Zurueck Digha Nikāya - Die Längere Sammlung

1. Brahmajāla Sutta (Das Priesternetz)

1.5. Die Runde der Abhängigkeit und der Befreiung von der Runde

1.5.1. Aufregung und Unschlüssigkeit (paritassitavipphandita)

„Haben da, ihr Mönche, jene Asketen und Priester Ewigkeit behauptet, Seele und Welt als ewig ausgelegt, nach vier Urständen, war es gleichwohl von jenen ehrsamen Asketen und Priestern ohne Verständnis, ohne Einblick wahrgenommen, den durstverleiteten, eben in Aufregung und Unschlüßigkeit.

„Haben da, ihr Mönche, jene Asketen und Priester teils Ewigkeit, teils Zeitlichkeit behauptet, Seele und Welt als teils ewig, teils zeitlich ausgelegt, nach vier Urständen, war es gleichwohl von jenen ehrsamen Asketen und Priestern ohne Verständnis, ohne Einblick wahrgenommen, den durstverleiteten, eben in Aufregung und Unschlüßigkeit.

„Haben da, ihr Mönche, jene Asketen und Priester Endlichkeit und Unendlichkeit behauptet, die Welt als endlich und als unendlich ausgelegt nach vier Urständen, war es gleichwohl von jenen ehrsamen Asketen und Priestern ohne Verständnis, ohne Einblick wahrgenommen, den durstverleiteten, eben in Aufregung und Unschlüßigkeit.

„Haben da, ihr Mönche, jene Asketen und Priester als Verwickler der Nabelschnur, um dies oder das mit einer Frage angegangen, die Worte verwickelt, die Nabelschnur verwickelt, nach vier Urständen, war es gleichwohl von jenen ehrsamen Asketen und Priestern ohne Verständnis, ohne Einblick wahrgenommen, den durstverleiteten, eben in Aufregung und Unschlüßigkeit.

„Haben da, ihr Mönche, jene Asketen und Priester das Denken als den Ursprung der Dinge bezeichnet, Seele und Welt als dem Denken entsprossen ausgelegt, nach zwei Urständen, war es gleichwohl von jenen ehrsamen Asketen und Priestern ohne Verständnis, ohne Einblick wahrgenommen, dem durstverleiteten, eben in Aufregung und Unschlüßigkeit.

„Haben da, ihr Mönche, jene Asketen und Priester, der Vergangenheit anhänglich, der Vergangenheit nachgesonnen, über die Vergangenheit mancherlei Glaubenslehren ausgebracht, nach achtzehn Urständen, war es gleichwohl von jenen ehrsamen Asketen und Priestern ohne Verständnis, ohne Einblick wahrgenommen, den durstverleiteten, eben in Aufregung und Unschlüßigkeit.

„Haben da, ihr Mönche, jene Asketen und Priester das Oben-Anschlagen gepriesen, Bewußtheit bebauptet, die Seele, nachdem sie oben angeschlagen hat, als bewußt ausgelegt, nach sechzehn Urständen, war es gleichwohl von jenen ehrsamen Asketen und Priestern ohne Verständnis, ohne Einblick wahrgenommen, den durstverleiteten, eben in Aufregung und Unschlüßigkeit.

„Haben da, ihr Mönche, jene Asketen und Priester das Oben-Anschlagen gepriesen, Unbewußtheit behauptet, die Seele, nachdem sie oben angeschlagen hat, als unbewußt ausgelegt, nach acht Urständen, war es gleichwohl jenen ehrsamen Asketen und Priestern ohne Verständnis, ohne Einblick wahrgenommen, den durstverleiteten, eben in Aufregung und Unschlüßigkeit.

„Haben da, ihr Mönche, jene Asketen und Priester das Oben-Anschlagen gepriesen, weder Bewußtheit noch Unbewußtheit behauptet, die Seele, nachdem sie oben angeschlagen hat, als weder bewußt noch unbewußt ausgelegt, nach acht Urständen, war es gleichwohl von jenen ehrsamen Asketen und Priestern ohne Verständnis, ohne Einblick wahrgenommen, den durstverleiteten, eben in Aufregung und Unschlüßigkeit.

„Haben da, ihr Mönche, jene Asketen und Priester Zerstörung behauptet, des lebendigen Wesens Zerstörung, Vernichtung, Aufhebung angekündet, nach sieben Urständen, war es gleichwohl von jenen ehrsamen Asketen und Priestern ohne Verständnis, ohne Einblick wahrgenommen, den durstverleiteten, eben in Aufregung und Unschlüßigkeit.

„Haben da, ihr Mönche, jene Asketen und Priester Wohlbefinden bei Lebzeiten behauptet, des lebendigen Wesens vollkommenes Wohlbefinden bei Lebzeiten angekündet, nach fünf Urständen, war es gleichwohl von jenen ehrsamen Asketen und Priestern ohne Verständnis, ohne Einblick wahrgenommen, den durstverleiteten, eben in Aufregung und Unschlüßigkeit.

„Haben da, ihr Mönche, jene Asketen und Priester, der Zukunft anhänglich, der Zukunft nachgesonnen, über die Zukunft mancherlei Glaubenslehren ausgebracht, nach vierundvierzig Urständen, war es gleichwohl von jenen ehrsamen Asketen und Priestern ohne Verständnis, ohne Einblick wahrgenommen, den durstverleiteten, eben in Aufregung und Unschlüßigkeit.

„Haben da, ihr Mönche, jenen Asketen und Priester, der Vergangenheit anhänglich und der Zukunft anhänglich, der Vergangenheit und der Zukunft anhänglich, der Vergangenheit und der Zukunft nachgesonnen, über Vergangenheit und Zukunft mancherlei Glaubenslehren ausgebracht, nach zweiundsechzig Urständen, war es gleichwohl von jenen ehrsamen Asketen und Priestern ohne Verständnis, ohne Einblick wahrgenommen, den durstverleiteten, eben in Aufregung und Unschlüßigkeit.

1.5.2. Bedingt durch Berührung (phassapaccayavāra)

„Haben da, ihr Mönche, jene Asketen und Priester Ewigkeit behauptet, Seele und Welt als ewig ausgelegt, nach vier Urständen, war es gleichwohl sinnlich begründet (abhängig von Berührung, ohne Berührung ist eine Empfindung nicht möglich).

„Haben da, ihr Mönche, jene Asketen und Priester dies und das und dergleichen mehr behauptet, mancherlei Glaubenslehren ausgebracht, nach zweiundsechzig Urständen, war es gleichwohl (abhängig von Berührung) sinnlich begründet.

„Haben da, ihr Mönche, jene Asketen und Priester Ewigkeit behauptet, Seele und Welt als ewig ausgelegt, nach vier Urständen, werden sie freilich anders als sinnlich wahrzunehmen (Berühren) unmöglich imstande sein.

„Haben da, ihr Mönche, jene Asketen und Priester dies und das und dergleichen mehr behauptet, mancherlei Glaubenslehren ausgebracht, nach zweiundsechzig Urständen, werden sie freilich anders als sinnlich wahrzunehmen unmöglich imstande sein.

1.5.2. Darlegung der Runde (ditthigatikādhitthānavattakathā)

„Haben da, ihr Mönche, jene Asketen und Priester Ewigkeit behauptet, Seele und Welt als ewig ausgelegt, nach vier Urständen; haben da jene Asketen und Priester dies und das und dergleichen mehr behauptet, mancherlei Glaubenslehren ausgebracht, nach zweiundsechzig Urständen: so haben alle diese auf die sechs Sinnesgebiete (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Ertasten, Denken) gestützt und gegründet wahrgenommen. Aus ihrem Wahrnehmen entsteht Dürsten, aus Dürsten entsteht Anhangen, aus Anhangen entsteht Werden, aus Werden entsteht Gebären, aus Gebären geht Altern und Sterben, Schmerz und Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung hervor.

1.5.4. Das Ende der Runde (vivattakathādi)

„Sobald aber, ihr Mönche, ein Mönch der sechs Sinnesgebiete Aufgang und Untergang, Labsal und Elend und Überwindung wirklich versteht, versteht er eben was über alle diese hinausreicht.

„Denn wer da irgend, ihr Mönche, als ein Asket oder Priester der Vergangenheit anhängt und der Zukunft anhängt, der Vergangenheit und der Zukunft anhängt, der Vergangenheit und der Zukunft nachsinnt, über Vergangenheit und Zukunft mancherlei Glaubenslehren ausbringt, ein jeder solche ist eben durch einen dieser zweiundsechzig Urstände in ein Netz geraten; darin verfangen aber tauchen sie, um emporzutauchen, empor: darin verstrickt, eben in das Netz geraten, tauchen sie, um emporzutauchen, empor.

„Gleichwie etwa, ihr Mönche, wenn ein geschickter Fischer oder Fischerknabe mit einem feinmaschigen Netz einen Teich von geringer Tiefe abzöge und sich nun sagte: Was da irgend in diesem Wasserbett an gröberen Tieren ist, alles das kommt ja ins Netz; darin verfangen aber tauchen sie, um emporzutauchen, empor: darin verstrickt, eben in das Netz geraten, tauchen sie, um emporzutauchen, empor,: ebenso nun auch, ihr Mönche, ist ein jeder von den Asketen oder Priestern, die der Vergangenheit anhängen und der Zukunft anhängen, der Vergangenheit und der Zukunft anhängen, der Vergangenheit und der Zukunft nachsinnen, über Vergangenheit und Zukunft mancherlei Glaubenslehren ausbringen, eben durch einen jener zweiundsechzig Urstände in ein Netz geraten; darin verfangen aber tauchen sie, um emporzutauchen, empor: darin verstrickt, eben in das Netz geraten, tauchen sie, um emporzutauchen, empor.

Nach dieser Rede wandte sich der ehrwürdige Anando also an den Erhabenen: „Erstaunlich, o Herr, außerordentlich, o Herr! Welchen Namen,o Herr, soll diese Darstellung führen?

„Wohlan denn, Anando, so bewahre diese Darstellung unter dem Namen Netz der Dinge, oder bewahre sie als das Netz der Lehre, oder bewahre sie als das Priesternetz, oder bewahre sie als das Netz der Ansichten oder bewahre sie als den Unvergleichlichen Siegeskampf.

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche über das Wort des Erhabenen.

Während aber diese Darlegung stattgefunden hatte, war ein Beben durch das tausendfache Weltall gegangen.


Fußnoten:

(*1) Back Es sei hier gesagt, daß es eine Seele (ein Wesen) im herkömmlichen Sinn in der Lehre Buddhas nicht gibt.

(*2) Back Obzwar in finsterer Öde kreisend ohne Tag und Nacht, wunschglühend, hält dieses allmählich sinkende Wesen sich für den Vater von allem usw., nach der nicht- und vorbuddhistischen "Rksamhita X,129", doch ist ein solches dafürhalten eben nur ein Wahn, eine mangelhafte Erinnerung, offenbar auch eine himmlische Gedächtnisschwäche. Denn der liebe Brahma (im Christentum als der "liebe Gott" populär) wird in der 49. Rede des Majjhima Nikaya von dem Asket Gotama heimgesucht und freundlich belehrt, daß es noch drei feinere Arten des Daseins gebe, wohin sein Kennen und Sehn nicht reicht: "Es gibt, Brahma, eine leuchtende Art des Daseins, aus dieser verschieden bist du hier erschienen, wo dir im Laufe deines ungemein langen Verweilens die Erinnerung daran entschwunden ist; (Lebensalter verschiedener Götter siehe Anguttara Nikaya A.III.71; A.IV.123; A.VIII.44) daher kennst du und siehst sie nicht, die ich kenne und sehe. Und es gibt, Brahma, eine strahlende Art des Daseins, und es gibt, Brahma, eine gewaltige Art des Daseins: die kennst du nicht und siehst sie nicht, die ich kenne und sehe. Und somit bin ich dir, Brahma, nicht nur gleich an Erkenntnis, geschweige daß ich unter dir stände, sondern bin dir weit überlegen."

(*3) Back oben Anschlagen = 'uddham aghatanam' ist eine Redewendung und bedeutet so viel wie sexuelle Energie in geistige Energie umwandeln, die im Sex gebundene Energie nach oben in den Kopf zu bringen.

(*4) Back diese hier vorgebrachten zweiundsechzig Urstände scheinen die Grundlagen all der verschiedenen Ansichten und Lehren über die Welt zusammenzufassen; die Satzung Buddhas kann endlich als die dreiundsechzigste und letzte gezählt werden.


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