig, wenn man mich fragte: ,wozu dient denn nun, Herr, der Nahrungsstoff Bewußtsein (*f21)?' Da wäre dann die richtige Antwort: Der Nahrungsstoff Bewußtsein ist die Ursache für künftige Wiedergeburt und Neuerstehung (*f22); wenn diese geworden sind, (entstehen) die sechs Bereiche, aus den sechs Bereichen als Ursache die Berührung."

 

4. "Wer ist's denn nun, Herr, der berührt?"

"Die Frage ist nicht richtig," erwiderte der Erhabene. "Ich sage nicht: er berührt. Würde ich sagen: er berührt, dann wäre die Frage, ,wer ist's denn nun, Herr, der berührt?' richtig. Aber so sage ich nicht. Da ich nun nicht so sage, so wäre die Frage richtig, wenn man mich fragte: ,aus welcher Ursache, Herr, geht denn nun Berührung hervor?' Da wäre dann die richtige Antwort: Aus den sechs Bereichen als Ursache (geht) die Berührung (hervor), aus der Berührung als Ursache die Empfindung."

 

5. "Wer ist's denn nun, Herr, der empfindet?"

"Die Frage ist nicht richtig," erwiderte der Erhabene. "Ich sage nicht: er empfindet. Würde ich sagen: er empfindet, dann wäre die Frage, ,wer ist's denn nun, Herr, der empfindet?' richtig. Aber so sage ich nicht. Da ich nun nicht so sage, so wäre die Frage richtig, wenn man mich fragte: ,aus welcher Ursache geht denn nun, Herr, die Empfindung hervor?' Da wäre dann die richtige Antwort: Aus der Berührung als Ursache (geht) die Empfindung (hervor), aus der Empfindung als Ursache der Durst."

 

6. "Wer ist's denn nun, Herr, der dürstet?"

"Die Frage ist nicht richtig," erwiderte der Erhabene. "Ich sage nicht: er dürstet. Würde ich sagen: er dürstet, dann wäre die Frage, ,wer ist's denn nun, Herr, der dürstet?' richtig. Aber so sage ich nicht. Da ich nun nicht so sage, so wäre die Frage richtig, wenn man mich fragte: ,aus welcher Ursache geht denn nun, Herr, der Durst hervor?' Da wäre dann die richtige Antwort: Aus der Empfindung als Ursache (geht) der Durst (hervor), aus dem Durst als Ursache das Erfassen

 

7. "Wer ist's denn nun, Herr, der erfaßt?"

"Die Frage ist nicht richtig," erwiderte der Erhabene. "Ich sage nicht: er erfaßt. Würde ich sagen: er erfaßt, dann wäre die Frage ,wer ist's denn nun, Herr, der erfaßt?' richtig. Aber so sage ich nicht. Da ich nun nicht so sage, so wäre die Frage richtig, wenn man mich fragte: ,aus welcher Ursache geht denn nun, Herr, das Erfassen hervor?' Da wäre dann die richtige Antwort: Aus dem Durst als Ursache (geht) das Erfassen (hervor), aus dem Erfassen als Ursache das Werden.

Also kommt die Entstehung der ganzen Masse des Leidens zu stande.

 

8. Aus dem restlosen Verschwinden aber, o Phagguna, und der Aufhebung der sechs Bereiche der Berührung folgt Aufhebung der Berührung; aus der Aufhebung der Berührung folgt Aufhebung der Empfindung; aus der Aufhebung der Empfindung folgt Aufhebung des Durstes; aus der Aufhebung des Durstes folgt Aufhebung des Erfassens; aus der Aufhebung des Erfassens folgt Aufhebung des Werdens; aus der Aufhebung des Werdens folgt Aufhebung der Geburt; durch Aufhebung der Geburt werden Alter und Tod, Schmerz, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung aufgehoben.

Auf solche Art kommt die Aufhebung der ganzen Masse des Leidens zu stande."

 

 


(*f20) Der Kommentar umschreibt dies so: Ich sage nicht, daß irgend eine Person oder ein Individuum (den Nahrungsstoff) zu sich nimmt.

(*f21) Kommentar: Dieser Nahrungsstoff Bewußtsein, wovon ist er die Ursache?

(*f22) Das Dvandva punabbhavābhinibbatti steht hier deutlich innerhalb der Nidānareihe an Stelle von nāmarūpa "Name und Form" und es wird auch vom Kommentar mit diesem Terminus umschrieben.  


S.12.13. Samanas und Brāhmanas (1)

 

Über den Begriff samana verweise ich auf R. O. Franke, Dīghanikāya übers., S.304ff. Es werden darunter "zugleich Buddhas Bhikkhu's und andere Arten von Weltflüchtigen zusammengefaßt. Wenn aber in der Überschrift unseres Sutta die Samanas mit dem Brāhmanas zusammen genannt, ja, wie auch sonst oft, zu einem Paar verbunden werden, so sind damit alle die gemeint, deren Interessen aut das Geistige gerichtet sind, die weltentsagenden Kreise der Denker, Philosophen, Asketen, und zwar sowohl die, welche der Buddhalehre folgen, als auch die, welche irgend einer der brahmanischen Schulen angehören.

 

1. Ort der Begebenheit: Sāvatthī.

 

2. Alle die Samanas oder Brāhmanas, ihr Bhikkhus, welche Alter und Tod nicht kennen (*f23), den Ursprung von Alter und Tod nicht kennen, die Aufhebung von Alter und Tod nicht kennen, den zur Aufhebung von Alter und Tod führenden Weg nicht kennen, - welche Geburt - Werden - Erfassen - Durst - Empfindung - Berührung - die sechs Sinnesbereiche - Name und Form - Bewußtsein - Gestaltungen (*f24) nicht kennen, den Ursprung der Gestaltungen nicht kennen, die Aufhebung der Gestaltungen nicht kennen, den zur Aufhebung der Gestaltungen führenden Weg nicht kennen, - nicht sind, ihr Bhikkhus, diese Samanas oder Brāhmanas von mir unter den Samanas als solche anerkannt oder unter den Brāhmanas als solche anerkannt (*f25), und nicht haben auch diese würdigen Herren das Ziel ihrer Samanaschaft oder das Ziel ihrer Brāhmanaschaft bei Lebzeiten schon (*f26) durch eigenes Begreifen und Verwirklichen erreicht.

 

3. Alle die Samanas oder Brāhmanas aber, ihr Bhikkhus, welche Alter und Tod kennen, den Ursprung von Alter und Tod kennen, die Aufhebung von Alter und Tod kennen, den zur Aufhebung von Alter und Tod führenden Weg kennen - welche Geburt - Werden - Erfassen - Durst - Empfindung - Berührung - die sechs Sinnesbereiche - Name und Form - Bewußtsein - Gestaltungen kennen, den Ursprung der Gestaltungen kennen, die Aufhebung der Gestaltungen kennen, den zur Aufhebung der Gestaltungen führenden Weg kennen, - diese Samanas oder Brāhmanas, ihr Bhikkhus, sind von mir unter den Samanas als solche anerkannt und unter den Brāhmanas als solche anerkannt, und es haben auch diese würdigen Herren das Ziel ihrer Samanaschaft und das Ziel ihrer Brāhmanaschaft bei Lebzeiten schon durch eignes Begreifen und Verwirklichen erreicht."

 

 


(*f23) D.h., welche das Wesen von Alter und Tod nicht kennen, sie nicht unter dem Gesichtspunkte des Leidens verstehen. Es ist hier und im folgenden an die vier heiligen Wahrheiten gedacht vom Leiden, von der Ursache des Leidens, von der Aufhebung des Leidens und von dem zur Aufhebung des Leidens führenden Weg. Vgl. Komm., II. 41.

(*f24) Es ist zu beachten, daß in diesem und im folgenden Sutta die Liste mit samkhārā "Gestaltungen" abschließt und von avijjā "Nichtwissen" überhaupt nicht gesprochen wird.

(*f25) Die gleiche Phrase samanesu vā samanasammatā brāhmanesu vā brāhmanasammatā findet sich Dīgha 17. 1. 33= II. 185.

(*f26) Ditthe va dhamme. Über diese Phrase vgl. M. und W. Geiger, Pāli Dhamma, Abhdl. d. B. Akad. d. Wissensch. S. 99 ff.  


S.12.14. Samanas und Brāhmanas (2)

 

1. Ort der Begebenheit: Sāvatthī.

 

2. "Alle die Samanas oder Brāhmanas, ihr Bhikkhus, die folgende Dinge nicht kennen, folgender Dinge Ursprung nicht kennen, folgender Dinge Aufhebung nicht kennen, den zu folgender Dinge Aufhebung führenden Weg nicht kennen, (die) welche Dinge nicht kennen, welcher Dinge Ursprung nicht kennen, welcher Dinge Aufhebung nicht kennen, den zu welcher Dinge Aufhebung führenden Weg nicht kennen? -

 

3. (Die) Alter und Tod nicht kennen, den Ursprung von Alter und Tod nicht kennen, die Aufhebung von Alter und Tod nicht kennen, den zur Aufhebung von Alter und Tod führenden Weg nicht kennen, - (die) Geburt - Werden - Erfassen - Durst - Empfindung - Berührung - die sechs Sinnesbereiche - Name und Form - Bewußtsein - Gestaltungen nicht kennen - (die) diese Dinge nicht kennen, dieser Dinge Ursprung nicht kennen, dieser Dinge Aufhebung nicht kennen, den zu dieser Dinge Aufhebung führenden Weg nicht kennen -

 

4. Nicht sind, ihr Bhikkhus, diese Samanas oder Brāhmanas von mir unter den Samanas als solche anerkannt oder unter den Brāhmanas als solche anerkannt, und nicht haben auch diese würdigen Herren das Ziel ihrer Samanaschaft oder das Ziel ihrer Brāhmanaschaft durch eignes Begreifen und Verwirklichen bei Lebzeiten schon erreicht.

 

5. Alle die Samanas oder Brāhmanas aber, ihr Bhikkhus, die folgende Dinge kennen, folgender Dinge Ursprung kennen, folgender Dinge Aufhebung kennen, den zu folgender Dinge Aufhebung führenden Weg kennen, - (die) welche Dinge kennen, welcher Dinge Ursprung kennen, welcher Dinge Aufhebung kennen, den zu welcher Dinge Aufhebung führenden Weg kennen? -

 

6. (Die) Alter und Tod kennen, den Ursprung von Alter und Tod kennen, die Aufhebung von Alter und Tod kennen, den zur Aufhebung von Alter und Tod führenden Weg kennen, - (die) Geburt - Werden - Erfassen - Durst - Empfindung - Berührung - die sechs Sinnesbereiche - Name und Form - Bewußtsein - Gestaltungen kennen, den Ursprung der Gestaltungen kennen, die Aufhebung der Gestaltungen kennen, den zur Aufhebung der Gestaltungen führenden Weg kennen -

 

7. Diese Samanas oder Brāhmanas, ihr Bhikkhus, sind von mir unter den Samanas als solche anerkannt und unter den Brāhmanas als solche anerkannt, und es haben auch diese würdigen Herren das Ziel ihrer Samanaschaft und das Ziel ihrer Brāhmanaschaft bei Lebzeiten schon durch eignes Begreifen und Verwirklichen erreicht."

 


S.12.15. Der Sproß aus dem Hause Kaccāyana

 

In diesem Sutta § 6 begegnet uns eine Reihe von Terminis, die kurzer Erläuterung bedürfen. "Aufsuchen, Erfassen, Dabeiverbleiben" (= p. upāya, upādāna, vinivesa) beziehen sich auf unser Verhältnis zu den empirischen Dingen. Sie stellen eine Klimax dar, durch welche die stufenweise sich vollziehende Verbindung des Denkens mit den Objekten zum Ausdruck gebracht wird. Durch sie wird der Geist an die Objekte "gefesselt". Auf das cetas bezogen, werden die Ausdrücke "Wollen" (adhitthāna), "Eindringen" (abhinivesa) und "Beharren" (anusaya) gebraucht. Ebenso steht Samyutta 22.3.9 (= III. 10), Majjhima 112 (= III. 30-31) usw. rūpe (vedanāya,saññāya,samkhāre,viññāne) upāyūpādāna cetaso adhitthānābhini-vesānusaya. Der Ausdruck vinivesa fehlt in diesen Stellen; es scheint also, daß es in den unsrigen die drei vom cetas ausgesagten Begriffe zusammenfassend vorweg nimmt.

 

Der Sinn von ist dieser: Der Buddhajünger, der weiß, daß es keine Seele gibt, daß das, was man so nennt, nur Leiden d.h. etwas Vergängliches ist, das entsteht und vergeht, nämlich nur das Aggregat der "Wesensbestandteile" (vgl. die Anm. zu Sutta 2, 4), - der läßt sich nicht durch die Objekte fesseln, der hat die "richtige Einsicht" in das Wesen der Dinge.

 

1. Ort der Begebenheit: Sāvatthī.

 

2. Und es begab sich der würdige Sproß aus dem Hause Kaccāyana (*f27) dorthin, wo der Erhabene sich befand. Nachdem er sich dorthin begeben und den Erhabenen ehrfürchtig begrüßt hatte, setzte er sich zur Seite nieder.

 

3. Zur Seite sitzend, sprach dann der würdige Sproß aus dem Hause Kaccāyana zu dem Erhabenen also: "Rechte Einsicht, rechte Einsicht, Herr, sagt man. In wie weit, Herr, gibt es nun rechte Einsicht?"

 

4. "Auf zweierlei (Möglichkeit) kommt, Kaccāyana, diese Welt zumeist hinaus (*f28), auf Sein und auf Nichtsein.

 

5. Für den nun, Kaccāyana, der den Ursprung der Welt der Wirklichkeit gemäß mit richtigem Verständnis betrachtet, gibt es das nicht, was in der Welt ,Nichtsein' (heißt); für den aber, Kaccayana, der die Aufhebung der Welt der Wirklichkeit gemäß mit richtigem Verständnis betrachtet, gibt es das nicht, was in der Welt ,Sein' (heißt).

 

6. Durch Aufsuchen, Erfassen und Dabeiverbleiben (*f29) ist ja, Kaccāyana, diese Welt zumeist gefesselt. Wenn nun jemand (*f30), Kaccāyana, dieses Aufsuchen und Erfassen, das Wollen des Denkens, sein Eindringen und Darinbeharren nicht aufsucht, nicht erfaßt, nicht dazu den Willen hat in dem Gedanken: es ist in mir kein Ich (*f31), - und wenn er dann daran, daß Leiden alles ist, was entsteht und Leiden alles ist, was vergeht, nicht zweifelt und kein Bedenken hat und infolge seines ausschließlichen Vertrauens (*f32) schon das Wissen hievon besitzt - in so weit, Kaccāyana, gibt es rechte Einsicht.

 

7. ,Alles Ist', das, Kaccāyana, ist das eine Ende. ,Alles ist nicht, das ist das andere Ende. Diese beiden Enden vermeidend, verkündet in der Mitte der Tathāgata seine Lehre:

 

8. Aus dem Nichtwissen als Ursache entstehen die Gestaltungen; aus den Gestaltungen als Ursache entsteht das Bewußtsein usw. usw. Auf solche Art kommt der Ursprung der ganzen Masse des Leidens zu stande. Aus dem restlosen Verschwinden aber und der Aufhebung des Nichtwissens folgt Aufhebung der Gestaltungen; aus der Aufhebung der Gestaltungen folgt Aufhebung des Bewußtseins usw., usw. Auf solche Art kommt die Aufhebung der ganzen Masse des Leidens zu stande."

 

 


(*f27) Kaccāyanagotta ist einfach Umschreibung des Familiennamens Kaccāyana = skr. Kātyāyana.

(*f28) Der Buddha will darlegen, daß die Alternative atthitā und natthitā zwei Extreme bedeutet, zwischen denen die Wahrheit liegt. Der Kommentar, II. S. 41-2 v. n. erklärt dvayam nissito durch dve kotthāse n.; unter ayamn loko yebhuyyena "diese Welt zumeist" versteht er die große Masse der Menschen, mit Ausnahme der ariyapuggalā, die der buddhistischen Lehre folgen.

(*f29) Ich lese mit Buddhaghosa und einem Teil der Handschriften vinivesam statt abhinivesam. Es wird dadurch vermieden, daß im folgenden (cetaso adhitthānam abhinivesānusayam) der gleiche Ausdruck wieder gebraucht wird.

(*f30) P. ayam "dieser". Der Kommentar umschreibt es mit ayam ariyasāvako "dieser Buddhajünger".

(*f31) Es ist natürlich atta na me ti zu trennen. Der Herausgeber des Textes hat das nicht gesehen.

(*f32) P. aparappaccayā, nämlich zu dem Buddha und zu seiner Lehre. Zu meiner Übersetzung veranlaßt mich die Wendung aparappaccayo satthu sāsane "ausschließlich sich verlassend auf (glaubend an) die Lehre des Meisters". Dīgha I.148, II.41, 43ff.; Majjhima I.491; Vinaya I.12 usw.  


S.12.16. Der Wahrheitskünder

 

Der Ausdruck dhammakathika, den ich hier mit "Wahrheitskünder" wiedergebe, ist eine Ehrenbezeichnung für solche Bhikkhus, die besonders eindrucksvolle Prediger der Buddhalehre, des dhamma, sind. Anguttara Nik. II, S. 23 wird Punna, der Sohn der Mantāni, als der erste der dhammakathika genannt, S. 52 Dhammadinnā als die erste unter den Bhikkhunīs. Das Wort dhamma kehrt dann in 5 wieder in dhammānudhammapatipanna. Es bedeutet hier "wahre Lehre". Vgl. M. und W. Geiger, Pāli Dhamma, S. 115 ff. In ditthadhammanibbānappatta (vgl. ebenda, S. 99 ff.) in 6 endlich ist es "Zustand"; ditthadhamma "der gegenwärtige Zustand, das gegenwärtige Dasein". - Die Ausdrücke nibbidā "Widerwillen" virāga "Verschwinden", nirodha "Aufhebung stellen wieder eine Klimax dar. Der erste bezeichnet die Abneigung gegen die empirischen Dinge, die entsteht, sobald man ihre Nichtigkeit erkannt hat. Der zweite, wtl. "das Entfärben, Verblassen" sagt aus, daß die Dinge nicht mehr auf das Denken abfärben. Im Bhāsya zu den Yogasūtras 1. 41 wird unser Denken mit einem durchsichtigen farblosen Kristall verglichen, der die Farbe der Unterlage annimmt, d.h. auf einem roten Tuche liegend, rot, auf einem blauen, blau usw. erscheint. Es "verschwinden" also für den, der auf dem Weg zur Erlösung ist, die weltlichen Dinge. Subjektiv ist virāga die völlige Gleichgültigkeit ihnen gegenüber. Durch nirodha endlich wird die aus virāga sich ergebende Aufhebung aller Beziehungen zu den Dingen und damit des Samsāra, der Wiedergeburten, zum Ausdruck gebracht.

 

1. Ort der Begebenheit: Sāvatthī.

 

2. Und es begab sich ein Bhikkhu dorthin, wo der Erhabene sich befand. Nachdem er sich dorthin begeben und den Erhabenen ehrfürchtig begrüßt hatte, setzte er sich zur Seite nieder.

 

3. Zur Seite sitzend sprach dann der Bhikkhu zu dem Erhabenen also: "Wahrheitskünder, Wahrheitskünder, Herr, sagt man.

 

4. "Wenn ein Bhikkhu zum Widerwillen gegen Alter und Tod, zu ihrem Verschwinden und ihrer Aufhebung (*f33) die wahre Lehre predigt, so mag man füglich sagen: ein Wahrheitskünder ist der Bhikkhu.

 

5. Wenn ein Bhikkhu nach dem Widerwillen gegen Alter und Tod, nach ihrem Verschwinden und ihrer Aufhebung wandelnd strebt (*f34), so mag man füglich sagen: einer, der gemäß der wahren Lehre wandelt, ist der Bhikkhu.

 

6. Wenn ein Bhikkhu durch den Widerwillen gegen Alter und Tod, durch ihr Verschwinden und ihre Aufhebung, ohne an irgend etwas zu haften, erlöst ist, so mag man füglich sagen: einer, der bei Lebzeiten das Nirvana erreicht hat, ist der Bhikkhu.

 

7. Wenn ein Bhikkhu zum Widerwillen gegen Geburt - gegen Werden - gegen Erfassen - gegen Durst - gegen Empfindung - gegen Berührung - gegen die sechs Sinnesbereiche - gegen Name und Form - gegen Bewußtsein - gegen die Gestaltungen - wenn ein Bhikkhu zum Widerwillen gegen das Nichtwissen, zu seinem Verschwinden und seiner Aufhebung die wahre Lehre predigt, dann mag man füglich sagen: ein Wahrheitskünder ist der Bhikkhu.

 

8. Wenn ein Bhikkhu nach dem Widerwillen gegen Geburt - gegen Werden - gegen Erfassen - gegen Durst - gegen Empfindung - gegen Berührung - gegen die sechs Sinnesbereiche - gegen Name und Form - gegen Bewußtsein - gegen die Gestaltungen - wenn ein Bhikkhu nach dem Widerwillen gegen das Nichtwissen, nach seinem Verschwinden und seiner Aufhebung wandelnd strebt, so mag man füglich sagen: einer der gemäß der wahren Lehre wandelt, ist der Bhikkhu.

 

9. Wenn ein Bhikkhu durch den Widerwillen gegen Geburt - gegen Werden - gegen Erfassen - gegen Durst - gegen Empfindung - gegen Berührung - gegen die sechs Sinnesbereiche - gegen Name und Form - gegen Bewußtsein - gegen die Gestaltungen - wenn ein Bhikkhu durch Widerwillen gegen das Nichtwissen, durch sein Verschwinden und seine Aufhebung, ohne irgend etwas zu erfassen, erlöst ist, so mag man füglich sagen: einer, der bei Lebzeiten das Nirvana erreicht hat, ist der Bhikkhu."

 

 


(*f33) Die Dative nibbidāya usw. drücken den Zweck aus. Der Komm. umschreibt sie mit nibbindanatthāya, virajjanatthāya, nirujjhanatthāya.

(*f34) P. patipanno. Das Wort drückt das Fortschreiten aut dem zur Erlösung führenden Heilspfad aus. Komm. sīlato patthāya yāva arahattanaggā patipanno "der den Weg von der Erfüllung der sittlichen Vorschriften bis zur Vollendung beschritten hat."  


S.12.17. Der Nacktgänger

 

Die Bekehrung des Nacktgängers Kassapa wird im Kanon mehrfach und in verschiedener Form berichtet. Nach dem Dīgha 8 (= I. 161 ff., übersetzt von Rhys Davids, Sacred Books of the Buddhists II. 206ff. Franke, Dīgha, S. 131 ff.) erfolgt sie im Anschluß an eine Unterredung mit dem Buddha selber. Nach dem Majjhima 124 (= III. 124ff.) ist es das Vorbild des Bakkula, das ihn zum Eintritt in den Orden bestimmt. Wieder anders endlich ist der Bericht im Samyutta 41. 9 (= IV. 300ff.).

 

Das Leiden, von dem in § 7 ff. unseres Sutta gesprochen wird, ist das Leiden der Wiedergeburten, des samsāra (Komm.: vattadukhham). Die Fragestellung ist also die, ob die Wiedergeburt eine selbstverschuldete ist, oder die Folge der Taten, des kamma, irgend eines anderen. Der Tathāgata lehnt diese Alternative ab. Durch sie würden nur zwei Extreme zum Ausdruck gebracht, die Wahrheit liegt in der Mitte. Bei Annahme der ersteren Alternative - dies ist Sinn von § 14 - käme man zu dem Schluß, daß ein bleibendes Ich von Existenz zu Existenz fortdauert; ein solches Ich gibt es aber nicht. Bei Annahme der zweiten Möglichkeit würde jeder Zusammenhang zwischen den einzelnen Existenzen aufgehoben. Ein solcher Zusammenhang besteht aber immerhin. Er wird hergestellt nicht durch ein dauerndes Ich, sondern nur durch die Bindeglieder, die in der Nidānakette aufgezählt sind, also durch die aus der früheren Existenz zurückbleibenden "Gestaltungen", die zu "Bewußtsein", "Name und Form" usw. hinüberleiten. Über die beiden Theorien der sassata- und der ucchedaditthi s. N. zu 12. 48. 3 ff.

 

1. Also habe ich vernommen.

Einstmals weilte der Erhabene in Rājagaha im Bambushaine, im Kalandakanivāpa (vgl. die Bem. zu Samy. 2.13.1).

 

2. Da nun kleidete sich der Erhabene zur Vormittagszeit an, nahm Almosenschale und Mantel und begab sich, Almosen zu sammeln, nach Rājagaha.

 

3. Es sah aber der Nacktgänger (*f36) Kassapa von ferne schon den Erhabenen herankommen. Wie er ihn sah, begab er sich dorthin, wo der Erhabene sich befand. Nachdem er sich dorthin begeben, begrüßte er sich mit dem Erhabenen, und nachdem er mit ihm die (üblichen) Begrüßungen und Höflichkeiten ausgetauscht, trat er zur Seite.

 

4. Zur Seite stehend sprach dann der Nacktgänger Kassapa zu dem Erhabenen also "Wir möchten den Herrn Gotama über einen Punkt befragen, falls der Herr Gotama uns die Gelegenheit gewährt, die Frage ihm vorzutragen."

"Es ist jetzt, Kassapa, nicht die Zeit für eine Frage; wir befinden uns auf offener Straße (*f37)."

 

5. Und zum zweitenmal sprach da der Nacktgänger Kassapa zum Erhabenen also: "Wir möchten den Herrn Gotama über einen Punkt befragen, falls der Herr Gotama uns die Gelegenheit gewährt, die Frage ihm vorzutragen."

"Es ist jetzt, Kassapa, nicht die Zeit für eine Frage; wir befinden uns auf offener Straße."

 

6. Und zum drittenmal sprach da der Nacktgänger Kassapa zum Erhabenen also: "Wir möchten den Herrn Gotama über einen Punkt befragen, falls der Herr Gotama uns die Gelegenheit gewährt, die Frage ihm vorzutragen."

"Es ist jetzt, Kassapa, nicht die Zeit für eine Frage; wir befinden uns auf offener Straße."

Auf dieses Wort hin sprach der Nacktgänger zum Erhabenen also: "Wir wünschen aber ja den Herrn Gotama nicht viel zu fragen."

"Frage, Kassapa, was Du wünschest."

 

7. " Ist etwa das Leiden, Herr Gotama, selbst verursacht?" - "Nicht so (sollst du sprechen), Kassapa," erwiderte der Erhabene.

 

8. "Oder aber ist das Leiden, Herr Gotama, von einem anderen verursacht?" - "Nicht so (sollst du sprechen), Kassapa," erwiderte der Erhabene.

 

9. "Ist etwa das Leiden, Herr Gotama, sowohl selbstverursacht also auch von einem anderen verursacht?"

"Nicht so (sollst du sprechen), Kassapa," erwiderte der Erhabene.

 

10. "Oder aber ist das Leiden, Herr Gotama, nicht selbstbewirkt, und auch nicht von einem anderen bewirkt, sondern durch Zufall entstanden?" - "Nicht so (sollst du sprechen), Kassapa," erwiderte der Erhabene.

 

11. "Gibt es also, Herr Gotama, überhaupt kein Leiden?" - "Es ist nicht so, Kassapa, daß es kein Leiden gibt; es gibt wohl ein Leiden, Kassapa."

 

12. "Kennt also der Herr Gotama das Leiden nicht und sieht (*f38) es nicht?" - "Es ist nicht so, Kassapa, daß ich das Leiden nicht kenne und nicht sehe; ich kenne das Leiden wohl, Kassapa, ich sehe das Leiden wohl, Kassapa."

 

13. "Auf die Frage ,ist etwa das Leiden, Herr Gotama selbst verursacht?' antwortest du: ,nicht so (sollst du sprechen), Kassapa.' - Auf die Frage ,oder aber ist das Leiden, Herr Gotama, von einem andern verursacht?' antwortest du: ,nicht so (sollts du sprechen), Kassapa.' - Auf die Frage ,ist etwa das Leiden, Herr Gotama, sowohl selbst verursacht als auch von einem anderen verursacht?' antwortest du: ,nicht so (sollst du sprechen), Kassapa.' - Auf die Frage ,oder aber ist das Leiden, Herr Gotama, nicht selbstbewirkt und auch nicht von einem anderen bewirkt, sondern durch Zufall entstanden?' antwortest du: ,nicht so (sollst du sprechen), Kassapa.' - Auf die Frage ,gibt es also, Herr Gotama, überhaupt kein Leiden?' antwortest du ,es ist nicht so, Kassapa, daß es kein Leiden gibt; es gibt wohl ein Leiden, Kassapa.' - Auf die Frage ,kennt also der Herr Gotama das Leiden nicht und sieht es nicht?' antwortest du: ,es ist nicht so, Kassapa, daß ich das Leiden nicht kenne und nicht sehe; ich kenne das Leiden wohl, Kassapa, ich sehe das Leiden wohl, Kassapa.' - Es soll mir der erhabene Herr (*f39) das Leiden darlegen, es soll mir der erhabene Herr das Leiden verkünden."

 

14. "Behauptet man ,der nämliche ist es, der die Handlung ausführt, und der die Folgen empfindet,' so gibt es einen, der von Anbeginn da ist; sagt man von dem aus: ,das Leiden ist selbstverursacht, so kommt man damit auf ein ewig Dauerndes hinaus (*f40). - Behauptet man ,ein anderer ist es, der die Handlung ausführt, und der die Folgen empfindet', so gibt es einen, der von Empfindung betroffen ist. Sagt man von dem aus, ,das Leiden ist von einem anderen verursacht', so kommt man damit auf völlige Vernichtung hinaus (*f41).

 

15. Diese beiden Enden vermeidend, Kassapa, verkündet in der Mitte der Tathāgata die wahre Lehre: "Aus dem Nichtwissen als Ursache entstehen die Gestaltungen; aus den Gestaltungen als Ursache entsteht das Bewußtsein usw. usw. (- 1. 3). Auf solche Art kommt der Ursprung der ganzen Masse des Leidens zu stande. Aus dem restlosen Verschwinden aber und der Aufhebung des Nichtwissens folgt Aufhebung der Gestaltungen; aus der Aufhebung der Gestaltungen folgt Aufhebung des Bewußtseins usw. usw. (= 1. 4). Auf solche Art kommt die Aufhebung der ganzen Masse des Leidens zu stande."

 

16. Auf diese Worte hin sprach der Nacktgänger Kassapa zu dem Erhabenen also: "Wundervoll, Herr! Wundervoll, Herr! Wie wenn man, Herr, etwas Umgestürztes aufrichtet oder etwas Verhülltes entschleiert oder einem Verirrten den rechten Weg zeigt oder in einen finsteren Raum eine Öllampe bringt in der Absicht: es sollen die, die Augen haben, die Gegenstände sehen - ganz ebenso ist von dem Erhabenen durch mancherlei Erörterung die Wahrheit aufgeklärt worden. Darum nehme ich, Herr, zu dem Erhabenen meine Zuflucht und zu der Lehre und zu der Gemeinde der Bhikkhus. Möge ich bei dem Erhabenen (*f42) die Zeremonie der Weltabkehr und die der Aufnahme in die Gemeinschaft (*f43) gewährt bekommen."

 

17. "Wenn einer, der früher einer anderen Schule angehörte, Kassapa, in unserer Lehre und Regel (*f44) die Zeremonie der Weltabkehr und die der Aufnahme in die Gemeinschaft begehrt, so hat er eine Probezeit von vier Monaten zu bestehen. Hat er nach Ablauf von vier Monaten die Probezeit bestanden, werden die zufrieden gestellten (*f45) Bhikkhus gerne (*f46) an ihm die Zeremonie der Weltabkehr und die der Aufnahme in die Gemeinschaft vollziehen, damit er ein Bhikkhu werde. Aber ich kenne auch recht wohl die Verschiedenheit der Persönlichkeiten (*f47)."

 

18. "Wenn einer, der früher einer anderen Schule angehörte, - (so sagt der) Herr, - in unserer Lehre und Regel die Zeremonie der Weltabkehr und die der Aufnahme in die Gemeinschaft begehrt, so hat er eine Probezeit von vier Monaten zu bestehen. Hat er nach Ablauf von vier Monaten die Probezeit bestanden, werden die zufriedengestellten Bhikkhus gerne an ihm die Zeremonie der Weltabkehr und die der Aufnahme in die Gemeinschaft vollziehen, damit er ein Bhikkhu werde - ich aber will eine Probezeit von vier Jahren bestehen, und habe ich nach Ablauf von vier Jahren die Probezeit bestanden, sollen die zufrieden gestellten Bhikkhus an mir die Zeremonie der Weltabkehr und die der Aufnahme in die Gemeinschaft vollziehen, damit ich ein Bhikkhu werde."

 

19. Es bekam auch der Nackgänger Kassapa bei dem Erhabenen die Zeremonie der Weltabkehr und die der Aufnahme in die Gemeinschaft gewährt.

 

20. Nachdem aber der würdige Kassapa noch nicht lange in die Gemeinschaft aufgenommen war, da war er, der allein und einsam, unermüdlich, eifervoll, mit gesammelter Seele lebte, binnen kurzem schon an das höchste Ziel heiligen Wandels, um dessen willen Söhne aus gutem Hause völlig aus dem Heimleben übertreten in die Heimlosigkeit, durch eigenes Begreifen und Verwirklichen gelangt. Er wußte: Aufgehoben ist die Geburt; gelebt ist der heilige Wandel; vollbracht ist, was zu vollbringen war; nichts mehr habe ich fürderhin zu tun mit dem weltlichen Dasein.

Es war aber der würdige Kassapa einer von den Vollendeten geworden.

 

 


(*f36) Über die Asketensekte den Nacktgänger, acelā oder acelakā s. die Bem. zu Samyutta 3.11. 3.

(*f37) P. antaragharam pavitthamha. Das Wort antaraghara, sonst das "Innere des Hauses", bedeutet hier, Raum zwischen den Häusern, Dorfstraße". Vgl. dazu Zeitschr. f. Indoiogie und Iranistik I, S. 114.

(*f38) P. jānāti - passati; letzteres vom geistigen Sehen oder Schauen gebraucht. Vgl. M. und W. Geiger, Pāli Dhamma, S. 70, sowie S. 25, 33.

(*f39) Beachtenswert ist der Wechsel in der Titulierung des Buddha. Bisher hat ihn Kassapa einfach bho Gotama "Herr G." angeredet. Jetzt bezeichnet er ihn mit bhante bhagavā "erhabener Herr".

(*f40) Im Grundtext bilden die beiden Sätze einen einzigen Satz so karoti so vediyatīti kho Kassapa ādito sato sayamkatam duhkhan ti iti vadam sassatam etam pareti. Die Konstruktion ist nicht leicht. Ich glaube, daß sato unmittelbar von sayamkatam dukhham abhängig ist: das Leiden, d.h. die Wiedergeburt von einem, der. ., ist selbstverursacht. Der Kommentar sagt: "Der Genetiv (sato) steht im Sinne eines Lokativs."

(*f41) Hier steht vedanābhitunnassa sato an Stelle von ādito sato des vorausgehenden Satzes. Die Konstruktion ist im übrigen die gleiche.

(*f42) D.h. in dem vom Buddha geleiteten Orden, in seiner Gefolgschaft. im Kreise seiner Anhänger.

(*f43) Die pabbajjā und die upasampadā. Mit der ersteren Zeremonie scheidet man aus dem weltlichen Leben aus und es beginnt die dem Noviziat vergleichbare Lehrzeit. Mit der upasampadā erfolgt die feierliche Aufnahme in den Kreis der Bhikkhus.

(*f44) imasmim dhammavinaye. Mit dhamma ist die theoretische Seite, das Dogma, die Lehre der Schule gemeint; mit vinaya die Summe der für die Lebensführung der Ordensmitglieder erlassenen Regeln und Vorschriften.

(*f45) P. āraddhacittā. Der Kommentar (Siam. Ausg. II. 47.15) erklärt den Ausdruck durch atthavattapūranena tutthacitta "deren Herzen befriedigt sind durch die Erfüllung der acht Pflichten. Zu der Bedeutung "befriedigt, gewonnen" kommt auch Franke, Dīgha übers. S. 144, Anm. 2. Allerdings kann das Wort āraddha in āraddhaviriya nicht in gleicher Weise erklärt werden.

(*f46) P. ākankhamānā "wünschend, willig, oder passivisch "an die die Bitte gerichtet wurde.

(*f47) Damit deutet der Buddha an, daß wohl auch in besonders gelagerten Fällen eine Ausnahme zulässig ist. Kassapa lehnt aber für sich das ab und ist sogar zur Erfüllung schwererer Bedingungen bereit.  


S.12.18. Timbaruka

 

Das Sutta ist nur eine Variante des vorhergehenden mit veränderter Einleitung und etwas abweichend formulierter Fassung der Fragestellung sowie der Paragraphen 10 bis 11 gegenüber 14 bis 15 in Sutta 17. Auch der Schluß ist anders. Es lagen offenbar zwei verschiedene Überlieferungen vor, die bei der Redaktion des Kanons beide aufgenommen wurden.

 

1. Ort der Begebenheit: Sāvatthī.

 

2. Und es begab sich der Bettelgänger (*f48) Timbaruka dorthin, wo der Erhabene sich befand. Nachdem er sich dorthin begeben, begrüßte er sich mit dem Erhabenen, und nachdem er mit ihm die (üblichen) Begrüßungen und Höflichkeiten ausgetauscht, setzte er sich zur Seite nieder.

 

3. Zur Seite sitzend sprach dann der Bettelgänger Timbaruka zu dem Erhabenen also: "Ist etwa Lust und Leiden, Herr Gotama, selbst verursacht?" - "Nicht so (sollst du sprechen), Timbaruka," erwiderte der Erhabene.

 

4. "Oder aber ist Lust und Leiden, Herr Gotama, von einem anderen verursacht?" - "Nicht so (sollst du sprechen). Timbaruka," erwiderte der Erhabene.

 

5. "Ist etwa Lust und Leiden, Herr Gotama, sowohl selbst verursacht als auch von einem anderen verursacht?" - "Nicht so (sollst du sprechen), Timbaruka", erwiderte der Erhabene.

 

6. "Oder aber ist Lust und Leiden, Herr Gotama, nicht selbstbewirkt und auch nicht von einem anderen bewirkt, sondern durch Zufall entstanden?" - "Nicht so (sollst du sprechen), Timbaruka," erwiderte der Erhabene.

 

7. Gibt es also, Herr Gotama, überhaupt keine Lust und kein Leiden?" - "Es ist nicht so, Timbaruka, daß es keine Lust und kein Leiden gibt; es gibt wohl Lust und Leiden, Timbaruka."

 

8. "Kennt also der Herr Gotama Lust und Leiden nicht und sieht es nicht?" - "Es ist nicht so, Timbaruka, daß ich Lust und Leiden nicht kenne und nicht sehe; ich kenne Lust und Leiden wohl, Timbaruka, ich sehe Lust und Leiden wohl, Timbaruka."

 

9. Auf die Frage ,ist etwa Lust und Leiden, Herr Gotama, selbstverursacht?' antwortest du: ,nicht so (sollst du sprechen), Timbaruka'. - Auf die Frage ,oder aber ist Lust und Leiden, Herr Gotama, von einem anderen verursacht?' antwortest du: ,nicht so (sollst du sprechen), Timbaruka' (*f49). - Auf die Frage ,ist etwa Lust und Leiden, Herr Gotama, sowohl selbstverursacht als auch von einem anderen verursacht?' antwortest du: ,nicht so (sollst du sprechen), Timbaruka.' - Auf die Frage ,oder aber ist Lust und Leiden, Herr Gotama, nicht selbstbewirkt und auch nicht von einem anderen bewirkt, sondern durch Zufall entstanden?' antwortest du: ,nicht so (sollst du sprechen), Timbaruka.' - Auf die Frage ,gibt es also, Herr Gotama, überhaupt keine Lust und kein Leiden?' antwortest du: ,es ist nicht so, Timbaruka, daß es keine Lust und kein Leiden gibt; es gibt wohl Lust und Leiden, Timbaruka.' - Auf die Frage ,kennt also der Herr Gotama Lust und Leiden nicht und sieht es nicht?' antwortest du: ,es ist nicht so, Timbaruka, daß ich Lust und Leiden nicht kenne und nicht sehe; ich kenne Lust und Leiden wohl, Timbaruka, ich sehe Lust und Leiden wohl, Timbaruka.' - Es soll mir der Herr Gotama Lust und Leiden darlegen, es soll mir der Herr Gotama Lust und Leiden verkündigen."

 

10. "Behauptet man ,die nämliche Empfindung ist es, die (wieder) empfindet,' so gibt es einen, der von Anbeginn da ist und seine Lust und sein Leiden ist selbstverursacht: so aber lehre ich nicht.

 

11. Behauptet man ,eine andere Empfindung ist es, die (wieder) empfindet, so ist für den, der von Empfindung betroffen ist, Lust und Leiden von einem anderen verursacht: so aber lehre ich nicht.

 

12. Diese beiden Enden vermeidend, Timbaruka, verkündet in der Mitte der Tathāgata die wahre Lehre: "Aus dem Nichtwissen als Ursache entstehen die Gestaltungen; aus den Gestaltungen als Ursache entsteht das Bewußtsein usw. usw. (= 1. 3). Auf solche Art kommt der Ursprung der ganzen Masse des Leidens zu stande. Aus dem restlosen Verschwinden aber und der Aufhebung des Nichtwissens folgt Aufhebung der Gestaltungen; aus der Aufhebung der Gestaltungen folgt Aufhebung des Bewußtseins usw. usw. (= 1. 4). Auf solche Art kommt die Aufhebung der ganzen Masse des Leidens zu stande. "

 

13. Auf diese Worte hin sprach der Bettelgänger Timbaruka zu dem Erhabenen also "Wundervoll, Herr! Wundervoll, Herr! usw. usw. (= 17.16). Darum nehme ich zu dem Herrn Gotama meine Zuflucht und zu der Lehre und zu der Gemeinde der Bhikkhus. Als Laienanhänger soll mich der Herr Gotama annehmen, der von heute an auf Lebenszeit zu ihm seine Zuflucht genommen hat."

 

 


(*f48) P. paribbājaka. Bezeichnung einer Gruppe von Asketen, die ohne feste Wohnstätte bettelnd von Ort zu Ort ziehen. Franke, Dīgha S. 2 usw. übersetzt "Wander-Asket".

(*f49) Der zweite Satz fehlt in der Ausgabe, ohne Zweifel nur durch ein Versehen.  


S.12.19. Wie sich der Weise vom Toren unterscheidet

 

1. Ort der Begebenheit: Sāvatthī.

 

2. "Einem Toren, dem das Hemmnis des Nichtwissens zu eigen, und der mit Durst behaftet war, ist dadurch dieser gegenwärtige Körper zu teil geworden. So (ist) dieser gegenwärtige Körper (entstanden) und außer ihm (gibt es) Name und Form (*f50). Auf diese Weise (ist da) ein Paar (vorhanden) und infolge des (Vorhandenseins eines) Paares (gibt es) Berührung, (nämlich) die sechs Sinnesbereiche, durch deren Berührung der Tor Lust und Leiden empfindet, oder durch eines von ihnen.

 

3. Einem Weisen, dem das Hemmnis des Nichtwissens zu eigen, und der mit Durst behaftet war, ist dadurch dieser gegenwärtige Körper zu teil geworden. So (ist) dieser gegenwärtige Körper (entstanden) und außer ihm (gibt es) Name und Form. Auf diese Weise (ist da) ein Paar (vorhanden) und infolge des (Vorhandenseins eines) Paares (gibt es) Berührung, (nämlich) die sechs Sinnesbereiche, durch deren Berührung der Weise Lust und Leiden empfindet, oder durch eines von ihnen.

 

4. Was gibt es da für eine Besonderheit, was für einen Unterschied, was für eine Verschiedenheit des Weisen vom Toren?"

 

5. "Im Erhabenen, Herr, wurzeln unsere Lehrmeinungen, vom Erhabenen werden sie geleitet, auf den Erhabenen stützen sie sich. Wohlan denn, dem Erhabenen wolle der Sinn des Gesagten aufleuchten (*f73); vom Erhabenen ihn hörend werden die Bhikkhus ihn erfassen."

 

6. "So höret denn zu, ihr Bhikkhus, merket wohl auf, ich will es euch verkünden." "Wohl, Herr!" erwiderten die Bhikkhus aufhorchend dem Erhabenen.

 

7. Der Erhabene sprach also: "Durch das Nichtwissen, ihr Bhikkhus, durch das er gehemmt war, durch den Durst, mit dem er behaftet war, ist dem Toren dieser gegenwärtige Körper zu teil geworden. Aber eben dieses Nichtwissen ist von dem Toren nicht aufgegeben und der Durst nicht unterdrückt. Aus welchem Grunde? Nicht hat, ihr Bhikkhus, der Tor einen heiligen Wandel geführt, das Leiden vollkommen zu vernichten. Darum geht der Tor nach dem Zerfall seines Körpers (wieder) in einen Körper ein. Und da er (wieder) in einen Körper eingeht, wird er nicht erlöst von Geburt, von Alter und Tod, von den Anfällen von Schmerz, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung: er wird nicht erlöst vom Leiden, sage ich.

 

8. Durch das Nichtwissen, ihr Bhikkhus, durch das er gehemmt war, durch den Durst, mit dem er behaftet war, ist dem Weisen dieser gegenwärtige Körper zu teil geworden. Aber eben dieses Nichtwissen ist von dem Weisen aufgegeben und der Durst unterdrückt. Aus welchem Grunde? Es hat, ihr Bhikkhus, der Weise einen heiligen Wandel geführt, das Leiden vollkommen zu vernichten. Darum geht der Weise nach dem Zerfall seines Körpers nicht (wieder) in einen Körper ein. Und da er nicht (wieder) in einen Körper eingeht, wird er erlöst von Geburt, von Alter und Tod, von den Anfällen von Schmerz, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung; er wird erlöst vom Leiden, sage ich.

 

9. Darin also, ihr Bhikkhus, besteht die Besonderheit, darin der Unterschied, darin die Verschiedenheit des Weisen vom Toren, nämlich in der Führung eines heiligen Wandels."

 

 


(*f50) Die Worte ayañ c'eva kāyo und bahiddhā ca nāmarūpam erklärt der Komm. (Siam.Ausg. II.49.14)mit "dieser ihm selbst zugehörige mit Bewußtsein ausgestattete Körper" und "und außerhalb der mit Bewußtsein ausgestattete Körper von anderen."

(*f52) Übers. von Seidenstücker, Pāli-Buddhismus, S.30ff.  


S.12.20. Die Ursachen

 

1. Ort der Handlung: Sāvatthī.

 

2. "Ich will euch, ihr Bhikkhus, das Gesetz von der ursächlichen Entstehung lehren und die Dinge, die ursächlich entstanden sind; höret denn zu, merket wohl auf, ich will es euch verkünden." "Wohl, Herr!" erwiderten die Bhikkhus aufhorchend dem Erhabenen.

 

3. Der Erhabene sprach also: "Welches ist aber, ihr Bhikkhus, das Gesetz von der ursächlichen Entstehung? Aus der Geburt als Ursache, ihr Bhikkhus, entsteht Alter und Tod. Ob Tathāgatas aufgestanden sind oder ob keine Tathāgatas aufgestanden sind fest steht dieses Grundgesetz, der gesetzmäßige Zustand, der gesetzmäßige Verlauf, das Bedingtsein durch ein Gegebenes (*f53). Der Tathāgata aber erkennt es und dringt ein. Und wenn er es erkannt hat und eingedrungen ist, teilt er es mit, lehrt es, gibt es bekannt, stellt es fest, offenbart es, zergliedert es, macht es klar und spricht: da schauet!

 

4. Aus der Geburt als Ursache, ihr Bhikkhus, entstehen Alter und Tod; aus dem Werden als Ursache, ihr Bhikkhus, entsteht die Geburt; aus dem Erfassen als Ursache, ihr Bhikkhus, entsteht das Werden; aus dem Durst als Ursache, ihr Bhikkhus, entsteht das Erfassen; aus der Empfindung als Ursache, ihr Bhikkhus, entsteht der Durst; aus der Berührung als Ursache, ihr Bhikkhus, entsteht die Empfindung; aus den sechs Sinnesbereichen als Ursache, ihr Bhikkhus, entsteht die Berührung; aus Name und Form als Ursache, ihr Bhikkhus, entstehen die sechs Sinnesbereiche; aus dem Bewußtsein als Ursache, ihr Bhikkhus, entsteht Name und Form; aus den Gestaltungen als Ursache, ihr Bhikkhus, entsteht das Bewußtsein; aus dem Nichtwissen als Ursache, ihr Bhikkhus, entstehen die Gestaltungen. Ob Tathāgatas aufgestanden sind oder ob keine Tathāgatas aufgestanden sind: fest steht dieses Grundgesetz, der gesetzmäßige Zustand, der gesetzmäßige Verlauf, das Bedingtsein durch ein Gegebenes. Der Tathāgata aber erkennt es und dringt ein. Und wenn er es erkannt hat und eingedrungen ist, teilt er es mit, lehrt es, gibt es bekannt, stellt es fest, offenbart es, zergliedert es, macht es klar und spricht: da schauet!

 

5. Aus dem Nichtwissen, ihr Bhikkhus, entstehen die Gestaltungen. Das ist da, ihr Bhikkhus, das Sosein, das Nichtnichtsosein, das Nicht-anderssein (*f54), die Kausalität. Dies heißt, ihr Bhikkhus, das Gesetz von der ursächlichen Entstehung.

 

6. Und welches, ihr Bhikkhus, sind die ursächlich entstandenen Dinge? Alter und Tod, ihr Bhikknus, sind unständig, (durch Gestaltungen) hervorgebracht, ursächlich entstanden, dem Gesetze des Vergehens, des Verschwindens, des Aufhörens, der Aufhebung unterworfen (*f55).

Die Geburt, ihr Bhikkhus, ist unständig, (durch Gestaltungen) hervorgebracht, ursächlich entstanden, dem Gesetze des Vergehens, des Aufhörens, des Verschwindens, der Aufhebung unterworfen.

 

8. Das Werden, ihr Bhikkhus, ist unständig, (durch Gestaltungen) hervorgebracht, ursächlich entstanden, dem Gesetze des Vergehens, des Aufhörens, des Verschwindens, der Aufhebung unterworfen.

 

9-17. Das Erfassen ihr Bhikkhus, - der Durst, ihr Bhikkhus, - die Empfindung, ihr Bhikkhus, - die Berührung, ihr Bhikkhus, - die sechs Sinnesbereiche, ihr Bhikkhus, - Name und Form, ihr Bhikkhus, - das Bewußtsein, ihr Bhikkhus, - die Gestaltungen, ihr Bhikkhus, - das Nichtwissen, ihr Bhikkhus, ist unständig, (durch Gestaltungen) hervorgebracht, ursächlich entstanden, dem Gesetze des Vergehens, des Aufhörens, des Verschwindens, der Aufhebung unterworfen. - Diese heißen, ihr Bhikkhus, die ursächlich entstandenen Dinge.

 

18. Wann nun aber, ihr Bhikkhus, ein edler Jünger diese ursächliche Entstehung und diese ursächlich entstandenen Dinge, wie sie in Wirklichkeit sind, mit richtiger Erkenntnis wohl durchschaut hat, wird er da wohl zurück in die Vergangenheit schweifen (und fragen): ,bin ich denn nun ins Dasein getreten in der Vergangenheit oder bin ich nicht ins Dasein getreten in der Vergangenheit? Als was bin ich ins Dasein getreten in der Vergangenheit? In welcher Gestalt bin ich ins Dasein getreten in der Vergangenheit? Aus welcher Daseinsform kommend bin ich denn nun ins Dasein getreten in der Vergangenheit (*f56)?' -

 

19. Oder wird er voraus in die Zukunft schweifen (und fragen): ,werde ich nun wohl ins Dasein treten in der Zukunft oder werde ich nicht ins Dasein treten in der Zukunft? Als was werde ich ins Dasein treten in der Zukunft? In welcher Gestalt werde ich ins Dasein treten in der Zukunft? Aus welcher Daseinsform kommend werde ich ins Dasein treten in der Zukunft?' -

 

20. Oder wird er jetzt in der Gegenwart hin und her erwägen (und fragen:) ,bin ich denn nun da oder bin ich nicht da? Als was bin ich denn nun da? In welcher Gestalt bin ich denn nun da? Ich, dieses Wesen, woher ist es denn nun gekommen und wohin wird es gehen?' Nein, dieser Fall tritt nicht ein. (*f57)

 

21. Und zwar weshalb? Es hat ja der edle Jünger, ihr Bhikkhus, diese ursächliche Entstehung und diese ursächlich entstandenen Dinge, wie sie in Wirklichkeit sind, mit richtiger Erkenntnis wohl durchschaut."

 

 


(*f53) Die Ausdrücke sind dhātu, dhammatthitatā, dhammaniyāmatā, idappaccayatā. Den ersten Begriff erläutert der Kommentar (ed. Siam. II. 52.1) so: "fest steht das Wesen der Ursächlichkeit: stets und notwendig ist die Geburt die Ursache von Alter und Tod". Die drei anderen Ausdrücke sind Synonyma für den Begriff der Kausalität. Der Kommentat deutet die ersten von ihnen etymologisch "durch die Kausalität bestehen die Dinge und die Kausalität bestimmt die Dinge." Vgl. neuerdings Mrs. Rhys Davids, The Book of the Kindred Sayings II, S. 21. N. 1.

(*f54) Die P.-Ausdrücke tathatā, avitathatā, anaññathatā bezeichnen sämtlich die unbedingte logische Notwendigkeit.

(*f55) Franke, Dīghanikāya übers. S.307 gibt die Stelle erläuternd so wieder: "Alter und Tod . . . sind vorübergehende Prozesse (aniccam), (nicht selbständig vorhanden, sondern) hervorgebracht, nur unter Voraussetzungen vorhanden und wieder schwindend." Den Vorgang der "Hervorbringung" ist ihm (S. 309) psychisch und die dadurch hervorgebrachten Dinge haben nach ihm nur psychische Existenz und beruhen auf den Denkprozessen eines Nichtwissenden. Ich vermag ihm da nicht zu folgen. Nach meiner Auffassung heißt samkhārā einfach "durch die samkhārā, d.h. durch das kamma, ursächlich bedingt."

(*f56) Nach dem Kommentar (ed. Siam. 53.13) ff. ist der Inhalt der vier Fragen dieser: Die erste gibt dem Zweifel Ausdruck, ob man überhaupt existiert hat oder nicht, ob es ein sassatam, eine Dauerexistenz, oder eine adhiccasamuppatti, ein rein zufälliges, nicht auf notwendigen Bedingungen beruhendes Entstehen gibt. Die zweite Frage beschäftigt sich damit, welchem Stand und Geschlecht man angehörte, ob man ein Kshatriya oder ein Shūdra, ein Laie oder ein Priester war. Die dritte Frage bezieht sich auf die äußere Erscheinung, ob man groß, klein, hell oder dunkel von Hautfarbe war. Die letzte Frage betrifft den Wechsel der Daseinsformen, ob man aus einer Existenz als Kshatriya in die eines Brāhmana, aus einer Existenz als Gott in die als Mensch übergegangen sei usw.

(*f57) Im Grundtext bildet 18 bis 20 einen Satz: "Daß ein edler Jünger usw. usw. ... hin und her erwägen wird ... dieser Fall tritt nicht ein."  


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