Jātakam, Wiedergeburtsgeschichten

430. Die kleine Erzählung von dem Papageien (Culla-Suka-Jataka)

„Viel Bäume gibt 's mit grünen Blättern“

 

§A. Dies erzählte der Meister, da er im Jetavana verweilte, mit Beziehung auf die Veranja-Abteilung [1]. Als nämlich der Meister zu Veranja die Regenzeit zugebracht hatte und allmählich wieder nach Savatthi zurückgekehrt war, begannen die Mönche in der Lehrhalle folgendes Gespräch: „Freund, der Vollendete, dieser zarte Prinz, dieser zarte Buddha, der mit großer Wunderkraft ausgestattet ist, hat, als er vom Brahmanen Veranja eingeladen dort drei Monate zubrachte und durch den Einfluss Maras [2] von diesem nicht an einem einzigen Tage Almosenspeise erhielt, die Begierde nach besserer Speise unterdrückt und sich drei Monate lang von einer kleinen Menge Wurzelmehl und Wasser ernährt. O wie bescheiden und genügsam ist der Vollendete.“ Da kam der Meister und fragte: „Zu welcher Unterhaltung, ihr Mönche, habt ihr euch jetzt hier nieder gelassen?“ Als sie antworteten: „Zu der und der“, sprach er: „Nichts Wunderbares, ihr Mönche, ist die Unterdrückung der gierigen Gefühle bei dem Vollendeten, der in früherer Zeit, als er in der Familie der Tiere wiedergeboren war, auch schon die Gier nach Speise unterdrückte.“ Nach diesen Worten erzählte er folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.

 

§B.

§D. Die ganze Geschichte gleicht genau der soeben angeführten. Folgendes sind die Strophen:

§1. „Viel Bäume gibt 's mit grünen Blättern,

die reich an mannigfachen Früchten;

warum hast du am trocknen Stumpfe,

Papagei, nicht die Lust verloren?“

 

§2. „Von seinen Früchten schmausten wir

wohl viele, viele Jahre lang;

auch da wir früchteleer ihn sehen,

bleibt unsre Freundschaft wie zuvor.“

 

§3. „Doch wenn den Baum sie trocken sehen,

von Blättern leer und ohne Früchte,

so ziehen fort von ihm die Vögel.

Wie kannst du dies als Schuld betrachten?“

 

§4. „Die ihn der Früchte wegen ehren

und, wenn er früchteleer, verlassen,

die sind auf eignes Wohl nur aus,

sind Toren voll Parteilichkeit.“

 

§5. „Gut ist es, dass du Freundschaft hältst

und Liebe zeigst und Freundestreue;

wenn diese Tugend du erwählst,

wirst du gepriesen von den Weisen.

 

§6. Drum einen Wunsch gewähr ich dir,

Papagei, der du fliegst in Lüften;

drum wünsche, Krummschnäbeliger,

was immer du im Herzen willst.“

 

§7. „Wir möchten gerne wieder sehen

den Baum voll Blättern und voll Früchten;

wenn hier ich Armer Zuflucht fände,

ich würd' mich immer wieder freuen.“

 

§8. „Dann nahm er Wasser her und weihte

den Baum für die Unsterblichkeit;

und seine Äste wuchsen wieder

lieblich zu sehn mit kühlem Schatten.“

 

§9. „So mögst du, Sakka, glücklich leben

mit allen deinen Anverwandten,

wie heut' ich wieder glücklich bin,

da ich den Baum voll Früchten sehe.“

 

§10. Da nach dem Wunsch des Papageien

voll Früchten er den Baum gemacht,

kehrt' mit der Gattin er zurück

nach Nandana, dem Götterwohnsitz.

 

§C. Nachdem der Meister diese Unterweisung beschlossen hatte, verband er das Jataka mit folgenden Worten: „Damals war Sakka Anuruddha, der Papageienkönig aber war ich.“

Ende der kleinen Erzählung von dem Papagei


[1] Dies ist eine Abteilung des Vinaya-Pitaka, nämlich die ersten vier Kapitel des ersten Buches des Parivara-Patha.

[2] Also auch dies wird als eine der Versuchungen Maras aufgefasst. Vgl. „Leben des Buddha“, S. 349.


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