Vimāna Vatthu

18. (II,1): Die Dienerin

Eines Abends gingen einige Laienanhänger des Erwachten in Sāvatthi zum Siegerwaldkloster, um die Lehre vom Erwachten zu hören. Einer von ihnen lud dabei vier Mönche ein, von nun an täglich zu ihm zum Mahle zu kommen. Dann ging er heim und instruierte seine Dienerin, sie möge stets sorgfältig für die Mönche sorgen. Da sie gläubig und tugendhaft war und sich um Verdienst bemühte, erhob sie sich von nun an täglich in der Frühe, bereitete Essen und Trinken für die Mönche, fegte den Platz sauber, bereitete die Sitze, und wenn die Mönche kamen, verehrte sie sie und versorgte sie mit allem. Nachdem sie längere Zeit so gewirkt hatte, faßte sie eines Tages Mut und fragte nach dem Mahle: "Wie gibt es, ihr Herren, völlige Befreiung vom Elend der Geburt und aller folgenden Leiden?" Einige der Mönche sprachen von der dreifachen Zuflucht und den fünf Tugenden, erklärten ihr die wahre Natur des Körpers und regten sie an, seine Unschönheit zu betrachten. Andere wiederum sprachen über die gesetzmäßigen Zusammenhänge, verbunden mit dem Wesen der Unbeständigkeit.

Die Dienerin hielt nun 16 Jahre lang getreulich die Tugenden ein und bemühte sich immer wieder um tiefere Betrachtungen. Als sie dann eines Tages wiederum die Lehre hörte, ging ihr die Klarsicht auf, Wissen war reif geworden, und sie erlangte die Frucht des Stromeintritts.

Nicht lange danach starb sie und erschien im Gefolge von Sakko wieder und.genoß himmlische Freuden. So sah sie Mahāmoggallāno und sprach sie an:

 

Moggallāno:

Wie Götterkönig Sakko hier

erfreust im Götterhain du dich

ringsum bist du umgeben da,

von Frauenscharen stets bedient.

Nach zehn der Seiten strahlest du,

so wie der Morgenstern es tut. (157)

 

Woher solch Schönheit kommt dir zu?

Was war's, das dir nach hier gedieh?

Woher erlangtest Fülle du,

an dem, was deinem Geiste lieb? (158)

 

So frag ich dich, o Göttin, die gar mächtig:

Als Mensch du warst, was an Verdienst hast du gewirkt?

Woher kommt es, daß du so mächtig strahlest,

daß deine Schönheit jede Richtung überhellt? (159)

 

Sprecher:

Die Gottheit, die im Geist beglückt,

als Moggallāno sie befragt,

erklärt auf seine Frage ihm,

welch Wirken diese Frucht erzeugt. (160)

 

Göttin:

Als unter Menschen einst ich Mensch geworden,

war eine Dien'rin ich, hing ab von andern,

doch war ich Jüng'rin Gotamos,

des Sehers, des berühmten. (161)

 

Da habe ich mich angestrengt,

der Weisung stets zu folgen nach:

Mag auch der Leib zerbrechen mir,

doch meine Tatkraft nimmermehr. (162)

 

Der Übungsschritte Fünferzahl,

der Weg, der sicher, günstig ist,

ist ohne Dickicht, ohne Dorn,

ist schnurgerad, wie Weiser zeigt. (163)

 

Die Frucht der Mühe, sieh sie hier,

von einer kleinen Frau erlangt.

Vertraute Sakkos bin ich nun,

des Herrschers, der gar mächtig ist. (164)

 

Der sechzigtausend Instrument

vom Schlafe mich erwecken hier:

Alambo, Gaggaro, Bhīmo,

Sadhuvādi und Samsayo, (165)

 

Pokkharo und Suphasso auch

und Frauen wie Vīnāmokkhā

Nandā und auch die Sunandā

und Sonadinnā, Sucimhitā, (166)

 

Alambusā, Missakesī,

Pundarīkātidāruni,

Eniphassa und Suphassā,

Subhaddā Muduvādinī. (167)

 

Die sind es und auch andre noch,

die wecken Nymphen auf vom Schlaf.

Am Morgen kommen sie zu mir,

die Göttinnen und sprechen so: (168)

 

Komm mit zum Tanz, komm zum Gesang,

komm laß vergnügt sein uns allhier.

Nicht wer da kein Verdienst erwarb,

nur wer Verdienst erworben hat, (169)

 

gelangt wohl in den Wonnehain,

wo Kummer nicht, nur Lust regiert.

Wer kein Verdienst erworben hat,

hat hier kein Wohl und auch nicht dort. (170)

 

Wer da Gesellschaft sich ersehnt,

muß vieles tun, was heilsam ist.

Und hat er sich Verdienst erwirkt, d

ann freut im Himmel Fülle ihn. (171)

 


Bemerkungen:

Diese Erzählung ist bemerkenswert, weil sie zeigt, daß der Stromeintritt nicht immer so einfach zu erlangen ist, wie viele andere Berichte annehmen lassen. 16 Jahre hat die Dienerin sich um Lehrnachfolge bemüht, da ging ihr die Frucht des Stromeintritts auf. Da sie auf Erden in ärmlichen Verhältnissen gelebt hatte, - als kleine Frau, wie sie selber sagt - ist es verständlich, daß sie im Himmel zunächst all das, was sie auf Erden entbehren mußte, genießt. Auch ein Stromeingetretener ist ja noch voll Sinnensucht. Das zeigt sich besonders bei der feineren Art, wie sie im Himmel herrscht. Die Unschönheit und Vergänglichkeit des Fleischleibs durchschauen, heißt noch lange nicht, auch Abstand vom Astralleib und seinen Freuden zu nehmen. Auch das braucht seine Zeit, längstens noch sechs weitere Leben.

Auffällig ist, daß hier deutlich vom Schlaf der Götter gesprochen wird, während in vielen Jenseitsberichten gesagt ist, daß die Astralwesen der Himmelswelt keinen Schlaf brauchen. Aber vielleicht ist es hier so wie mit dem Essen. Die Götter brauchen weder Schlaf noch grobe Nahrung, aber sie können essen und schlafen, wenn sie Lust dazu haben. Die irdische Gewöhnung führt sie dazu. Und wenn eine Dienerin tagaus tagein sehr früh aufstehen mußte, vor Morgengrauen, von 6 Uhr in den Tropen, dann ist es verständlich, daß sie im Himmel erst einmal tausend Jahre morgens ausschläft und sich von Göttinnen mit Himmelsmusik wecken läßt anstatt durch einen Wecker.

Die lange Aufzählung der Namen nennt Männer (sieben) und Frauen (zwölf), die die Musikinstrumente spielen.

In Pv 404 - 406 ist die Anordnung der Verse Vv 169 - 171 etwas anders eingeteilt. Der Herausgeber ist hier inkonsequent. Er erwähnt auch nicht die Parallelstelle in Pv.


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