Anguttara Nikaya

1. Kapitel: āhuneyya-vagga

A.VI. 1-4 Der verehrungswürdige Mönch I-IV

Mit sechs Eigenschaften ausgerüstet, ihr Mönche, ist der Mönch würdig der Opfer, würdig der Gastspende, würdig der Gaben, würdig des ehrfurchtsvollen Grußes und ist der beste Boden in der Welt für gute Werke. Welches sind diese sechs Eigenschaften?

(1) I. Sinnenzügelung

Erblickt da, ihr Mönche, der Mönch mit dem Auge eine Form, vernimmt er mit dem Ohre einen Ton, riecht er mit der Nase einen Duft, schmeckt er mit der Zunge einen Saft, fühlt er mit dem Körper eine Berührung, erkennt er mit dem Geiste einen Gedanken, so wird er weder frohgestimmt noch mißgestimmt; gleichmütig weilt er, achtsam und wissensklar (*1).

(2) II. Die höheren Geisteskräfte

  1. Er erfreut sich der verschiedenartigen magischen Kräfte: Einer seiend, wird er vielfach . . .
  2. Mit dem himmlischen Ohre, dem geklärten, übermenschlichen, vernimmt er beide Arten der Töne, die himmlischen und die menschlichen, ob fern oder nahe.
  3. Er erkennt der anderen Wesen, der anderen Personen Gesinnung, sie mit seinem Geiste durchdringend . . .
  4. Er erinnert sich der mannigfachen früheren Daseinsformen, als wie an ein Leben, an zwei Leben . . .
  5. Mit dem himmlischen Auge, dem geklärten, übermenschlichen, sieht er die Wesen abscheiden und wiedererscheinen . . .
  6. Durch Versiegung der Triebe gelangt er noch bei Lebzeiten in den Besitz der triebfreien Gemütserlösung und Weisheitserlösung, sie selber erkennend und verwirklichend (*2).

(3-4) III.-IV. Die Fähigkeiten und Kräfte, mit der Triebversiegung

Ausgerüstet ist er mit den Fähigkeiten und Kräften des Vertrauens, des Willens, der Achtsamkeit, der Sammlung und der Weisheit; und durch Versiegung der Triebe gelangt er schon bei Lebzeiten in den Besitz der triebfreien Gemütserlösung und Weisheitserlösung, sie selber erkennend und verwirklichend.

Mit diesen sechs Eigenschaften ausgerüstet, ihr Mönche, ist der Mönch würdig der Opfer, würdig der Gastspende, würdig der Gaben, würdig des ehrfurchtsvollen Grußes und ist der beste Boden in der Welt für gute Werke.


(*1) K: Hier werden die 'unwandelbaren Geisteszustände' (satata-vihāra) eines triebversiegten Heiligen beschrieben. - Vgl. A.IV.195 und D 33.

(*2) Für den ausführlichen Text dieser 6 'höheren Geisteskräfte' (abhiññā) s. A.III.102 f.


A.VI. 5-7 Das standhafte Roß I-III

Des Königs gutes, edles Roß, das sechs Eigenschaften besitzt, ist würdig des Königs, geeignet zum Königsdienst, gilt als königliches Leibroß. Welches sind diese sechs Eigenschaften?

Da ist des Königs gutes, edles Roß 

(Als sechste Eigenschaft hat Text 6: von vollendeter Kraft; Text 7: von vollendeter Geschwindigkeit.)

Ebenso auch, ihr Mönche, ist der mit sechs Eigenschaften ausgerüstete Mönch würdig der Opfer . . . ist der beste Boden in der Welt für gute Werke. Welches sind diese sechs Eigenschaften?

Da ist der Mönch 


A.VI. 8 Die unübertrefflichen Güter

Sechs unübertreffliche Güter (*1) gibt es, ihr Mönche. Welche sechs? 


(*1) anuttariyāni; erklärt in A.VI.30; s. auch A.I.22.


A.VI. 9 Die sechs Betrachtungen I

Sechs Gegenstände der Betrachtung gibt es, ihr Mönche. Welche sechs? 


A.VI. 10 Die sechs Betrachtungen II

Einst weilte der Erhabene im Feigenhaine bei Kapilavatthu im Lande der Sakyer. Und der Sakyer Mahānāma (ein Sakyer-Fürst und Onkel des Buddha) kam zum Erhabenen, begrüßte ihn ehrfurchtsvoll und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend sprach der Sakyer Mahānāma zum Erhabenen also:

»Wer da, o Herr, als edler Jünger einen Erfolg erzielt (*1) und die Satzung verstanden hat (*2), in welchem Zustande weilt wohl ein solcher häufig?« -

»Wer da, Mahānāma, als edler Jünger einen Erfolg erzielt und die Satzung verstanden hat, ein solcher weilt häufig in folgendem Zustande (*3):

Da, Mahānāma, gedenkt der edle Jünger des Vollendeten: 'Dies, wahrlich, ist der Erhabene: er ist der Heilige, vollkommen Erleuchtete, der im Wissen und Wandel Bewährte, der Gesegnete, der Kenner der Welt, der unvergleichliche Lenker führungsbedürftiger Menschen, der Meister der Götter und Menschen, der Erleuchtete, der Erhabene.' Zu einer Zeit aber, Mahānāma, wenn der edle Jünger des Vollendeten gedenkt, da wird sein Geist weder von Gier umsponnen, noch von Haß oder Verblendung umsponnen; und angesichts des Vollendeten ist zu solcher Zeit sein Geist recht gerichtet (*4). Recht gerichteten Geistes aber, Mahānāma, gewinnt der edle Jünger Begeisterung für das Ziel, Begeisterung für die Lehre (*5), gewinnt er Freude an der Lehre. Im Freudigen aber erhebt sich Verzückung; verzückten Geistes beruhigt sich das Innere; im Inneren gestillt, empfindet er Glück, und des Glücklichen Geist sammelt sich. Von diesem edlen Jünger, Mahānāma, heißt es, daß er unter der verkehrt gerichteten Menschheit im Besitze des Rechten weilt, daß er unter der leidenden Menschheit leidlos weilt. In den Strom der Lehre eingetreten (*6), entfaltet er die Betrachtung über den Erleuchteten.

Weiterhin, Mahānāma, gedenkt der edle Jünger der Lehre: 'Wohl verkündet ist vom Erhabenen die Lehre; sie ist klar sichtbar, unmittelbar wirksam, einladend: »Komm und sieh'!«, zum Ziele führend, den Verständigen, jedem für sich, verständlich. Zu einer Zeit aber . . . (wie oben). In den Strom der Lehre eingetreten, entfaltet er die Betrachtung über die Lehre.

Weiterhin, Mahānāma, gedenkt der edle Jünger der Mönchsgemeinde: 'Gut wandelt die Jüngergemeinde des Erhabenen, gerade wandelt die Jüngergemeinde des Erhabenen, auf dem rechten Pfade wandelt die Jüngergemeinde des Erhabenen, geziemend wandelt die Jüngergemeinde des Erhabenen, als da sind: die vier Paare der Heiligen, die acht Arten der Heiligen. Dies ist die Jüngergemeinde des Erhabenen. Würdig ist sie des Opfers, würdig der Gastspende, würdig der Gaben, würdig des ehrfurchtsvollen Grußes, der beste Boden in der Welt für gute Werke.' Zu einer Zeit aber . . . (wie oben). In den Strom der Lehre eingetreten, entfaltet er die Betrachtung über die Mönchsgemeinde.

Weiterhin, Mahānāma, gedenkt der edle Jünger der eigenen Sitten, der ungebrochenen, unverletzten, unbefleckten, unverdorbenen, befreienden, von Verständigen gepriesenen, die unbeeinflußbar sind und die geistige Sammlung fördern. Zu einer Zeit aber . . . (wie oben). In den Strom der Lehre eingetreten, entfaltet er die Betrachtung über die Sittlichkeit.

Weiterhin, Mahānāma, gedenkt der edle Jünger der eigenen Freigebigkeit: 'Heil mir! Gut hab' ich's getroffen, daß ich inmitten der vom Laster des Geizes umsponnenen Menschheit mit einem vom Laster des Geizes freien Herzen im Hause lebe, freigebig, mit offenen Händen, zum Geben geneigt, den Bedürftigen zugetan, am Austeilen von Gaben Freude habend. Zu einer Zeit aber . . . (wie oben). In den Strom der Lehre eingetreten, entfaltet er die Betrachtung über die Freigebigkeit.

Weiterhin, Mahānāma, gedenkt der edle Jünger der Gottheiten: 'Es gibt da die vier großen Götterkönige, es gibt die Götter der Dreiunddreißig, es gibt die Yama-Götter, die Seligen Götter, die schöpfungsfreudigen Götter, es gibt die über die Erzeugnisse anderer verfügenden Götter, die Götter der Brahmawelt, und es gibt noch Götter darüber hinaus. Das Vertrauen, von dem erfüllt jene Gottheiten, von hier abgeschieden und dort wiedererschienen sind, ein solches Vertrauen eignet auch mir. Die Sittlichkeit - das Wissen - die Freigebigkeit - die Weisheit, von der erfüllt jene Gottheiten von hier abgeschieden und dort wiedererschienen sind, solche Sittlichkeit, solches Wissen, solche Freigebigkeit und solche Weisheit eignet auch mir.' Zu einer Zeit aber, Mahānāma, wenn der edle Jünger dieser Eigenschaften gedenkt, die ihm selber und den Gottheiten eignen, da wird sein Geist weder von Gier umsponnen, noch von Haß oder Verblendung umsponnen; und angesichts des Vollendeten ist zu solcher Zeit sein Geist recht gerichtet. Recht gerichteten Geistes aber, Mahānāma, gewinnt der edle Jünger Begeisterung für das Ziel, Begeisterung für die Lehre, gewinnt er Freude an der Lehre. Im Freudigen aber erhebt sich Verzückung; verzückten Geistes beruhigt sich das Innere; im Inneren gestillt, empfindet er Glück, und des Glücklichen Geist sammelt sich. Von diesem edlen Jünger, Mahānāma, heißt es, daß er unter der verkehrt gerichteten Menschheit im Besitze des Rechten weilt, daß er unter der leidenden Menschheit leidlos weilt. In den Strom der Lehre eingetreten, entfaltet er die Betrachtung über die Gottheiten.

Wer da, Mahānāma, als edler Jünger einen Erfolg erzielt und die Satzung verstanden hat, ein solcher weilt häufig in diesem Zustande.


(*1) āgataphalo, 'eine Frucht (seines Strebens) erreicht hat'; K: eine der Hohen Früchte (ariyaphala), d.i. des Stromeintritts usw.

(*2) viññāta-sāsano; sāsana ist die Botschaft oder Religion des Buddha; K: die dreifache Schulung in Sittlichkeit, Sammlung und Weisheit.

(*3) Das folg. auch in A.XI.13; s. auch A.III.71; A.VI.26-27. Über diese sechs Betrachtungen s. VisM VII.

(*4) uju-gatam, 'gerade geworden', d.i. von aufrichtiger Hingabe erfüllt; K: beim Meditationsobjekt, d.i. hier der Betrachtung über den Buddha usw.

(*5) labhati atthavedam labhati dhammavedam. In der 1. Aufl. wurde veda mit 'Verständnis' wiedergegeben. Das Wort kann zwar diese Bedeutung haben, doch es ist sicher nicht grundlos, wenn es in dieser Redewendung von den Kommentaren stets mit Synonymen für 'Freude' (pīti-pāmojja, thuti, somanassa) erklärt wird (auch zu M. 7), was auch durch den Sinnzusammenhang in kanonischen Texten wie D.18, M.68, Sn 1029 Bekräftigung erhält. Auch die im obigen Text folgenden Worte labhati dhammupasamhitam pāmojjam ('gewinnt er die mit der Lehre verbundene Freude') dürfte als eine verstärkende Wiederholung des Vorhergehenden aufzufassen sein. Vgl. VisM 264 f., wo unser Text zitiert wird.

(*6) dhamma-sotam samāpanno = sotāpanno. K: der 'Strom der Lehre' ist der Hellblick (vipassanā).


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