uparrow.gif (358 bytes) Visuddhi Magga XXII.

D. Die Überwindung

 

'Die Überwindung (pahāna) der zu überwindenden Dinge und diejenigen Dinge, durch die jene zu überwinden sind': - Man sollte wissen, welche Dinge zu überwinden und durch welche von diesen 4 Pfaderkenntnissen sie zu überwinden sind. Diese Erkenntnisse nämlich bewirken, je nach den Umständen, die Überwindung jener Dinge, die da bekannt sind als die Fesseln, befleckenden Leidenschaften, Verkehrtheiten, weltlichen Bedingungen, Geiz, Verdrehtheiten, Bande, Abwege, Triebe, Fluten, Fesselungen, Hemmungen, Anklammerung, Anhaftungen, Neigungen und Flecken, die unheilsamen Wirkensfährten und die unheilsamen Bewußtseinszustände.

 

Hierunter nun gelten als die 'Fesseln' (samyojana) 10 Dinge, wie: Begehren nach Feinkörperlichem Dasein usw. 'weil eben diese Dinge die (gegenwärtigen) Daseinsgruppen an die (künftigen) Daseinsgruppen fesseln, das (heilsame und unheilsame) Karma an die Karmawirkung (vipāka), die Wesen aber an das Leiden. Solange nämlich jene Fesseln bestehen, solange hören diese Dinge nicht auf.

Von den Fesseln werden 5, nämlich

  1. Begehren nach Feinkörperlichem Dasein (rūpa-rāga),
  2. Begehren nach Unkörperlichem Dasein (arūpa-rāga),
  3. Dünkel (māna),
  4. Aufgeregtheit (uddhacca) und
  5. Unwissenheit (avijjā),

als die 'aufwärtsführenden Fesseln' (uddhambhāgiya-samyojana) bezeichnet, u. zw. deshalb weil sie an die in höherem Dasein entstehenden Daseinsgruppen fesseln.

  1. Persönlichkeitsglaube (sakkāya-ditthi),
  2. Zweifelsucht (vicikicchā),
  3. Haften an Regeln und Riten (sīlabbata-parāmāsa),
  4. Sinnengier (kāma-rāga) und
  5. Übelwollen (patigha):

diese 5 Dinge gelten als die 'abwärtsführenden Fesseln' (adhobhāgiya- oder orambhāgiya-samyojana), u. zw. deshalb, weil sie an die in niederer Welt entstehenden Daseinsgruppen fesseln.

 

Als 'befleckende Leidenschaften' (kilesa) gelten 10 Dinge, weil diese selber befleckt sind und die damit verbundenen Dinge beflecken, nämlich:

  1. Gier (lobha),
  2. Haß (dosa),
  3. Verblendung (moha),
  4. Dünkel (māna),
  5. Ansicht (ditthi),
  6. Zweifel (vicikicchā),
  7. geistige Starrheit (thīna),
  8. Aufgeregtheit (uddhacca),
  9. Schamlosigkeit (ahirika),
  10. Gewissenlosigkeit (anottappa).

 

Als 'Verkehrtheiten' (micchatta) gelten 8 Dinge, da diese sich als verkehrt erweisen, nämlich:

  1. verkehrte Erkenntnis,
  2. verkehrte Gesinnung,
  3. verkehrte Rede,
  4. verkehrte Tat,
  5. verkehrter Lebensunterhalt,
  6. verkehrte Anstrengung,
  7. verkehrte Achtsamkeit,
  8. verkehrte Sammlung.

Zusammen mit verkehrter Befreiung und verkehrtem Wissen (micchā-ñāna) sind es insgesamt 10 Dinge.

 

Als 'Weltgesetze' (loka-dhamma) gelten 8 Dinge, da diese, solange die Welt besteht, nie aufhören werden, nämlich: Gewinn und Verlust, Achtung und Verachtung, Glück und Unglück, Lob und Tadel. Hier nun wird der Ausdruck 'Weltgesetz' in konventioneller Weise im Sinne von Anlaß gebraucht für die im Gewinn usw. wurzelnde Neigung und den im Verlust usw. wurzelnden Groll. So ist dies zu verstehen.

 

Als 'Geiz' (macchariya) gelten die 5 Arten des Geizes: Geiz hinsichtlich der Wohnung, der Familien, des Gewinnes, der geistigen Dinge und des Lobes, da diese sich in der Unfähigkeit äußern, Dinge wie Wohnung usw. mit den anderen zu teilen.

 

Als 'Verdrehtheiten' (vipallāsa) gelten die bei etwas Vergänglichem, Elendem, Unpersönlichem oder Widerlichem auftretenden Verdrehtheiten von Wahrnehmung (saññā-vipallāsa), Bewußtsein (citta) und Ansicht (ditthi), daß nämlich dies etwas Unvergängliches (nicca), Glückliches (sukha), Persönliches (attā) und Liebliches (subha) sei.

 

Als 'Bande' (gantha) gelten 4 Dinge wie Habgier usw., weil diese Dinge einen an den geistigen und stofflichen Körper binden. Somit bezeichnet man sie auch als das körperliche Band (kāya-gantha), nämlich:

  1. das körperliche Band 'Habgier' (abhijjhā),
  2. das körperliche Band 'Übelwollen' (vyāpāda),
  3. das körperliche Band 'Haften an Regeln und Riten' (sīlabbata-parāmāsa),
  4. das körperliche Band 'Glaubensfanatismus' (saccā-bhinivesa).

 

'Abweg' (agati) ist eine Bezeichnung für die durch Gier (chanda), Haß (dosa), Verblendung (moha) und Feigheit (bhaya) bedingte Ausübung von etwas zu Vermeidendem und Vermeidung von etwas Auszuübendem. Weil man nämlich solchen Weg nicht einschlagen darf, wurde er von den Edlen als Abweg bezeichnet.

 

'Triebe' (āsava, eig. 'Strömungen' oder 'Einströmungen') ist eine Bezeichnung für Sinnengier (kāma-rāga), Daseinsgier (bhava-rāga), verkehrte Ansicht (micchā-ditthi) und Unwissenheit (avijjā), weil diese Dinge nämlich von dem Reifezustand und dem Daseinsgipfel wegtreiben, gerade wie das Wasser durch die gegen Herausfließen ungeschützten Tore fließt oder durch die Löcher eines Kruges sickert; oder sie heißen so, weil sie durch beständiges Einströmen das Leiden der Daseinsrunde erzeugen.

 

Auch als 'Fluten' (ogha) werden diese Dinge bezeichnet, weil sie die Wesen im Daseinsmeere mitfortreißen und schwer zu durchkreuzen sind.

 

Auch 'Fesselungen' (yoga) nennt man sie, weil sie das Sichloslösen von den Objekten und vom Leiden nicht zulassen.

 

Als die 5 Hemmungen (nīvarana) bezeichnet man:

  1. Sinnengier (kāma-cchanda),
  2. Übelwollen (vyāpāda),
  3. Starrheit und Mattheit (thīna-middha),
  4. Aufgeregtheit und Gewissensunruhe (uddhacca-kukkucca),
  5. Zweifel (vicikicchā),

weil nämlich diese Dinge den Geist hindern, hemmen und verschleiern.

 

'Anklammerung' (parāmāsa) ist eine Bezeichnung für verkehrte Ansicht, denn diese entsteht dadurch, daß man die wahre Natur dieser oder jener Dinge übersieht und sich an die nicht wirkliche Natur derselben festklammert.

 

Als die 4 'Anhaftungen' (upādāna) gelten:

  1. das Anhaften an Sinnlichkeit (kāmûpādāna),
  2. Ansichten (ditthi),
  3. Regeln und Riten (sīlabbata) und
  4. an der Persönlichkeit (attavāda),

wie in jeder Weise beschrieben in der Darstellung der Bedingten Entstehung.

 

Als 'Neigungen' (anusaya) im Sinne von Hartnäckigkeit gelten 7 Dinge:

  1. Sinnengier (kāmarāgānusaya),
  2. Übelwollen (patigha),
  3. Dünkel (māna),
  4. Ansichten (ditthi),
  5. Zweifel (vicikiccā),
  6. Daseinsgier (bhavarāga) und
  7. Unwissenheit (avijjā).

Diese nämlich gelten als Neigungen, weil sie infolge ihrer Hartnäckigkeit immer wieder dazu neigen, die Bedingungen zu werden zur Entstehung von (neuer) Sinnengier usw.

 

Als die 3 'Flecken' (mala) gelten Gier (lobha, Haß (dosa) und Verblendung (moha), weil diese Dinge, genau wie Ölschmiere oder Schlamm, selber unrein sind und auch die anderen Dinge unrein machen.

 

Als 'unheilsame Wirkensfährte' (akusala-kammapatha) gelten 10 Dinge, weil diese in unheilsamem Wirken bestehen und ein Weg sind zu den Leidensstätten, nämlich:

  1. Töten,
  2. Stehlen,
  3. geschlechtliche Ausschreitung,
  4. Lüge,
  5. Zuträgerei,
  6. rohe Rede,
  7. leeres Plappern,
  8. Habgier,
  9. Übelwollen und
  10. verkehrte Ansicht.

 

Als 'unheilsame Bewußtseinszustände' (akusala-cittuppāda) gelten 12 Bewußtseinszustände:



Für die Dinge wie die Fesseln usw. gibt es, je nach den Verhältnissen, folgende ihre Überwindung bewirkenden Dinge: -

 

Von den 'Fesseln' (samyojana) werden 5 durch die 1. Pfaderkenntnis zerstört, nämlich Persönlichkeisglaube, Zweifel, Haften an Regeln und Riten, sowie die abwärtsführenden Formen der Sinnengier und des Übelwollens. Die übrigen groben Formen von Sinnengier und Übelwollen werden durch die 2. Pfaderkenntnis zerstört, die feineren Grade durch die 3. Pfaderkenntnis; die 5 Fesseln aber wie Begehren nach Feinkörperlichem Dasein, Begehren nach Unkörperlichem Dasein, Dünkel, Aufgeregtheit und Unwissenheit, diese werden erst durch die 4. Pfaderkenntnis zerstört. - Wo immer wir nun im folgenden eine Eigenschaft auch nicht mit dem Wörtchen 'erst' festlegen, da hat man von jeder Eigenschaft, die wir als durch eine höhere Erkenntnis zerstörbar erklären, zu wissen, daß diese infolge der früheren Erkenntnis zwar abgeschwächt und daher nicht mehr zur Wiedergeburt in niederer Welt usw. führt, wohl aber 'erst' durch eine höhere Erkenntnis zerstört werden kann.

 

Von den 'befleckenden Leidenschaften' (kilesa) werden Ansicht und Zweifel durch die erste Pfaderkenntnis zerstört, Haft durch die dritte, während Gier, Verblendung, Dünkel, Starrheit, Aufgeregtheit, Schamlosigkeit und Gewissenlosigkeit durch die 4. Pfaderkenntnis zerstört werden.

 

Von den 'Verkehrtheiten' (micchitta) werden verkehrte Erkenntnis, Lüge, verkehrte Tat und verkehrter Lebensunterhalt durch die 1. Pfaderkenntnis zerstört, verkehrte Gesinnung, Zuträgerei und rohe Rede durch die 3. Pfaderkenntnis, wobei rechte Rede als bloße Willensäußerung aufzufassen ist. Leeres Plappern, verkehrte Anstrengung, verkehrte Achtsamkeit, verkehrte Sammlung und verkehrte Befreiung werden durch die 4. Pfaderkenntnis zerstört.

 

Bei den 'Weltgesetzen' (loka-dhamma) wird Groll durch die 3. Pfaderkenntnis zerstört, Neigung durch die vierte. Nach Auffassung einiger jedoch wird die Neigung zu Ruhm und Lob durch die 4. Pfaderkenntnis zerstört.

 

Alle Arten des 'Geizes' (macchariya) werden durch die 1. Pfaderkenntnis zerstört.

 

Von den 'Verdrehtheiten' (vipallāsa) werden folgende durch die 1. Pfaderkenntnis zerstört, nämlich: die Verdrehtheit der 'Wahrnehmung', des 'Bewußtseins' und der 'Ansicht' von etwas Vergänglichem als unvergänglich, von etwas Unpersönlichem als persönlich; ferner die Verdrehtheit der Ansicht von etwas Elendem als Glück, von etwas Widerlichem als lieblich. Die Verdrehtheiten der Wahrnehmung und des Bewußtseins von etwas Widerlichem als lieblich werden durch die 3. Pfaderkenntnis zerstört. Die Verdrehtheiten der Wahrnehmung und des Bewußtseins von etwas Elendem als Glück werden durch die 4. Pfaderkenntnis zerstört.

 

Von den 'Banden' (gantha) werden das körperliche Band des Haftens an Regeln und Riten und das des Glaubensfanatismus durch die 1. Erkenntnis zerstört, das körperlich: Band des Übelwollens durch die 3. Erkenntnis, das übrigbleibende (Habgier) durch die 4. Erkenntnis.

 

Die 'Abwege' (agati) werden alle durch die 1. Pfaderkenntnis zerstört.

 

Von den 'Trieben' (āsava) werden die Ansichten durch die 1. Erkenntnis zerstört, das sinnliche Begehren durch die 3. Erkenntnis und die übrigen beiden durch die 4. Erkenntnis.

 

Auch für die 'Fluten' (ogha) und 'Fesselungen' (yoga) gilt genau dieselbe Erklärung.

 

Von den 'Hemmungen' (nīvarana) wird der Zweifel durch die 1. Erkenntnis zerstört. Drei Hemmungen, nämlich Sinnengier, Übelwollen und Gewissensunruhe, werden durch die 3. Erkenntnis zerstört; Starrheit, Mattheit und Aufgeregtheit aber durch die 4. Erkenntnis.

 

Die 'Anklammerung' (parāmāsa) wird durch die 1. Erkenntnis zerstört.

 

Hinsichtlich der 'Anhaftungen' (upādāna): Weil alle weltlichen Dinge auch im Sinne von 'Wunschobjekt' (vatthu-kāma) als 'kāma' (Wunsch, Sinnenwunsch, Sinnenobjekt) überliefert sind, so fallen selbst das Begehren nach Feinkörperlichem Dasein und das nach Unkörperlichem Dasein unter den Begriff des 'kāmûpādāna' (Anhaften an Wunschobjekten). Diese Anhaftung wird also erst durch die 4. Pfaderkenntnis zerstört, während die übrigen schon durch die 1. Erkenntnis zerstört werden.

 

Von den 'Neigungen' (anusaya) werden Ansicht und Zweifel durch die 1. Erkenntnis zerstört, während Sinnengier und Groll durch die 3., Dünkel, Daseinsgier und Unwissenheit aber durch die 4. Erkenntnis zerstört werden.

 

Von den 'Flecken' (mala) wird Haß durch die 3. Erkenntnis zerstört, während die übrigen Flecken (Gier, Verblendung) durch die 4. Erkenntnis zerstört werden.

 

Von den 'unheilsamen Wirkensfährten' (akusala-kammapatha) werden Töten, Stehlen, geschlechtliche Ausschreitung, Lüge, rohe Rede und böse Ansicht durch die 1. Erkenntnis zerstört. Drei Dinge aber, wie Zuträgerei, rohe Rede und Übelwollen, werden durch die 3., leeres Plappern aber durch die 4. Erkenntnis zerstört.

 

Von den 'unheilsamen Bewußtseinszuständen' (akusala-cittuppāda) werden 5 durch die 1. Erkenntnis zerstört, nämlich die 4 mit Ansichten verbundenen (Tab. 22-25) und der mit Zweifel verbundene Zustand (32). Die beiden mit Groll verbundenen Zustände (30, 31) aber werden durch die 3., die übrigen durch die 4. Erkenntnis zerstört.

 

Was somit zu zerstören ist, und das, wodurch es zu zerstören ist, das gilt als 'das zu Überwindende und das, wodurch es zu überwinden ist'. Darum heißt es, daß diese Erkenntnisse, je nach den Umständen, die Überwindung jener Dinge wie der Fesseln usw. bewirken. 


Ein nicht ungewöhnlicher Einwurf ist folgender: 'Sind es wohl vergangene oder zukünftige Dinge, die durch jene Erkenntnisse überwunden werden, oder sind es gegenwärtige? Im Falle es vergangene oder zukünftige Dinge sind, ist doch jede Anstrengung wertlos. Und warum? Weil eben dann gar keine Dinge da sind, die man zu überwinden hätte. Sind es aber gegenwärtige Dinge, so ist auch dann die Anstrengung wertlos, denn dann bestehen ja die zu überwindenden (unheilsamen) Dinge gleichzeitig mit der (heilsamen) Anstrengung; und die Pfadentfaltung erweist sich damit als befleckt. Es ist genau so, als ob man von einem Unverbundensein der Leidenschaften (mit Bewußtsein) sprechen wollte, wo es doch gar keine gegenwärtige Leidenschaft gibt, die nicht mit Bewußtsein verbunden wäre.'

 

Im Kanon (Pts. II. p. 217) heißt es: "Wer die befleckenden Leidenschaften überwindet, überwindet der wohl die vergangenen oder die zukünftigen oder die gegenwärtigen?" Worauf es dann heißt: "Würde man die vergangenen Leidenschaften überwinden, so brächte man ja das bereits Versiegte zur Versiegung, das bereits Erloschene zur Erlöschung, das bereits Geschwundene zum Schwinden, das bereits Untergegangene zum Untergang; etwas Vergangenes, das doch gar nicht mehr da ist, überwände man dann?! Somit überwindet man nicht die vergangenen Leidenschaften": auf solche Weise wurde die Frage verneint. - Ferner: "Würde man die zukünftigen Leidenschaften überwinden, so überwände man ja etwas noch gar nicht Geborenes, gar nicht Entstandenes, etwas, das noch gar nicht eingetreten und erschienen ist, etwas Zukünftiges, das noch gar nicht da ist, überwände man dann! Somit überwindet man nicht die zukünftigen Leidenschaften": auf solche Weise wird die Frage verneint. - Ferner: "Überwände man die gegenwärtigen Leidenschaften, so überwände eben der Gierende' (also trotz der gleichzeitig bestehenden Gier) die Gier, der Haßende den Haß, der Verblendete die Verblendung, der Aufgeblasene den Dünkel, der Sichanklammernde die Ansicht, der Zerfahrene die Aufgeregtheit, der noch Ungefestigte den Zweifel, der Hartnäckige die Neigung; und finstere und lichte Eigenschaften bestünden paarweise verbunden, und die Pfadentfaltung wäre voller Flecken. Somit überwindet man weder vergangene noch zukünftige noch gegenwärtige Leidenschaften": auf solche Weise werden alle diese Fragen verneint.

 

Auf die Frage aber: "Somit gibt es also wohl gar keine Entfaltung des Pfades, keine Verwirklichung des Pfadergebnisses, keine Überwindung der befleckenden Leidenschaften, keine Meisterung des Gesetzes!", da wird festgestellt: "Doch, es gibt eine Entfaltung des Pfades, eine Verwirklichung des Pfadergebnisses, eine Überwindung der Leidenschaften, eine Meisterung des Gesetzes." Auf die Frage aber, womit sich dieses vergleichen ließe, da heißt es (ib.):

 

"Es ist damit genau wie mit einem jungen Baume, der noch keine Früchte trägt. Sollte da ein Mann diesen Baum an der Wurzel fällen, so möchten die noch nicht entstandenen Früchte jenes Baumes eben gar nicht entstehen, die noch nicht ins Dasein getretenen eben gar nicht ins Daseintreten, die noch nicht gewordenen, nicht erschienenen, eben gar nicht erscheinen. Genau so auch ist die Daseinsentstehung eine Bedingung und Grundlage zur Entstehung der befleckenden Leidenschaften. Ist aber das Elend der Daseinsentstehung erkannt, so drängt der Geist zur Entwerdung (Nichtmehrentstehung). Jene noch unentstandenen Leidenschaften aber, die durch die Daseinsentstehung bedingt entstehen möchten, diese kommen, da der Geist zum Entwerden hindrängt, nicht zum Entstehen, nicht zum Erscheinen. Somit kommt es eben durch Aufhebung der Bedingungen zur Aufhehung des Elends. Genau so ist der Daseinsfortgang . . . die Daseinsbedingung . . . das Anhäufen eine Bedingung und Grundlage zur Entstehung der befleckenden Leidenschaften. Ist aber das Elend des Anhäufens erkannt, so drängt der Geist zum Abschichten (Nichtmehranhäufen). Jene noch unentstandenen Leidenschaften aber, die durch das Anhäufen bedingt entstehen möchten, diese kommen, da der Geist zum Abschichten hindrängt, nicht zum Entstehen, nicht zum Erscheinen. Somit kommt es durch Aufhebung der Bedingungen zur Aufhebung der Wirkung. So also gibt es eine Entfaltung des Pfades, gibt es eine Verwirklichung der Frucht, gibt es eine Überwindung der befleckenden Leidenschaften, gibt es eine Meisterung des Gesetzes."

 

Was soll nun damit erklärt werden? Die Überwindung der am Daseinsboden haftenden Leidenschaften. Sind nun aber diese vergangen oder zukünftig, oder sind sie gegenwärtig? Bloß als etwas am Daseinsboden haftendes Aufgestiegenes gelten sie.

 

(4 Arten des Aufgestiegenen). Etwas Aufgestiegenes (Heilsames oder Unheilsames) nämlich zerfällt in mancherlei Arten: in Gegenwärtiges, in Gewordenes und wieder Vergangenes, in nach gebotener Gelegenheit Aufsteigendes, in am Daseinsboden Haftendes.

 

Hiervon nun gilt als 'gegenwärtig aufgestiegen' (vattamānuppanna) alles, was mit Entstehung, Alter und Auflösung behaftet gilt.

 

Das als 'geworden und wieder vergangen' (bhūtāpagata) bezeichnete Heilsame oder Unheilsame, das, nachdem es das Wesen des Objektes erlebt hat, erloschen ist, ebenso alles übrige Bedingte, das nach Erreichung der 3 Stadien des Entstehens, Beharrens und Schwindens erloschen ist und als geworden und wieder vergangen bezeichnet wird, das gilt hier als das 'Gewordene und wieder Vergangene.'

 

Weil das Karma (die heilsamen und unheilsamen Willenstätigkeiten) - von dem es heißt: "Welche Taten auch immer einer in früherem Leben gewirkt haben mag usw." - etwas Vergangenes ist und deshalb eine fremde Wirkung ausschließt und nur die eigene Wirkung zuläßt, und die so zugelassene Wirkung, obzwar noch nicht aufgestiegen, dennoch, sobald sich die Gelegenheit dazu bietet, mit Bestimmtheit aufsteigen wird, darum gilt solche Wirkung als 'nach gebotener Gelegenheit aufsteigend' (okāsakatuppanna).

 

Das auf diesem oder jenem Daseinsboden nicht ausgerottete Unheilsame gilt als das 'am Daseinsboden haftende Aufsteigende' (bhūmiladdhuppanna). Hier sollte man den Unterschied des Daseinsbodens und des am Daseinsboden Haftenden kennen. Als Daseinsboden nämlich gelten die das Objekt für den Hellblick bildenden 5 Daseinsgruppen in den drei Daseinebenen (der sinnlichen, feinkörperlichen und unkörperlichen). Als 'am Daseinsboden haftend' gilt die in diesen Daseinsgruppen noch entstehbare Art der Leidenschaft. Weil nämlich von solcher Leidenschaft der Daseinsboden gefunden wurde, darum bezeichnet man sie als 'am Daseinsboden haftend.' Dieser Daseinsboden aber ist hier nicht als Objekt zu verstehen; denn alle, vergangene wie zukünftige, ja selbst die schon durchschauten Daseinsgruppen der Triebversiegten, mögen als Vorstellungsobjekte die Bedingung bilden zur Entstehung von Leidenschaften. Dies war z. B. der Fall bei dem Handelsherrn Soreyya (Dhp. Kom. I. 325f), dem Brahmanenjüngling Nanda u. a. m., denen auf Grund der (im Geiste vorgestellten) Daseinsgruppen des Mahā-Kaccāna, der Uppalavannā u. a. Leidenschaften aufstiegen. Würden solche Leidenschaften noch an dem (so vorgestellten) Daseinsboden haften, so könnte - da dann diese Leidenschaften etwas Unüberwindbares wären - niemand diese Daseinswurzel überwinden. Als Grundlage hat man nämlich das am Daseinsboden Haftende zu betrachten. Wo immer somit, ohne vom Hellblick durchdrungen zu sein 'Daseinsgruppen aufsteigen, dort immer neigt von ihrem Aufsteigen ab die eine Wurzel der Daseinsrunde bildende Art der Leidenschaft zu jenen Daseinsgruppen hin. Solche Leidenschaft also ist, im Sinne von etwas Nichtüberwundenem, als noch 'am Daseinsboden haftend' zu verstehen.

 

Bloß diejenigen Daseinsgruppen eines Menschen, denen die befleckenden Leidenschaften als etwas noch nicht Überwundenes anhaften, bloß diese Daseinsgruppen bilden bei ihm die Grundlage für jene Leidenschaften, nicht die den anderen Wesen angehörenden Daseinsgruppen. Für die bei den vergangenen Gruppen nicht überwundenen und daran haftenden Leidenschaften bilden bloß die vergangenen Gruppen eine Grundlage, keine anderen Gruppen. Die entsprechende Erklärung gilt auch für die zukünftigen Gruppen usw. Ebenso auch bilden für die bei den Gruppen in der Sinnensphäre nicht überwundenen und noch daran haftenden Leidenschaften bloß die Gruppen in der Sinnensphäre eine Grundlage, keine anderen Gruppen. Die entsprechende Erklärung gilt auch für die feinkörperliche und unkörperliche Sphäre.

 

Bei jedem edlen Jünger aber wie dem Stromeingetretenen usw., bei dem hinsichtlich der Daseinsgruppen diese oder jene als Daseinswurzel geltende Art der Leidenschaft durch diesen oder jenen Pfad überwunden wurde, da werden solche Gruppen, da sie keine Grundlage mehr für jene als Daseinswurzeln geltenden überwundenen Leidenschaften sind, nicht mehr als Daseinsboden dafür bezeichnet.

 

Weil nun in dem Weltling die als Daseinswurzeln geltenden Leidenschaften noch gänzlich unüberwunden sind, so ist, was auch immer er für eine Tat (Karma) verübt, diese entweder karmisch heilsam oder unheilsam. Somit bleibt, durch sein karmisches Wirken und die Leidenschaften bedingt, die Daseinsrunde im Gange. Nun darf man aber nicht sagen, daß diese Wurzel der Daseinsrunde nur an der Körperlichkeit hafte und nicht an dem Gefühl und den übrigen Gruppen, oder bloß an der Bewußtseinsgruppe und nicht an der Körperlichkeit und den übrigen Gruppen. Und warum nicht? Weil eben diese Daseinswurzel ohne Unterschied an allen 5 Daseinsgruppen haftet. Und womit ließe sich das vergleichen? Mit den Säften der Erde und des Wassers, die am Baume haften.

 

Wenn sich da nämlich ein fest im Erdboden wurzelnder Baum befindet, der in Abhängigkeit von den Stoffen der Erde und des Wassers und dadurch bedingt mit Hinsicht auf Wurzeln, Stamm, Äste, Zweige, Schößlinge, Blätter, Blüten und Früchte sich entfaltet und den Luftraum erfüllt und bis zum Ende der Zeiten durch Aufeinanderfolge der Keime eine Fortsetzung von Bäumen bewirkt, so darf man nicht etwa sagen, daß die Stoffe der Erde usw. bloß an der Wurzel des Baumes haften und nicht am Stamm usw., oder bloß an den Früchten und nicht an der Wurzel usw. Und warum nicht?, Weil die Stoffe ohne Unterschied in alle Wurzeln und alle die anderen Bestandteile des Baumes eingedrungen sind. Gesetzt nun aber, ein Mann, der mit den Blüten, Früchten und anderen Bestandteilen dieses Baumes unzufrieden sei, schlüge von allen vier Seiten mit einem als Mandūka-Dorn bekannten giftigen Dorn gegen den Baum, so möchte doch jener Baum, unter dem Einflusse des Giftes und nach Aufzehren aller Stoffe der Erde und des Wassers, eben infolge Mangels an Stoffen, nicht mehr imstande sein, von neuem eine Fortsetzung zu erzeugen.

 

Gerade nun wie jener Mann den Baum von allen vier Seiten mit Gift bearbeitet, so geht der des Fortganges der Daseinsgruppen überdrüssig gewordene edle Sohn daran, in seinem eigenen Daseinsfortgang die 4 Pfade (der Sotapanschaft usw.) zu entfalten. Nachdem nun, durch Einwirkung dieses vierfachen Pfadgiftes, die als die Wurzeln der Daseinsrunde geltenden Leidenschaften völlig aufgezehrt und alle Arten des körperlichen, sprachlichen und geistigen Wirkens (Karma) zu bloßen 'Funktionen' geworden sind, so ist auf Grund der Unfähigkeit, eine Wiedergeburt zu erzeugen, die Kontinuität der 5 Daseinsgruppen nicht mehr imstande, künftighin einen Fortgang im nächsten Leben zu erzeugen. Nach Aufhebung des letzten Bewußtseinszustandes aber erreicht der Jünger, frei von 'Haften' (upādāna, auch 'Brennstoff'), die völlige Erlöschung, genau so wie das Feuer ohne Brennstoff erlischt. Auf solche Weise hat man die Vielartigkeit der am Daseinsboden haftenden Leidenschaften zu verstehen.

 

 

(4 weitere Arten). Fernerhin gibt es noch vier weitere Arten, wie eine Leidenschaft aufsteigen mag, nämlich: unmittelbar, nach Ergreifung des Objektes, ungehemmt, unentwurzelt.

 

Hierunter gilt als 'unmittelbar aufgestiegen' die gegenwärtig aufgestiegene Leidenschaft.

 

Wenn aber das Objekt in den Bereich der Sehweite usw. eingetreten ist, so gilt selbst die anfangs noch nicht aufgestiegene Art der Leidenschaft, dadurch daß eben das Objekt ergriffen wurde und jene Leidenschaft daher später bestimmt aufsteigen wird, als 'nach Ergreifung des Objektes aufsteigend', gerade wie die Art der Leidenschaft, die dem Ordensälteren Mahātissa aufstieg, als er beim Almosengange im Kalyānadorf unpassende Sehobjekte erblickte.

 

Die durch keine der beiden Eigenschaften wie Gemütsruhe und Hellblick gehemmte Art der Leidenschaft gilt, auch wenn sie noch nicht in die geistige Kontinuität eingetreten ist, eben wegen Fehlens der ihr Aufsteigen hemmenden Bedingung (d. i. der Gemütsruhe und des Hellblicks) als 'ungehemmt aufsteigend'.

 

Aber selbst die durch Gemütsruhe oder Hellblick gehemmte Leidenschaft gilt, solange sie noch nicht durch den heiligen (überweltlichen) Pfad entwurzelt und dem Gesetz der Wiedergeburt noch nicht entgangen ist, als 'unentwurzelt aufsteigend', gleichwie die Art der Leidenschaft, die einem der 8 Errungenschaften (Vertiefungen) mächtigen Ordensälteren beim Durchschweben der Lüfte aufstieg, als er den Gesang eines mit lieblicher Stimme singenden Weibes hörte, während diese von einem blühenden Baume Blüten brach.

 

Die nach Ergreifung des Objektes aufsteigende, die ungehemmt aufsteigende, die unentwurzelt aufsteigende: diese 3 Klassen von Leidenschaften sind als in der 'an Daseinsboden haftenden' eingeschlossen zu betrachten. Wenn eine dieser besagten 3 Klassen auftritt, so können jene 4 Klassen - wie die gegenwärtig aufgestiegene, die gewordene und wieder vergangene, die nach gebotener Gelegenheit aufsteigende und die unmittelbar aufgestiegene - durch keinerlei Erkenntnis überwunden werden, weil sie eben noch nicht durch den Pfad zerstört sind.

 

Was aber jene am Daseinsboden haftenden Leidenschaften betrifft, nämlich die nach Ergreifung des Objektes aufsteigenden, die unentwurzelt aufsteigenden, die ungehemmt aufsteigenden, so können alle diese überwunden werden; denn diese oder jene weltliche oder überweltliche Erkenntnis mag aufsteigen und die aufgestiegene Leidenschaft zerstören.

 

Auf diese Weise also hat man hier zu verstehen 'die Überwindung der zu überwindenden Dinge und diejenigen Dinge, durch die jene zu überwinden sind'.


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