Vipassanā Meditation

Fünfzehnter Nachmittag - Vorsatz auf halbem Wege

 

Bei den Sitzübungen ist das Stillhalten des Körpers eine große Hilfe, um die Stille des Geistes zu erreichen. Um die Sammlung zu stärken, sollten Sie am Anfang einiger Sitzübungen den Vorsatz fassen, Ihre Haltung in dieser Stunde nicht zu verändern. Die ersten Male mag es schwierig sein, aber wenn der Vorsatz ehrlich ist, können Sie sitzen und alles betrachten, was immer es ist. Auch wenn der Geist ruhelos wird oder reagiert oder angespannt oder mit Abneigung gegen einen Schmerz erfüllt ist, ist es trotzdem wertvoll, diesen Vorsatz zu fassen und ihm nachzukommen. Der Sammlungs- und Bemühungsfaktor werden gestärkt, und nach den ersten stündlichen Übungen werden Sie feststellen, daß es leichter wird, still zu sitzen.

 

Halten Sie den Geist so, daß er keinem Objekt gegenüber Widerstand an den Tag legt. Dann wird nichts zum Hemmnis oder Hindernis. Alle Objekte des Geistes oder Körpers, äußerlich oder innerlich, ziehen vorüber in dem klaren Bereich der Bewußtheit. Bewegen Sie den Geist nicht auf ein Objekt zu oder von einem Objekt weg: das Nicht-Tun des Geistes. Es wird dann eine vollkommene Stille und Ausgeglichenheit entstehen, in der Sie klar, im Augenblick, das Aufsteigen und Vergehen der Atmung, der Empfindungen, der Gedanken, der Gefühle, der Töne, der Düfte und der Bilder erkennen.

 

Seien Sie sich des Fließens der Vergänglichkeit bewußt. Es gibt nichts zum Ergreifen, nichts zum Festhalten. Es gibt eine Stelle am Ende von Mount Analogue, welche die Kraft dieses Fließens zeigt und wie Sie sich verhalten sollten:

 

Bleiben Sie auf einem Abhang niemals stehen. Auch dann nicht, wenn Sie denken, Sie haben festen Fuß gefaßt; wenn Sie sich Zeit dafür nehmen, durchzuatmen und den Himmel zu betrachten, wird der Untergrund sich nach und nach unter Ihrem Gewicht verschieben. Der Kies wird unmerklich rutschen, und plötzlich wird er unter Ihnen wegbrechen und Sie schleudern wie ein Schiff. Der Berg wartet nur darauf, Ihnen eine Falle zu stellen.

Sie sollten nicht anhalten, auch nicht für einen Augenblick, um zu versuchen, sich irgendwo festzuhalten. In jedem Augenblick, wo wir versuchen uns anzuklammern, werden wir eingeholt und überschwemmt von unseren Gedanken, Ansichten und Vorstellungen.

 

Etwa die Hälfte unseres Seminars ist nun vorüber; manchmal geschieht es, daß in der Mitte eines Seminars, wie lang es auch sein mag, der Geist schwerfällig wird. Er wird ein wenig faul, nachlässig und ruhelos. Der Geist meint, er habe sich die ganze Zeit sehr angestrengt und jetzt könne er sich ein bißchen ausruhen von seinen Anstrengungen.

 

Achten Sie auch darauf. Jetzt ist die Zeit, um die Bemühung zu verstärken, nicht, um nachzulassen. Denken Sie daran, wieviel Sie in den ersten beiden Wochen erreicht haben. Denken Sie an den Anfang und wie schwierig es war, auch nur für eine Stunde still zu sitzen. Eine große Geisteskraft hat sich entwickelt, eine Triebkraft aus Sammlung und Achtsamkeit. Am Anfang des Seminars wurde der Grundstein gelegt, die groben Hemmungen wurden überwunden, die Hemmungen, die uns daran hindern, auch nur für eine Stunde still zu sitzen. Diese anfänglichen Schwierigkeiten sind mehr oder weniger erfolgreich abgebaut worden. Der Geist hat sich beruhigt. Er beginnt zu durchdringen, er beginnt zu erkennen, wie der geistig-körperliche Vorgang abläuft. Einsicht reift heran. Es ist schwierig, all dies bei uns selbst zu bemerken, da die Veränderungen fast unmerklich von Augenblick zu Augenblick stattfinden. Aber die Übung vertieft sich langsam. In der noch verbleibenden Zeit kann noch mehr geschafft werden. Es bedarf großer Energieanspannung, damit der Geist nicht träge wird. Erneuern Sie die Bemühung, Schweigen zu bewahren. Schweigen schenkt Energie. Es läßt eine Klarheit entstehen, in der alle Aspekte des Geistes genau erkannt werden. Wenn wir jedesmal, wenn Ruhelosigkeit oder Trägheit oder Faulheit aufsteigt, zu sprechen beginnen, wird die Gelegenheit verpaßt, sie zu durchschauen. Schweigen ermöglicht uns, aufmerksam zu verfolgen, was geschieht, all die Höhen und Tiefen zu sehen. Es ist nicht der Sinn der Meditation, sich einen Monat lang in einen Zustand der Seligkeit hineinzubegeben. Es geht darum, den gesamten Bereich von Geist und Körper zu erfahren. Voll und ganz alle Schmerzen und Wehen, all die seligen Empfindungen, all die Zeiten der Einspitzigkeit, all die Ruhelosigkeit und Langeweile zu erfahren. Aus Schweigen wächst der Bereich des Alleinseins, in dem alles klar erkannt werden kann. Häufiges Sprechen zieht nach unten. Wir werden ruhelos; wir beginnen zu reden; dadurch wird es noch schwieriger, sich zu konzentrieren, und der Geist wird noch ruheloser. Durch Bemühung, durch das Erwecken der Energie und durch die Einsamkeit, die wir um uns schaffen, wird die Übung intensiviert. Niemand kann sicher sein, daß die Gelegenheit zur Übung sich wieder bieten wird. In dieser Umgebung herrschen ganz besondere Bedingungen für uns. Es ist ein vollkommener Ort, um sich selbst zu entdecken, um herauszufinden, wer wir sind. Verschenken Sie nicht diese Gelegenheit.

 

Eine weitere große Hilfe beim Erwecken der Achtsamkeit ist das Langsamerwerden. Bewegen Sie sich langsamer. Den ganzen Tag lang sollten Sie jede Bewegung des Körpers zum Meditationsobjekt machen. Von dem Augenblick an, wo Sie aufstehen, bis zu dem Moment, wo Sie einschlafen, beachten Sie alles ganz klar, sehr genau; jede Bewegung beim Baden, beim Anziehen, beim Essen. Gewohnheitsmäßig erledigen wir alles in großer Hast, fallen in den nächsten Moment hinein oder in die nächste Handlung, ständig in Bewegung. Bemühen Sie sich, sich in den Moment zu geben. Es besteht kein Grund zur Eile. Wir müssen nirgendwo hingehen. Der alleinige Sinn unseres Aufenthaltes hier ist, die Fähigkeit zu entwickeln, das Geschehen im Augenblick zu bemerken. Drängen oder überanstrengen Sie sich nicht. Geben Sie sich hinein, ohne zu planen oder etwas zu erwarten. Halten Sie den Geist entspannt, aber gesammelt und aufmerksam. Der Geist wird in immer tiefere Schichten eindringen. Das Bewahren des Schweigens und das Langsamerwerden helfen nicht nur uns, sondern allen anderen um uns herum. Wenn wir jemanden dahineilen sehen, wird das Gleiche bei uns erweckt. Wenn wir jemanden sehen, der achtsam ist, werden wir selbst mehr erwachen. Seien Sie sich bewußt, wie wertvoll und hilfreich Sie für andere sind. Ein Seminar ist besonders ausgewogen; im Schweigen und Alleinsein arbeiten wir an uns selbst und haben doch an der unterstützenden Ausstrahlung der Gruppe teil.

 


 Sechzehnter Abend - Karma

 

Buddha wurde einmal gefragt, warum einige Menschen reich geboren werden und andere arm; warum einige Menschen gesunde Körper haben und andere krank sind. Warum sind einige Menschen sehr schön und andere häßlich? Warum haben einige viele Freunde und andere keine? Woher kommen all diese Unterschiede, die wir bei den Menschen sehen können? Er antwortete, daß alle Wesen die Erben, die Eigner ihres eigenen Karma sind. Tatsächlich sind unsere früheren Taten der Leib, aus dem wir geboren werden. Das Leben, wie wir es in der Gegenwart erfahren, ist das Ergebnis der angesammelten Kraft aller unserer früheren Taten.

 

Weiter erklärte Buddha, welche Taten welche bestimmten Ergebnisse erzeugten. Er sagte, daß Wesen, die das Leben anderer nehmen, nur kurze Zeit leben. Wesen, die vom Töten abstehen, haben einen langen Lebensweg. Menschen, die andere verletzen, anderen Lebewesen Schmerz zufügen, erfahren Verfall und Krankheit. Die, welche andere nicht verletzen, die Gewaltlosigkeit üben, haben eine gute Gesundheit. Er sagte, daß die, welche gierig und geizig sind, sehr arm sein werden. Die Wesen, die Freigebigkeit üben, mit offenen Händen austeilen, werden alles im Überfluß haben. So wirkt das Gesetz von Ursache und Wirkung. Jede Handlung erzeugt eine bestimmte Wirkung.

 

Menschen, die harte und häßliche Reden führen, mit bösen Worten, werden zu häßlichen Erscheinungen. Jene, die liebende, gütige und ausgeglichene Reden führen, werden als Wirkung Schönheit besitzen. Wir alle sind die Erben unserer früheren Taten. Jene Wesen, die sich schlecht benehmen, wie Ehebruch begehen oder stehlen, haben als Wirkung Umgang mit unklugen Menschen, haben nicht viele gute Freunde und kommen nicht in Berührung mit dem Dharma. Jene, welche die grundlegenden Sittenregeln einhalten, werden in schöner Umgebung wohnen, sie werden viele gute Freunde haben und viel Unterstützung auf dem Wege finden. Jene, die sich niemals fragen, was der Sinn des Lebens ist, die niemals ihren Geist erforschen, die nie die wahre Natur der Dinge zu ergründen und zu verstehen versuchen, werden träge und unverständig geboren. Jene Menschen, die Fragen stellen, die erforschen und untersuchen, die versuchen die Antwort auf die Geheimnisse des Lebens zu finden, werden sehr weise. Hier zeigt sich wieder das Gesetz von Ursache und Wirkung.

 

Es gibt niemanden oben im Himmel, der uns eine bestimmte Rolle zuteilt, eine bestimmte Art zu leben. Wenn wir begreifen, wie das Gesetz des Karma sich auswirkt, können wir beginnen unser eigenes Schicksal zu formen. Es gibt einen Pfad, der zu all den glücklichen und schönen Erfahrungen führt, und einen, der zum Leiden führt. Wenn wir die Pfade erkennen, sind wir frei zu entscheiden, welchen wir gehen wollen.

 

Es gibt vier Hauptgruppen des Karma, die in unserem Leben wirken. Die erste heißt wiedergeburterzeugendes Karma. Es ist die Kraft jener Taten, die wir ausführen, welche die Macht haben, die Wiedergeburt zu bestimmen. Die Art der Taten entscheidet darüber, ob wir in der Menschenwelt oder in niederen Welten, im Himmel oder in der Brahmawelt wiedergeboren werden.

 

Die nächste Art des Karma heißt unterstützendes Karma. Es sind jene Taten, die das wiedergeburterzeugende Karma unterstützen. Zum Beispiel, nehmen wir an, wir haben ein gutes wiedergeburterzeugendes Karma und werden in der Menschenwelt wiedergeboren. Das ist eine gute Wiedergeburt, eine glückliche Existenzebene. Unterstützendes Karma sind alle jene Handlungen, die unsere Erfahrungen als Mensch angenehm machen. Es verstärkt gutes wiedergeburterzeugendes Karma und ist die Ursache von vielen Arten des Glücks.

 

Die dritte Gruppe heißt unterdrückendes Karma. Es unterdrückt das wiedergeburterzeugende Karma. Nehmen wir an, wir haben das gute Karma der Wiedergeburt als Mensch, aber erleiden viel Unangenehmes, viel Schmerz und Pein. Das ist die Auswirkung des unterdrückenden Karma. Die Wiedergeburt war gut. Das notwendige Karma zur Wiedergeburt als Mensch war heilsam, aber wenn ein starkes unterdrückendes Karma vorhanden ist, entstehen unangenehme Situationen. Dies wirkt auch entgegengesetzt. Stellen Sie sich vor, ein Wesen ist als Tier wiedergeboren Das ist ein schlechtes wiedergeburterzeugendes Karma; es ist eine Wiedergeburt in niederen Welten. Das unterdrückende Karma kann dieses Leben als Tier sehr angenehm machen, wie es bei vielen Haustieren der Fall ist. Diese Tiere haben mehr Bequemlichkeit als viele Menschen in der Welt. Dies starke Karma unterdrückt das schlechte Wiedergeburtskarma. Es wirkt sich nach beiden Seiten aus.

 

Die letzte heißt zerstörendes Karma. Es zerstört das Fließen der anderen Kräfte. Stellen Sie sich vor, Sie schießen einen Pfeil in die Luft. Der Pfeil hat eine bestimmte Antriebskraft und fliegt, wenn er nicht behindert wird, bis er an einer bestimmten Stelle in der Ferne zu Boden fällt. Zerstörendes Karma ist wie eine Kraft, die den Pfeil mitten im Fluge anhält und ihn zu Boden schlägt. Es gibt Wesen, die früh sterben. Ihr wiedergeburterzeugendes und unterstützendes Karma mögen gut gewesen sein, aber irgendwie, durch eine frühere Tat, unterbricht starkes zerstörendes Karma den Flug des Pfeils und verhindert das Wirken der anderen karmischen Kräfte.

 

Es gibt eine Geschichte über einen Mann zu Buddhas Zeiten, die ein Wirken des Karma aufzeigt. Er gab einem voll erleuchteten Arahat eine Gabe Nahrung. Nachdem er die Gabe überreicht hatte, begann er es zu bedauern. Es wird gesagt, daß er in sieben Leben hintereinander als Millionär geboren wurde als Wirkung seiner Essensgabe. Es ist sehr verdienstvoll, einem völlig erleuchteten Wesen eine Gabe zu geben. Aber als Wirkung all dieser Augenblicke des Bedauerns lebte der reiche Mann als Geizhals, außerstande die Früchte seines Reichtums zu genießen. Verschiedene Arten von Karma bringen verschiedenartige Ergebnisse hervor, gemäß unseren wechselnden Geisteszuständen.

 

Es ist wichtig, das wiedergeburterzeugende Karma zu verstehen, da es bestimmt, auf welcher Existenzebene wir wiedergeboren werden. Es ist das Karma, das im letzten Lebensaugenblick wirkt. In dem Moment des Sterbens, genannt Sterbebewußtsein, gibt es vier Arten von Wiedergeburtskarma, die aufsteigen können:

 

Das erste heißt gewichtiges Karma, es kann entweder heilsam oder unheilsam sein. Unheilsames gewichtiges Karma ist z.B., einen Buddha zu verletzen oder ein voll erleuchtetes Wesen zu töten, seine Mutter oder seinen Vater zu töten oder die Teilung in Mönchsorden zu verursachen. Alles dies kommt an erster Stelle gegenüber anderen Taten bei der Bestimmung der Wiedergeburt. Sie kommen unbedingt zum Tragen. Das heilsame gewichtige Karma bezieht sich darauf, wenn jemand die Sammlung entwickelt und die Stufe der Vertiefung erreicht hat und sie bis zu seinem Tode aufrecht erhält. Das Ergebnis dieses Karma ist die Wiedergeburt in den Brahmawelten. Es hat Vorrang vor anderen Taten. Das andere heilsame gewichtige Karma ist die Erfahrung der verschiedenen Stadien der Erleuchtung. Es setzt nicht unbedingt den Ort der Wiedergeburt fest, aber die Wiedergeburt wird in den oberen Ebenen stattfinden. Es verhindert die Wiedergeburt in den niederen Welten.

 

Das Karma, das einsetzt, wenn keine gewichtigen Taten da sind, um Früchte zu tragen, heißt sterbensnahes Karma, es ist das Karma der Taten, die direkt vor dem Sterben ausgeführt werden. Mit anderen Worten, wenn Sie in den Augenblicken des Sterbens an eine Ihrer guten Taten denken oder jemand Sie an heilsame Taten erinnert, wird die Wiedergeburt durch dieses Karma bestimmt. Zu Buddhas Zeiten lebte ein Mörder, der gerade als er gehängt werden sollte, sich an das eine Mal erinnerte, als er Sāritputta, dem Hauptschüler Buddhas, Gaben gegeben hatte. Sein letzter Gedanke galt der Gabe. Obwohl er so viele unheilsame Taten in seinem Leben begangen hatte, war das Ergebnis dieses letzten heilsamen Bewußtseinsmomentes die Wiedergeburt in den himmlischen Welten. Es wirkt auch entgegengesetzt. Es ist nicht so, daß das gute oder schlechte Karma, das wir angesammelt haben, uns nicht folgt. Es ist so, daß das todesnahe Karma, die direkte Tat oder Erinnerung im Augenblick vor dem Tode den Vorrang hat. Es bestimmt das nächste Leben. Aber das Bewußtsein ist manchmal zum Zeitpunkt des Todes sehr schwach, und es kann sein, daß es nicht möglich ist, den Geist zu lenken oder sich absichtlich an bestimmte Vorfälle zu erinnern.

 

Wenn kein sterbensnahes Karma vorhanden ist, tritt das häufig geübte auf. Die Taten, die wir zu Lebzeiten wiederholt ausgeführt haben, steigen dann im Augenblick des Todes im Geist auf. Wenn jemand oft getötet hat, wird der Gedanke daran im Todesmoment als Ergebnis des häufig-geübten Karma auftreten. Oder wenn jemand viel Gutes getan hat, freigebig gewesen ist oder sehr viel meditiert hat, wird es geschehen, daß er sich einer dieser Taten erinnert oder vielleicht vor seinen Augen ein Bild aufsteigt, wie er auf seinem Meditationskissen sitzt. Dieses Karma wird dann die nächste Geburt bestimmen.

 

Wenn kein gewichtiges Karma, kein todesnahes Karma, kein starkes häufig-geübtes Karma vorhanden ist, steigt die vierte Art auf, um die Wiedergeburt festzulegen, sie heißt aufgespeichertes Karma. Wir alle sind mit unzähligen heilsamen und unheilsamen Karma ausgestattet, und wenn kein starkes häufig-geübtes Karma vorhanden ist, dann kann irgendeine Tat aus der Vergangenheit im Sterbemoment aufsteigen.

 

Ein Beispiel für den Ablauf dieser Karma-Arten: Eine Herde Vieh lebt frei in einer Scheune. Wenn am Morgen das Tor geöffnet wird, wird der kräftigste Bulle als erster hinausgehen. Er wird sich einfach hinausdrängen und alle anderen zur Seite schieben. Wenn kein starker Bulle da ist, wird die nächste, die aus dem Tor kommt, die Kuh sein, die sich am dichtesten bei dem Tor befindet. Sie wird einfach hinauslaufen. Nehmen Sie nun an, daß kein Tier nahe am Tor ist. Dann wird die Kuh, die üblicherweise als erste hinausgeht, welche die Gewohnheit hat, die anderen anzuführen, als erste hinausgehen. Und wenn keine Kuh die Gewohnheit hat, als erste hinauszugehen, dann wird irgendeine Kuh aus der Herde zuerst durch das Tor gehen. So wirkt das Karma in unserem letzten Augenblick: das gewichtige, das todesnahe, das häufig-geübte und das aufgespeicherte Karma.

 

Es gibt einen Faktor, der uns mehr und mehr zum Licht und zu höher und höheren Arten des Glücks führt, und dieser ist Achtsamkeit. Achtsamkeit hat als Wirkung heilsames gewichtiges Karma, Erleuchtung. Aus Achtsamkeit ergibt sich auch ein gutes todesnahes Karma. Wenn wir im Sterbemoment sehr aufmerksam sind, wird der Geist ausgeglichen und frei von Befleckungen sein. Achtsamkeit ist ein starkes häufig geübtes Karma. Wenn sie jeden Tag geübt wird und wir durch sie bedingt sind, wird sie im Todesmoment aufsteigen. Diese Achtsamkeit, diese Art des Geistes, die wir jetzt erzeugen, ist eine äußerst starke Kraft. Sie wird ein bestimmender Faktor bei der Art des Karma sein, die im Todesmoment wirkt.

 

 

Können Wesen der niederen Welten Karma erzeugen? Zum Beispiel, kann ein Hund Karma erzeugen, dadurch, daß er liebevoll und zärtlich oder häßlich und aggressiv ist?

Alle Wesen erzeugen Karma, Tiere eingeschlossen. Es gibt sehr angriffslustige Tiere. Es gibt bei ihnen Angst, Wut und Haß. Es gibt einige sehr schöne Tiere, die voller Liebe sind. Es hängt alles von der Eigenschaft des Geistes ab.

 

 

Gibt es ein Familien-Karma?

Es gibt etwas, das kollektives Karma genannt wird. Zum Beispiel verursacht jede nationale politische Handlung ein bestimmtes nationales Karma. Wir teilen das Karma anderer, wenn wir ihren Taten zustimmen. Wenn wir geistig dem Wirken eines anderen zustimmen, dann wird eine karmische Kraft freigesetzt. Im Kriege können Sie sehen, wie es sich verhält. Einige Menschen sind dafür, also haben sie teil am Karma. Andere sind es ganz und gar nicht, sie teilen nicht das kollektive Karma. In Indien hatte ich einen Freund aus Holland. Er beschrieb seine Familie während des Zweiten Weltkrieges. Er sagte, daß sie irgendwie immer genug zu essen hatten. Obwohl das ganze Land sehr karg lebte und Mangel an Nahrung herrschte, litten bestimmte Menschen hier und dort nicht so sehr. Sie konnten das Wirken des kollektiven Karma bei Menschen sehen, die nicht an unheilsamen Taten einer Nation oder einer Gruppe teilnehmen oder sie nicht billigen, und die dann auch nicht die Ergebnisse zu spüren bekommen; oder im Zustimmen zu heilsamen Handlungen und Absichten, das dann heilsames Karma ansammelt.

 

 

Manchmal verwirren mich die Worte, die Sie verwenden.

Vergessen Sie einfach die Beispiele. Greifen Sie zurück auf Ihre Erfahrung der Achtsamkeit. Wenn ein Gedanke im Geist auftaucht, gibt es zwei Möglichkeiten: der Gedanke kann aufsteigen, und Sie können sich völlig darin verwickeln, ohne zu wissen, daß Sie denken. Oder Achtsamkeit kann gegenwärtig sein und die Bewußtheit, daß Denken stattfindet. Wenn in bezug auf Gedanken und alle anderen Objekte Achtsamkeit vorhanden ist, dann kommen und gehen sie, werden klar erkannt, und der Geist steht ausgeglichen hinter ihnen.

 

Bei allen Worten, die gebraucht werden, werden einige von Ihnen verstanden werden, andere nicht; es macht nichts. Benutzen Sie die Worte oder Begriffe, die Ihnen die Dinge klar werden lassen; lassen Sie die anderen. Die Erfahrung dessen, was geschieht, ist wichtig, nicht der Glaube an oder das Aufnehmen von etwas, das gesagt wird. Alles Verstehen kommt aus dem Schweigen des Geistes, nicht aus einem Kommentar über das, was geschieht.

 

 

Es ist der Zuckerguß auf dem Kuchen, der einen verlockt, den Kuchen zu essen.

Nehmen Sie den farbigen Zuckerguß, den Sie mögen. Und essen Sie dann den Kuchen! Es gibt eine Geschichte, die vielleicht nützlich sein könnte: Ein Professor machte einmal eine Seereise in einem kleinen Boot, und eines Abends ging er zu einem alten Matrosen und fragte ihn: "Na, alter Knabe, was wissen Sie über Ozeanographie? - Der alte Matrose wußte nicht einmal, was das Wort bedeutete. Der Professor sagte: "Sie haben ein Viertel Ihres Lebens vergeudet! Hier sind Sie nun, befahren die See und wissen nichts über Ozeanographie!" Am nächsten Abend ging der Professor zu dem alten Mann und sagte: "Na, alter Knabe, was wissen Sie über Meteorologie?" Und wieder hatte der alte Matrose das Wort noch nie gehört. "Die Wissenschaft vom Wetter." - "Ah, darüber weiß ich nichts." - "Oh, Sie haben die Hälfte ihres Lebens vergeudet! Am nächsten Abend geht der Professor zu dem alten Mann: "Was wissen Sie über Astronomie?" - "Nichts." - "Hier sind Sie auf dem Meere, brauchen die Sterne zum Navigieren und Sie wissen nichts über Astronomie, Sie haben drei Viertel Ihres Lebens vergeudet." Am nächsten Abend kommt der alte Matrose bei dem Professor angerannt und sagt: "Professor, was wissen Sie über Schwimmologie?" Der Professor sagt: "Oh, nichts, ich habe nie schwimmen gelernt." - "Ach, ein Jammer, das Boot sinkt, Sie haben Ihr ganzes Leben vergeudet!"

Es ist die Schwimmologie, die wichtig ist.


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