Samyutta Nikaya

Das 35., das Salāyatana-Samyutta (131-150)

S.35.131 Nakulapitā
S.35.132 Lohicco
S.35.133 Verahaccāni
S.35.134 Der Zeitpunkt vor der Götterlache
S.35.135 Einbegriffen III
S.35.136 Nicht einbegriffen
S.35.137-138 Blätter
S.35.139-144 Grund
S.35.145 Wirken
S.35.146-148 Tauglich I-III
S.35.149 Tauglich IV
S.35.150 Schüler

S.35.131 Nakulapitā

 

(Identisch mit Nr. 128 und den dortigen Parallelen.)

 


S.35.132 Lohicco

 

Zu einer Zeit weilte der Ehrwürdige Mahākaccāno bei den Avantiern in Makkarakata in einer Waldhütte. Da kamen viele Schüler des Brahmanen Lohicco, junge Burschen, Holz sammelnd zur Waldhütte des Ehrwürdigen Mahākaccāno. Als sie sie erreicht hatten, streiften sie um die Hütte herum, schlenderten herum, machten lauten Lärm, machten großen Lärm und allerlei Possen und riefen: "Diese kahlköpfigen Asketen, dies Gesindel, diese Finsterlinge, einer dem anderen auf den Fersen, werden vom arbeitenden Volk geachtet, geehrt, verehrt, gefeiert und geschätzt".

 

Als nun der Ehrwürdige Mahākaccāno aus der Hütte herausgekommen war, sagte er zu den jungen Burschen: "Macht keinen Lärm, ihr jungen Burschen, ich werde euch die Lehre zeigen". Auf diese Worte schwiegen die jungen Burschen. Da nun wandte sich der Ehrwürdige Mahākaccāna in Versen an die jungen Burschen:

 

"Von höchster Tugend war'n die alten Meister,

die als Brahmanen früh're Kunde wahrten,

die ihre Sinnestore hielten gut bewacht,

die überstanden hatten gänzlich Zorn.

 

An dem Gesetze und der Schauung waren sie erfreut,

die als Brahmanen früh're Kunde wahrten.

Doch jetzt, im Niedergang, auf Rezitieren aus,

geburtberauscht gehn sie den falschen Weg.

 

Von Zorn verzehrt zum Stocke greifend

versagen sie bei Schwachen und bei Starken.

Wes Sinnestore ungezügelt, dessen Üben

ist sinnlos wie ein Schatz, den man im Traum erlangt.

 

Das Fasten, auf dem harten Boden liegen,

beim Morgenbad Dreiveden rezitierend,

das rauhe Fellkleid, Haargeflecht und Dreck,

die Mantras, die Gelübde, die Kasteiung,

 

Betrug und krumme Dinge und Gewalt,

das Wasser und die rituelle Waschung:

das ist's was heute die Brahmanen ausmacht,

vollbracht für niederen Gewinn allein.

 

Doch wenn das Herz geeinigt ist,

ganz lauter und ganz ungetrübt,

verhärtet zu den Wesen nicht:

d a s ist der Weg zu Brahma hin".

 

Da waren die Burschen zornig und verstimmt, begaben sich zum Brahmanen Lohicco und sprachen: "Der Ehrwürdige möge wissen, daß der Asket Mahākoccāno die Sprüche der Brahmanen ganz und gar verachtet und heruntermacht".

 

Auf diese Nachricht war der Brahmane Lohicco zornig und verstimmt. Da aber fiel ihm ein: "Es wäre meiner nicht würdig, auf die bloße Behauptung junger Burschen hin den Asketen Mahākaccāno zu tadeln und zu beschuldigen. Ich will zu ihm gehen und ihn befragen".

 

Da nun begab sich der Brahmane Lohicco mit den jungen Burschen zum Ehrwürdigen Mahākaccāno, wechselte mit ihm höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend, sprach nun der Ehrwürdige Lohicco zum Ehrwürdigen Mahākaccāno:

 

"Kamen wohl viele meiner Schüler, junge Burschen, Holz sammelnd, beim Ehrwürdigen Herrn Kaccāno vorbei?" - "Gewiß, Brahmane".

"Fand dann wohl irgendein Gespräch zwischen Herrn Kaccāno und den jungen Burschen statt?"

"Ja, Brahmane, es hat ein Gespräch zwischen mir und den jungen Burschen stattgefunden".

"Was war das denn für ein Gespräch zwischen Herrn Kaccāno und den jungen Burschen?"

Darauf berichtete der Ehrwürdige Mahākaccāno Wort für Wort das ganze Gespräch.

"'Wes Sinne ungezügelt', hat Herr Kaccāno gesagt. Inwiefern aber ist einer bei den Sinnen ungezügelt?"

"Hat da einer mit dem Auge eine Form gesehen, mit dem Ohr einen Ton gehört, mit der Nase einen Duft gerochen, mit der Zunge einen Saft geschmeckt, mit dem Körper einen Gegenstand getastet, mit dem Geiste ein Ding gedacht, dann steht es ihn zu Liebem, und Unliebes weist er von sich. Mangels Achtsamkeit verweilt er beschränkten Gemütes, und nicht erkennt er der Wirklichkeit gemäß jene Gemüterlösung, Weisheiterlösung, wo seine bösen, unheilsamen Eigenschaften sich restlos auflösen. So ist einer bei den Sinnen ungezügelt".

 

"Erstaunlich fürwahr, Herr Kaccāno, außerordentlich fürwahr, Herr Kaccāno, wie von Herrn Kaccāno der Ungezügelte als ungezügelt erklärt worden ist. 'Die Sinnestore bewacht, die Sinnestore bewacht', hat Herr Kaccāno gesagt. Inwiefern aber ist einer an den Sinnestoren bewacht, Herr Kaccāno?"

"Hat da ein Mönch mit dem Auge eine Form gesehen, mit dem Ohr einen Ton gehört, mit der Nase einen Duft gerochen, mit der Zunge einen Saft geschmeckt, mit dem Körper einen Gegenstand getastet, mit dem Geiste ein Ding gedacht, dann zieht es ihn nicht zu Liebem, und Unliebes weist er nicht ab. Weil er die Achtsamkeit gegenwärtig hat, verweilt er unermeßlichen Gemütes. Und er erkennt der Wirklichkeit gemäß jene Gemüterlösung, Weisheiterlösung, wo seine bösen, unheilsamen Eigenschaften sich restlos auflösen. So ist einer bei den Sinnestoren bewacht".

"Erstaunlich fürwahr, Herr Kaccāno, außerordentlich fürwahr, Herr Kaccāno, wie von Herrn Kaccāno der an den Sinnestoren Bewachte als an den Sinnestoren bewacht erklärt worden ist.

 

Vortrefflich, Herr Kaccāno, vortrefflich, Herr Kaccāno: Gleichwie etwa, Herr Kaccāno, als ob einer Umgestürztes aufstellte oder Verdecktes enthüllte oder Verirrten den Weg wiese oder in die Finsternis ein Licht hielte: 'Wer Augen hat, wird die Dinge sehen', ebenso nun auch hat Herr Kaccāna die Lehre auf mannigfaltige Weise dargelegt. Und da nehme ich beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: Als Anhänger möge mich Herr Kaccāno betrachten, von heute an zeitlebens getreu.

So wie Herr Kaccāno in Makkarakata die Familien der Anhänger aufsucht, so möge er auch die Familie Lohiccos aufsuchen. Dort werden ihn die jungen Burschen und jungen Mädchen willkommen heißen, einen Sitz bereitstellen und Wasser reichen. Und das wird ihnen lange zum Wohle und Heile gereichen".

 


S.35.133 Verahaccāni

 

Zu einer Zeit weilte der Ehrwürdige Udāyī in Kāmandāya, im Mangohaine des Brahmanen Todeyyo. Da nun begab sich ein Schüler der Brahmanin aus der Verahaccāni-Sippe, ein junger Bursche, zum Ehrwürdigen Udāyī, wechselte höflichen Gruß und freundlich, denkwürdige Worte mit ihm und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend, ermunterte der Ehrwürdige Udāyī diesen Burschen in lehrreichem Gespräch, ermutigte, erregte und erheiterte ihn. Vom Ehrwürdigen Udāyī also in lehrreichem Gespräch ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert, erhob sich dieser Bursche vom Sitze, begab sich zur Brahmanin aus der Verahaccāni-Sippe und sprach also zu ihr:

 

"Möge die Herrin wissen, daß der Asket Udāyī die Lehre darlegt, die am Anfang begütigt, in der Mitte begütigt und am Ende begütigt: Sinn- und wortgetreu zeigt er den vollkommen geläuterten Brahma-Wandel auf".

"Dann, mein Junge, lade den Asketen Udāyī in meinem Namen morgen zum Mahle ein".

"Gewiß", stimmte er ihr zu und begab sich zum Ehrwürdigen Udāyī. Dort angelangt, sprach er also zu ihm:

"Möge doch der Ehrwürdige Udāyī als Lehrer von uns eine Unterstützung annehmen und morgen das Mahl bei der Brahmanin aus der Verahaccāni-Sippe einnehmen".

Schweigend stimmte der Ehrwürdige Udāyī zu.

 

Als sich nun der Ehrwürdige Udāyī nach Ablauf dieser Nacht am frühen Morgen angekleidet, Mantel und Schale genommen hatte, begab er sich zur Wohnung der Brahmanin aus der Verahacccāni Sippe. Dort angelangt, setzte er sich auf den vorbereiteten Sitz. Da bediente und versorgte nun die Brahmanin aus der Verahaccāni-Sippe den Ehrwürdigen Udāyī eigenhändig mit ausgewählter fester und flüssiger Speise. Nachdem er gespeist und das Mahl beendet hatte, legte sie ihre Sandalen an, setzte sich auf einen hohen Sitz, bedeckte ihr Haupt und sprach zum Ehrwürdigen Udāyī: "Sprich, Asket, über die Lehre".

"Die Zeit wird kommen, Schwester", sagte er, erhob sich von seinem Sitz und ging fort.

 

Und zum zweiten Mal begab sich dieser junge Bursche zum Ehrwürdigen Udāyī. Dort angelangt, wechselte er höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit ihm und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend, ermunterte, ermutigte, erregte und erheiterte nun der Ehrwürdige Udāyī den Burschen in lehrreichem Gespräch. Vom Ehrwürdigen Udāyī also zum zweiten Mal in lehrreichem Gespräch ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert, erhob er sich von seinem Sitze und begab sich zur Brahmanin aus der Verhaccāni-Sippe. Dort angelangt, sprach er also zu ihr:

 

"Möge die Herrin wissen, daß der Asket Udāyī die Lehre darlegt, die am Anfang begütigt, in der Mitte begütigt, am Ende begütigt: Sinn- und Wortgetreu zeigt er den vollkommen geläuterten Brahma-Wandel auf".

 

"Das Lob des Asketen Udāyī verkündest du, mein Junge, aber als ich ihn bat: 'Sprich, Asket, über die Lehre', erwiderte er: 'Die Zeit wird kommen, Schwester', erhob sich von seinem Sitz und kehrte ins Kloster zurück".

 

"O Herrin, du hattest Sandalen angelegt, dich auf einen hohen Sitz gesetzt und das Haupt verhüllt - und dann sagtest du: 'Sprich, Asket, über die Lehre'. Diese Herren aber achten die Lehre, halten sie hoch".

 

"Dann, mein Junge, lade den Asketen Udāyī in meinem Namen morgen zum Mahle ein".

"Gewiß, o Herrin", stimmte er ihr zu und begab sich zum Ehrwürdigen Udāyī. Dort angelangt, sprach er also zu ihm:

 

"Möge doch der Ehrwürdige Udāyī als Lehrer von uns eine Unterstützung annehmen und morgen das Mahl bei der Brahmanin aus der Verahaccāni-Sippe einnehmen".

 

Schweigend stimmte der Ehrwürdige Udāyī zu.

 

Als sich der Ehrwürdige Udāyī noch Ablauf dieser Nacht am frühen Morgen angekleidet, Mantel und Schale genommen hatte, begab er sich zur Wohnung der Brahmanin aus der Verahaccāni-Sippe hin. Dort angelangt, setzte er sich auf den vorbereiteten Sitz. Da bediente und versorgte nun die Brahmanin aus der Verahaccāni-Sippe den Ehrwürdigen Udāyī eigenhändig mit ausgewählter fester und flüssiger Speise. Nachdem er gespeist und das Mahl beendet hatte, legte sie ihre Sandalen ab, setzte sich auf einen niederen Sitz und ließ das Haupt unbedeckt. Dann sprach sie zum Ehrwürdigen Udāyī:

 

"Was muß sein, o Herr, daß die Heiligen Wohl und Wehe erklären? Und was muß nicht sein, daß die Heiligen nicht Wohl und Wehe erklären?

 

"Ist, Schwester, das Auge da, das Ohr da, die Nase da, die Zunge da, der Körper da, der Geist da, dann erklären die Heiligen Wohl und Wehe. Ist aber das Auge, das Ohr, die Nase, die Zunge, der Körper, der Geist nicht da, dann erklären die Heiligen auch nicht Wohl und Wehe".

 

"Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr: Gleichwie etwa, o Herr, als ob einer Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder ein Licht in die Finsternis hielte: 'Wer Augen hat, wird die Dinge sehen, ebenso nun auch hat Herr Udāyī die Lehre auf mannigfaltige Weise dargelegt. Und so nehme ich beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: Als Anhängerin möge mich Herr Udāyī betrachten, von heute an zeitlebens getreu .

 


S.35.134 Der Zeitpunkt vor der Götterlache

 

Zu einer Zeit weilte der Erhabene im Lande der Sakker, bei der Götterlache, wie eine Burg im Gebiet der Sakker heißt. Dort nun wandte sich der Erhabene an die Mönche:

"Nicht sage ich, ihr Mönche, daß alle Mönche bei den 6 Berührungsgebieten ernsthaft streben müssen. Aber ich sage auch nicht, ihr Mönche, daß niemand der Mönche bei den 6 Berührungsgebieten ernsthaft streben müsse. Jene Mönche, ihr Mönche, die da Heilige sind, Triebversiegte, Endiger, die das Werk gewirkt, die Last abgelegt, das höchste Heil errungen haben, die die Daseinsfesseln völlig versiegt haben, die im vollkommenen Wissen erlöst sind - diese Mönche, ihr Mönche, sag ich, müssen bei den 6 Berührungsgebieten nicht mehr ernsthaft streben. Und warum? Gestrebt haben sie ernsthaft; unmöglich ist es für sie, noch lässig zu sein.

 

Jene Mönche aber, ihr Mönche, die noch Übende sind, mit streitendem Busen den Frieden durch Bemühen zu erringen trachtend verweilen, diese Mönche, sag ich, müssen bei den 6 Berührungsgebieten ernsthaft streben. Und warum? Es gibt, ihr Mönche, durch das Auge ins Bewußtsein tretende Formen, durch das Ohr ins Bewußtsein tretende Töne, durch die Nase ins Bewußtsein tretende Düfte, durch die Zunge ins Bewußtsein tretende Säfte, durch den Körper ins Bewußtsein tretende Gegenstände, durch den Geist ins Bewußtsein tretende Dinge, entzückende und nicht-entzückende. Obwohl sie das Herz berühren und berühren, können sie es doch nicht ringsrum umspinnen. Im Gemüt nicht völlig umsponnen, ist die Kraft gestählt, unbeugsam, gewärtig die Achtsamkeit, unverrückbar, beschwichtigt ist der Körper, ohne Regung, geeinigt das Herz, einheitlich. Diese Frucht der Ernsthaftigkeit erblickend, ihr Mönche, sage ich, bei den 6 Berührungsgebieten sei ernsthaft zu streben".

 


S.35.135 Einbegriffen III

 

"Erlangt habt ihr es, ihr Mönche, gut erlangt habt ihr es, ihr Mönche, daß ihr es zu diesem Zeitpunkt erlangt habt, den Brahma-Wandel zu führen!

 

Ich habe, ihr Mönche, die 'sechsfaches Berührungsgebiet' genannte Hölle gesehen. Was auch immer einer dort an Formen, Tönen, Düften, Säften, Gegenständen und Dingen erlebt, er erlebt nur Nicht-Ersehntes, nie aber Ersehntes, er erlebt nur Ungeliebtes, nie aber Geliebtes, er erlebt nur Unerfreuliches, nie aber Erfreuliches.

 

Erlangt habt ihr es, ihr Mönche, gut erlangt habt ihr es, ihr Mönche, daß ihr es zu diesem Zeitpunkt erlangt habt, den Brahma-Wandel zu führen!

 

Ich habe, ihr Mönche, den 'sechsfaches Berührungsgebiet' genannten Himmel gesehen. Was auch immer einer dort an Formen, Tönen, Düften, Säften, Gegenständen, Dingen erlebt, er erlebt nur Ersehntes, nie Nicht-ersehntes, er erlebt nur Geliebtes, nie Ungeliebtes, er erlebt nur Erfreuliches, nie Unerfreuliches.

 

Erlangt habt ihr es, ihr Mönche, gut erlangt habt ihr es, ihr Mönche, daß ihr es zu diesem Zeitpunkt erlangt habt, den Brahma-Wandel zu fuhren''.

 


S.35.136 Nicht einbegriffen

 

Götter und Menschen, ihr Mönche, freuen sich an Formen, Tönen, Düften, Säften, Gegenständen, Dingen, haben Gefallen daran. Durch der Formen, Töne, Düfte, Säfte, Gegenstände, Dinge, Veränderung, Entreizung und Auflösung weilen Götter und Menschen in Leiden.

 

Der Erhabene aber, ihr Mönche, der Heilige, vollkommen Erwachte hat der Formen, Töne, Düfte, Säfte, Gegenstände und Dinge Entstehen und Vergehn, Labsal, Elend und Entrinnung der Wirklichkeit gemäß gesehn. Daher freut er sich nicht mehr daran, hat keine Lust mehr daran, kein Gefallen. Durch ihre Veränderung, Entreizung und Auflösung, ihr Mönche, weilt der Vollendete in Wohl".

 

Also sprach der Erhabene. Als der Willkommene das gesagt hatte, sprach fernerhin also der Meister:

 

"Die Formen, Töne, Duft, Geschmack,

Berührung, Dinge allgesamt,

ersehnt begehrt, was lieblich dünkt,

soweit es irgend etwas gibt;

 

Der Welt mit ihrer Götterschar,

als Wohl erscheinen will ihr das;

und wo nun solches auf sich löst,

als Wehe wird es dann vermeint.

 

Als Wohl doch seh'n es Heil'ge an

wenn auf sich löst Persönlichkeit:

Entgegen ist es hingewandt

zur ganzen Welt, ihr Angesicht.

 

Was da von andern Wohl genannt

genannt von Heil'gen ist es Weh;

was da den andern Wehe gilt

als Wohl erkennen Heil'ge das:

Wie schwer doch lernt man recht verstehn,

verblendet, ohne rechten Blick.

 

Vernebelte im Finstern sind,

im Dunkeln geh'n die Blinden um;

den Guten aber taugt der Tag

gleichwie das Licht dem Auge taugt:

und nah und näher aufgeklärt,

erkunden solche rechten Weg.

 

Wo Reiz nach Werden niederzerrt,

im Strom des Werdens weiterrafft,

in Todesreiche reißt hinab:

da lauscht man solcher Lehre kaum.

 

Wer außer Edlen wäre auch

geeignet für den wachen Pfad?

Wenn diesen Pfad sie recht erkannt,

erlischt bei ihnen jeder Trieb".

 


S.35.137-138 Blätter

 

(In S 35, 101 enthalten)

 

S.35.139-144 Grund

 

(Innen- und Außengebiete sind unbeständig, leidig, nicht-Ich und ebenso deren Gründe und Bedingungen.)

 


S.35.145 Wirken

 

"Altes und neues Wirken, ihr Mönche, will ich euch zeigen, die Auflösung des Wirkens und den zur Auflösung des Wirkens führenden Pfad. Das höret und achtet wohl auf meine Rede:

 

Was ist, ihr Mönche, altes Wirken? Das Auge, ihr Mönche, ist als durch altes Wirken gebildet und bestimmt zu merken und zu betrachten. Das Ohr, die Nase, die Zunge, der Körper; der Geist sind als durch altes Wirken gebildet und bestimmt zu merken und zu betrachten. Das, ihr Mönche, nennt man altes Wirken. Und was, ihr Mönche, ist neues Wirken? Was man da, ihr Mönche, jetzt an Wirken wirkt, mit dem Körper, mit der Sprache, mit dem Geiste, das, ihr Mönche, nennt man neues Wirken.

 

Und was ist, ihr Mönche, die Auflösung des Wirkens? Wenn da einer, ihr Mönche, durch Auflösung des Wirkens mit Körper, Sprache und Geist die Erlösung erlebt, dann nennt man das, ihr Mönche, die Auflösung des Wirkens.

 

Und was ist, ihr Mönche, der zur Auflösung des Wirkens führende Pfad? Es ist eben dieser edle achtfältige Pfad, nämlich: rechte Anschauung, rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Handeln, rechter Wandel, rechtes Mühen, rechte Achtsamkeit, rechte Einigung. Das, ihr Mönche nennt man den zur Auflösung des Wirkens führenden Pfad.

 

So habe ich euch denn, ihr Mönche, das alte und das neue Wirken gezeigt, die Auflösung des Wirkens gezeigt und das zur Auflösung des Wirkens führende Vorgehen gezeigt. Was da, ihr Mönche, ein Meister den Jüngern aus Wohlwollen und Mitleid, von Mitleid bewogen, schuldet, das habt ihr von mir empfangen. Da laden, ihr Mönche, Bäume ein, und dort leere Klausen: Wirket Schauung, ihr Mönche, auf daß ihr nicht lässig werdet, später nicht Reue empfindet. Das haltet als unser Gebot".

 


S.35.146-148 Tauglich I-III

 

"Das zum Nirvāna taugliche Vorgehen will ich euch weisen, ihr Mönche. Das höret und achtet wohl auf meine Rede:

 

Was ist nun das zum Nirvāna taugliche Vorgehen? Da betrachtet, ihr Mönche, ein Mönch das Auge als unbeständig, als leidig, als Nicht-Ich, die Formen, das Sehbewußtsein, die Augberührung und was da durch Augberührung bedingt an Wohl oder Wehe oder Weder-wehe-noch-wohl zu empfinden ist. Und ebenso die anderen Sinne".

 


S.35.149 Tauglich IV

 

(Kombiniert Nr. 146 und den Dialog aus Nr. 32.)

 


S.35.150 Schüler

 

"Ohne Schülertum, ihr Mönche, wird dieser Brahma-Wandel geführt, ohne Meistertum. Wer als Mönch, ihr Mönche, ein Schüler ist und einen Meister hat, der fühlt sich leidend, nicht wohl; wer als Mönch, ihr Mönche, kein Schüler ist und keinen Meister hat, der fühlt sich glücklich und wohl.

 

Wie aber, ihr Mönche, fühlt sich der Mönch als ein Schüler mit einem Meister leidend und nicht wohl? Da hat, ihr Mönche, ein Mönch mit dem Auge eine Form gesehen, mit dem Ohre einen Ton gehört, mit der Nase einen Duft gerochen, mit der Zunge einen Saft geschmeckt, mit dem Körper einen Gegenstand getastet, mit dem Geiste ein Ding gedacht - und es steigen ihm böse, unheilsame Dinge auf, Erinnerungen und Entschlüsse fesseln ihn, sie machen ihn zu ihrem Schüler: 'Sie schulen ihn ein, die bösen unheilsamen Dinge', darum wird er 'eingeschult' genannt; sie bemeistern ihn: 'Es bemeistern ihn die bösen, unheilsamen Dinge', darum wird er 'bemeistert' genannt. Also, ihr Mönche, fühlt sich der Mönch schülerhaft und bemeistert leidend und nicht wohl.

 

Wie aber, ihr Mönche, fühlt sich der Mönch nicht als ein Schüler und ohne Meister glücklich und wohl? Da hat, ihr Mönche, ein Mönch mit dem Auge eine Form gesehen, mit dem Ohr einen Ton gehört, mit der Nase einen Duft gerochen, mit der Zunge einen Saft geschmeckt, mit dem Körper einen Gegenstand getastet, mit dem Geiste ein Ding gedacht - und es steigen ihm keine bösen, unheilsamen Dinge auf, keine Erinnerungen und Entschlüsse fesseln ihn, sie können ihn nicht mehr zu ihrem Schüler machen: 'Sie schulen ihn nicht mehr ein, die bösen, unheilsamen Dinge', darum wird er 'nicht eingeschult' genannt; sie können ihn nicht mehr bemeistern: 'Es bemeistern ihn nicht mehr die bösen, unheilsamen Dinge', darum wird er 'nicht bemeistert' genannt. Also, ihr Mönche, fühlt sich der Mönch uneingeschult und unbemeistert glücklich und wohl.

 

Ohne Schülertum, ihr Mönche, wird dieser Brahma-Wandel geführt, ohne Meistertum. Wer als Mönch, ihr Mönche, ein Schüler ist und einen Meister hat, der fühlt sich leidend, nicht wohl; wer als Mönch, ihr Mönche, kein Schüler ist und keinen Meister hat, der fühlt sich glücklich und wohl!"

 


  Oben