Majjhima Nikaya, Mittlere Sammlung

M. 51. (VI,1) Kandaraka Sutta, Kandarako

DAS HAB' ICH GEHÖRT. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Campā, am Gestade des Gaggarā-Sees, mit einer großen Schar von Mönchen. Da nun begab sich Pesso, der Sohn eines Elefantenlenkers, und Kandarako, ein Pilger, dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßte Pesso, der Sohn des Elefantenlenkers, den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder; während Kandarako, der Pilger, mit dem Erhabenen höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte tauschte und sich dann seitwärts hinstellte. Seitwärts stehend blickte da Kandarako der Pilger über die lautlose, stille Schar der Mönche hin und sprach nun zum Erhabenen also :

"Wunderbar, o Gotamo, außerordentlich ist es, o Gotamo, wie da Herr Gotamo so richtig die Jüngerschaft gewiesen hat! Die da früher, o Gotamo, in vergangenen Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte waren, haben auch diese Erhabenen ebenso richtig ein solches Ziel den Jüngern gewiesen, gleichwie da jetzt Herr Gotamo die Jünger richtig gewiesen hat? Und die da später, o Gotamo, in künftigen Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte sein werden, werden auch diese Erhabenen ebenso richtig ein solches Ziel den Jüngern weisen, gleichwie da jetzt Herr Gotamo die Jünger richtig gewiesen hat?"

"So ist es, Kandarako, so ist es, Kandarako. Die da früher, Kandarako, in vergangenen Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte waren, auch diese Erhabenen haben ebenso richtig ein solches Ziel den Jüngern gewiesen, gleichwie da jetzt von mir die Jünger richtig gewiesen sind; und die da später, Kandarako, in künftigen Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte sein werden, auch diese Erhabenen werden ebenso richtig ein solches Ziel den Jüngern weisen, gleichwie da jetzt von mir die Jünger richtig gewiesen sind.

"Denn es gibt, Kandarako, Mönche unter diesen Jüngern, die Heilige, Wahnversieger, Endiger sind, die das Werk gewirkt, die Last abgelegt, das Heil sich errungen, die Daseinsfesseln vernichtet, sich durch vollkommene Erkenntnis erlöst haben. Und es gibt, Kandarako, Mönche unter diesen Jüngern, die Kämpfer sind, tapfer in Tugend, tapfer im Wandel, gewitzigt sind, witzig im Wandel; die haben ihr Gemüt auf die vier Pfeiler der Achtsamkeit gegründet; auf welche vier?

Auf diese Worte wandte sich Pesso, der Sohn des Elefantenlenkers, also an den Erhabenen:

"Wunderbar, o Herr, außerordentlich ist es, o Herr, wie so deutlich, o Herr, der Erhabene die vier Pfeiler der Achtsamkeit gezeigt hat, die da zur Läuterung der Wesen, zur Überwältigung des Schmerzes und Jammers, zur Zerstörung des Leidens und der Trübsal, zur Gewinnung des Rechten, zur Verwirklichung der Erlöschung führen! Denn auch wir, o Herr, als Hausleute, weiß gekleidet, haben von Zeit zu Zeit unser Gemüt auf die vier Pfeiler der Achtsamkeit gegründet: da

Wunderbar, o Herr, außerordentlich ist es, o Herr, wie genau, o Herr, der Erhabene, wo die Menschen so heimlich, wo die Menschen so verhohlen, wo die Menschen so heuchlerisch sind, weiß, was den Wesen frommt und was ihnen nicht frommt! Denn heimlich wie die Höhle, o Herr, ist der Mensch, und offen wie die Ebene, o Herr, ist das Tier. Ja, ich kann mich, o Herr, an einen Elefantenhengst erinnern: so oft der auch durch die Straßen von Campā gehen und kommen mag, wird er jedes Mal all seine List und Tücke, Launen und Ränke offenbaren. Was da aber, o Herr, unsere Knechte und Söldner und Werkleute sind, die gehen anders an die Arbeit, und anders reden sie, und wiederum anders denken sie. Wunderbar, o Herr, außerordentlich ist es, o Herr, wie genau, o Herr, der Erhabene, wo die Menschen so heimlich, wo die Menschen so verhohlen, wo die Menschen so heuchlerisch sind, weiß, was den Wesen frommt und was ihnen nicht frommt. Denn heimlich wie die Höhle, o Herr, ist der Mensch, und offen wie die Ebene, o Herr, ist das Tier."

"So ist es, Pesso, so ist es, Pesso: heimlich wie die Höhle, Pesso, ist ja der Mensch, und offen wie die Ebene, Pesso, ist ja das Tier. - Vier Arten von Menschen, Pesso, finden sich hier in der Welt vor: welche vier? Da ist, Pesso, einer ein Selbstquäler, ist der Übung der Selbstqual eifrig ergeben; da ist wieder, Pesso, einer ein Nächstenquäler, ist der Übung der Nächstenqual eifrig ergeben; da ist, Pesso, einer ein Selbstquäler, ist der Übung der Selbstqual eifrig ergeben, und er ist ein Nächstenquäler, ist der Übung der Nächstenqual eifrig ergeben; und da ist, Pesso, einer weder ein Selbstquäler, ist nicht der Übung der Selbstqual eifrig ergeben, noch ist er ein Nächstenquäler, ist nicht der Übung der Nächstenqual eifrig ergeben: ohne Selbstqual, ohne Nächstenqual ist er schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl geworden, fühlt sich wohl, heilig geworden im Herzen. Welcher ist es, Pesso, von diesen vier Menschen, der deinem Sinne zusagt ?"

"Jener Mensch, o Herr, der ein Selbstquäler, der Übung der Selbstqual eifrig ergeben ist, der sagt meinem Sinne nicht zu; und auch jener Mensch, o Herr, der ein Nächstenquäler, der Übung der Nächstenqual eifrig ergeben ist, auch der sagt meinem Sinne nicht zu; und auch jener Mensch, o Herr, der ein Selbstquäler, der Übung der Selbstqual eifrig ergeben ist, und ein Nächstenquäler, der Übung der Nächstenqual eifrig ergeben ist, auch der sagt meinem Sinne nicht zu; aber jener Mensch, o Herr, der weder ein Selbstquäler, nicht der Übung der Selbstqual eifrig ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Übung der Nächstenqual eifrig ergeben ist: der ohne Selbstqual, ohne Nächstenqual schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl geworden ist, sich wohl fühlt, heilig geworden im Herzen: der sagt meinem Sinne zu."

"Warum aber, Pesso, sagen jene drei Menschen deinem Sinne nicht zu?"

"Jener Mensch, o Herr, der ein Selbstquäler, der Übung der Selbstqual eifrig ergeben ist, der läßt sich selber, der Wohl begehrt und Wehe verabscheut, Qual und Pein erleiden: darum sagt jener Mensch meinem Sinne nicht zu; und jener Mensch, o Herr, der ein Nächstenquäler, der Übung der Nächstenqual eifrig ergeben ist, der läßt den Nächsten, der Wohl begehrt und Wehe verabscheut, Qual und Pein erleiden: darum sagt jener Mensch meinem Sinne nicht zu; und jener Mensch, o Herr, der ein Selbstquäler, der Übung der Selbstqual eifrig ergeben ist, und ein Nächstenquäler, der Übung der Nächstenqual eifrig ergeben ist, der läßt sich wie den Nächsten, die Wohl begehren und Wehe verabscheuen, Qual und Pein erleiden: darum sagt jener Mensch meinem Sinne nicht zu; aber jener Mensch, o Herr, der weder ein Selbstquäler, nicht der Übung der Selbstqual eifrig ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Übung der Nächstenqual eifrig ergeben ist: der ohne Selbstqual, ohne Nächstenqual schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl geworden ist, sich wohl fühlt, heilig geworden im Herzen: dieser Mensch sagt meinem Sinne darum zu. - Wohlan denn, jetzt, o Herr, wollen wir gehen: manche Pflicht wartet unser, manche Obliegenheit."

"Wie es dir nun, Pesso, belieben mag."

Und Pesso, der Sohn des Elefantenlenkers, durch des Erhabenen Rede erfreut und befriedigt, stand von seinem Sitze auf, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, schritt rechts herum und ging fort.

Da wandte sich nun der Erhabene, bald nachdem Pesso, der Sohn des Elefantenlenkers, fort gegangen war, also an die Mönche:

"Weise, ihr Mönche, ist Pesso, der Sohn des Elefantenlenkers, wissensmächtig, ihr Mönche, ist Pesso, der Sohn des Elefantenlenkers. Wäre Pesso, ihr Mönche, der Sohn des Elefantenlenkers, noch eine Weile geblieben, bis ich ihm diese vier Arten von Menschen ausführlich erklärt hätte, großen Gewinn hätt' er mit sich genommen. Aber, ihr Mönche, auch so schon hat Pesso, der Sohn des Elefantenlenkers, viel gewonnen."

"Da ist es, Erhabener, Zeit, da ist es, Willkommener, Zeit, daß der Erhabene diese vier Arten von Menschen ausführlich erkläre: des Erhabenen Wort werden die Mönche bewahren."

"Wohlan denn, ihr Mönche, so höret und achtet wohl auf meine Rede."

"Gewiß, o Herr!n antworteten da jene Mönche dem Erhabenen aufmerksam. Der Erhabene sprach also:

"Was ist das nun, ihr Mönche, für ein Mensch, der ein Selbstquäler, der Übung der Selbstqual eifrig ergeben ist? Da ist, ihr Mönche, einer ein Unbekleideter, ein Ungebundener, ein Handverköster, kein Ankömmling, kein Abwärtling, gestattet keine Darreichung, keine Vergünstigung, keine Einladung, späht beim Empfangen des Almosens nicht nach dem Topfe, nicht nach der Schüssel, nicht über die Schwelle, nicht über das Gitter, nicht in den Kessel hinein, nimmt nicht von zu zweit Speisenden an, nicht von einer Schwangeren, nicht von einer Säugenden, nicht von einer, die vom Manne kommt, nicht von Beschmutzten, nicht wo ein Hund dabeisteht, nicht wo Fliegen hin und her schwärmen, ißt keinen Fisch, kein Fleisch, trinkt keinen Wein, kein gebranntes Wasser, keinen gegorenen Haferschleim. Er geht zu einem Hause und begnügt sich mit einer Handvoll Almosenspeise; geht zu zwei Häusern und begnügt sich mit zwei Handvoll Almosenspeise; geht zu sieben Häusern und begnügt sich mit sieben Handvoll Almosenspeise. Er fristet sein Leben durch die Mildtätigkeit von nur einer Spenderin, von nur zwei Spenderinnen, von nur sieben Spenderinnen. Er nimmt nur jeden ersten Tag Nahrung ein, nur jeden zweiten Tag, nur jeden siebenten Tag. Solcherart wechselnd beobachtet er streng diese bis auf einen halben Monat ausgedehnte Fastenübung. Oder er lebt von Kräutern und Pilzen, von wildem Reis und Korn, von Samen und Kernen, von Pflanzenmilch und Baumharz, von Gräsern, von Kuhmist, fristet sich von Wurzeln und Früchten des Waldes, lebt von abgefallenen Früchten. Auch trägt er das hänfene Hemd, trägt das härene Hemd, trägt einen Rock, geflickt aus den im Leichenhof und auf der Straße gefundenen Fetzen, hüllt sich in Lumpen, in Felle, in Häute, gürtet sich mit Flechten aus Gras, mit Flechten aus Rinde, mit Flechten aus Laub, birgt die Blöße unter pelzigem Schurze, unter borstigem Schurze, unter einem Eulenflügel. Und er rauft sich Haupt- und Barthaar aus, die Regel der Haar- und Bartausraufer befolgend; ist ein Stetigsteher, verwirft Sitz und Lager; ist ein Fersensitzer, übt die Zucht der Fersensitzer; ist Dornenseitiger und legt sich zur Seite auf ein Dornenlager; steigt allabendlich zum drittenmal herab ins Büßerbad. So übt er sich gar vielfach in des Körpers inbrünstiger Schmerzensaskese. Den heißt man, ihr Mönche, einen Menschen, der ein Selbstquäler, der Übung der Selbstqual eifrig ergeben ist.

"Was ist das aber, ihr Mönche, für ein Mensch, der ein Nächstenquäler, der Übung der Nächstenqual eifrig ergeben ist? Da ist, ihr Mönche, einer ein Schlächter, der Schafe und Schweine schlachtet, ist ein Vogelfänger, ein Wildsteller, ein Jäger, ein Fischer, ein Räuber, ein Henker, ein Kerkermeister, oder was man da sonst noch anderes als grausames Handwerk betreibt. Den heißt man, ihr Mönche, einen Menschen, der ein Nächstenquäler, der Übung der Nächstenqual eifrig ergeben ist.

"Was ist das aber, ihr Mönche, für ein Mensch, der ein Selbstquäler, der Übung der Selbstqual eifrig ergeben ist, und der ein Nächstenquäler, der Übung der Nächstenqual eifrig ergeben ist? Da ist, ihr Mönche, einer ein König, ein Herrscher, dessen Scheitel gesalbt ist, oder ein hochmögender Priester. Der hat im Osten der Stadt ein neues Herrenhaus errichten lassen. Und mit geschorenem Haar und Barte, mit rauhem Felle gegürtet, mit Butteröl am Körper bestrichen, den Rücken mit einem Hirschhorne reibend tritt er in das Herrenhaus ein, begleitet von der ersten Gemahlin und dem Oberpriester. Dort nimmt er im offenen Hofe, von wo man das Gras entfernt hat, Platz. Einer Kuh, die ein ihr gleichendes Kalb bei sich hat, wird an dem einen Euter die Milch ausgemolken, und damit der König bedient; wird an dem zweiten Euter die Milch ausgemolken, und damit die Königin bedient; wird an dem dritten Euter die Milch ausgemolken, und damit der Oberpriester bedient; wird an dem vierten Euter die Milch ausgemolken, und damit dem Feuer geopfert. Was noch bleibt, wird dem Kalbe gelassen. Und er gebietet: 'So viele Stiere sollen erschlagen werden um des Opfers willen, so viele Farren sollen erschlagen werden um des Opfers willen, so viele Färsen sollen erschlagen werden um des Opfers willen, so viele Ziegen sollen erschlagen werden um des Opfers willen, so viele Schafe sollen erschlagen werden um des Opfers willen, so viele Bäume sollen gefällt werden, als Pfosten zu dienen, so viel Gras soll gemäht werden, als Streu zu dienen!' Und seine Knechte und Söldner und Werkleute gehen aus Furcht vor Strafe, von Angst eingeschüchtert, mit tränenden Augen klagend daran, den Befehl auszuführen. Den heißt man, ihr Mönche, einen Menschen, der ein Selbstquäler, der Übung der Selbstqual eifrig ergeben ist, und der ein Nächstenquäler, der Übung der Nächstenqual eifrig ergeben ist."

"Was ist das aber, ihr Mönche, für ein Mensch, der weder ein Selbstquäler, nicht der Übung der Selbstqual eifrig ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Übung der Nächstenqual eifrig ergeben ist: der ohne Selbstqual, ohne Nächstenqual schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl geworden ist, sich wohl fühlt, heilig geworden im Herzen? Da erscheint, ihr Mönche, der Vollendete in der Welt, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerherde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schar von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen, nachdem er sie selbst verstanden und durchdrungen hat. Er verkündet die Lehre, deren Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende begütigt, die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen geläuterte, geklärte Asketentum dar.

"Diese Lehre hört ein Hausvater, oder der Sohn eines Hausvaters, oder einer, der in anderem Stande neugeboren ward. Nachdem er diese Lehre gehört hat, faßt er Vertrauen zum Vollendeten. Von diesem Vertrauen erfüllt denkt und überlegt er also: 'Ein Gefängnis ist die Häuslichkeit, ein Schmutzwinkel; der freie Himmelsraum die Pilgerschaft. Nicht wohl geht es, wenn man im Hause bleibt, das völlig geläuterte, völlig geklärte Asketentum Punkt für Punkt zu erfüllen. Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?' So gibt er denn später einen kleinen Besitz oder einen großen Besitz auf, hat einen kleinen Verwandtenkreis oder einen großen Verwandtenkreis verlassen und ist mit geschorenem Haar und Barte, im fahlen Gewande von Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen.

"Er ist nun Pilger geworden und hat die Ordenspflichten der Mönche auf sich genommen. Lebendiges umzubringen hat er verworfen, Lebendiges umzubringen liegt ihm fern: ohne Stock, ohne Schwert, fühlsam, voll Teilnahme, hegt er zu allen lebenden Wesen Liebe und Mitleid. Nichtgegebenes zu nehmen hat er verworfen, vom Nehmen des Nichtgegebenen hält er sich fern: Gegebenes nimmt er, Gegebenes wartet er ab, nicht diebisch gesinnt, rein gewordenen Herzens. Die Unkeuschheit hat er verworfen, keusch lebt er: fern zieht er hin, entraten der Paarung, dem gemeinen Gesetze. Lüge hat er verworfen, von Lüge hält er sich fern: die Wahrheit spricht er, der Wahrheit ist er ergeben, standhaft, vertrauenswürdig, kein Heuchler und Schmeichler der Welt. Das Ausrichten hat er verworfen, vom Ausrichten hält er sich fern: was er hier gehört hat erzählt er dort nicht wieder, um jene zu entzweien, und was er dort gehört hat erzählt er hier nicht wieder, um diese zu entzweien; so einigt er Entzweite, festigt Verbundene, Eintracht macht ihn froh, Eintracht freut ihn, Eintracht beglückt ihn, Eintracht fördernde Worte spricht er. Barsche Worte hat er verworfen, von barschen Worten hält er sich fern: Worte, die frei von Schimpf sind, dem Ohre wohltuend, liebreich, zum Herzen dringend, höflich, viele erfreuend, viele erhebend, solche Worte spricht er. Plappern und Plaudern hat er verworfen, von Plappern und Plaudern hält er sich fern: zur rechten Zeit spricht er, den Tatsachen gemäß, auf den Sinn bedacht, der Lehre und Ordnung getreu, seine Rede ist reich an Inhalt, gelegentlich mit Gleichnissen geschmückt, klar und bestimmt, ihrem Gegenstande angemessen.

"Sämereien und Pflanzungen anzulegen hat er verschmäht. Einmal des Tags nimmt er Nahrung zu sich, nachts ist er nüchtern, fern liegt es ihm zur Unzeit zu essen. Von Tanz, Gesang, Spiel, Schaustellungen hält er sich fern. Kränze, Wohlgerüche, Salben, Schmuck, Zierrat, Putz weist er ab. Hohe, prächtige Lagerstätten verschmäht er. Gold und Silber nimmt er nicht an. Rohes Getreide nimmt er nicht an. Rohes Fleisch nimmt er nicht an. Frauen und Mädchen nimmt er nicht an. Diener und Dienerinnen nimmt er nicht an. Ziegen und Schafe nimmt er nicht an. Hühner und Schweine nimmt er nicht an. Elefanten, Rinder und Rosse nimmt er nicht an. Haus und Feld nimmt er nicht an. Botschaften, Sendungen, Aufträge übernimmt er nicht. Von Kauf und Verkauf hält er sich fern. Von falschem Maß und Gewicht hält er sich fern. Von den schiefen Wegen der Bestechung, Täuschung, Niedertracht hält er sich fern. Von Raufereien, Schlägereien, Händeln, vom Rauben, Plündern und Zwingen hält er sich fern.

"Er ist zufrieden mit dem Gewande, das seinen Leib deckt, mit der Almosenspeise, die sein Leben fristet. Wohin er auch pilgert, nur mit dem Gewande und der Almosenschale versehn pilgert er. Gleichwie da etwa ein beschwingter Vogel, wohin er auch fliegt, nur mit der Last seiner Federn fliegt, ebenso auch ist der Mönch mit dem Gewande zufrieden, das seinen Leib deckt, mit der Almosenspeise, die sein Leben fristet. Wohin er auch wandert, nur damit versehn wandert er.

"Durch die Erfüllung dieser heiligen Tugendsatzung empfindet er ein inneres fleckenloses Glück.

"Erblickt er nun mit dem Gesichte eine Form, so faßt er keine Neigung, faßt keine Absicht. Da Begierde und Mißmut, böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der unbewachten Gesichtes verweilt, befleißigt er sich dieser Bewachung, er hütet das Gesicht, er wacht eifrig über das Gesicht.

"Hört er nun mit dem Gehöre einen Ton,

"Riecht er nun mit dem Geruche einen Duft,

"Schmeckt er nun mit dem Geschmacke einen Saft,

"Tastet er nun mit dem Getaste eine Tastung,

"Erkennt er nun mit dem Gedenken ein Ding, so faßt er keine Neigung, faßt keine Absicht. Da Begierde und Mißmut, böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der unbewachten Gedenkens verweilt, befleißigt er sich dieser Bewachung, er hütet das Gedenken, er wacht eifrig über das Gedenken.

"Durch die Erfüllung dieser heiligen Sinnenzügelung empfindet er ein inneres ungetrübtes Glück.

"Klar bewußt kommt er und geht er, klar bewußt blickt er hin, blickt er weg, klar bewußt regt und bewegt er sich, klar bewußt trägt er des Ordens Gewand und Almosenschale, klar bewußt ißt und trinkt, kaut und schmeckt er, klar bewußt entleert er Kot und Harn, klar bewußt geht und steht und sitzt er, schläft er ein, wacht er auf, spricht er und schweigt er.

"Treu dieser heiligen Tugendsatzung, treu dieser heiligen Sinnenzügelung, treu dieser heiligen klaren Achtsamkeit sucht er einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof, die Waldesmitte, ein Steulager in der offenen Ebene. Nach dem Mahle, wenn er vom Almosengange zurückgekehrt ist, setzt er sich mit verschränkten Beinen nieder, den Körper gerade aufgerichtet, und pflegt der Achtsamkeit. Er hat weltliche Begierde verworfen und verweilt begierdelosen Gemütes, von Begierde läutert er sein Herz. Gehässigkeit hat er verworfen, haßlosen Gemütes verweilt er, voll Liebe und Mitleid zu allen lebenden Wesen läutert er sein Herz von Gehässigkeit. Matte Müde hat er verworfen, von matter Müde ist er frei; das Licht liebend, achtsam, klar bewußt, läutert er sein Herz von matter Müde. Stolzen Unmut hat er verworfen, er ist frei von Stolz; innig beruhigten Gemütes läutert er sein Herz von stolzem Unmut. Das Schwanken hat er verworfen, der Ungewißheit ist er entronnen; er zweifelt nicht am Guten, vom Schwanken läutert er sein Herz.

"Er hat nun diese fünf Hemmungen aufgehoben, hat die Schlacken des Geistes kennen gelernt, die lähmenden; gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen lebt er in sinnend gedenkender ruhegeborener seliger Verzückung, in der Weihe der ersten Vertiefung.

"Weiter sodann, ihr Mönche: nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens gewinnt der Mönch die innere Meeresstille, die Einheit des Geistes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Vertiefung geborene selige Verzückung, die Weihe der zweiten Vertiefung.

"Weiter sodann, ihr Mönche: in heiterer Ruhe verweilt der Mönch gleichmütig, achtsam, klar bewußt, ein Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: 'Glückselig weilt der Gleichmütige, der Achtsame'; so gewinnt er die Weihe der dritten Vertiefung.

"Weiter sodann, ihr Mönche: nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns erreicht der Mönch die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmütig einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte Vertiefung.

"Solchen Gemütes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet er das Gemüt auf die erinnernde Erkenntnis früherer Daseinsformen. So kann er sich an manche verschiedene frühere Daseinsform erinnern, als wie an ein Leben, dann an zwei Leben, dann an drei Leben, dann an vier Leben, dann an fünf Leben, dann an zehn Leben, dann an zwanzig Leben, dann an dreißig Leben, dann an vierzig Leben, dann an fünfzig Leben, dann an hundert Leben, dann an tausend Leben, dann an hunderttausend Leben, dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenvergehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen-Weltenvergehungen. 'Dort war ich, jenen Namen hatte ich, jener Familie gehörte ich an, das war mein Stand, das mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; dort verschieden war ich anderswo wieder ins Dasein: da war ich nun, diesen Namen hatte ich, dieser Familie gehörte ich an, dies war mein Stand, dies mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; da verschieden trat ich hier wieder ins Dasein': so erinnert er sich mancher verschiedenen früheren Daseinsform, mit je den eigentümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen.

"Solchen Gemütes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet er das Gemüt auf die Erkenntnis des Verschwindens-Erscheinens der Wesen. So kann er mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Grenzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, er kann erkennen wie die Wesen je nach den Taten wiederkehren. 'Diese lieben Wesen sind freilich in Taten dem Schlechten zugetan, in Worten dem Schlechten zugetan, in Gedanken dem Schlechten zugetan, tadeln Heiliges, achten Verkehrtes, tun Verkehrtes; bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf den Abweg, auf schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in untere Welt. Jene lieben Wesen sind aber in Taten dem Guten zugetan, in Worten dem Guten zugetan, in Gedanken dem Guten zugetan, tadeln nicht Heiliges, achten Rechtes, tun Rechtes; bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf gute Fährte, in selige Welt': so kann er mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Grenzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, er kann erkennen wie die Wesen je nach den Taten wiederkehren.

"Solchen Gemütes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet er das Gemüt auf die Erkenntnis der Wahnversiegung. 'Das ist das Leiden' erkennt er der Wahrheit gemäß. 'Das ist die Leidensentwicklung' erkennt er der Wahrheit gemäß. 'Das ist die Leidensauflösung' erkennt er der Wahrheit gemäß. 'Das ist der zur Leidensauflösung führende Pfad' erkennt er der Wahrheit gemäß. 'Das ist der Wahn' erkennt er der Wahrheit gemäß. 'Das ist die Wahnentwicklung' erkennt er der Wahrheit gemäß. 'Das ist die Wahnauflösung' erkennt er der Wahrheit gemäß. 'Das ist der zur Wahnauflösung führende Pfad' erkennt er der Wahrheit gemäß.

"Also erkennend, also sehend wird da sein Gemüt erlöst vom Wunscheswahn, erlöst vom Daseinswahn, erlöst vom Nichtwissenswahn. 'Im Erlösten ist die Erlösung', diese Erkenntnis geht auf. 'Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketentum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt' versteht er da.

"Den heißt man, ihr Mönche, einen Menschen, der weder ein Selbstquäler, nicht der Übung der Selbstqual eifrig ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Übung der Nächstenqual eifrig ergeben ist: der ohne Selbstqual, ohne Nächstenqual schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl geworden ist, sich wohl fühlt, heilig geworden im Herzen.

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche über das Wort des Erhabenen.


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