Vimāna Vatthu

1. Sitzbank I

Als der Erwachte in Sāvatthi im Kloster Anāthapindikos weilte, spendeten König Pasenadi, Anāthapindiko und Visakhā viele Tage lang große Almosen, indem sie den Orden mit dem Buddha an der Spitze versorgten. Dieses große Spenden wurde überall in Indien bekannt. Dadurch erhob sich die Frage, ob es für das Verdienst auf die Menge des Gegebenen ankomme oder auf die Gesinnung. Als diese Frage an den Erwachten herangetragen wurde, erwiderte er, daß es nicht allein auf die Größe der Gabe ankomme, sondern mehr auf die Gesinnung und vor allem auf den Empfänger und seine Würdigkeit. Selbst wenn jemand nur ganz wenig gäbe, aber mit gutem Herzen und an eine würdige Person, dann hätte er ein reichliches Verdienst. So sagte auch Sakko der Götterkönig:

 

"Wenn heiter ist das Herz gestimmt,
dann keine Gabe ist gering
an Buddha, den Vollendeten
sowie an dessen Jüngerschaft."

 

Diese Äußerungen des Erwachten wurden ebenfalls in ganz Indien bekannt. Die Folge war, daß die Menschen freudig an Bettler, Notleidende, Asketen und Brahmanen gaben. Sie hielten auf dem Hofe Trinkwasser bereit und errichteten Sitze am Eingang.

 

Damals kam ein gewisser Ordensälterer auf dem Almosengang an ein bestimmtes Haus. Er hatte die Sinne gezügelt und ging mit großer Besonnenheit. Eine Tochter des Hauses, die religiösen Sinn und Ehrfurcht vor den Mönchen hatte, sah jenen Mönch. Da war sie von großer Freude erfüllt, bat ihn hereinzukommen, vollführte die fünffache Niederwerfung und bereitete ihm ihre Sitzbank, indem sie ein frischgewaschenes gelbes Tuch über sie breitete, das sie ihm schenkte. Als er sich gesetzt hatte, war ihr Herz von Freude erfüllt im Gedenken: "Das Feld höchsten Verdienstes ist zu mir gekommen". Sie bediente ihn mit Speise nach ihren Mitteln und nahm einen Fächer, ihm Kühlung zuzufächeln. Nach dem Mahle gab er ihr eine Lehrdarlegung, verbunden mit ihrem Geben von Sitz und Speise. Als sie darüber nachdachte, wurde ihr Körper von großer Freude durchdrungen, und sie schenkte ihm auch die Sitzbank.

Einige Zeit später wurde sie krank und starb. Sie wurde bei den Göttern der Dreiunddreißig wiedergeboren, und zwar in einem zwölf Meilen großen goldenen Vimāna. Sie hatte ein Gefolge von tausend Nymphen. Wegen der Erhabenheit ihrer Gabe ihrer Sitzbank entstand ihr ein goldener Diwan von einer Meile Länge. Der Diwan konnte geschwind durch die Luft fliegen, und er glich einem Giebelhause. Weil sie ein gelbes Tuch gegeben hatte, war der Diwan aus Gold. Und weil sie sofort eine so große Freude im Herzen empfunden hatte, besaß der Diwan die Fähigkeit, sie im Nu zu transportieren. Und weil die Sitzbank einem der Gaben Würdigen gegeben war, konnte der Diwan sich ganz nach ihrem Wunsch bewegen. Und weil ihr freudiges Vertrauen so stark gewesen war, war der Diwan breit und prächtig.

Eines Tages nun begaben sich die Götter ihres Bereiches zum Wonnehain, zum himmlischen Stadtpark, und jeder Gott eilte dorthin mit seiner eigenen Göttermacht. Auch die Frau begab sich mit ihren Nymphen dorthin, indem sie mit ihrem Diwan dorthin flog.

Zu jener Zeit wanderte der ehrwürdige Mahāmoggallāno durch die Götterwelt und erschien dort jener Frau. Sofort stieg sie von ihrem Diwan herab und begrüßte ihn ehrfurchtsvoll. Obwohl er ihre guten und schlechten Taten mit seiner Herzenskunde deutlich erkennen konnte, fragte er sie danach, um den Menschen direkte Kunde davon zu geben. Die Götter wissen bei der Ankunft in ihrer Welt nämlich ganz genau, welche Taten sie dorthin gebracht haben:

Moggallāno:

Dein Diwan, ganz aus Gold gemacht, gar prächtig,
wohin du wünschst, er mit Gedankenschnelle geht.
Du bist geschmückt mit Kränzen, schön gekleidet;
du strahlest, wie der Blitz durch Wolken bricht. (1)

 

Woher solch Schönheit kommt dir zu?
Was war's, das dir nach hier gedieh?
Woher erlangest Fülle du,
an dem, was deinem Geiste lieb? (2)

 

So frag-ich dich, o Göttin, die gar mächtig:
Als Mensch du warst, was an Verdienst hast du gewirkt?
Woher kommt es, daß du so mächtig strahlest,
daß deine Schönheit jede Richtung überhellt? (3)

 

Sprecher:

Die Gottheit, die im Geist beglückt
als Moggallāno sie befragt
erklärt auf seine Frage ihm,
welch Wirken diese Frucht erzeugt: (4)

 

Göttin:

Als unter Menschen ich als Mensch geboren
gab einem Wandrer einen kleinen Sitz ich einst
grüßt ihn respektvoll mit erhobnem Handgruß
und hab im Rahmen meiner Mittel ihn bedient. (5)

 

Daher kommt mir solch Schönheit zu
das ist's, was mir nach hier gedieh
daher erlangt die Fülle ich,
an dem, was meinem Geiste lieb. (6)

 

So zeigt ich dir, o Mönch, der du gar mächtig
was ich als Mensch mir an Verdienst gewirkt hab
Daher kommt es, daß ich so mächtig strahle,
daß meine Schönheit jede Richtung überhellt. (7)

  Oben zeilen.gif (1054 bytes)