Vimāna Vatthu

10. Die Sesam-Gabe

Einstmals weilte der Erhabene zu Sāvatthi im Kloster Anāthapindikos. Zur gleichen Zeit war eine junge Frau in Rājagaham schwanger: Sie wusch Sesamsaat und trocknete sie in der Sonne, um dann daraus Öl zu pressen. Sie lebte fröhlich dahin und wußte nicht, daß ihre Lebenskraft noch am gleichen Tage ablaufen würde. Vor allem aber hatte sie keine Ahnung, daß ein vergangenes böses Wirken sie zur Hölle bringen würde. In völligem Unwissen bereitete sie Sesam zu und wußte nicht, was ihr blühte.

 

Als der Erwachte an jenem Morgen mit dem himmlischen Auge über die Welt schaute, hatte er Mitleid mit jener Frau und beschloß, sie vor der Hölle zu bewahren. Er wählte dafür das ihrer Situation angemessene Mittel. Er begab sich mit magischer Macht von Sāvatthi nach dem 800 km entfernten Rājagaham und kam als Bettelmönch an ihre Tür. Als sie den Erhabenen sah, war sie mit Freude und Zuversicht erfüllt, verehrte ihn mit gefalteten Händen und wollte ihm etwas spenden. Da sie aber sehr arm war und nichts anderes als Sesam hatte, machte sie eine Handvoll Sesamsamen und schüttete sie ihm liebevoll in seine Schale. Der Buddha sprach zu ihr nichts als: "Mögest du glücklich sein" und ging davon. Er gab ihr keine Lehrdarlegung, keine Mahnung zu guten Taten, keine Warnung vor der Hölle. Er setzte nur die Bedingung, daß sie aus Freude am Geben an Heilige den ganzen Tag noch an jene gute Tat dachte. Mit solchen Gedanken war sie erfüllt, als sie plötzlich in der Nacht bei Morgengrauen starb. Als ob sie aus dem Schlaf erwachte, fand sie sich in einem goldenen Vimāna bei den Göttern der Dreiunddreißig, der zwölf Meilen groß war. Als der ehrwürdige Mahāmoggallāno durch die Götterwelt wanderte, sah er sie und wandte sich an sie:

Verse 85 - 86 = 75 - 76

Vers 87 - 88 = 78 - 79

Vers 91 - 92 = 82 - 84

neu sind nur 89 - 90:

 

Als unter Menschen einst ich Mensch geworden,
als ich in Menschenwelt zuletzt geboren
sah ich den Buddha ohne Fehl
der heiter ohne Trübung ist. (89)

 

Als Gabe gab ich Sesam ihm
frei von Begier, gar heitren Sinns.
Mit eignen Händen gab ich es
Erwachtem, der der Gaben wert. (90)

 


Bemerkungen:

Ein solches Eingreifen des Erwachten, daß er ein Wesen vor der Hölle bewahrt, indem er ihm Gelegenheit zum Guten gibt, wird nicht nur dieses eine Mal, sondern noch öfter berichtet (Vv Nr. 21 u. 27) sowie

einmal von Mahākassapo (Vv Nr. 20) oder von Sakko (Divyavādana Nr. 14) In anderen Fällen wird Menschen, die am gleichen Tage sterben würden, noch Gelegenheit zu guten Werken gegeben durch den Buddha (Vv Nr. 53 u. 83) oder Moggallāno (Vv Nr. 80). Alle Personen gelangten zum Himmel. Obwohl jene Wesen für die tieferen Lehren noch nicht reif waren halfen die Heiligen ihnen doch zu besserem Dasein bewahrten sie vor der Hölle oder führten sie über das Menschentum hinaus, ohne zu fragen, wann das Wesen sich der Lehre zum Ausweg aus dem Samsāro zuwenden würde. Es gibt also auch solche Fälle der spontanen Verbesserung der Wiedergeburt, aber die Heiligen wissen auch, weshalb sie gerade

hier eingriffen und in unzähligen anderen Fällen nicht.


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