DAS HAB' ICH GEHÖRT. Zu einer Zeit wanderte der Erhabene im Kuru-Land, von Ort zu Ort und kam, von vielen Mönchen begleitet, in die Nähe eine Burg der Kuruner namens Thulakotthitam.
Und es hörten die brahmanischen Hausleute in Thulakotthitam reden: 'Der Asket, wahrlich, Herr Gotamo, der Sakyersohn, der dem Erbe der Sakyer entsagt hat, wandert in unserem Lande von Ort zu Ort und ist mit vielen Mönchen in Thulakotthitam angekommen. Diesen Herrn Gotamo aber begrüßt man allenthalben mit den frohen Ruhmesrufe, so zwar: 'Das ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerherde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schar von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen, nachdem er sie selbst verstanden und durchdrungen hat. Er verkündet die Lehre, deren Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende begütigt, die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen geläuterte, geklärte Asketentum dar. Glücklich wer da nun solche Heilige sehn kann!'
Und die brahmanischen Hausleute von Thulakotthitam begaben sich dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt verneigten sich einige vor dem Erhabenen ehrerbietig und setzten sich zur Seite nieder, andere wechselten höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzten sich zur Seite nieder, einige wieder falteten die Hände gegen den Erhabenen und setzten sich zur Seite nieder, andere wieder gaben beim Erhabenen Namen und Stand zu erkennen und setzten sich zur Seite nieder, und andere setzten sich still zur Seite nieder. Und die brahmanischen Hausleute von Thulakotthitam, die da zur Seite saßen, wurden vom Erhabenen in lehrreichem Gespräche ermuntert und ermutigt, erregt und erheitert.
Damals nun hatte Ratthapalo, ein junger Edelmann, der Erbe eines der ersten Adelsgeschlechter, eben dort zu Thulakotthitam in der dreifachen Versammlung (der Adeligen, Priester und Bürger) Platz genommen. Und Ratthapalo der junge Edelmann gedachte bei sich: 'So ich da wirklich die vom Erhabenen dargelegte Lehre verstehe, geht es nicht wohl, wenn man im Hause bleibt, das völlig geläuterte, völlig geklärte Asketentum Punkt für Punkt zu erfüllen. Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?'
Und die brahmanischen Hausleute von Thulakotthitam, vom Erhabenen in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert, standen von ihren Sitzen auf, erfreut und befriedigt durch des Erhabenen Rede, begrüßten den Erhabenen ehrerbietig, gingen rechts herum und entfernten sich.
Da nun begab sich Ratthapalo der junge Edelmann, bald nachdem die brahmanischen Hausleute von Thulakotthitam gegangen waren, zum Erhabenen hin, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach nun Ratthapalo der junge Edelmann also zum Erhabenen:
"So ich da wirklich, o Herr, die vom Erhabenen dargelegte Lehre verstehe, geht es nicht wohl, wenn man im Hause bleibt, das völlig geläuterte, völlig geklärte Asketentum Punkt für Punkt zu erfüllen. Ich wünsche, o Herr, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszuziehn: möge mir, o Herr, der Erhabene Aufnahme gewähren, die Ordensweihe erteilen!"
"Und hast du, Ratthapalo, die Zustimmung deiner Eltern erhalten, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn?"
"Nicht hab' ich,o Herr, die Zustimmung meiner Eltern erhalten, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn."
"Nicht nehmen,Ratthapalo, Vollendete ohne Zustimmung der Eltern den Sohn auf."
"Dann werd' ich, o Herr, dahin wirken, daß mir die Eltern ihre Zustimmung nicht versagen sollen, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn."
Und Ratthapalo der junge Edelmann stand von seinem Sitze auf, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und begab sich zu seinen Eltern. Dort angelangt sprach er also zu ihnen:
"Mutter, Vater! So ich da wirklich die vom Erhabenen dargelegte Lehre verstehe, geht es nicht wohl, wenn man im Hause bleibt, das völlig geläuterte, völlig geklärte Asketentum Punkt für Punkt zu erfüllen. Ich wünsche, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu ziehn: gestattet mir, daß ich fort vom Hause in die Hauslosigkeit gehe!"
Auf diese Worte sprachen die Eltern zu Ratthapalo dem jungen Edelmann also:
"Du bist, o Ratthapalo, unser einziges, teures, geliebtes Kind, in Freuden erwachsen, in Freuden auferzogen: du weißt, o Ratthapalo, nichts von Leiden. Komm' denn, lieber Ratthapalo: iß' und trink' und erfreue dich! Du kannst essen und trinken und dich erfreuen und fröhlich genießen und Gutes tun und dich damit zufriedengeben. Wir gestatten dir nicht, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn! Sogar der Tod ließe uns deinen Verlust nicht willig ertragen: wie sollten wir dich erst lebendig aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn lassen?"
Und ein zweites Mal, und ein drittes Mal sprach Ratthapalo der junge Edelmann also zu seinen Eltern:
"Mutter, Vater! So ich da wirklich die vom Erhabenen dargelegte Lehre verstehe, geht es nicht wohl, wenn man im Hause bleibt, das völlig geläuterte, völlig geklärte Asketentum Punkt für Punkt zu erfüllen. Ich wünsche, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu ziehn: gestattet mir, daß ich fort vom Hause in die Hauslosigkeit gehe!"
Und ein zweites Mal, und ein drittes Mal sprachen die Eltern zu Ratthapalo dem jungen Edelmann also:
"Du bist, o Ratthapalo, unser einziges, teures, geliebtes Kind, in Freuden erwachsen, in Freuden auferzogen: du weißt, o Ratthapalo, nichts von Leiden, Komm' denn, lieber Ratthapalo: iß' und trink' und erfreue dich! Du kannst essen und trinken und dich erfreuen und fröhlich genießen und Gutes tun und dich damit zufriedengeben. Wir gestatten dir nicht, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn! Sogar der Tod ließe uns deinen Verlust nicht willig ertragen: wie sollten wir dich erst lebendig aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn lassen?"
Da gedachte Ratthapalo der junge Edelmann: 'Meine Eltern wollen mich nicht aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn lassen'; und er legte sich auf den bloßen Erdboden hin und sagte:
"Hier will ich den Tod erwarten oder euere Zustimmung."
Und Ratthapalo der junge Edelmann ließ eine Mahlzeit vorübergehn, und zwei und drei und vier Mahlzeiten vorübergehn, und fünf und sechs und sieben Mahlzeiten vorübergehn. Aber die Eltern sprachen Ratthapalo dem jungen Edelmann also zu:
"Du bist, o Ratthapalo, unser einziges, teures, geliebtes Kind, in Freuden erwachsen, in Freuden auferzogen: du weißt, o Ratthapalo, nichts von Leiden. Erhebe dich, lieber Ratthapalo: iß' und trink' und erfreue dich! Du kannst essen und trinken und dich erfreuen und fröhlich genießen und Gutes tun und dich damit zufriedengeben. Wir gestatten dir nicht, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn! Sogar der Tod ließe uns deinen Verlust nicht willig ertragen: wie sollten wir dich erst lebendig aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn lassen?"
Also angesprochen gab Ratthapalo der junge Edelmann keine Antwort.
Und ein zweites Mal, und ein drittes Mal sprachen die Eltern Ratthapalo dem jungen Edelmann also zu:
"Du bist, o Ratthapalo, unser einziges, teures, geliebtes Kind, in Freuden erwachsen, in Freuden auferzogen: du weißt, o Ratthapalo, nichts von Leiden. Erhebe dich, lieber Ratthapalo: iß' und trink' und erfreue dich! Du kannst essen und trinken und dich erfreuen und fröhlich genießen und Gutes tun und dich damit zufriedengeben. Wir gestatten dir nicht, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn! Sogar der Tod ließe uns deinen Verlust nicht willig ertragen: wie sollten wir dich erst lebendig aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn lassen?"
Und ein zweites Mal, und ein drittes Mal gab Ratthapalo der junge Edelmann keine Antwort.
Da begaben sich nun, auf die Bitten der Eltern, seine Freunde zu ihm und sprachen ihm dreimal zu: und dreimal ließ er sie reden und gab ihnen keine Antwort. Und seine Freunde kehrten wieder zu den Eltern zurück und sprachen also zu ihnen:
"Liebe Eltern, euer edler Sohn Ratthapalo liegt auf dem bloßen Erdboden: da will er den Tod erwarten oder euere Zustimmung. Wenn ihr ihm nicht gestatten wollt, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu ziehn, so wird er eben da sterben. Wenn ihr ihm aber gestatten wollt, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu ziehn, so werdet ihr ihn doch als Pilger sehn. Und wenn euer edler Sohn Ratthapalo an der Pilgerschaft kein Gefallen findet, wo sollt' er sich anders hinwenden? Er wird eben wieder hierher zurückkehren. Gebt euerem edlen Sohne Ratthapalo die Zustimmung, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn."
"Wir geben, ihr Guten, unserem edlen Sohne Ratthapalo die Zustimmung, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu ziehn, aber er soll seine Eltern als Pilger besuchen!"
Da gingen die Freunde zu Ratthapalo dem jungen Edelmanne zurück und sprachen also zu ihm:
"Deine Eltern gestatten dir, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn: aber du sollst deine Eltern als Pilger besuchen!"
Und Ratthapalo der junge Edelmann stand auf, kam zu Kräften und begab sich dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßte er den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach nun Ratthapalo der junge Edelmann zum Erhabenen also:
"Erhalten hab' ich, o Herr, meiner Eltern Zustimmung, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu ziehn: möge der Erhabene mich aufnehmen!"
Und Ratthapalo der junge Edelmann wurde vom Erhabenen aufgenommen, wurde mit der Ordensweihe belehnt.
Und der Erhabene begab sich nun, da er nach Belieben zu Thulakotthitam geweilt hatte, nicht lange nach der Aufnahme des ehrwürdigen Ratthapalo, vierzehn Tage nach der Ordensweihe, auf die Wanderung nach Sāvatthī, von Ort zu Ort wandernd näherte er sich der Stadt.
Zu Sāvatthī weilte nun der Erhabene, im Siegerwalde, im Garten Anāthapindikos.
Und der ehrwürdige Ratthapalo, einsam, abgesondert, unermüdlich, in heißem, innigem Ernste verweilend, hatte gar bald was edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit lockt, jenes höchste Ziel des Asketentums noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen. 'Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketentum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt' verstand er da. Auch einer war nun der ehrwürdige Ratthapalo der Heiligen geworden.
Und der ehrwürdige Ratthapalo begab sich zum Erhabenen hin, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, setzte sich seitwärts nieder und sprach also:
"Ich möchte, o Herr, meine Eltern besuchen, so es der Erhabene mir gestattet."
Und der Erhabene nahm den Sinn des ehrwürdigen Ratthapalo, im Geiste geistig erkundend, wahr. Und als der Erhabene merkte: 'Unmöglich kann Ratthapalo der edle Sohn von der Askese abfallen und zur Gewohnheit zurückkehren', da sagte denn der Erhabene zum ehrwürdigen Ratthapalo:
"Wie es dir nun, Ratthapalo, belieben mag."
Und der ehrwürdige Ratthapalo stand von seinem Sitze auf, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum, räumte sein Lager zusammen, nahm Mantel und Schale und begab sich auf die Wanderung nach Thulakotthitam, von Ort zu Ort wandernd näherte er sich der Burg.
Zu Thulakotthitam weilte nun der ehrwürdige Ratthapalo, an König Koravyos Jagdgelände.
Und der ehrwürdige Ratthapalo, zeitig gerüstet, mit Mantel und Schale versehn, machte sich auf den Almosengang nach Thulakotthitam. Dort stand er von Hütte zu Hütte still und gelangte vor das Haus seines Vaters. Um diese Zeit nun ließ der Vater des ehrwürdigen Ratthapalo in der mittleren Torhalle sich rasieren. Und es sah des ehrwürdigen Ratthapalo Vater den ehrwürdigen Ratthapalo von ferne herankommen, und als er ihn gesehn sprachen also:
"Von solchen kahlgeschorenen Pfaffen ist uns unser einziger, vielgeliebter Sohn geraubt worden!"
Und so empfing der ehrwürdige Ratthapalo im Hause seines Vaters weder Gabe noch Absage, sondern nur Schimpf empfing er.
Unterdessen wollte die Kindsmagd des ehrwürdigen Ratthapalo von Abend übrig gebliebene Grütze wegschütten. Da sprach der ehrwürdige Ratthapalo also zu ihr:
"Wenn das, o Schwester, weggeschüttet werden soll, so gieß' es in meine Schale."
Aber während des ehrwürdigen Ratthapalo Kindsmagd die von Abend übrig gebliebene Grütze dem ehrwürdigen Ratthapalo in die Schale goß, erkannte sie ihn an seinen Händen und Füßen und an seiner Stimme. Und sie rannte zur Mutter des ehrwürdigen Ratthapalo und rief ihr entgegen:
"O Herrin, daß du es weißt: der junge Herr, Ratthapalo ist da!"
"Ist das wahr, was du sagst, so sollst du frei sein!"
Und des ehrwürdigen Ratthapalo Mutter eilte zum Vater des ehrwürdigen Ratthapalo und sprach also zu ihm:
"O Hausvater, daß du es weißt: Ratthapalo, heißt es, unser edler Sohn ist hier!"
Inzwischen nahm der ehrwürdige Ratthapalo die von Abend übrig gebliebene Grütze, an einer Mauer rastend, ein. Und der Vater des ehrwürdigen Ratthapalo suchte ihn auf, trat an seine Seite und sprach also zu ihm:
"Ist es denn möglich, mein Ratthapalo, daß du von Abend übrig gebliebene Grütze einnimmst? Willst du denn nicht, o Ratthapalo, dein eigenes Haus betreten?"
"Woher, o Hausvater, wär' uns ein Haus eigen, die wir aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen sind? Hauslos sind wir, o Hausvater. Gekommen sind wir, o Hausvater, zu deinem Hause, und haben da weder Gabe empfangen noch Absage, sondern nur Schimpf haben wir empfangen."
"Komm', o Ratthapalo, wir wollen in den Saal gehn."
"Genug, Hausvater: fertig bin ich für heute mit dem Mahle."
"Wohlan denn, o Ratthapalo, so gewähre mir die Bitte, morgen bei mir zu speisen!"
Schweigend gewährte der ehrwürdige Ratthapalo die Bitte.
Als nun der Vater des ehrwürdigen Ratthapalo der Zustimmung sicher war, begab er sich nach Hause zurück. Dort ließ er einen großen Haufen von Gold und Geschmeide aufschichten, ihn mit Matten bedecken und befahl dann den früheren Frauen des ehrwürdigen Ratthapalo:
"Herbei, ihr Gesponsen! Mit was für Schmucke geschmückt ihr ehedem Ratthapalo dem jungen Edelmanne lieblich erschient und reizend, mit diesem Schmucke sollt ihr euch schmücken!"
Am nächsten Morgen nun ließ der Vater des ehrwürdigen Ratthapalo in seiner Behausung ausgewählte feste und flüssige Speise auftragen und sandte einen Boten an den ehrwürdigen Ratthapalo mit der Meldung: 'Es ist Zeit, o Ratthapalo, das Mahl ist bereit.' Und der ehrwürdige Ratthapalo rüstete sich beizeiten, nahm Mantel und Schale und begab sich zu seines Vaters Wohnung. Dort angekommen nahm er auf dem dargebotenen Sitze Platz. Da ließ nun der Vater jenen Haufen von Gold und Geschmeide enthüllen und sprach also zum ehrwürdigen Ratthapalo:
"Das kommt dir, o Ratthapalo, als Erbteil der Mutter zu, ein anderes vom Vater, ein anderes vom Großvater: man kann, o Ratthapalo, den Reichtum genießen und Gutes tun. Komm', o mein Ratthapalo: gib die Askese auf, kehr' zur Gewohnheit zurück, genieße den Reichtum und tue Gutes!"
"Wenn du, Hausvater, tun wolltest was ich rate, so würdest du diesen Haufen von Gold und Geschmeide auf Wagen laden und hinausfahren und mitten in den Strom der Gangesfluten versenken lassen: und warum das? Du wirst ja, Hausvater, Wehe, Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung daran erfahren."
Da stürzten des ehrwürdigen Ratthapalo frühere Frauen vor ihm nieder, und jede umfing seine Füße, und sie sprachen zu ihm:
"Was mögen das nur, edler Gemahl, für Huldinnen sein, um die du Kasteiung übst?"
"Nicht üben wir, o Schwestern, Kasteiung um Huldinnen."
"Schwestern hat uns der edle Gemahl, Ratthapalo genannt!" schrien sie und fielen da bewußtlos zu Boden.
Und nun wandte sich der ehrwürdige Ratthapalo also an seinen Vater:
"Soll, Hausvater, Atzung gereicht werden, so reiche sie: laß uns nicht länger quälen."
"Bediene dich, Ratthapalo, bereit ist das Mahl."
Und des ehrwürdigen Ratthapalo Vater bediente und versorgte eigenhändig den ehrwürdigen Ratthapalo mit ausgewählter fester und flüssiger Speise.
Nachdem nun der ehrwürdige Ratthapalo
gespeist und das Mahl beendet hatte, ließ er, schon erhoben, folgende Weise
verlauten:
"Schau' wie der Balg ist aufgeputzt, |
Der ganz aus Wunden doch besteht, |
Der siech ist, voll von Willensdrang, |
Der dauerlos erstirbt, verstiebt. |
"Schau' wie der Leib ist aufgeputzt, |
Rubinbehangen, goldgeschmückt, |
Das hautverbrämte Beingerüst, |
Im Glanze seiner Kleiderpracht! |
"Das rotbelackte Füßlein da, |
Der Lippe Purpur, Lippe Duft: |
Verblendet blinzelt schon der Tor, |
Doch keiner, der die Küste sucht. |
"Das achtgeteilte Haargezöpf, |
Die schwanken Wimpern, schwarz gefärbt: |
Verblendet blinzelt schon der Tor, |
Doch keiner, der die Küste sucht. |
"Gleichwie man Wände neu bemalt |
Betünchen sie den faulen Leib: |
Verblendet blinzelt schon der Tor, |
Doch keiner, der die Küste sucht. |
"Die Schlinge warf ein Wildrer aus, |
Das Wild verbarg sich, floh den Bast, |
Genoß das Futter, fing sich nicht |
Und ließ den Wildrer lauern nur." |
Als dann der ehrwürdige Ratthapalo, schon erhoben, diese Weise gesagt hatte, ging er hinweg und begab sich zu König Koravyos (Koravyo, 'Kauravyas', der von den 'Kuru' stammt, d.i. der Kuruner) Jagdgelände. Dort saß er am Fuß eines Baumes nieder, bis Abend zu verweilen.
Aber König Koravyo hatte den Wildmeister zu sich befohlen:
"Sorge dafür, guter Wildmeister, daß mein Jagdgelände, der Wildgarten, sauber sei: wir wollen eine Ausfahrt machen, in die schöne Umgebung hinaus."
"Wohl, o König!" entgegnete da gehorsam der Wildmeister dem Herrscher. Und er ließ das Jagdgelände säubern und sah den ehrwürdigen Ratthapalo am Fuß eines Baumes tagüber sitzen. Und er ging zum Herrscher zurück und sprach also zu ihm:
"Sauber, o König, ist das Jagdgelände; doch weilt Ratthapalo darin, ein junger Edelmann, der Erbe eines der ersten Adelsgeschlechter eben hier von Thulakotthitam, den du oft gepriesen hast: der hat sich am Fuß eines Baumes über den Tag hingesetzt."
"So sei es denn, guter Wildmeister, um die heutige Gartenfahrt: wir wollen dann eben diesen Herrn Ratthapalo aufsuchen."
Und König Koravyo befahl: "Was an Speise und Trank da vorgesorgt war, das soll alles verteilt werden"; und er ließ viele prächtige Wagen bespannen, bestieg selbst einen solchen und fuhr also mit überaus reichem königlichen Gepränge aus der Stadt hinaus, den ehrwürdigen Ratthapalo zu besuchen. So weit gefahren als man fahren konnte, stieg er vom Wagen ab und ging dann zu Fuße, während er das Gefolge zurückbleiben hieß, dorthin wo der ehrwürdige Ratthapalo weilte. Bei ihm angelangt wechselte er höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte und stellte sich seitwärts hin. Seitwärts stehend sprach nun König Koravyo also zum ehrwürdigen Ratthapalo:
"Möge Herr Ratthapalo sich hier auf die Schabracke hinsetzen!"
"Schon gut, großer König: du setze dich hin: ich bleibe auf meinem Platze."
Da setzte sich König Koravyo auf den dargebotenen Sitz. Und er sprach also zum ehrwürdigen Ratthapalo:
"Vier Arten gibt es, o Ratthapalo, von Verderbnis, wo da mancher, davon betroffen, sich Haar und Bart abschert, das fahle Gewand anlegt und aus dem Hause in die Hauslosigkeit zieht: welche vier?
- Alterverderbnis,
- Krankheitverderbnis,
- Besitzverderbnis,
- Verwandtenverderbnis.
Da ist einer, o Ratthapalo, alt und greis geworden, hochbetagt, dem Ende nahe, ausgelebt. Der überlegt bei sich: 'Ich bin jetzt alt geworden und greis und hochbetagt, dem Ende nahe, ausgelebt; nicht wohl, freilich, geht es an, daß ich noch nicht erworbenen Besitz mir erwerbe, oder den erworbenen Besitz mehre. Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?' Und weil er also von Alterverderbnis betroffen ist, schert er sich Haar und Bart ab, legt das fahle Gewand an und zieht aus dem Hause in die Hauslosigkeit. Das heißt man, o Ratthapalo, Alterverderbnis. Aber Herr Ratthapalo steht jetzt in frischer Blüte, glänzend dunkelhaarig, im Genusse glücklicher Jugend, im ersten Mannesalter: fremd ist Herrn Ratthapalo jene Alterverderbnis. Was hat Herr Ratthapalo erfahren oder gesehn oder gehört, und ist aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen?
Da ist einer, o Ratthapalo, siech, leidend, schwerkrank. Der überlegt bei sich: 'Ich bin jetzt siech, leidend, schwerkrank; nicht wohl, freilich, geht es an, daß ich noch nicht erworbenen Besitz mir erwerbe, oder den erworbenen Besitz mehre. Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?' Und weil er also von Krankheitverderbnis betroffen ist, schert er sich Haar und Bart ab, legt das fahle Gewand an und zieht aus dem Hause in die Hauslosigkeit. Das heißt man, o Ratthapalo, Krankheitverderbnis. Aber Herr Ratthapalo ist ja gesund und munter, seine Kräfte sind gleichmäßig gemischt, weder zu kühl noch zu heiß: fremd ist Herrn Ratthapalo jene Krankheitverderbnis. Was hat Herr Ratthapalo erfahren oder gesehn oder gehört, und ist aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen?"
Da ist einer, o Ratthapalo, reich, mit Geld und Gut mächtig begabt; und er büßt seinen Besitz nach und nach ein. Der überlegt bei sich: 'Ich bin ehedem reich gewesen, mit Geld und Gut mächtig begabt; und ich habe meinen Besitz nach und nach eingebüßt, Nicht wohl, freilich, geht es an, daß ich noch nicht erworbenen Besitz mir erwerbe, oder den erworbenen Besitz mehre. Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?' Und weil er also von Besitzverderbnis betroffen ist, schert er sich Haar und Bart ab, legt das fahle Gewand an und zieht aus dem Hause in die Hauslosigkeit. Das heißt man, o Ratthapalo, Besitzverderbnis. Aber Herr Ratthapalo ist eben hier zu Thulakotthitam Erbe eines der ersten Adelsgeschlechter: fremd ist Herrn Ratthapalo jene Besitzverderbnis. Was hat Herr Ratthapalo erfahren oder gesehn oder gehört, und ist aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen?
Da hat einer, o Ratthapalo, viele Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern; und diese Sippen sterben ihm nach und nach aus. Der überlegt bei sich: 'Einst hatte ich viele Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern; und diese Sippen sind mir nach und nach ausgestorben. Nicht wohl, freilich, geht es an, daß ich noch nicht erworbenen Besitz mir erwerbe, oder den erworbenen Besitz mehre. Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?' Und weil er also von Verwandtenverderbnis betroffen ist, schert er sich Haar und Bart ab, legt das fahle Gewand an und zieht aus dem Hause in die Hauslosigkeit. Das heißt man, o Ratthapalo, Verwandtenverderbnis. Aber Herr Ratthapalo hat eben hier zu Thulakotthitam viele Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern: fremd ist Herrn Ratthapalo jene Verwandtenverderbnis. Was hat Herr Ratthapalo erfahren oder gesehn oder gehört, und ist aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen? - Das sind, o Ratthapalo, die vier Arten von Verderbnis, wo da mancher, davon betroffen, sich Haar und Bart abschert, das fahle Gewand anlegt und aus dem Hause in die Hauslosigkeit zieht: fremd sind diese Herrn Ratthapalo. Was hat Herr Ratthapalo erfahren oder gesehn oder gehört; und ist aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen?"
"Es sind, großer König, von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, vier Lehrsätze dargelegt worden; die hab' ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen: welche vier?
Das sind, großer König, die vier Lehrsätze, die von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten dargelegt wurden; die hab' ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen."
"'Was meinst du wohl, großer König: bist du mit zwanzig oder mit fünfundzwanzig Jahren imstande gewesen Elefanten zu bändigen, Rosse zu reiten, Wagen zu lenken, Bogen zu spannen, Schwerter zu schwingen? Bist du stark in den Schenkeln, stark in den Armen gewesen, tauglich genug zum Kampfe?"
"Ich bin, o Ratthapalo, mit zwanzig oder mit fünfundzwanzig Jahren imstande gewesen Elefanten zu bändigen, Rosse zu reiten, Wagen zu lenken, Bogen zu spannen, Schwerter zu schwingen, bin stark in den Schenkeln, stark in den Armen gewesen, tauglich genug zum Kampfe. Zuweilen fühlt' ich, o Ratthapalo, fast Überkraft in mir: nicht hab' ich an Stärke meines Gleichen gekannt."
"Was meinst du wohl, großer König: bist du auch jetzt ebenso stark in den Schenkeln und Armen, tauglich genug zum Kampfe?"
"Das nicht, o Ratthapalo; jetzt bin ich alt und greis geworden, hochbetagt, dem Ende nahe, ausgelebt, stehe im achtzigsten Jahre. Zuweilen will ich, o Ratthapalo, den Fuß dahinsetzen, und setze ihn dorthin."
"Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, als er gesagt hat: 'Aufgerieben wird die Welt, verweslich'; das hab' ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen."
"Wunderbar, o Ratthapalo, außerordentlich ist es, o Ratthapalo, wie Er da so richtig gesagt hat, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, 'Aufgerieben wird die Welt, verweslich': denn aufgerieben wird, o Ratthapalo, die Welt, verweslich. -
"Was meinst du wohl, großer König: leidest du an irgendeinem andauernden Übel?"
"Ich leide, o Ratthapalo, an dem Übel der andauernden Gicht. Zuweilen, o Ratthapalo, stehn meine Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern um mich herum und reden: 'Diesmal wird König Koravyo sterben! Diesmal wird König Koravyo sterben!'"
"Was meinst du wohl, großer König: erlangst du das bei deinen Freunden und Genossen, Verwandten und Vettern: 'Kommt heran, ihr lieben Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern! Alle, die ihr da seid, mögt diesen Schmerz unter euch teilen, damit ich den Schmerz minder empfinde!', oder aber mußt du den Schmerz allein erdulden?"
"Nicht kann ich das, o Ratthapalo, bei meinen Freunden und Genossen, Verwandten und Vettern erlangen: 'Kommt heran, ihr lieben Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern! Alle, die ihr da seid, mögt diesen Schmerz unter euch teilen, damit ich den Schmerz minder empfinde!', sondern ich muß den Schmerz allein erdulden."
"Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, als er gesagt hat: 'Hilflos ist die Welt, ohnmächtig'; das hab' ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen."
"Wunderbar, o Ratthapalo, außerordentlich ist es, o Ratthapalo, wie Er da so richtig gesagt hat, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, 'Hilflos ist die Welt, ohnmächtig': denn hilflos ist, o Ratthapalo, die Welt, ohnmächtig. -
"Was meinst du wohl, großer König: wie du hienieden mit dem Besitz und Genuß der fünf Begehrungen begabt bist, kannst du auch jenseit erlangen: 'Ebenso will ich mit eben diesem Besitz und Genuß der fünf Begehrungen begabt sein!', oder aber wird dieser Reichtum auf andere übergehn, und wirst du je nach den Taten wandeln?"
"Nicht kann ich, o Ratthapalo, wie da hienieden mit dem Besitz und Genuß der fünf Begehrungen begabt, auch jenseit erlangen: 'Ebenso will ich mit eben diesem Besitz und Genuß der fünf Begehrungen begabt sein!', sondern auf andere wird dieser Reichtum übergehn, und ich werde je nach den Taten wandeln."
"Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, als er gesagt hat: 'Uneigen ist die Welt, alles verlassend muß man gehn'; das hab' ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen."
"Wunderbar, o Ratthapalo, außerordentlich ist es, o Ratthapalo, wie Er da so richtig gesagt hat, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, 'Uneigen ist die Welt, alles verlassend muß man gehn': denn uneigen ist, o Ratthapalo, die Welt, alles verlassend muß man gehn. -
"Was meinst du wohl, großer König: gedeiht dir herrlich in Überfluß dein Kuruland?"
"Gewiß, o Ratthapalo, gedeiht mir herrlich in Überfluß mein Kuruland."
"Was meinst du wohl, großer König: wenn da ein Mann zu dir herkäme, von den östlichen Grenzen, glaubwürdig, vertrauenswürdig; und er träte zu dir und spräche also: 'o großer König, daß du es weißt: ich komme von den östlichen Grenzen her! Da hab' ich ein mächtiges Reich gesehn, blühend, gedeihend, volkreich, von vielen Menschen bewohnt: da gibt es viel Kriegselefanten und Reiterei, Streitwagen und Fußtruppen, viel Elfenbein und Felle, viel Gold und Geschmeide, roh und bearbeitet, da gibt es viel Weibergesinde! Und man kann es mit einer gewissen Streitmacht erobern: erobere es, großer König!' Was würdest du da tun?"
"Wir würden es, o Ratthapalo, eben erobern und beherrschen."
"Was meinst du wohl, großer König: wenn da ein Mann zu dir herkäme, von den westlichen Grenzen, und von den nördlichen Grenzen, und von den südlichen Grenzen, und von jenseit des Ozeans, glaubwürdig, vertrauenswürdig; und er träte zu dir und spräche also: 'O großer König, daß du es weißt: ich komme von Jenseit des Ozeans her! Da hab' ich ein mächtiges Reich gesehn, blühend, gedeihend, volkreich, von vielen Menschen bewohnt: da gibt es viel Kriegselefanten und Reiterei, Streitwagen und Fußtruppen, viel Elfenbein und Felle, viel Gold und Geschmeide, roh und bearbeitet, da gibt es viel Weibergesinde! Und man kann es mit einer gewissen Streitmacht erobern: erobere es, großer König!' Was würdest du da tun?"
"Wir würden es, o Ratthapalo, eben erobern und beherrschen."
"Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene, der Kenner, der Seher der Heilige, vollkommen Erwachte, als er gesagt hat: 'Bedürftig ist die Welt, nimmersatt, durstverdungen'; das hab' ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen."
"Wunderbar, o Ratthapalo, außerordentlich ist es, o Ratthapalo, wie Er da so richtig gesagt hat, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, 'Bedürftig ist die Welt, nimmersatt, durstverdungen': denn bedürftig ist, o Ratthapalo, die Welt, nimmersatt, durstverdungen."
Also sprach der ehrwürdige Ratthapalo. Und
nachdem er also geredet sprach er ferner noch dies:
"Ich sehe Menschen mächtig sein, gewaltig, |
Und reich und törig keine Gabe geben: |
Begierig häufen an sie Gut an Güter |
Und haschen lüstern nach erneuten Lüsten. |
"Und hätt' ersiegt ein König sich die Erde, |
Und herrscht' er weithin, bis zum Meere herrlich: |
Des Meeres Grenze grämt' ihn ungesättigt, |
Nach neuen Siegen sehnt' er sich hinüber. |
Der König und gar viele gehn entgegen |
Mit ungestilltem Durste düsterm Tode, |
Vergeblich abgenutzt stirbt nur der Leib hin. |
Denn keiner in der Welt wird satt an Süchten. |
Verwandte weinen, raufen sich die Locken |
Und rufen 'Wehe, weh' uns, daß wir leben!' |
In weißes Linnen wickeln sie den Leichnam |
Und schichten Scheite, schüren an die Lohe. |
"Nun röstet er am Roste, rauh gerüttelt, |
Ein einzig Tüchlein deckt ihn, das ist alles: |
Der Abgelebte findet keine Zuflucht, |
Geliebte, Freunde nicht und nicht Genossen. |
"Die Erben reißen sich um seinen Reichtum, |
Sein Wesen aber wandelt nach den Werken: |
Am Hingeschiednen haftet keine Habe, |
Nicht Weib und Kind, nicht Geld und Gut und Lande. |
"Um Geld erkauft sich keiner langes Leben, |
Und Schätze schützen elend vor dem Alter: |
'Gar kurz ist', künden Denker, 'unser Dasein, |
Und unbeständig, unstet, ohne Dauer.' |
"An Reiche rührt, an Arme rührt Berührung, |
Und wie der Tor, berührt wird auch der Weise: |
Doch Toren reißt Berührung rasend nieder, |
An Weise rührend kann sie nimmer regen. |
"So gilt wohl mehr als Geld und Güter Weisheit, |
Da sie Vollendung selig uns entbietet: |
Unselig stehn ja Wirre starr gebunden |
An Sein und Wiedersein und wirken Böses. |
"Man keimt in Schoßen, keimt in andern Welten |
Und kehrt im Wandelkreise hin und wieder, |
Ergibt sich gern dem Wahne der Gewohnheit: |
Und keimt in Schoßen, keimt in andern Welten. |
"Gleichwie der Räuber, den die Falle festhält, |
Durch eigne Tat sich richtet, der Verruchte, |
So wird in andern Welten der Verwesne |
Durch eigne Tat gerichtet, der Verruchte. |
"Wie launisch locken uns Begierden gaukelnd hin, |
Das Herz zerhämmernd, heftig, ungeheuer! |
Erkannt hab' ich den Kummer der Begehrung, |
Bin darum Büßer nun, o König, Bettler. |
Der Mensch fällt, wie die Frucht vom Baume fällt herab, |
Noch unreif, oder reif, in raschem Sturze; |
So bin ich denn, o König, gern ein Bettler: |
Gewisse Pilgerschaft, sie dünkt mich besser." |