SUTTA-NIPĀTA, Lehr-Dichtungen

II:14. Dhammika (Dhammika-Sutta)

 

So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene zu Sāvatthi, im Jeta-Hain, im Kloster Anāthapindikas. Es begab sich da der Laienjünger Dhammika zusammen mit fünfhundert Laienjüngern zum Erhabenen. Beim Erhabenen angelangt, verehrte er ihn ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Seitwärts sitzend redete der Laienjünger Dhammika den Erhabenen mit diesen Versen an:

 

376 (DHAMMIKA)

Ich frage dich, o Gotama, du Weisheitsreicher:
Wie handelnd werden die zu rechten Jüngern,
Die aus dem Hause ziehn und Mönche werden
Und die als Laienjünger leben in der Welt?

 

377

Du kennst für diese Welt mit ihren Göttern
Den Weg ins Dasein* und den Weg zum Andern Ufer**!
Als tiefsten Sinnes Kenner bist du unvergleichlich,
Den "Höchsten Buddha" nennt man dich zu recht!

 


* Weg ins Dasein (gati; wtl.: die Daseinsfährte), d.h. die fünf Möglichkeiten der Wiedergeburt: Hölle, Tierreich, Gespensterreich, Menschen- und Götterwelt.

** Weg zum Andern Ufer (parāyanam) ist auch der Titel des letzten Buches des Sn.


 

378

Nachdem du alles Wissen hast durchdrungen,
Aus Mitleid mit den Wesen zeigtest du die Lehre.
Der Schleier-Lüfter bist du, allsehend Auge!
Du leuchtest makellos durch alle Welt!

 

379

Hin zu dir kam der Elefanten-Fürst,
Erāvana* genannt, vom Leidbesieger hörend.
Auch er, um Rat dich fragend, war gekommen;
Beglückt dir Beifall spendend, als er dich gehört.

 


* Erāvana ist Indras Elefant und ein Gott der Sinnen-Region


 

380

Vessavana Kuvera* auch, der Himmelskönig,
Kam zu dir, um die Lehre dich befragend.
Auf seine Fragen gabst auch ihm du Antwort.
Er auch, dich hörend, war beglückt.

 


* Vessavana Kuvera ist einer der Vier Großen Könige, welche die Herrscher des niedrigsten Himmels der Sinnen-Region (kāmāvacara) sind. Er ist der 'Welthüter' des Nordens und der Gott des Reichtums.


 

381

All die Sektierer, die gern Streitgespräche führen,
Ob sie Ājīvakas*, ob sie Niganther auch,
Sie alle können dich an Weisheit nicht erreichen,
Wie schnellen Wanderer nicht erreicht, wer stille steht.

 


* Die Ājīvakas waren die Anhänger des in den Texten häufig genannten Makkhali Gosāla. Die Niganther sind die Vorgänger der heutigen Jainas.


 

382

All jene Priester, die gern Streitgespräche führen,
Selbst wenn's bejahrte Priester sind,
Von dir erwarten sie die Klärung ihrer Fragen;
Und so auch andere, die sich "Philosophen" dünken.

 

383

Tiefgründig und beglückend ist ja diese Lehre,
Die du, Erhabener, so gut verkündest!
Begierig sind wir alle, sie zu hören.
So spreche nun zu uns, o Höchster Buddha!

 

384

All diese Mönche und auch Laienjünger,
Die hier zusammensitzen, um zu lauschen,
Wie Götter auf des Götterkönigs Wort, -
Lass' sie die Lehre hören, die der Makellose fand.

 

385 (DER ERHABENE)

So hört auf mich, o Mönche! Kund machen will ich euch
Die läuterungskräftige Lehre! Ihr alle möget sie bewahren
Des Körpers Haltung sei, wie für Asketen es sich ziemt.
Dies soll ein Weiser, der sein Heil erkennt, befolgen.

 

386

Zur Unzeit ziehe nicht umher der Mönch;
Um Brockenspeise gehe er zum Dorf beizeiten.
Den Wanderer zur Unzeit mögen Schlingen fangen;
Daher zur Unzeit wandern nicht Erwachte.

Siehe M.66 (Anfg.) und M.69.

 

387

Die Formen, Töne, Säfte, Düfte, die Berührung auch,
An denen sich die Wesen so berauschen,
Hat er von diesen Dingen abgelöst den Willen,
Dann gehe um sein Frühmahl er beizeiten.

 


K verweist hierzu auf M.151: 'Almosenläuterung'.


 

388

Hat seine Brockenspeise dann der Mönch erhalten,
Allein geh' er zurück, und abgesondert setze er sich nieder.
Nach innen richte er sein Denken, und nicht nach außen schweifen
Lasse er den Geist. Sein ganzes Wesen fass' er fest zusammen!
 

Siehe Majjh. 21


 

389

Doch wenn Gespräch er führt mit einem Jünger,
Mit irgend andern Leuten oder einem Mönch,
Von der erhabenen Lehre soll er reden,
Doch nicht verleumden, nicht den Nächsten tadeln.

 

390

Es lassen manche sich auf Streitgespräche ein;
Nicht können wir sie loben, die gering an Einsicht.
In Schlingen fangen sie sich hier und dort,
Denn weithin lassen sie ihr Denken schweifen.

 


Es lassen manche sich auf Streitgespräche ein (vādam . . .patiseniyanti); wtl.: stellen sich zum Streitgespräch in (feindlichen) Heerlagern entgegen; s. Anm zu v. 793.

Zeile c/d. Sie fangen sich in den Schlingen der Disputiersucht unhaltbarer Behauptungen und aufgeregten Wortwechsels, welche alle, wie K sagt, "weit ab von Geistesruhe und Klarblick führen", den eigentlichen Aufgaben des Mönchs.


 

391

Die Brockenspeise, Klause und das Ruhelager,
Das Wasser, abzuspülen des Gewandes Schmutz,
Ein Jünger hoher Weisheit nütze dies besonnen,
Als Hörer jener Lehre, die der Meister wies.

 

392

Daher an Brockenspeise und am Ruhelager,
Das Wasser, abzuspülen des Gewandes Schmutz, -
An diesen Dingen soll der Mönch nicht haften,
Wie Wassertropfen nicht am Lotus hängt.

 

*

 

393

Von Hausners Regel will ich euch nun sprechen.
Befolgend sie, wird man ein rechter Jünger.
Doch nicht ist's möglich, mit Besitz behaftet
Des Mönchtums ganze Satzung zu erfüllen.

 

394

Kein atmend Wesen soll er töten oder töten lassen
Und billige es nicht, wenn andere töten.
Er lasse von Gewalt bei allen Lebewesen,
Bei starken und bei schwachen in der Welt.

 

395

Dann soll ein Jünger gänzlich meiden
Was irgend er als Nicht-Gegebenes weiß.
Er stehle nicht und billige nicht das Stehlen.
Was nicht gegeben, soll er gänzlich meiden.

 

396

Unkeuschen Wandel meide der Verständige,
Wie eine Kohlengrube, die in Flammen steht.
Doch ist er nicht imstande, völlig keusch zu leben,
An eines andern Weib soll er sich nicht vergehen.

 

397

In der Gerichtsversammlung oder anderen Zusammenkünften,
Auch einer zu dem anderen allein, soll Falsches nimmer sprechen.
Zu falscher Rede stifte er nicht an und stimme solcher auch nicht zu.
Alles, was unwahr, soll er gänzlich meiden.

 

398

Berauschendes Getränk soll er nicht zu sich nehmen,
Der Hausner, welcher dieser Lehre anhängt,
Zum Trinken lade er nicht ein und stimme nicht den Trinkern zu.
Denn er weiß wohl, daß dies in Wahnsinn endet.

 

399

Im Rausche nämlich tun die Toren Übles,
Verführen andere auch, die leicht sich gehen lassen.
Man meide daher diese Quelle vieler Schuld*,
Solch Wahnsinn und Verblendung, die der Toren Freude.

* Quelle vieler Schuld (appuññāyatanam). Die von K.E.N. vorgezogene, ganz vereinzelte Lesart asaññāyatana ist unwahrscheinlich, da asañña völligen Bewußtseinsmangel, nicht aber Bewußtseinstrübung oder zeitweiligen Bewußtseinsschwund bedeutet.

Nach der Behandlung der für jeden buddhistischen Laien verbindlichen fünf Sittenregeln in v. 394-399 folgt nun in v. 400-401 die Aufzählung der acht Regeln, die ein ernster Laien-Anhänger an den im folgenden erwähnten Feiertagen (uposatha) einhalten soll .


*

400

Kein atmend Wesen soll der Jünger töten,
Und Ungegebenes eign' er sich nicht an.
Nicht sprech' er Lüge, trinke keinen Rauschtrank,
Von Unkeuschheit und Paarung halte er sich fern.
Ein Abendmahl zur Unzeit soll er nicht genießen.

 

401

Nicht schmück' er sich, mit Blumenkränzen,
Und Wohlgerüche soll er nicht benutzen.
Sein Ruhelager spreit' er auf dem Boden.
Dies gilt als achtfaches Gebot am Feiertag,
Wie es vom Leidbeender ward gekündet.

 

402

Der vierzehnte, der fünfzehnte und achte Tag
Des halben Monats sei als Feiertag begangen.
Auch der Halbmonats-Tag der als "Besonderer"* gilt.
Andächtig möge er sie sämtlich feiern,
Die Tage dieses achtfachen Gelübdes.

 


Auch der Halbmonats-Tag, der als 'besonderer' gilt (pātihā riyapakkha). Dies sind wohl alte, vorbuddhistische Feiertage gewesen. K gibt nichts über ihre Bedeutung, und auch über Ausdehnung und Zeitpunkt macht er verschiedenartige Angaben, ohne sich für eine zu erklären.


 

403

Wenn der Verständige den Feiertag begeht,
Soll er mit Speis und Trank am Morgen
Gebührend sorgen für die Mönchsgemeinde,
Vertrauenden Gemütes, frohen Sinns.

 

404

In rechter Weise soll er für die Eltern sorgen,
Und rechtlichem Erwerbe geh' er nach.
Ein Hausner, dieser Regel unablässig folgend,
Geht zu den Göttern ein, die "Selber-Leuchtend" heißen.

 


Selber-leuchtend (sayampabbe) ist, lt. K, eine Bezeichnung der Gottheiten der sechs Himmel der Sinnenregion.


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