THERAGĀTĀ

Mahānipāta

Vangīsa 243)

1209.  (Vangīsa als Novize, als er durch den Anblick schöner Frauen verführt wurde:) Weh mir, dass mich, der ich vom Hause fort in die Heimlosigkeit gezogen bin, diese üblen, Kanha (eine Bezeichnung  für Māra) entsprungenen Vorstellungen überfallen!

 

1210.  Als würden tausend Adelige mit ihren geübten, unerschrockenen Bogenschützen, wohl ausgerüstet, treffsicher, mich belagern! 244)

 

1211.  Aber Frauen?! Wohl denn: Mögen auch ebenso viele Frauen oder mehr noch mich umgeben: Nicht sollen sie verwirren mich, wohl ausgerüstet bin ja durch den Dhamma ich.

 

1212.  Schon als das erstemal ich den Buddha, den Sonnensohn, den Weg nach Nibbāna darlegen hörte, wurde mein Geist dorthin geneigt.

 

1213.  Wenn du, Böser, mich, der ich den heiligen Wandel führe, also bedrängst, dann wisse, o Tod (gemeint ist Māra): Du wirst meinen Weg nicht erkunden (weil ich vollkommen erlöschen werde)!"

 

1214.  Zuneigung und Abneigung völlig hinter sich lassend, aufgebend jegliches Denken nach Art der im Hause Lebenden, sollte man frei von jedwedem (auch dem latenten!) 245) Begehren werden. Denn der ist ein (wahrer) Bhikkhu, der frei von Begehren ist, ohne Verlangen;

 

1215.  denn was auch immer in der Welt Gestalt angenommen hat, sei's auf der Erde hier oder in den höheren Bereichen: All das ist vergänglich, dem Verfall unterworfen. Dies weise erkennend begebe man sich auf die Wanderschaft (als Heimloser).

 

1216.  Durch ihre Beilegungen (upadhī) sind die Wesen verkoppelt mit dem Sichtbaren, dem Hörbaren, dem Tastbaren und den Vorstellungen. 246) Unangelehnt magst du den Durst nach dieser Welt ausmerzen, denn der ist ein Weiser, der das Haften an der Welt überwunden hat.

 

1217.  So pflegen sie (die an der Welt Haftenden) die zahlreichen falschen Ansichten, über sechzig an der Zahl; gewöhnliche Individuen sind sie, schlechtem Wandel hingegeben. Der Bhikkhu aber, der nach keiner and'ren Lehre fragt (als dem Dhamma), um wie vieles mehr wird er das Unheilsame meiden!

 

1218.  Würdig (der Gaben, der Verehrung), seit langem standfesten Geistes lebend, kein Heuchler, nicht begierig: So hat der Weise den friedvollen Zustand (das Nibbāna) erreicht; er wartet, bis die Zeit gekommen, – vollkommen erloschen ist er ja.

 

1219.  (Sich zum Überwinden des Stolzes als begabter Darleger der Lehre ermahnend:) Völlig überwinde den Stolz, du Jünger Gotamas! Lasse den Weg hinter dir, der zur Hoffart führt! Lange Zeit auf den Pfaden des Stolzes wandernd hast oft du es bereuen müssen (infolge entsprechend leidvoller Wiedergeburten).

 

1220.  Verunreinigt durch Verachtung, erdrückt durch Stolz, geraten die Menschen in die Abgründe (des Samsāra). Infolge ihres Stolzes in den Höllen wiedergeboren, erfahren sie dort Leiden eine lange, lange Zeit.

 

1221.  Nicht aber stellt sich Leid für den Bhikkhu ein, der zum Überwinder auf dem Pfade wurde, indem diesen er verwirklichte: Glück und Seligkeit werden ihm zuteil, und zu Recht wird ein Seher des Dhamma (dhammadasa) er genannt.

 

1222.  Deshalb magst du unermüdlich (auf dem Pfad) streben in dieser Welt, ohne Stolz, geläuterten Geistes, von den (fünf) Hemmungen frei; so wirst du, ruhig geworden, nach dem völligen Überwinden des Stolzes weise ein Ende bereiten (dem Kreislauf der Wiedergeburten).

 

1223.  (Vangīsa, beim Anblick schöner Frauen von Gedanken sinnlicher Lust geplagt, wendet sich an Ānanda:) Ich brenne vor Gier nach sinnlicher Lust, entbrannt ist mein Geist! Lehre mich, Gotamide, das Erlöschen, von Erbarmen bewogen!

 

1224.  (Ānanda:) Infolge unweiser Wahrnehmung brennt dein Geist! Meide die Vorstellung der Sinnenlust bei den Erscheinungen! 247)

 

1225.  Richte deinen Geist, wohl konzentriert und gefestigt, auf die Vorstellung des Widerwärtigen, richte die Besonnenheit auf den Körper und pflege so die Reizlosigkeit (ihm gegenüber).

 

1226.  Entfalte das Merkmallose (animitta), reiß aus jedweden Stolz! So wirst du, durch die völlige Durchschauung des Stolzes (auf die Persönlichkeit) den Frieden erlangen.

 

1227.  (Mit Bezug auf eine Lehrdarlegung des Erhabenen:) Das Wort, das weder einem selbst ein Leid zufügt noch einem and'ren: Wahrlich, nur dieses Wort ist recht gesprochen.

 

1228.  Nur liebevolle Worte soll't man sprechen, Worte, die Freude bereiten; solcher Art aber ist das Wort, das keinem and'ren Leid bereitet.

 

1229.  Wahrheit liegt allein in der Verkündigung der Todlosigkeit; dies ist ein ewiges Gesetz. In der Wahrheit stehen die Weisen fest, die Friedvollen, in der Lehre und im Ziel. 248)

 

1230.  Das vom Buddha verkündete, Sicherheit verheißende Wort, das zum Erlangen des Nibbāna, zum Ende des Leidens führende: Dies, wahrlich, ist das höchste Wort!

 

1231.  (Vangīsa preist Sāriputta:) Mit tiefer Weisheit ausgestattet, kundig, die rechten und die falschen Wege kennend, so legt Sāriputta den Mönchen die Lehre dar.

 

1232.  In kurzem Umriss trägt er zunächst die Lehre vor, dann legt er ausführlich dar den Sinn; von Wohlklang seine Stimme ist erfüllt (wörtl.: er spricht mit der schönen Stimme eines Sālikā-Vogels), deutlich spricht er und gewandt.

 

1233.  Beglückend seine Vortragsweise und wohltuend seine Stimme zu vernehmen ist: Voll Freude, beglückten Geistes lauschen ihr die Bhikkhus.

 

1234.  (Nach einer Lehrdarlegung des Erhabenen:) Fünfhundert Bhikkhus haben heut' sich hier versammelt, die höchste Reinheit erstrebend, allesamt Weise, solche, die alle Fesseln und Bande durchtrennt haben, die frei von Kummer sind, künftigem Werden entronnen.

 

1235.  Wie ein die Welt beherrschender König im Gefolge seiner Minister diese weite Welt bis an die Grenzen der Meere durchreist,

 

1236.  so auch folgen und dienen dem Überwinder, dem Sieger im Kampfe, dem unvergleichlichen Lenker der Karavane (= der Buddha) die Jünger, die das Dreifache Wissen erlangt und den Tod überwunden haben.

 

1237.  Sie alle sind Söhne des Gesegneten, kein dumpfer Geist befindet sich unter ihnen. Ihm will ich Ehre erweisen, dem, der den Pfeil des Durstes (der tanhā) herauszureißen weiß, dem Sonnensohn (= der Buddha).

 

1238. Mehr als eintausend Bhikkhus, um den Pfadvollender versammelt, erweisen ihm Ehre, während er die makellose Lehre darlegt, die zu Nibbāna führende, wo jede Furcht überkommen ist.

 

1239.  Der makellosen Lehre, vom Vollkommen Erwachten dargelegt, lauschen sie; der Erwachte, wahrlich, erstrahlt inmitten der ihn verehrenden Mönchsgemeinde.

 

1240.  Als Elefant, Erhabener, wirst du bezeichnet (= eine Metapher für ein großes Wesen), der Seher höchster bist du; einer regenschweren Wolke gleich spendest du deinen Jüngern Segen.

 

1241.  Aus der Zurückgezogenheit seiner (Meditations-)Stätte zurückgekehrt, bewogen durch den Wunsch, den Meister zu sehen, nähert sich dir Vangīsa, der Jünger, um dir, großer Held, Ehre zu erweisen.

 

1242.  Fern den krummen Wegen Māras wandert er, frei von jeglicher Behinderung im Geist. Seht ihn, den Unangelehnten (den nicht Verhafteten), wie er die Fesseln abzuschütteln lehrt, indem die Lehre er in allen ihren Teilen austeilt.

 

1243.  Denn in mannigfacher Weise hat er den Weg zum Überqueren der Flut 249) gelehrt, aufgezeigt hat er das Todlose (das Nibbāna): Unerschütterlich fest stehen deshalb die Seher des Dhamma.

 

1244.  Das Licht durchdringender Weisheit bringt er (in die Dunkelheit), die Aufhebung aller Standorte des Geistes hat er geschaut 250). Was so von ihm erkannt und erfahren wurde, das hat er uns gelehrt.

 

1245.  Wohl dargelegt auf diese Weise ward die Lehre; wer, der sie vernommen, möchte noch der Lässigkeit sich hingeben?! So möge unermüdlich man sich in des Erhabenen Lehre üben, ihm Ehrfurcht weihend immerdar.

 

1246.  (In Lobpreisung des Thera Aññakondañña:) Wer in des Buddha Pfaden zur Erwachung fand, Kondañña, voller Energie: Gar oft verweilt glückselig er, einsam, abgeschieden.

 

1247.  Was da auch immer einem Jünger zuteil werden kann, der des Meisters Botschaft verwirklicht, all dies hat er erlangt, besonnen, unermüdlich ringend.

 

1248.  Ausgestattet mit großer Macht 251), im Besitze des Dreifachen Wissens, der and'ren Menschen Gedanken kennend, erweist Kondañña dem Meister Verehrung, ihm zu Füßen.

 

1249.  (Vangīsa preist Mahāmoggallāna, als dieser erkannte, dass zahlreiche Mönche die Erlösung erlangt hatten:) Die Jünger (des Buddha), ausgestattet mit dem Dreifachen Wissen, des Todes Überwinder, erweisen dem am Fuße eines Baumes sitzenden großen Weisen Verehrung, der das Ufer jenseits des Leidens erreicht hat;

 

1250.  und Moggallāna, kraft seiner übernatürlichen Fähigkeiten 252) den Geist jener (Jünger) durchdringend, erkennt sie als völlig losgelöst, von jedwedem Ergreifen befreit (nirūpadhim).

 

1251.  Sie alle erweisen Gotama (dem Buddha) Verehrung, dem Weisen, der in jeglicher Hinsicht vollendet ist, nachdem (auch) sie das Ufer jenseits des Leidens erreicht haben, mit vielerlei Fähigkeiten ausgestattet.

 

1252.  (Vangīsa, die strahlende Erscheinung und die Weisheit des Erhabenen preisend:) Wie wenn am wolkenlosen, klaren Himmel, der Sonne gleich der helle Mond erstrahlt, so, Angīrasa, erstrahlt die ganze Welt in deinem Glanz, o großer Weiser!

 

1253.  (Ein Heiliger geworden, gedenkt Vangīsa seines Lebens vor dem Gang in die Heimlosigkeit sowie des Buddha:) Durch hellseherische Gaben einst berauscht wanderte ich von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt. Da begegnete ich dem Erwachten, der das Ufer jenseits aller Dinge (alles Hervorgebrachten) erreicht hatte.

 

1254.  Der Weise, der an das Ufer jenseits des Leidens gelangt war, legte mir die Lehre dar. Als ich die Lehre vernahm, ward ich von Zutrauen und Freude erfüllt: Vertrauen stieg in mir auf.

 

1255.  Seinen Worten lauschend, wohl belehrt hinsichtlich der (Haftens-)Gruppen, den (sechs) Sinnengebieten und den Elementen (aus denen alles Gewordene entsteht), zog ich fort in die Heimlosigkeit.

 

1256.  Wahrlich, zum Segen und Heil all derer, die ihre Botschaft erfüllen, erstehen die Tathāgatas (die Buddhas) in der Welt!

 

1257.  Wahrlich, zum Segen und Heil jener Mönche und Nonnen, die den Weg (zur Erlösung) schauen und verwirklichen, ist der Weise zur Erwachung gelangt!

 

1258.  Wohl aufgezeigt hat der große Seher die Vier Hohen Wahrheiten, der Buddha, der Sonnensohn, von Erbarmen bewogen für die Lebewesen:

 

1259.  das Leiden, die Entstehung des Leidens, seine Überwindung und den edlen Achtfachen Pfad, der zur Überwindung des Leidens führt.

 

1260. So wurden die Lehren aufgezeigt, und klar durchdrang und schaut' ich sie. Das höchste Ziel hab’ ich erreicht, die Botschaft des Buddha ist erfüllt.

 

1261.  Zum Segen, wahrlich, gereichte es mir, zum Heil, wahrlich, gereichte es mir, dem Buddha begegnet zu sein! Von allen Dingen, die unter den Menschen verteilt werden, habe ich das Beste erlangt! 253)

 

1262.  Vollkommenheit in den übernatürlichen Fähigkeiten ward mir zuteil, völlig geläutert ist das göttliche Ohr, im Besitz des Dreifachen Wissens bin ich, magiegewaltig (zu den magischen Fähigkeiten s. die Endn. 160 im Kap. 19. Vīsatinipāta), und anderer Wesen Geist (Gedanken) erkenne ich.

 

1263.  (Vangīsa fragt den Erhabenen, ob sein verstorbener Unterweiser völlig erloschen sei: 254) Den abgrundtief Weisen frage ich, den Lehrer, der alle Ungewissheit in der sichtbaren Welt behebt: „Es ist da, hier bei Aggālava, ein Bhikkhu verstorben, weithin geehrt und geachtet; ist dieser wohl vollkommen erloschen?

 

1264.  Nigrodha-Kappa hast du selbst diesen (wahren) Brahmanen einst genannt, Erhabener. Die Erlösung erstrebend, Energie entfaltend wanderte er, dir Ehre bereitend allezeit, ein Seher des Todlosen. 255)

 

1265.  Dieses Jüngers Gang, o alles erkennender Sākyer 256), möchten wir erfahren. Bereit sind wir, deine Worte zu vernehmen: Der unübertroffene Meister bist du ja!

 

1266.  Beseitige unsere Ungewissheit, enthüll uns dies: Künde uns, du großer Weiser, dass jener (der verstorbene Nigrodhakappa) vollkommen erloschen ist! Sprich zu uns, großer Seher, wie Sakka, der tausendfach Sehende, inmitten der Gottheiten zu diesen spricht!

 

1267.  Was es auch immer als Frucht des Nichtwissens an Fesseln gibt und an Wegen der Verblendung, was es da auch an Ursachen des Zweifels geben mag: Keinen Anhalt findet dieses alles im Tathāgata, dessen durchdringendes Auge (Erkennen) unübertroffen ist unter den Menschen (und Göttern).

 

1268.  Wenn der Mensch die Befleckungen nicht völlig reißt heraus, gleichwie der Wind die Wolkenmassen treibt hinweg: In Finsternis 257) ist ihm die ganze Welt gehüllt, und selbst die Leuchtenden 258) könnten sie ihm nicht erhellen.

 

1269.  Die Weisen, wahrlich, bringen Licht (in diese Welt); ein solcher Weiser bist du ganz gewiss. Wir wenden uns an dich, der du weise bist, erkennst und siehst: Mögest du der Versammlung den Gang des Nigrodhakappa verkünden!

 

1270.  Lass deine klare Stimme uns vernehmen, du Vortrefflicher, dem anmutigen Schwane gleich, der melodisch seine sanfte Stimme lässt erklingen: Aufgerichteten Geistes lauschen wir deinen Worten! 259)

 

1271.  Ihn, der Geburt und Tod entronnen ist, sie völlig überwunden hat, ihn will ich dazu bewegen, den Sachverhalt 260) darzulegen. Nicht vermag ja der gewöhnliche Mensch (puthujjana) seinem Ziel entsprechend zu handeln, – die Tathāgatas 261) aber handeln in Einklang mit ihrem Ziel. 262)

 

1272.  Wie du es uns erklärst, so ist es, denn vollkommen ist deine Weisheit; zög're nicht, lass uns nicht ohne Klärung, denn du bist der in der Weisheit Vollendete.

 

1273.  Du, der du die Edle Lehre in allen ihren Teilen ergründet hast, mögest du nicht unsere Bitte überhören, denn du bist der Wissende und du hast die Kraft (den Gang des Verstorbenen zu erkunden).

 

1274.  Gewiss wird doch der heilige Wandel, den jener aus dem Stamm der Kappas lebte, nicht ohne Frucht geblieben sein?! Ist er mit einem Rest von Beilegungen erloschen, oder als ein vollkommen Erlöster? 263)

 

1275.  (Der Buddha:) „Ausgemerzt hat er jedweden Durst nach Körper und Geist, abgeschnitten hat er den mächtigen Strom des Begehrens: Völlig überwunden hat er Geburt und Tod." Also sprach der Erhabene, der Höchste der Menschen.

 

1276.  (Vangīsa:) Deine Worte habe ich vernommen, großer Weiser, und von Vertrauen bin ich erfüllt. Nicht ohne Antwort, wahrlich, blieb meine Frage; der (wahre) Brahmane 264) hat meine Erwartungen erfüllt:

 

1277.  Wie er sprach, so handelte er, ein echter Jünger des Buddha: Das starke Netz, vom trügerischen Tod ausgelegt, hat er durchtrennt!

 

1278.  Die Ursache des Haftens hat Kappiya geschaut, Erhabener. Den ach so schwer zu überkommenden Bereich des Todes hat er hinter sich gelassen!

 

1279.  Vor dir verneig' ich voller Ehrfurcht mich, der du auch die höchsten aller Götter übertriffst! Vor dir, Höchster unter den Menschen, verneig' ich mich, und vor deinem (geistigen) Sohn, dem Edlen (Nigrodhakappa), der deinen Spuren folgte, ein großer Überwinder, ein großes Wesen, eines großen Wesens wahrer Sohn!


Anmerkungen:

243)    Vor seinem Eintritt in den Mönchsorden war Vangīsa mit zahlreichen Brahmanen als Wahrsager durch das Land gezogen; durch das Berühren des Schädels eines Verstorbenen meinte er, feststellen zu können, wo dieser wiedergeboren war. Als er dann einmal dem Erhabenen gegenübersaß, sah er, dass er außerstande war, den Verbleib eines verstorbenen Arahats festzustellen (was schon deshalb nicht möglich war, weil ein Heiliger dem Kreislauf der Wiedergeburten entronnen ist); so trat er in den Orden ein, mit der Absicht, auch diese Kunst zu erlernen, ein Streben, das er bald aufgab: Vangīsa verwirklichte selbst die Heiligkeit.

244)    Mehrere Deutungen sind möglich, so z.B. in folgendem Sinn: „Selbst wenn mich tausend lärmende Krieger umgäben, könnt' ich nicht ärger verwirrt, zerstreut, vom Pfade abgelenkt werden!"; oder auch: „Ach, würden doch tausend Krieger mich beschützen vor dem Ansturm sinnlicher Vorstellungen!"

245)    nibbanāthā avanata: Ein Wortspiel: vanatha = das Bodengestrüpp im Wald, Buschwerk, auch Begehren, Lust; nibbanāthā: frei von Begehren (Childers, Pāli Dict., p. 548). Die Stelle bezieht sich also nicht nur auf die bewussten, mächtigen Bäumen gleichenden Regungen des Wollens; sie impliziert vielmehr auch das „Bodengestrüpp" des Begehrens, d.h. das latent vorhandene Wünschen.

246)    In der Aufzählung wurde das Riech- und Schmeckbare ausgelassen.

247)    Der Text kann auch in folgendem Sinn gedeutet werden:

„Meide die verführerischen, dich reizenden Erscheinungen!", und tatsächlich wird er, hier und anderswo (z.B. Su.-Ni. 34l u.a.) oft in diesem Sinn übersetzt. Nach der buddhistischen Lehre aber liegt der Reiz „nicht in den mannigfachen Sinnenobjekten, sondern im begehrlichen Denken" (Sam. XXXV.191 u.a.); wäre dem nicht so, dann gäbe es keine andere Möglichkeit der Überwindung der Gier als die der Verdrängung, und nichts anderes hätte Ānanda dann dem Mönch empfohlen. Der buddhistische Pfad lehrt aber keine Loslösung auf dem Weg bloßen Verdrängens, sondern auf dem Weg eines der Wirklichkeit gemäßen Durchschauens des begehrten Objektes. Dies heißt jedoch nicht, dass Dinge, die Begehren hervorrufen, grundsätzlich nicht zu meiden seien; es gibt vielmehr „Einflüsse, die meidend zu überwinden sind (Majjh. 2); dieses Vorgehen erleichtert die Überwindung des Haftens, führt aber für sich allein nicht zur Überwindung schlechthin: Dies vermag allein die wirklichkeitsgemäße Durchschauung. — Norman fügt Nr. 1224 noch einen 2. Teil hinzu, (= „1224 B"); im Original der Pāli Text Society findet sich dieser Anhang nicht, ebensowenig bei C.A.F. Rhys Davids oder Neumann.

260)    nimitta: Kennzeichen, Merkmal, Vorstellung usw., - animitta: Das Merkmallose, das von Attributen oder Kennzeichen Freie, nicht durch äußere Merkmale Verunreinigte, das Nicht-Hervorgebrachte. Animitta als nicht hervorgebracht ist nicht identisch mit dem Begriff asankhato: Das Merkmallose liegt jenseits der drei Merkmale alles Hervorgebrachten (vergänglich, leidbringend, nicht-das-Selbst).

248)    Norman deutet die Stelle sehr schön wie folgt: „...In der Wahrheit, so sagen die Guten, gründen Ziel und Lehre."

249)    Die Flut:  Die Flut des Samsāra bzw. die Vier Fluten: Die Flut der Sinnenlust, der Gier nach Werden, der Ansichten und des Nichtwissens (z.B. Sam. XXXV. 197).

250)    d.h. er haftet an keinem von ihnen, er verweilt völlig unangelehnt

251)    Im Sinne der übernatürlichen Fähigkeiten zu verstehen.

252)    Es ist hier das „göttliche Auge" gemeint.

253) Vgl. Nr. 9.

254) Vgl. Su.-Ni. 343.

255)    dalhadhammadassi: wörtl.: Ein Seher dessen, was feststeht, nicht wankt, nicht welkt = Gemeint ist amata, das Todlose (das Nibbāna).

256)    Laut Original-Text wendet sich Vangīsa an Sakka, den Götterkönig; C.A.F. Rhys Davids dürfte in der Annahme richtig liegen, dass es sich hierbei um eine Verwechslung dieses Begriffes mit der oft auf den Erhabenen angewendeten Anrede als Sākyer handelt; tatsächlich gab es ja für den Fragenden keinerlei Anlass, statt den ihm gegenüber stehenden und von ihm bereits angesprochenen Buddha nun plötzlich eine Gottheit in einer so subtilen Angelegenheit um Aufklärung zu bitten.

257)    Weil er sie infolge seines Nichtwissens nicht der Wirklichkeit gemäß erkennt und durchschaut.

258)    joti: Licht, Feuer, Gestirn; jotimanta: Leuchtendes Gestirn, aber auch ein durch große Weisheit Leuchtender, einer, „der Licht in die Finsternis bringt“. Der Text will also ausdrücken, dass auch kein Weiser, auch kein Buddha, eigene Läuterung, Konzentration und Weisheit zu ersetzen vermögen.

259)    ujjugatha: aufrecht stehend, aber auch: lauteren, aufgerichteten Geistes.

260)    Dhamma: Lehre, aber auch Ding im umfassendsten Sinn des Wortes; Vangīsa bat den Erhabenen hier sicherlich nicht um eine Lehrdarlegung, sondern, wie deutlich aus dem Vorangehenden hervorgeht, um eine Aussage über die den Verstorbenen betreffenden Umstände.

261)    In diesem Fall wird nicht der Erhabene als Tathāgata bezeichnet, sondern der verstorbene Nigrodhakappa, der ja ein Heiliger war: In seltenen Fällen wird der Begriff Tathāgata auch auf einen Heiligen angewandt, so z.B. auch in Nr. 1206. – Vangīsa will demnach sagen: Da der Verstorbene ein Heiliger war, hat er ja wohl sein Ziel, völlig zu erlöschen, erreicht.

262)    Der Sinn dieses ganzen zweiten Teils von Nr. 1271 ist äußerst schwer zu deuten, weshalb die verschiedenen Übersetzungen erheblich voneinander abweichen: Was ist unter dem Ziel, den Wünschen des Weltmenschen zu verstehen, die ihm nicht in Erfüllung gehen, weil er nicht in Einklang mit ihnen handelt? Ist seine Sehnsucht nach Glück gemeint, die infolge seines nichtwissenden, unheilsamen Wirkens nur Leiden im Gefolge hat, während der das höchste Ziel erstrebende Buddhajünger in Werken, Worten und Gedanken zielgerichtet wirkt?

263)    Das Erlöschen = Nibbāna. Man unterscheidet zwischen dem vollkomme-   nen Erlöschen nach dem letzten Tode des Heiligen (= das Nibbāna ohne einen Rest von Beilegungen: anupādisesa-nibbāna ) und dem Nibbāna „mit einem Rest von Beilegungen", d. h. das zu Lebzeiten erlangte Nibbāna, während man noch die (letzten) Haftensgruppen trägt (upādisesa-nibbāna); mit seiner Frage will Vangīsa offensichtlich erfragen, ob der Verstorbene zunächst mit einem Rest von Anhaften (also noch nicht vollkommen erlöst) in einer der höchsten Welten wiedererschienen war, um erst von dort aus völlig zu erlöschen.

264)    Hier wird der verstorbene Nigrodhakappa als Brahmane bezeichnet, wobei nicht die Kastenzugehörigkeit gemeint ist, sondern der ursprüngliche Sinn des Begriffes: Heiliger, Vortrefflicher. (Daher auch brahma-vihārā = göttliche Verweilungen, Unermesslichkeiten.) Vangīsa ist beglückt, zu erfahren, dass sein verstorbener und verehrter Unterweiser vollkommen erloschen ist, wie er, sein Schüler, es geahnt hatte.


  Oben