Samyutta Nikaya

III. BUCH, KHANDHA-VAGGA, Das Buch von den Daseinsgruppen

Einführung zu den Daseinsgruppen

 Von Nyānatiloka Mahāthera
 

(Für diese leicht veränderte Fassung der Ausführungen des Ehrwürdigen Nyanatiloka wurde die deutsche und die englische Ausgabe seines "Buddhistischen Wörterbuches" (khandha) benutzt. [Np.])

Als 'Gruppen' oder 'Daseinsgruppen' werden hier jene fünf Kategorien bezeichnet, in die der Buddha die gesamten körperlichen und geistigen Daseinserscheinungen eingeordnet hat, welche dem oberflächlichen Beobachter eine identische Persönlichkeit vortäuschen. Diese fünf Gruppen sind:
 

  1. die Körperlichkeitsgruppe (rūpa-kkhandha)
  2. die Gefühlsgruppe (vedanā-kkhandha)
  3. die Wahrnehmungsgruppe (saññā-kkhandha)
  4. die Gruppe der Geistesformationen (sankhāra-kkhandha)
  5. die Bewußtseinsgruppe (viññāna-kkhandha)

Für alle Wesen, mit Ausnahme des Heiligen (arahat), sind diese fünf Gruppen 'Gruppen des Anhaftens' (upādāna-kkhandha), und zwar in dem Sinne, daß sie Objekte des Anhaftens bilden.
 

Unser sogenanntes individuelles Dasein ist in Wirklichkeit nichts weiter als ein bloßer Prozeß dieser körperlichen und geistigen Phänomene, ein Prozeß, der seit unvordenkaren Zeiten schon vor unserer Geburt im Gange war und der auch nach dem Tode sich noch für undenkbare Zeitperioden fortsetzen wird. Diese fünf Daseinsgruppen aber bilden, weder einzeln noch zusammengenommen, irgendeine in sich abgeschlossene wirkliche Ich-Einheit oder Persönlichkeit, und auch außerhalb derselben existiert nichts, was man als eine für sich unabhängig bestehende Ichheit bezeichnen könnte, so daß eben der Glaube an eine im höchsten Sinne wirkliche Ichheit, Persönlichkeit usw. eine bloße Illusion ist.

 

Es sei hier besonders betont, daß auch die fünf Daseinsgruppen, genau genommen, nur eine abstrakte Klassifizierung sind und daß sie als solche, d.h. als vollständige Gruppen mit all ihren Bestandteilen, keine Wirklichkeit haben. Es sind vielmehr jedesmal nur einzelne Repräsentanten dieser Gruppen, die mit demselben Bewußtseinszustand verbunden vorkommen können. Zum Beispiel kann mit dem gleichen Bewußtseinszustand jedesmal nur eine einzige Art von Gefühl, etwa Freude- oder Trauergefühl, verbunden sein, niemals aber zwei Gefühle oder die gesamte Daseinsgruppe von drei Gefühlsarten.
 
 

Es ist daher mißverständlich, wenn einige Übersetzer den Begriff 'khandha' mit allzu kompakten Bezeichnungen wiedergeben, wie 'Bündel', 'Stücke', 'Zusammenhäufungen' usw.
 

Abschließend sei bemerkt, daß die vier geistigen Gruppen - Gefühl, Wahrnehmung, Geistesformationen und Bewußtsein - mit variablen Vertretern in jedem Bewußtseinszustand vorkommen. Sie sind also untrennbar und voneinander abhängig. Dies kommt in den zwei folgenden Lehrreden-Texten zum Ausdruck.
 

"Was da, o Bruder, an Gefühl, Wahrnehmung und Bewußtsein besteht, diese Dinge sind verbunden, nicht unverbunden, und nicht kann man diese Dinge einzeln voneinander trennen und ihre Verschiedenheit zeigen. Denn was man, o Bruder, fühlt, das nimmt man wahr, und was man wahrnimmt, dessen ist man sich bewußt. " (M 43)
 

"Unmöglich ist es, das Abscheiden, Insdaseintreten, Wachstum und Entwicklung des Bewußtseins aufzuzeigen, unabhängig von Körperlichkeit, Gefühl, Wahrnehmung und Geistesformationen." (S 12 53)


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