Visuddhi Magga X

Die vier Unkörperlichen Gebiete

1. Das im Raumunendlichkeitsgebiet bestehende Übungsobjekt (ākāsânañcâyatana)
2. Das im Bewußtseinsunendlichkeitsgebiete bestehende Übungsobjekt (viññānañcâyatana)
3. Das im Nichtsheitgebiete bestehende Übungsobjekt (ākiñcaññâyatana)
4. Das im Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmungsgebiete bestehende Übungsobjekt (neva-saññā-nâsaññâyatana)
Vermischte Erklärungen


Vis. X. 1. Das im Raumunendlichkeitsgebiet bestehende Übungsobjekt (ākāsânañcâyatana)

 

Wer nun von den unmittelbar nach den Göttlichen Verweilungszuständen aufgezählten vier Unkörperlichen Gebieten (āruppa) zunächst das Raumunendlichkeitsgebiet zu entfalten wünscht, sagt sich, daß nur auf Grund der Körperlichkeit so etwas anzutreffen ist wie das Ergreifen von Stock und Schwert, sowie Streit, Hader und Zwist, und daß dies vollkommen abwesend ist im Unkörperlichen Gebiete. Hat er aber des stofflichen Körpers Elend erkannt, das da entsteht durch das Ergreifen von Stock u.dgl., sowie durch die tausenderlei Krankheiten, wie Augenleiden, Ohrenleiden u.dgl., so erweckt er, um diesen Dingen zu entgehen, bei einem von den neun mit dem Erdkasina beginnenden Kasinas - das Raumkasina ausnehmend - die vierte Vertiefung, gemäß der Worte: "Eben nach der körperlichen Dinge Abwendung, Entäußerung und Aufhebung strebt er". Wenn er auch durch die vierte Vertiefung der Feinkörperlichen Sphäre die grobstoffliche Körperwelt überwunden hat, so wünscht er dennoch, da eben die Kasinaform jener ähnlich ist, auch sie zu überwinden. Und in welcher Weise?

 

Angenommen, ein Mann, der sich vor Schlangen fürchtet, wird im Walde von einer Schlange verfolgt' und flieht eiligst davon. Erblickt er nun an jenem Orte, zu dem er hingeflohen ist, ein mit einem bunten Striche versehenes Palmyrablatt oder eine Ranke oder einen Strick oder einen Spalt in der aufgeplatzten Erde, so ergreift ihn Angst und Entsetzen, und er mag nicht dorthin schauen. Oder, ein Mann wohnt in ein und demselben Dorfe wie sein auf sein Verderben sinnender Feind; und von diesem mit Schlagen, Binden, Brandstiftung u.dgl. bedroht, begibt er sich zu einem anderen Dorfe, um dort zu wohnen. Dort aber erblickt er einen Mann, der seinem Feinde in Aussehen, Benehmen und Stimme gleicht. Und es ergreift ihn Angst und Entsetzen, und nicht mag er dort hinsehen. Folgendes aber ist die Anwendung der Gleichnisse: - Die Zeit, wo jene beiden Männer durch die Schlange oder den Feind gefährdet sind, diese gleicht der Zeit, wo der Mönch in seiner Vorstellung mit dem stofflichen Körper zu tun hat. Ihr eiliges Fliehen oder Fortziehen zu einem anderen Dorf gleicht der Zeit, wo der Mönch vermittels der vierten Vertiefung in der Feinkörperlichen Sphäre der grobstofflichen Körperlichkeit entgeht. Daß jene Männer an dem Zufluchtsorte oder in den anderen Dorfe ein mit einem bunten Strich versehenes Palmyrablatt u.dgl. sehen, oder einen dem Feinde gleichenden Mann erblicken und vor Angst nicht dort hinschauen mögen, das gleicht dem Wunsche des Mönches der, die Kasinaform als der Körperlichkeit ähnlich erkennend, auch jener zu entgehen wünscht. Auch der vom Eber verfolgte Hund oder vor Gespenstern sich grauende Mensch usw. mögen hier als Gleichnisse dienen. So also empfindet der Mönch Abscheu vor jener das Vorstellungsobjekt der vierten Vertiefung bildenden Kasinaform und wünscht ihr zu entgehen. Nachdem er nun in fünffacher Weise die Meisterschaft in der vierten Vertiefung der Feinkörperlichen Sphäre erlangt und sich daraus erhoben hat, erkennt er ihren Unsegen also: 'In dieser Vertiefung bildet die von mir verabscheute Körperlichkeit das Vorstellungsobjekt, den Frohsinn hat sie als nahen Feind, und grobgeartet ist sie im Vergleiche mit den friedvollen Befreiungen (d.i. den Unkörperlichen Gebieten)'.-

 

Ein Grobgeartetsein ihrer Vertiefungsglieder jedoch besteht da nicht, denn die Unkörperlichen Gebiete besitzen dieselben Vertiefungsglieder (Gleichmut und Einspitzigkeit des Geistes) wie jene vierte Feinkörperliche Vertiefung.

 

Hat er nun auf diese Weise ihren Unsegen erkannt und die Neigung, dazu überwunden, so betrachtet er das Raumunendlichkeitsgebiet als etwas Friedvolles, Unbegrenztes; und bis zu den Grenzen des Weltalls, oder soweit er wünscht, breitet er das Kasina aus. Dann erwägt er den davon erfüllten Raum also: 'Der Raum! Der Raum!' oder: 'Unendlich ist der Raum!', und damit hebt er das Kasina auf. Dabei aber rollt er es weder auf wie eine Matte, noch zieht er es fort wie einen Kuchen von der Backpfanne, sondern er richtet bloß seinen Geist nicht mehr darauf, beachtet es nicht mehr, denkt nicht mehr daran. Indem er aber seinen Geist nicht mehr darauf richtet, es nicht mehr beachtet, nicht mehr daran denkt, sondern bloß den davon erfüllten Raum betrachtet, in der Vorstellung: 'Der Raum! Der Raum!', hebt er, wie man sagt, das Kasina auf. Auch indem das Kasina aufgehoben wird, geht es weder auseinander, noch schrumpft es zusammen. Die Aufhebung des Kasinas gilt als lediglich bedingt durch das Nichtbeachten desselben und durch die Betrachtung der Vorstellung: 'Der Raum! Der Raum!' Bloß der vom Kasina befreite Raum erscheint. Ob man nun von dem das Kasina 'aufhebenden' oder dem davon 'erfüllten' oder davon 'befreiten' Raume spricht, ist alles ein und dasselbe. Auf jene das Kasina aufhebende Raumvorstellung heftet er immer wieder seinen Geist, bearbeitet sie gründlich mit seinen Gedanken. Während er aber so immer wieder seinen Geist darauf heftet und sie gründlich mit seinen Gedanken bearbeitet (*), werden die Hemmungen (nīvarana) zurückgedrängt, die Achtsamkeit festigt sich, und der Geist sammelt sich auf der Angrenzenden Stufe (upacāra). Jenes Vorstellungsbild aber übt er immer wieder, entfaltet es, pflegt es. Und indem er so immer wieder seinen Geist darauf heftet, und es beachtet, erreicht das Bewußtsein des Raumunendlichkeitsgebietes hinsichtlich des Raumes die volle Sammlung, genau so wie das Bewußtsein der Feinkörperlichen Sphäre bei dem Erdkasina und den anderen Kasinas. Auch hier nämlich gehören die drei oder vier ersten Impulsivmomente (javana) der Sinnensphäre an und sind mit Gleichmutsgefühl verbunden, der vierte oder fünfte aber gehört der Unkörperlichen Sphäre an. Für das übrige gilt die beim Erdkasina gegebene Erklärung.

 

(*) Diese Erwägungen und Betrachtungen geschehen natürlich nach dem Heraustreten aus der Vertiefung und vollziehen sich in der Sinnensphäre, wie überhaupt zwischen je 2 Vertiefungen jedesmal immer wieder das der Sinnensphäre angehörende Bewußtsein in Tätigkeit tritt und jeder vollen Vertiefung (appanā-samādhi: jhāna) die der Sinnensphäre angehörende Angrenzende Sammlung (upacāra-samādhi) vorangeht.

 

Dies jedoch ist der Unterschied: - Angenommen, die Öffnung eines Reiseproviantkorbes oder Kessels u.dgl. sei mit einem blauen, gelben, roten, weißen oder andersfarbigen Tuche überspannt und ein Mann betrachte sich das. Nachdem aber durch einen Windsturm oder irgend einen anderen Grund das Tuch heruntergerissen ist, wird dieser Mann den leeren Raum betrachtend dastehen. Genau so ist es mit dieser Raumvorstellung; denn wer zuerst die Kasinascheibe mit dem Auge der Vertiefung anschauend verweilt hat, wird, sobald durch die vorbereitende (parikamma) Erwägung 'Der Raum!', 'Der Raum!' jenes geistige Bild plötzlich geschwunden ist, eben den bloßen Raum anschauend verweilen. Insofern heißt es (z.B. D.16) von einem solchen: "Nach gänzlicher Überwindung der Körperlichkeitswahrnehmungen, dem Schwinden der Rückwirkwahrnehmungen, durch Nichtbeachten der Vielheitswahrnehmungen erreicht er in der Vorstellung 'Unendlich ist der Raum' das Raumunendlichkeitsgebiet und verweilt darin.

 

"Gänzlich" bedeutet hier soviel wie: 'auf jede Weise', d.i. vollkommen oder restlos.

 

Als "Körperlichkeitswahrnehmungen" (rūpa-saññā) gelten sowohl die unter dem Stichwort 'Wahrnehmungen' genannten Vertiefungen der Feinkörperlichen Sphäre (rūpâvacara), als auch jene Vorstellungsobjekte selber. Denn sowohl die Vertiefung in der Feinkörperlichen Sphäre wird als körperlich bezeichnet, z.B. in dem Ausspruche "Körperlich sieht er körperliche Formen usw." (D.16), als auch das Vorstellungsobjekt der Vertiefung, u.zw. in dem Ausspruche "Außerhalb sieht er körperliche Formen, schöne wie häßliche usw." (D.16). Somit gilt hier der Ausdruck 'Körperlichkeitswahrnehmung' d.i. Wahrnehmung von körperlichen Formen, als eine Bezeichnung der unter dem Stichwort 'Wahrnehmungen' genannten Vertiefung der Feinkörperlichen Sphäre. Weil nun dieser Vertiefung die Wahrnehmung der körperlichen Formen eignet, darum gilt sie als etwas mit Körperlichkeit Behaftetes, was besagt, daß Körperlichkeit ein Name für sie ist und daß das Wort 'Körperlichkeit' aufzufassen ist als eine Bezeichnung für das in den verschiedenen Kasinas bestehende Vorstellungsobjekt.

 

"Überwindung" bedeutet soviel wie Loslösung und Erlöschung. Und was soll das besagen? Es soll besagen, daß der Mönch den Besitz des Raumunendlichkeitsgebietes nur erreicht durch Aufhebung und Erlöschung, nämlich durch restlose und völlige Aufhebung und Erlöschung jener karmisch heilsamen (kusala) oder karmagewirkten (vipāka) oder rein funktionellen (kiriya), als Vertiefungen geltenden 15 Körperlichkeitswahrnehmungen (s.Tab.9-13, 57-61, 81-85), sowie jener als Vorstellungsobjekte geltenden 9 Körperlichkeitswahrnehmungen bei dem Erdkasina und den übrigen Kasinas. Denn wer nicht gänzlich alle Körperlichkeitswahrnehmungen überwunden hat, ist außerstande, diesen Zustand zu erreichen oder darin zu verweilen.

 

Weil es da nun für den von dem Vorstellungsobjekte nicht Abgewandten eine Überwindung solcher Wahrnehmungen nicht gibt und mit der Überwindung der Wahrnehmungen auch das Vorstellungsobjekt überwunden ist, so wurde, ohne die Überwindung der Vorstellungsobjekte zu erwähnen, in Vibhanga (Vibh.XII) von Überwindung der Wahrnehmungen gesprochen, in den Worten: "Was sind hierbei die Körperlichkeitswahrnehmungen? Was da bei den in die Erreichungszustände der Feinkörperlichen Sphäre Eingetretenen oder bei den darin Wiedergeborenen oder gegenwärtiges Wohl Genießenden als Wahrnehmung besteht, als Tätigkeit des Wahrnehmens, als Zustand des Wahrgenommenhabens: das bezeichnet man als die Körperlichkeitswahrnehmungen. Diese Körperlichkeitswahrnehmungen aber hat er überwunden, ist ihnen entgangen, ihnen entronnen. Darum heißt es: 'Durch gänzliche Überwindung der Körperlichkeitswahrnehmungen'." Weil nun aber diese Erreichungszustände (der Unkörperlichen Sphäre) nur durch Überwindung der Vorstellungsobjekte zu erlangen sind und nicht wie die verschiedenen Vertiefungen eben bei einem einzigen Vorstellungsobjekt, so ist zu verstehen, daß diese Sinnerklärung mit Rücksicht auf die Überwindung der Vorstellungsobjekte gegeben wurde.

 

In dem Ausdruck: "Durch Schwinden der Rückwirkwahrnehmungen" (patigha-saññā) versteht man unter 'Rückwirkwahrnehmungen' diejenigen Wahrnehmungen, die entstanden sind durch Rückwirkung der Sinnenorgane, wie Sehorgan usw., auf die Vorstellungsobiekte, wie Sehobjekt usw. Es ist eine Bezeichnung für die Wahrnehmungen von Sehobjekten usw., wie es heißt (Vibh. XII): "Was sind da die Rückwirkwahrnehmungen (patigha-saññā)? Die Wahrnehmung von Sehobjekten, Tönen, Düften, Säften und Körpereindrücken."

 

Der obige Ausdruck soll also besagen: durch gänzliches Schwinden, Aufgeben, Nichtmehraufsteigen, Nichtfortbestehen aller zehn Rückwirkwahrnehmungen, d.i. jener fünf durch heilsames oder jener fünf durch unheilsames Karma gewirkten Sinnenwahrnehmungen (Tab. 34-38, 50-54). Freilich bestehen diese auch für den in die erste Vertiefung Eingetretenen nicht mehr, denn nicht ist zu einer solchen Zeit das Fünfsinnenbewußtsein in Tätigkeit. Trotzdem aber hat man diese als zum Lobe der (Unkörperlichen) Vertiefung erwähnt aufzufassen, um nämlich dadurch das Streben danach anzufeuern, gerade wie auch noch bei der vierten Vertiefung von Wohlgefühl und Schmerz, und beim dritten Pfade (der Niewiederkehr) noch von Persönlichkeitsglaube (s. M.6) usw. die Rede ist, obwohl diese Dinge doch bereits auf anderer Stufe überwunden wurden. Oder, obgleich diese Rückwirkwahrnehmungen auch für den in die Feinkörperliche Sphäre Eingetretenen nicht mehr bestehen, so ist das jedoch nicht deshalb, weil sie überwunden sind, denn nicht führt ja die Entfaltung der Feinkörperlichen Sphäre zur Ablösung von der Körperlichkeit, vielmehr ist die Tätigkeit dieser Rückwirkwahrnehmungen an die Körperlichkeit gebunden. Diese Entfaltung (der Unkörperlichen Sphäre) aber führt zur Aufhebung der Körperlichkeit. Daher darf man mit Recht sagen, daß hier jene Rückwirkwahrnehmungen überwunden sind. Aber nicht bloß, daß sie überwunden sind, sollte man sagen, sondern man sollte auch einsehen, daß sie restlos überwunden sind. Weil nämlich diese Rückwirkwahrnehmungen vor der ersten Vertiefung noch nicht überwunden sind, so hat der Erhabene z.B. das Geräusch (Ton) als einen Dorn für den in die erste Vertiefung Eingetretenen bezeichnet. Weil hier (in der Unkörperlichen Sphäre) aber diese Rückwirkwahrnehmungen gänzlich überwunden sind, so spricht man von einer Unerschütterlichkeit (āneñjatā) der Unkörperlichen Erreichungen und friedvollen Befreiungszustände. Als Alāra Kālāma in die Unkörperliche Vertiefung eingetreten war, sah er weder noch hörte er, wie fünfhundert Wagen ganz dicht bei ihm vorüberfuhren. (D.16) (Auch in der Feinkörperlichen Vertiefung werden keine Geräusche wahrgenommen. Ist das Geräusch aber zu stark, so mag die Vertiefung abbrechen.

 

Der Ausdruck 'Durch Nichtbeachten der Vielheitswahrnehmungen' (nānatta-saññā) bezieht sich auf die auf vielerlei Gebieten auftretenden Wahrnehmungen oder auf die vielartigen Wahrnehmungen. Von Vielheitswahrnehmungen spricht man aus folgenden Gründen: - In Vibhanga (XII) nämlich werden sie so genannt und erklärt in den Worten: "Was sind da die Vielheitswahrnehmungen? Die Wahrnehmungen oder die Tätigkeit des Wahrnehmens oder der Zustand des Wahrgenommenhabens bei einem, der sich nicht in der Vertiefung befindet und bei dem entweder das Geistelement (mano-dhātu) oder Geistbewußtseinselement (manoviññāna-dhātu) tätig (nämlich bei sinnlichen Objekten und Geistobjekten): dies nennt man die Vielheitswahrnehmungen." Die hier zu verstehenden und im Geistelement und Geistbewußtseinselement eingeschlossenen Wahrnehmungen des nicht in der Vertiefung Befindlichen entstehen auf einem vielartigen, verschiedenartigen Gebiete von Sehobjekten, Tönen usw. Ferner gibt es da 44 vielheitliche, verschiedenartige, einander unähnliche Wahrnehmungen (der Sinnensphäre), als wie die 8 karmisch-heilsamen (kusala) Wahrnehmungen der Sinnensphäre (Tab. 1-8), die 12 karmisch unheilsamen (akusala) Wahrnehmungen (ib. 22-33), die 11 durch heilsames Karma gewirkten (kusala-vipāka) Wahrnehmungen der Sinnensphäre (39-49), die 2 durch unheilsames Karma gewirkten Wahrnehmungen (55-56), die 11 rein funktionellen (kiriya) Wahrnehmungen der Sinnensphäre (70-80).

 

Weil nun, im Sinne von gänzlichem Nichtbeachten, Nichtbedenken, Nichtbetrachten, Nichterwägen jener Vielheitswahrnehmungen, der Übende diese Dinge nicht mehr bedenkt, beachtet, erwägt, darum wurde solches gesagt. Weil aber die obengenannten Körperlichkeitswahrnehmungen und Rückwirkswahrnehmungen selbst in dem durch diese Vertiefungen erzeugten (Unkörperlichen) Dasein nicht mehr vorhanden sind, geschweige denn zu der Zeit, wo man in jenem (unkörperlichen) Dasein diese Vertiefung erreicht hat und darin verweilt, darum wurde durch die Worte 'Durch ihre Überwindung und ihr Schwinden' auch ihre zweifache Abwesenheit ausgedrückt. Weil aber von den Vielheitswahrnehmungen 27 - d.i. 8 heilsame Wahrnehmungen der Sinnensphäre, 9 rein funktionelle (71, 73-80) und 10 unheilsame Wahrnehmungen (22-29; 32, 33) - in dem durch diese (unkörperliche) Vertiefung erzeugten Dasein nicht mehr vorhanden sind, darum wurde von ihrer Nichtbeachtung gesprochen, wie einzusehen. Denn auch bei einem, der dort diese (unkörperliche) Vertiefung erreicht hat und darin verweilt, ist dies bedingt durch das Nichtbeachten jener Vielheitswahrnehmungen; sobald einer aber diese beachtet, befindet er sich außerhalb der (unkörperlichen) Vertiefung.

 

Kurz gesagt, der Ausdruck 'Durch Überwindung der Körperlichkeitswahrnehmungen' deutet die Überwindung aller Erscheinungen der Feinkörperlichen Sphäre an; und mit dem Ausdruck 'Durch Schwinden der Rückwirkwahrnehmungen und Nichtbeachten der Vielheitswahrnehmungen' ist gemeint das Überwinden und Nichtbeachten aller der Sinnensphäre angehörenden Bewußtseinszustände (citta) und Geistesfaktoren (cetasika), wie einzusehen.

 

In dem Ausdruck: "Unendlich ist der Raum" bedeutet 'unendlich', daß sich da kein Anfangs- oder Endpunkt des Raumes zeigt. Als 'Raum' gilt der nach Aufhebung des Kasina verbleibende Raum. Auch mit Rücksicht auf aufmerksame Betrachtung ist hier die Unendlichkeit zu verstehen. Eben darum wurde in Vibhanga (XII) gesagt: "Auf jenen Raum heftet er seinen Geist, festigt ihn darin, durchdringt das Unendliche; darum heißt es: 'Unendlich ist der Raum'."

 

In dem Ausdruck aber: "Er erreicht das Raumunendlichkeitsgebiet und verweilt darin" bedeutet 'unendlich' soviel wie, was kein Ende hat'. Insofern der Raum etwas Unendliches ist, sagt man das 'Raumunendliche', was dasselbe ist wie 'Raumunendlichkeit'. Weil jene Raumunendlichkeit, im Sinne einer Verweilungsstätte, das Gebiet für die damit verbundene Vertiefung bildet, so nennt man sie das Raumunendlichkeitsgebiet, gerade wie man auch hinsichtlich der himmlischen Geister von einem Geistergebiete redet. 'Er erreicht und verweilt darin' bedeutet: nachdem er jenes Raumunendlichkeitsgebiet erreicht und erwirkt hat, verweilt er darin mit einer jener Vertiefung angemessenen körperlichen Haltungsweise.

 

Dies ist die ausführliche Besprechung des im Raumunendlichkeitsgebiete bestehenden Übungsobjektes.


Vis. X. 2. Das im Bewußtseinsunendlichkeitsgebiete bestehende Übungsobjekt (viññānañcâyatana)

 

Wer aber das Bewußtseinsunendlichkeitsgebiet zu entfalten wünscht und in fünffacher Weise die Meisterschaft in der Erreichung des Raumunendlichkeitsgebietes erlangt hat, möge den Unsegen des Raumunendlichkeitsgebietes betrachten, nämlich daß dieser Erreichungszustand einen natürlichen Feind hat in der Vertiefung der Feinkörperlichen Sphäre, und daß sie nicht so friedvoll ist wie das Bewußtseinsunendlichkeitsgebiet. Hat er nun so sein Verlangen danach überwunden und das Bewußtseinsunendlichkeitsgebiet als friedvoll erwogen, so möge er das jenen Raum durchdringende Bewußtsein immer wieder bedenken, beachten, erwägen mit seinen Gedanken beständig bearbeiten. Nicht aber richte er seine Aufmerksamkeit auf die Vorstellung 'Unendlich! Unendlich!' Während er nun immer wieder seinen Geist auf jenes Vorstellungsbild hinlenkt, werden die Hemmungen in ihm verdrängt, seine Achtsamkeit festigt sich, und sein Geist sammelt sich auf der Angrenzenden Stufe. Jenes Vorstellungsbild aber übt er immer wieder, entfaltet und pflegt es. Und während er solches tut, erreicht -genau wie das Raumunendlichkeitsgebiet hinsichtlich des Raumes - das Bewußtsein des Bewußtseinsunendlichkeitsgebietes hinsichtlich des den Raum durchdringenden Bewußtseins die Volle Sammlung. Die Methode der Vollen Sammlung ist hierbei in der oben erklärten Weise zu verstehen. Insofern aber heißt es von einem solchen: "Nach völliger Überwindung des Raumunendlichkeitsgebietes erreicht er, in der Vorstellung: 'Unendlich ist das Bewußtsein', das Bewußtseinsunendlichkeitsgebiet und verweilt darin."

 

Für den Ausdruck "völlig" gilt dabei die oben gegebene Erklärung.

 

In dem Ausdruck "Nach Überwindung des Raumunendlichkeitsgebietes" gilt, in der oben erwähnten Weise, als Raumunendlichkeitsgebiet sowohl die Vertiefung als auch das Vorstellungsobjekt. Denn auch das Vorstellungsobjekt besteht nach der früheren Erklärung in der Raumunendlichkeit; und weil diese das Vorstellungsobjekt der ersten Unkörperlichen Vertiefung bildet und somit im Sinne von Verweilungsstätte ihr Gebiet bildet - genau wie das Geistergebiet für die himmlischen Geister - darum spricht man von dem Raumunendlichkeitsgebiete. Ebenso, weil die Raumunendlichkeit die Entstehungsbedingung für jene Vertiefung ist und somit im Sinne von Entstehungsort ihr Gebiet bildet - genau wie es Kambojā für die Pferde ist -darum gilt sie als das Raumunendlichkeitsgebiet. Weil nun so durch Nichtmehraufsteigenlassen und Nichtmehrbeachten derselben er beide, Vertiefung und Vorstellungsohjekt, überwindend dieses Bewußtseinsunendlichkeitsgebiet erreichen und darin verweilen soll, darum wurde, wohlverstanden, beide zu einem zusammenfassend, gesagt "Nach Überwindung des Raumunendlichkeitsgebietes".

 

"Unendlich ist das Bewußtsein" besagt, daß der Mönch jenem die Vorstellung von der Raumunendlichkeit durchdringenden Bewußtsein seine Aufmerksamkeit schenkt, in der Vorstellung: 'Unendlich ist das Bewußtsein! Unendlich ist das Bewußtsein!' Oder auch, unendlich ist das Bewußtsein im Sinne der aufmerksamen Betrachtung. Während er nämlich jenes den Raum zum Vorstellungsobjekt habende Bewußtsein in restloser Weise betrachtet, betrachtet er es eben als unendlich.

 

In Vibhanga (XII) heißt es: ",Unendlich ist das Bewußtsein' besagt, daß er eben jenen vom Bewußtsein durchdrungenen Raum (ākāsam phutam viññānena) aufmerksam betrachtet und als unendlich durchdringt. Darum heißt es 'Unendlich ist das Bewußtsein'." In diesem Ausspruche ist der Auxiliar 'viññānena' im Sinne des Akkusativs aufzufassen. Die Kommentatoren nämlich erklären den Sinn dieses Ausdruckes so: ",Er durchdringt als unendlich' besagt, daß er eben jenes den Raum durchdringende Bewußtsein (ākāsam phutam viññānam) aufmerksam betrachtet."

 

In den Worten "Er erreicht das Bewußtseinsunendlichkeitsgebiet und verweilt darin" bedeutet 'unendlich' (an-anta) soviel wie 'kein Ende habend'. Das Unendliche aber ist dasselbe wie Unendlichkeit (ānañca = ananta-ya). Statt nun viññāna (Bewußtsein) und ānañca (Unendlichkeit) zu viññānânañca (Bewußtseinsunendlichkeit) zu machen, ist die Form viññānañca im Gebrauche. Dies nämlich ist hier die landläufige Bezeichnung. Weil nun diese Bewußtseinsunendlichkeit für die damit verbundene Vertiefung das Gebiet, im Sinne von Verweilungsstätte, bildet - gleichwie es das Geistergebiet für die himmlischen Geister ist - darum bezeichnet man es als das Bewußtseinsunendlichkeitsgebiet. Das Übrige ist genau wie früher.

 

Dies ist die ausführliche Besprechung des im Bewußtseinsunendlichkeitsgebiete bestehenden Übungsobjektes.

 


Vis. X. 3. Das im Nichtsheitgebiete bestehende Übungsobjekt (ākiñcaññâyatana)

 

Wer aber das Nichtsheitgebiet zu entfalten wünscht und in fünffacher Weise die Meisterschaft, in der Erreichung des Bewußtseinsunendlichkeitsgebietes erlangt hat, möge den Unsegen des Bewußtseinsunendlichkeitsgebietes betrachten, nämlich daß dieser Erreichungszustand einen nahen Feind hat im Raumunendlichkeitsgebiete, und daß er nicht so friedvoll ist wie das Nichtsheitgebiet. Hat der Mönch nun sein Verlangen danach überwunden und das Nichtsheitgebiet als friedvoll erwogen, so schenke er der Nichtsheit und Leerheit eben jenes, das Bewußtseinsunendlichkeitsgebiet zur Vorstellung habenden Bewußtseins des Raumunendlichkeitsgebietes seine Aufmerksamkeit. Und in welcher Weise? Jenem Bewußtsein keine Aufmerksamkeit mehr schenkend, bedenke, beachte, erwäge und bearbeite er in Gedanken immer wieder die Vorstellung: 'Nichts ist da! Nichts ist da!' oder 'Leer ist das! Leer ist das!' oder 'Hohl ist das! Hohl ist das!' Während er so seinen Geist auf jenes Vorstellungsbild hinlenkt, werden die Hemmungen in ihm verdrängt, seine Achtsamkeit festigt sich, und sein Geist sammelt sich auf der Angrenzenden Stufe (upacāra). Jenes Vorstellungsbild aber übt er immer wieder, entfaltet und pflegt es. Und während er solches tut, erreicht das Bewußtsein des Nichtsheitgebietes die Volle Sammlung hinsichtlich der Leerheit, der Hohlheit und des Nichtseins eben jenes durch Durchdringung des Raumes entstandenen erhabenen Bewußtseins - gerade wie das Bewußtseinsunendlichkeitsgebiet sich in dem den Raum durchdringenden erhabenen Bewußtsein vollkommen festigt. Auch hier ist die Erklärung der Vollen Erreichung in der angegebenen Weise zu verstehen. Dies jedoch ist der Unterschied:

 

Nehmen wir an, ein Mann hat in einer runden Halle oder an einem ähnlichen Orte eine wegen irgend einer Angelegenheit versammelte Schar von Mönchen gesehen und ist darauf irgendwo anders hingegangen. Nachdem die Mönche nun nach Beendigung ihrer Angelegenheit, deretwegen sie zusammengekommen waren, sich erhoben und fortbegeben hatten, kehrte jener Mann zurück. Als er aber, am Tore stehend, wiederum jenen Ort betrachtete, sah er ihn ganz leer, ganz verlassen. Und doch kam ihm nicht der Gedanke 'So viele Mönche sind gestorben oder nach allen Richtungen auseinandergegangen'; sondern er sieht bloß, daß der Ort leer und verlassen ist, daß niemand mehr da ist. Genau so auch betrachtet, sobald jener Geisteszustand der Vollen Sammlung aufgestiegen ist, der Mönch zuerst mit dem Vertiefungsauge das mit Rücksicht auf den Raum entstandene Bewußtsein. Und ist dann infolge der vorbereitenden Erwägung, wie: 'Nichts ist da! Nichts ist da!' usw., jenes Bewußtsein geschwunden, so verweilt er in der Betrachtung des als dessen Schwinden geltenden Nichtmehrvorhandenseins desselben.

 

Insofern heißt es von einem solchen Mönche: "Nach völliger Überwindung des Bewußtseinsunendlichkeitsgebietes gewinnt er, in der Vorstellung 'Nichts ist da!' das Nichtsheitgebiet und verweilt darin."

Auch hier gilt für den Ausdruck "völlig" die oben gegebene Erklärung.

 

Auch in dem Ausdruck "Nach Überwindung des Bewußtseinsunendlichkeitsgebietes" gilt in der oben besprochenen Weise als Bewußtseinsunendlichkeitsgebiet sowohl die Vertiefung als auch die Vorstellung. Denn auch das Vorstellungsobjekt besteht nach der früheren Erklärung in der Bewußtseinsunendlichkeit; und weil diese das Vorstellungsobjekt der zweiten Unkörperlichen Vertiefung bildet und somit, im Sinne von Verweilungsstätte, ihr Gebiet ist - wie das Geisterreich für die himmlischen Geister - darum spricht man von dem Bewußtseinsunendlichkeitsgebiete. Ebenso, weil die Bewußtseinsunendlichkeit die Entstehungsbedingung jener Vertiefung ist und somit im Sinne von Entstehungsort ihr Gebiet bildet - wie Kambojā für die Pferde usw. -, auch darum gilt sie als das Bewußtseinsunendlichkeitsgebiet. Weil nun so, durch Nichtmehrbeschäftigen damit und Nichtmehrbeachten desselben, der Mönch beide, Vertiefung wie Vorstellungsobjekt, überwindend dieses Nichtsheitgebiet erreichen und darin verweilen soll, darum wurde, wohlverstanden, beide zusammenfassend gesagt: 'Nach Überwindung des Bewußtseinsunendlichkeitsgebietes'.

 

"Nichts ist da!" besagt: - während der Mönch die Vorstellung erwägt, sagt er sich: 'Nichts ist da! Nichts ist da! Leer ist das! Leer ist das! Hohl ist das! Hohl ist das!' In Vibhanga (XII) heißt es: " 'Nichts ist da' bedeutet: er bringt eben jenes Bewußtsein (der Raumunendlichkeit) zum Nichtsein, zur Aufhebung, zum Schwinden. "Wenn auch solches gleichsam als Betrachtung der Versiegung (des Bewußtseins) gesagt wurde, so ist der Sinn doch hier genau so zu verstehen. Denn indem er seinen Geist auf jenes Bewußtsein nicht hinlenkt, es nicht beachtet, nicht erwägt, sondern bloß dessen Nichtsein, Leersein und Hohlsein betrachtet, dadurch bringt er jenes zum Nichtsein, zur Aufhebung, zum Schwinden. So heißt es, nicht anders.

 

In den Worten "Er erreicht das Nichtsheitgebiet und verweilt darin" aber besagt 'nichts' soviel wie, daß von diesem Bewußtsein der ersten Unkörperlichen Vertiefung nicht irgend etwas mehr da ist, daß nicht einmal der Zerfall davon übrigbleibt. Der Zustand aber des Nichts ist die 'Nichtsheit' und bezeichnet das Geschwundensein des Bewußtseins des Raumunendlichkeitsgebietes. Die Nichtsheit aber bildet das Gebiet für jene Vertiefung, u.zw. im Sinne von Verweilungsstätte - genau wie das Geistergebiet die Verweilungsstätte für die himmlischen Geister ist. Daher spricht man vom Nichtsheitgebiete. Das Übrige ist genau wie früher.

 

Dies ist die ausführliche Besprechung des im Nichtsheitgebiete bestehenden Übungsobjektes.


Vis. X. 4. Das im Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmungsgebiete bestehende Übungsobjekt (neva-saññā-nâsaññâyatana)

 

Wer aber das Gebiet der Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmung zu entfalten wünscht und in fünffacher Weise die Meisterschaft in der Erreichung des Nichtsheitgebietes erlangt hat, möge den Unsegen des Nichtsheitgebietes betrachten, nämlich, daß dieser Zustand einen nahen Feind hat im Bewußtseinsunendlichkeitsgebiete, und daß jenes nicht so friedvoll ist wie das Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmungsgebiet; oder, daß Wahrnehmung eine Seuche, ein Schwären, ein Stachel ist, friedvoll und erhaben aber dieses Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmungsgebiet. Solcherart den Unsegen des Nichtsheitgebietes und den Segen des höheren Zustandes erkennend und sein Verlangen nach dem Gebiete der Nichtsheit überwindend, möge er das Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmungsgebiet als friedvoll betrachten. Darauf möge er jenen durch Vorstellung des Nichts entstandenen Erreichungszustand des Nichtseins als 'Friedvoll! Friedvoll!' immer wieder 6edenken, beachten, erwägen, mit seinen Gedanken beständig bearbeiten. Während er nun so seinen Geist auf jenes Vorstellungsbild hinlenkt, werden in ihm die Hemmungen zurückgedrängt, die Achtsamkeit festigt sich, und sein Geist sammelt sich auf der Angrenzenden Stufe. Jenes Vorstellungsbild aber übt er immer wieder, entfaltet und pflegt es. Und während er solches tut, erreicht das Bewußtsein des Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmungsgebietes die Volle Sammlung hinsichtlich der als Erreichungszustand des Nichtsheitgebietes geltenden 4 geistigen Daseinsgruppen - gerade wie das Nichtsheitgebiet sich in dem Schwinden des Bewußtseins vollkommen festigt. Die Methode der Vollen Erreichung aber ist ganz in der besagten Weise zu verstehen.

 

Insofern heißt es (D.16) von einem solchen Mönche: "Nach Überwindung des Nichtsheitgebietes gewinnt er das Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmungsgebiet und weilt darin."

 

Auch hier gilt für den Ausdruck "völlig" die oben gegebene Erklärung. Ebenso, in dem Ausdrucke "Nach Überwindung des Nichtsheitgebietes" gilt in der oben besprochenen Weise als das Nichtsheitgebiet sowohl die Vertiefung als auch die Vorstellung. Denn auch das Vorstellungsobiekt besteht nach der früheren Erklärung in der Nichtsheit, und weil dieses das Vorstellungsbild der dritten Unkörperlichen Vertiefung bildet und somit, im Sinne von Verweilungsstätte, ihr Gebiet ist - genau wie das Geistergebiet für die himmlischen Geister - darum spricht man von dem Nichtsheitgebiete. Ebenso, weil die Nichtsheit die Entstehungsbedingung jener Vertiefung ist und somit, im Sinne von Entstehungsort, ihr Gebiet ist - gleichwie Kambojā für die Pferde - auch darum spricht man vom Nichtsheitgebiete. Weil nun so durch Sichnichtmehrbeschäftigen damit und Nichtmehrbeachten desselben der Mönch beide, Vertiefung wie Vorstellungsobjekt, überwindend dieses Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmungsgebiet erreichen und darin verweilen soll, darum wurde, wohlverstanden, beide zusammenfassend gesagt: 'Nach Überwindung des Nichtheitsgebietes'.

 

Was aber den Ausdruck "das Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmungs- gebiet" anbetrifft, so wird hier jener Zustand so genannt wegen der Anwesenheit einer solchen Wahrnehmung. Um zu zeigen, wie solche Wahrnehmung in dem Übenden beschaffen ist, heißt es in Vibhanga (XII), wo 'weder wahrnehmend noch nichtwahrnehmend' angeführt wird: "Eben jenes Nichtsheitgebiet betrachtet er als friedvoll und entfaltet die Erreichung des letzten Restes der Geistesfaktoren, darum wird er als 'weder wahrnehmend noch nichtwahrnehmend' bezeichnet."

 

"Er betrachtet als friedvoll" bedeutet da: er betrachtet jenen Erreichungszustand als friedvoll auf Grund der friedvollen Vorstellung 'Friedvoll wahrlich ist dieser Erreichungszustand, wo er doch selbst die Nichtsheit zum Vorstellungsobjekte habend anhalten kann'. Wenn der Mönch jenen Zustand aber als friedvoll betrachtet, wie kann er ihn dann überwinden? Dadurch, daß er nicht mehr in ihn eintreten will. Denn, obgleich er ihn als friedvoll betrachtet, gibt er sich doch nicht solchen Gedanken, Betrachtungen und Erwägungen hin, wie etwa: 'Ich will meinen Geist auf diesen Zustand richten, ihn erreichen, darin verweilen, mich dann daraus erheben und ihn rückblickend betrachten'. Und warum gibt er sich nicht solchen Gedanken hin? Weil das Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmungsgebiet noch friedvoller und erhabener ist als das Nichtsheitgebiet. Nehmen wir an, ein König zieht in vollem Staat und Königsprunk auf einem Elefanten durch die Straßen der Stadt. Dabei trifft er Elfenbeinschnitzer und andere Kunsthandwerker, wie sie, in enganliegende Gewänder gehüllt, den Kopf mit einem Tuch umwunden, den Körper mit Elfenbeinstaub bedeckt, ihre Kunst ausüben und vielerlei Kunstgegenstände aus Elfenbein u.dgl. herstellen. Und er freut sich über ihre Geschicklichkeit und spricht: 'Ja, geschickte Meister müssen es sein, die derartige Kunstwerke herstellen können!' Nicht aber denkt er: 'Ach, ich will nun die Herrschaft aufgeben und solch ein Kunsthandwerker werden'. Und warum nicht? Eben wegen der großen Vorteile, die ihm die Herrschermacht bietet. Und die Kunsthandwerker hinter sich lassend, zieht er seines Weges weiter.

 

Ebenso auch gibt der Mönch, obwohl er jenen Erreichungszustand als friedvoll betrachtet, sich doch nicht solchen Gedanken, Betrachtungen und Erwägungen hin, wie etwa: 'Ich will meinen Geist auf diesen Zustand richten, ihn erreichen, darin verweilen, mich dann daraus erheben und ihn rückblickend betrachten'. Und indem er jenen Zustand als friedvoll betrachtet, erreicht er in der bereits erklärten Weise jene äußerst subtile, zur Vollen Sammlung gelangte Wahrnehmung, zufolge derer er weder wahrnehmend noch nichtwahrnehmend ist und es von ihm heißt, daß er den Erreichungszustand des letzten Restes der Geistesfaktoren entfaltet habe, d.i. den vierten Erreichungszustand der Unkörperlichen Sphäre, der aus den zur äußerster Feinheit gelangten Geistesfaktoren besteht.

 

Um nun jenen Zustand, der auf Grund der also erreichten Wahrnehmung als 'Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmung' bezeichnet wird, der Bedeutung nach zu erklären, wurde gesagt, daß darunter zu verstehen seien das Bewußtsein und die Geisteszustände in einem Mönche, der in solchen Zustand eingetreten oder darin geboren ist, oder darin in gegenwärtiger Glückseligkeit verweilt. Hier aber sind das Bewußtsein und die Geisteszustände bloß des in solchen Zustand Eingetretenen gemeint. Die wirkliche Bedeutung aber ist hier diese: Zufolge der Abwesenheit von grober Wahrnehmung und der Anwesenheit von subtiler Wahrnehmung gibt es in jener Vertiefung mit ihren damit verbundenen Geisteszuständen weder (eigentliche) Wahrnehmung, noch auch Nichtwahrnehmung, darum gilt sie als weder aus Wahrnehmung noch Nichtwahrnehmung bestehend. Weil nun diese Vertiefung in dem Geistgebiete und Geistobjektgebiete eingeschlossen ist, gilt sie als 'Gebiet', u.zw. als Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmungsgebiet. Oder aber, insofern diese Wahrnehmung die scharfe Wahrnehmungstätigkeit nicht mehr zu verrichten imstande ist, darum gilt sie nicht mehr als Wahrnehmung; insofern sie aber in dem subtilen Reste der Geistesfaktoren noch anzutreffen ist, gilt sie nicht als Nichtwahrnehmung; daher gilt sie als Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmung. Und weil diese der Sitz ist für den letzten Rest der Geisteszustände, darum gilt sie als Gebiet, u.zw. als Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmungsgebiet. Dabei aber ist nicht bloß die Wahrnehmung von solcher Art, sondern auch das Gefühl ist 'weder Gefühl noch Nichtgefühl', das Bewußtsein 'weder Bewußtsein noch Nichtbewußtsein', der Bewußtseinseindruck 'weder Bewußtseinseindruck noch Nichtbewußtseinseindruck'. Dasselbe gilt von allen übrigen damit verbundenen Geisteszuständen. Mit Wahrnehmung als Stichwort eben wurde diese Darlegung gegeben, wie einzusehen.

 

Diese Sache läßt sich klarmachen durch solche Gleichnisse wie von dem zum Einschmieren der Almosenschale dienenden Öle u.dgl. Ein Novize, sagt man, hatte einmal eine Almosenschale mit Öl eingeschmiert und zur Seite gestellt. Als es nun an der Zeit war, die Reissuppe zu essen, bat ihn der Ordensältere, die Schale zu holen. Der Novize erklärte, daß sich Öl darin befinde. Auf die Worte des Ordensälteren aber, daß er dann die Schale holen solle, um das Öl in eine Tube zu füllen, erwiderte der Novize, daß kein Öl darin sei. Gleichwie nun das in der Schale befindliche Öl genügt, um die Reissuppe ungenießbar zu machen, aber nicht, um eine Tube damit zu füllen usw., so auch gilt jene Wahrnehmung, da sie außerstande ist die Funktion des klaren Wahrnehmens auszuüben, nicht mehr als Wahrnehmung; da sie aber doch noch in subtiler Form in dem letzten Rest der Geistesgebilde anzutreffen ist, darum gilt sie nicht als Nichtwahrnehmung.

 

Worin nun besteht die Funktion des Wahrnehmens? Sie besteht im Wahrnehmen des Wahrnehmungsobjektes und, sobald sie zum Objekt des Hellblicks geworden ist, im Erzeugen von Daseinsabwendung. Gleichwie aber das Feuerelement in lauem Wasser nicht seine Funktion des Brennens ausüben kann, so auch kann jene Wahrnehmung nicht richtig die Funktion des Wahrnehmens ausüben. Und nicht kann diese etwa wie die Wahrnehmungen in den übrigen Erreichungszuständen zum Objekte des Hellblicks werden und Daseinsabwendung erzeugen. Wahrlich, ein Mönch, der sich hinsichtlich der anderen, d.i. voll entwickelten, Daseinsgruppen nicht (des Hellblicks) bestrebt hat, ist nicht imstande, die Daseinsgruppen des Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmungsgebietes zu erfassen und so die Daseinsabwendung zu erreichen. Der ehrwürdige Sariputta jedoch oder ein von Natur aus mit Hellblick begabter großer Weiser wie Sariputta möchte dazu imstande sein. Aber auch er möchte es nur durch zusammenfassende Betrachtung, wie: 'So kommen denn diese Dinge, ohne vorher gewesen zu sein, zum Entstehen, und entstanden schwinden sie wieder', nicht aber durch Hellblick in die einzelnen Geisteszustände. Solche Subtilität hat dieser Erreichungszustand erlangt.

 

Genau nun wie durch das Gleichnis von dem zum Einschmieren der Almosenschale bestimmten Öle, so läßt sich diese Sache auch ferner erklären durch das Gleichnis von dem auf dem Wege befindlichen Wasser. Ein Novize, so sagt man, eilte einmal auf einer Wanderung seinem Ordensälteren voraus, als er plötzlich etwas Wasser erblickte und sprach: "Wasser, Ehrwürdiger! Ziehe die Sandalen aus!" Der Ordensältere aber sprach: "Wenn da Wasser ist, so nimm das Badetuch und laß uns ein Bad nehmen!", worauf der Novize erwiderte, daß kein Wasser da sei. Gleichwie nun genügend Wasser da war, um die Sandalen zu befeuchten, und doch kein Wasser da war zum Baden, so auch gilt jene Wahrnehmung, da sie außerstande ist, die Funktion des klaren Wahrnehmens auszuüben, nicht mehr als Wahrnehmung; da sie aber doch noch in subtiler Form in dem letzten Rest der Geistesgebilde anzutreffen ist, darum gilt sie nicht als Nichtwahrnehmung.

 

Nicht nur durch diese, sondern durch noch weitere Gleichnisse läßt sich die Sache klarmachen.

 

Für den Ausdruck: "Er erreicht und verweilt darin" gilt die obige Erklärung.

 

Dies ist die ausführliche Besprechung des im Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmungsgebiete bestehenden Übungsobjektes.


Vis. X. Vermischte Erklärungen

 
 

 
Denn von den Unkörperlichen Erreichungszuständen heißt es:
 
 

 

Von diesen vieren nämlich entsteht der erste Erreichungszustand durch Überwindung der körperlichen Vorstellungsobjekte, der zweite durch Überwindung des Raumes, der dritte durch Überwindung des hinsichtlich des Raumes entstandenen Bewußtseins, der vierte durch Überwindung der (Vorstellung von der) Abwesenheit des hinsichtlich des Raumes entstandenen Bewußtseins. Somit sind alle vier Unkörperlichen Erreichungszustände in jeder Weise als durch Überwindung der Vorstellungsobjekte aufzufassen. Nicht aber lehren die Weisen, daß bei diesen Erreichungszuständen eine Überwindung der Vertiefungsglieder stattfinde. Denn nicht findet bei ihnen eine Überwindung der Vertiefungsglieder statt, wie es etwa der Fall ist bei den Erreichungszuständen der Feinkörperlichen Sphäre. Bei allen (Unkörperlichen Gebieten) nämlich sind stets zwei Vertiefungsglieder zugegen: Gleichmut (upekkhā) und Einspitzigkeit (= samādhi, Sammlung) des Geistes. Und dennoch heißt es:

 
 

 

Angenommen, im untersten Stockwerke eines vierstöckigen Palastes böten sich einem herrliche Fünfsinnenobjekte (pañca kāmagunā) in Form von himmlischem Tanz, Gesang, Musik, lieblich duftenden Blumen, Speisen, Ruhelagern, Decken u.dgl.; im zweiten Stocke aber befänden sich noch prächtigere Gegenstände, im dritten noch prächtigere, im vierten aber die allerprächtigsten. Obwohl nun alle diese vier Stockwerke als bloße Stockwerke im Palaste gelten und als solche unter ihnen kein Unterschied besteht, so ist doch hinsichtlich des Grades der Vollendung der fünf Sinnenobjekte das jedesmal höhere Stockwerk prächtiger als das jedesmal tiefere. Oder angenommen, eine Frau habe da vier Gewänder gesponnen - aus groben, feinen, noch feineren und allerfeinsten Fäden, von vier, drei, zwei und einem Pala Gewicht - alle aber von der gleichen Länge und Breite. Obgleich da nun diese vier Gewänder alle von gleicher Länge und Breite sind und im Maße kein Unterschied unter ihnen besteht, so übertrifft dennoch das jedesmal später genannte Gewand das jedesmal frühere an Weichheit beim Anfassen, an Zartheit des Gewebes und an Wert. Ebenso, obgleich bei allen vier Erreichungszuständen die beiden Vertiefungsglieder, wie Gleichmut und Einspitzigkeit des Geistes, vorhanden sind, so sind doch, wie einzusehen, zufolge des Unterschiedes in der geistigen Entfaltung, hinsichtlich des immer erhabener Werdens ihrer Vertiefungsglieder die jedesmal höheren Zustände dort die bei weitem erhabeneren. Somit sind dieselben der Reihe nach immer edler und erhabener.
 
 

 

Hier nun ist die Erklärung des Sinnes folgende: An einem schmutzigen Orte, so sagt man, stand ein Zelt. Ein Mann, der dorthin kam und sich vor dem Schmutz ekelte, klammerte sich mit beiden Händen an das Zelt, und so daran hängend, blieb er wie angeklebt stehen. Darauf kam ein zweiter und hielt sich an dem am Zelte hängenden Manne fest. Dann kam ein dritter, der dachte: 'Diese beiden Menschen, sowohl der am Zelt hängende als auch der sich an ihm festhaltende, haben einen schlechten Stand; fällt das Zelt, so fallen bestimmt auch diese beiden. So laß mich denn abseits stehen!' Und er stellte sich abseits hin, ohne sich an jene Menschen festzuhalten. Da kam ein vierter, der sagte sich, daß sowohl der am Zelte Hängende als auch der an diesem sich Festhaltende sich beide in unsicherer Lage befänden; und den Stand des Abseitsstehenden für sicher haltend, hielt er sich an diesem fest.

 

Hiebei nun hat man das am schmutzigen Orte befindliche Zelt als den vom Kasina befreiten Raum aufzufassen. Dem aus Ekel vor dem Schmutze an das Zelt sich anklammernden Manne gleicht das aus Ekel vor dem Vorstellungsbilde der Körperlichen Sphäre den Raum zur Vorstellung habende Raumunendlichkeitsgebiet. Dem Manne, der sich an dem am Zelte Hängenden festhält, gleicht das den Raum zur Vorstellung habende und durch das Raumunendlichkeitsgebiet bedingt entstandene Bewußtseinsunendlichkeitsgebiet. Dem Manne, der den unsicheren Zustand jener beiden bedenkt und, ohne sich an dem am Zelte hängenden Menschen festzuhalten, sich abseits hinstellt, dem gleicht das Nichtsheitgebiet, das nicht das Raumunendlichkeitsgebiet, sondern dessen Abwesenheit zur Vorstellung nimmt. Dem Manne, der den unsicheren Stand de am Zelte sich anklammernden und des an diesem sich festhaltenden Mannes bedenkt und, den Abseitsstehenden als feststehend annehmend, sich an diesem sich festhaltend hinstellt, dem gleicht das Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmungsgebiet, das entstanden ist auf Grund des Nichtsheitgebietes, welch, letzteres sich auf dem als Abwesenheit des Bewußtseins (von der Raumunendlichkeit) geltenden abseits liegenden Gebiete befindet. Von dem so entstandenen Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmungsgebiete aber heißt es:

 
 

 

Dieses Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmungsgebiet nämlich nimmt sich, weil eben kein anderes Vorstellungobjekt mehr da ist, jenes Nichtsheitgebiet zum Vorstellungsobjekt, trotz des erkannten Fehlers, daß dieser Erreichungszustand in dem nahen Bewußtseinsunendlichkeitsgebiete einen Feind hat. Und womit läßt sich das vergleichen? Mit dem Volke, das, um bestehen zu können, sich einen König wählt, selbst wenn sich bei diesem Fehler zeigen. Gleichwie nämlich die Menschen, eben weil sie sonst nicht leben könnten, eben ihres Lebensunterhaltes wegen, sich irgend einem, selbst ungezügelten, im Tun, Sprechen und Denken rohen, aber über alle vier Himmelsrichtungen gebietenden Könige unterwerfen, obwohl sie seine Fehler sehen und wissen, daß er ein rohes Benehmen hat, genau so auch nimmt dieses Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmungsgebiet jenes selbst Fehler aufweisende Nichtsheitgebiet zum Vorstellungsobjekte, da es eben kein anderes Vorstellungsobjekt mehr findet. Und von dem so sich verhaltenden weder-wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmungsgebiete heißt es:

 

 

Hiermit endet des zur Beglückung guter Menschen abgefaßten "Weges zur Reinheit" 10. Teil: die auf die Entfaltung der Sammlung sich beziehende Darstellung des Unkörperlichen.


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