Jātakam, Wiedergeburtsgeschichten

250. Die Erzählung von dem Affen (Kapi-Jataka) [1]

„Der Weise hier, der Ruhe liebt und Selbstverleugnung“

 

§A. Dies erzählte der Meister, da er im Jetavana verweilte, mit Beziehung auf einen heuchlerischen Mönch. — Dessen Heuchelei nämlich war unter den Mönchen bekannt geworden. In der Lehrhalle begannen darauf die Mönche folgendes Gespräch: „Freund, der Mönch so und so, der in der zum Heile führenden Buddhalehre Mönch geworden, zeigt ein heuchlerisches Benehmen.“ Da kam der Meister und fragte: „Zu welcher Unterhaltung, ihr Mönche, habt ihr euch jetzt hier niedergelassen?“ Als sie antworteten: „Zu der und der“, sprach er: „Nicht nur jetzt, ihr Mönche, ist dieser Mönch ein Heuchler, sondern auch früher schon war er ein Heuchler und trieb, da er ein Affe war, Heuchelei nur um eines Feuers willen.“ Nach diesen Worten erzählte er folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.

 

§B. Als ehedem zu Benares Brahmadatta regierte, nahm der Bodhisattva im Reiche Kasi in einer Brahmanenfamilie seine Wiedergeburt. Als er herangewachsen war und sein Sohn schon allein umherlaufen konnte, da auch noch dazu seine Gattin gestorben war, nahm er seinen Sohn auf die Schulter und zog nach dem Himalaya, wo er die Weltflucht der Weisen betätigte. Seinen Sohn machte er zu einem Asketenknaben und nahm in einer Laubhütte seinen Aufenthalt.

Als nun einmal zur Regenzeit der Regengott unaufhörlich seine Güsse herabsandte, weilte dort ein von der Kälte gequälter Affe, der vor Frost mit den Zähnen klapperte und zitterte. Der Bodhisattva hatte große Holzstücke herbeigeholt und ein Feuer gemacht; dann legte er sich auf seine Bank. Sein Söhnchen setzte sich zu ihm und rieb ihm die Füße. — Da nahm der Affe die einem verstorbenen Asketen gehörigen Bastgewänder, zog das Unter- und das Oberkleid an, legte das Antilopenfell auf die eine Schulter, nahm die Tragstange und den Wassertopf und kam so im Aufzug eines Asketen herbei. An der Tür der Laubhütte blieb er stehen, indem er sich so um des Feuers willen verstellte.

Als der Asketenknabe ihn sah, sagte er: „Vater, ein Asket steht da, von der Kälte gequält und zitternd. Ruft ihn doch herein, er soll sich wärmen.“ Und indem er seinen Vater bat, sprach er folgende erste Strophe:

§1. „Der Weise hier, der Ruhe liebt und Selbstverleugnung,

steht da, geplagt von Kälte und von Furcht.

Wohlan, eintreten soll er in dies Häuschen

und schwinden soll ihm Kälte und Bedrängnis.“

Als der Bodhisattva die Worte seines Sohnes vernahm, stand er auf und schaute hin; da merkte er, dass es ein Affe sei, und er sprach folgende zweite Strophe:

§2. „Dies ist kein Weiser, der der Ruh und Selbstverleugnung sich erfreut;

ein Affe ist es, der auf Baumes Zweigen wandelt.

Zerstörer ist er und Verderber, dazu niedrig;

wenn er hereinkommt, richtet er das Haus zugrund.“

Nach diesen Worten ergriff der Bodhisattva einen Feuerbrand, versetzte den Affen damit in Furcht und vertrieb ihn. Dieser sprang in die Höhe, eilte in den Wald zurück, den er verschmäht hatte, und kam nicht mehr an diesen Ort.

Der Bodhisattva aber erlangte die Erkenntnisse und die Vollkommenheiten und seinem Sohne, dem Asketenknaben, verkündete er die Mittel zur Herbeiführung der Ekstase, wodurch auch dieser die Erkenntnisse und die Vollkommenheiten erreichte. Sie gelangten dann, unaufhörlich in Ekstase schwebend, in die Brahma-Welt.

 

§C. Nachdem der Meister mit den Worten: „Nicht nur jetzt, ihr Mönche, sondern schon von der Vorzeit her war dieser ein Heuchler“, diese Unterweisung beschlossen und die Wahrheiten verkündigt hatte, verband er das Jataka mit folgenden Worten (am Ende der Verkündigung der Wahrheiten aber wurden einige bekehrt, einige einmalzurückkehrend und einige nichtzurückkehrend): „Damals war der Affe der heuchlerische Mönch, der Sohn war Rahula, der Vater aber war ich.“

Ende der Erzählung von dem Affen


[1] Vgl. dazu das 173. Jataka, das sich in seinem Inhalte vollständig mit dem vorliegenden deckt.


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