Visuddhi Magga XVII

(V-VI) "Durch die 6 Grundlagen bedingt ist der Bewußtseinseindruck" (sal-āyatana-paccayā phasso)

 

Für diesen Satz gilt:

 

 

Was da nämlich den Satz betrifft 'Durch die 6 Grundlagen bedingt ist der Bewußtseinseindruck', so gibt es da, kurz gesagt, bloß 6 Bewußtseinseindrücke (phassa), wie Seheindruck (cakkhu-samphassa), Höreindruck (sota), Riecheindruck (ghāna), Schmeckeindruck (jivhā), Körpereindruck (kāya), und Geisteindruck (mano). Ausführlich dargelegt aber gibt es, entsprechend dem durch die Karmaformationen bedingten Bewußtsein, insgesamt 32 (karmagewirkte) Bewußtseinseindrücke (34 bis 65), nämlich 10 Bewußtseinseindrücke bestehend aus 5 durch heilsames Karma gewirkten und 5 durch unheilsames Karma gewirkten Eindrücken des Sehens usw.; ferner die mit den 22 weltlichen karmagewirkten Bewußtseinsklassen verbundenen 22 Bewußtseinseindrücke. Von den für diese 32 Bewußtseinseindrücke die Bedingung bildenden 6 Grundlagen aber heißt es:

 

 
 

Wissend, daß es sich hier bloß um eine Erklärung der Entstehung von karmisch-abhängigen Dingen handelt, erklären jene (im Mahāvihāra bei Anurādhapura lebenden Lehrer) die Bedingung (6 Grundlagen) und das durch diese Bedingung Entstandene (Bewußtseinseindruck) als in ein und demselben Lebensfortgange eingeschlossen. "Durch die sechste Grundlage (Geistgrundlage = Bewußtsein) ist der Bewußtseinseindruck bedingt", auf Grund dieses Palitextes (Paccayâkāra-Vibhanga) halten sie dafür, daß im Unkörperlichen Gebiete die sechste Grundlage, anderwärts aber die allumfassenden 6 Grundlagen die Bedingung seien für den Bewußtseinseindruck - indem sie eben einen Bestandteil (,sechs') durch den ihm entsprechenden (,sechste') ersetzen und die eigenen Grundlagen wie Auge usw. zusammen mit der 6. Grundlage als die sechs Grundlagen annehmen. Jene 6. Grundlage (Geistgrundlage = Bewußtsein) und jene 6 Grundlagen nämlich rechnen zusammen als sal-āyatana (Sechsergrundlage). Diejenigen aber, die bloß das durch die Bedingung Entstandene (Bewußtseinseindruck) als in dem einen gegenwärtigen Leben eingeschlossen erklären, die Bedingung (6 Grundlagen) aber als dem vergangenen Leben angehörend, diese behaupten, indem sie alle für den Bewußtseinseindruck die Grundlage bildenden Bedingungen mit Einschluß der äußeren Grundlagen (Sinnenobjekte) anführen, daß die eigenen Grundlagen zusammen mit der sechsten Grundlage und den äußeren Grundlagen wie Sehobjekt usw. als die 6 Grundlagen zu betrachten seien. Jene als 'Sechsergrundlage' nämlich zusammengefaßte 'sechste Grundlage' und 'sechs Grundlagen' gelten, wenn man sie zerlegt, als die '6 Grundlagen'.

 

 
Nun wirft man ferner ein: 'Nicht entsteht doch durch alle die Grundlagen bloß ein einziger Bewußtseinseindruck, auch nicht entstehen durch nur eine einzige Grundlage alle die Bewußtseinseindrücke. Es wird aber doch in dem Satze 'Durch die 6 Grundlagen bedingt ist der Bewußtseinseindruck' bloß von einem einzigen Bewußtseinseindruck gesprochen. Warum geschieht dies?' - Folgendes ist die Antwort hierauf: - Richtig ist es, daß weder durch alle Grundlagen bloß ein einziger Bewußtseinseindruck entsteht, noch auch daß aus einer einzigen Grundlage alle Bewußtseinseindrücke entstehen. Wohl aber entsteht ein einziger Bewußtseinseindruck durch mehrere Grundlagen bedingt. So entsteht z.B. der Seheindruck bedingt durch die Grundlagen Sehorgan, Sehobjekt und die hier im Sehbewußtsein bestehende Geistgrundlage ( = Bewußtsein) sowie die übrigen damit verbundenen Geistobjekt-Grundlagen (Gefühl usw.). In dieser Weise ist überall die entsprechende Erklärung zu geben.

 

 

'Durch Anwendung der Einerzahl' bedeutet: dadurch, daß der Erhabene in dem Ausspruche 'Durch die 6 Grundlagen bedingt ist der Bewußtseinseindruck' den Singular anwendet, dadurch zeigt er, daß ein einzelner Bewußtseinseindruck durch mehrere Grundlagen bedingt ist.

 

 

Dies ist die Erklärung hierzu: -

Die Grundlagen wie Auge usw. bilden für den in die 5 Bewußtseinseindrücke wie Seheindruck usw. zerfallenden fünffachen Bewußtseinseindruck eine sechsfache Bedingung, nämlich im Sinne von:
 

Ferner bildet die eine karmagewirkte Geistgrundlage (= Bewußtsein) für den mannigfachen karmagewirkten Geisteindruck eine neunfache Bedingung, nämlich im Sinne von:
 

 

- Von den äußeren Grundlagen aber bildet das Sehobjekt für den Seheindruck eine vierfache Bedingung, u. zw. im Sinne von:
 

In derselben Weise bilden die Grundlagen Hörobjekt usw. die Bedingung für den Höreindruck usw. Für den Geisteindruck aber bilden sowohl die Grundlagen Sehobjekt usw. als auch das Geistobjekt eine ebensolche Bedingung, und außerdem noch als Objekt. Daher heißt es: 'Die äußern sechs, wie sich's grad' fügt: so sein Bedingtsein wird erklärt.'

 

Hier endet die ausführliche Besprechung des Satzes: 'Durch die sechs Grundlagen bedingt ist der Bewußtseinseindruck.'

 



(VI-VII) "Durch den Bewußtseinseindruck bedingt ist das Gefühl" (phassa-paccayā vedanā)

 

Hinsichtlich dieses Satzes heißt es:

 

 

Auch in der Vibhanga-Erklärung (Vibh.VI) dieses Satzes werden, den 6 Sinnenpforten entsprechend, bloß 6 Gefühle angeführt:
 

 

Insofern diese aber mit den 89 Bewußtseinsklassen verbunden sind, zählt man nach dieser Einteilung 89 Gefühle.

 

 

Für die, die Sensitivität des Auges usw. als physische Grundlage habenden 5 Gefühle an den 5 Sinnentoren (d.i. durch Seheindruck, Höreindruck usw. entstandenes Gefühl; s. Tab. I. 34-38; 50-54) nämlich bildet der Bewußtseinseindruck wie Seheindruck usw. eine achtfache Bedingung, u. zw. im Sinne von:
 

Für die übrigen unmittelbar danach an jedem der 5 Sinnentore beim Rezipieren (sampaticchana; 39, 55), Prüfen (santīrana; 40, 41, 56) und Registrieren (des Sinnenobjektes: tad-ārammana; 40--49, 56) auftretenden karmagewirkten Gefühle der Sinnensphäre aber bildet jener Bewußtseinseindruck wie Seheindruck usw. nur auf eine einzige Weise eine Bedingung, nämlich als Anlaß (upanissaya).

 

'Und auch am Geisttor (mano-dvāra) ist es ebenso': Auch am Geisttor nämlich bildet jener gleichzeitig entstehende und als Geisteindruck geltende Bewußtseinseindruck für die beim Registrieren (des Objektes) auftretenden karmagewirkten Gefühle der Sinnensphäre in derselben Weise eine achtfache Bedingung, ebenso auch für jene bei Wiedergeburt, im Unterbewußtsein und im Sterbemomente (41-49; 56-65) auftretenden karmagewirkten Gefühle der drei Daseinsebenen. Was aber jene beim Registrieren am Geisttore aufretenden Gefühle der Sinnensphäre anbetrifft, so bildet für jene der mit dem Aufmerken am Geisttor (mano-dvārâvajjana; 71) verbundene '(kurz vorher geschwundene) Geisteindruck nur auf eine einzige Weise eine Bedingung, u. zw. als Anlaß (upanissaya).

 

Hier endet die ausführliche Besprechung des Satzes: 'Durch den Bewußtseinseindruck bedingt ist das Gefühl'.

 



(VII-VIII) "Durch Gefühl bedingt ist das Begehren" (vedanā paccayā tanhā)

 

Hinsichtlich dieses Satzes heißt es:

 

 

Was diese Stelle anbetrifft, so werden in Vibhanga (Vibh. VI), den Namen der Objekte entsprechend, 6 Begehrensarten (tanhā) gelehrt, nämlich:
 

 

Es ist genau so, wie wenn der Sohn nach seinem Vater etwa Kaufmannssohn oder Brahmanensohn genannt wird. Jede dieser Arten des Begehrens aber wird nach Art ihres Auftretens als dreifach betrachtet, als
 

 
Wenn z.B. das Formbegehren bei seinem Auftreten sich in sinnlich genießender Weise des in den Sehbereich eingetretenen Sehobjektes erfreut, so gilt es als das Sinnliche Begehren (kāma-tanhā). Tritt das Begehren aber zusammen mit der Ewigkeits-Ansicht (sassata-ditthi) auf, nämlich daß eben dieses Objekt beständig und ewig sei, so gilt es als das Daseinsbegehren (bhava), denn die mit der Ewigkeitsansicht verbundene Gier gilt als das Daseinsbegehren. Tritt das Begehren aber zusammen mit der Selbstvernichtungsansicht (uccheda-ditthi) auf, nämlich daß eben dieses Objekt vernichtet werde und zugrunde gehe, so gilt es als das Selbstvernichtungsbegehren (vibhava), denn die mit der Selbstvernichtungsansicht verbundene Gier gilt als das Selbstvernichtungsbegehren. Diese Erklärung gilt auch beim Tonbegehren usw. Diese 18 Arten (3 X 6) des Begehrens gibt es, u. zw. gibt es solche 18 hinsichtlich des Sehobjektes usw. an der eigenen Person und 18 hinsichtlich der Außenwelt, zusammen also 36. Insofern es aber 36 Arten des Begehrens hinsichtlich der Vergangenheit gibt, 36 hinsichtlich der Gegenwart, 36 hinsichtlich der Zukunft, so gibt es eben insgesamt 108 Arten des Begehrens. Alle diese aber sind, mit Hinsicht auf die Objekte wie Sehobjekt usw. zusammengefaßt, als die 6 Arten des Begehrens zu betrachten, mit Hinsicht auf das Sinnliche Begehren usw. aber bloß als 3 Arten.

 

Gleichwie man sein eigenes Kind lieb hat und aus eigensüchtiger Liebe zu ihm der Amme große Aufmerksamkeit erweist, so auch lieben die Wesen die bei den Objekten aufsteigenden Gefühle, und infolge ihrer eigensüchtigen Liebe zu jenen Gefühlen erweisen sie jenen große Aufmerksamkeit, die ihnen die Sehobjekte und andere Sinnenobjekte bieten, also den Malern, Musikern, Parfümeuren, Köchen, Webern und Lebenselixiere verschreibenden Ärzten usw. Somit hat man alles Begehren als durch das Gefühl bedingt aufzufassen.

 

 

'Nur in einer Weise': Nur als Anlaß (upanissaya) nämlich bildet das (karmagewirkte) Gefühl die Bedingung (zur Entstehung des Begehrens). [Das karmagewirkte Gefühl (vipāka-vedanā) nämlich, als etwas karmisch Neutrales (avyākata), kann mit dem als karmisch-unheilsam zählenden Begehren nicht zusammen auftreten. Das mit dem Begehren zusammenentstehende (sahajāta) Gefühl nämlich ist genau wie dieses stets karmisch-unheilsam (akusala).]

 

Oder aber
 

 

Hier endet die ausführliche Erklärung des Satzes: 'Durch Gefühl bedingt ist das Begehren'.


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