Jātakam, Wiedergeburtsgeschichten

210. Die Erzählung von Kandagalaka (Kandagalaka-Jataka)

„Holla, was ist dies für ein Baum“

 

§A. Dies erzählte der Meister, da er im Veluvana verweilte, mit Beziehung auf die Heiligen-Nachahmung [1]. — Als nämlich damals der Meister hörte: „Devadatta hat die Heiligen-Nachahmung betätigt“, sprach er: „Nicht nur jetzt, ihr Mönche, ist Devadatta ins Verderben gestürzt, da er mir nachahmte, sondern auch früher schon ging es ihm so.“ Und nach diesen Worten erzählte er folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.

 

§B. Als ehedem zu Benares Brahmadatta regierte, wurde der Bodhisattva als ein Baumpicker-Vogel wiedergeboren. In einem Khadira-Walde [2] suchte er sich sein Futter; darum hieß er Khadiravaniya (= „der Khadira-Wald-Bewohner“). Er hatte einen Freund namens Kandagalaka (= „Zwiebelhals“); dieser suchte sein Futter in einem Walde von süßen Obstbäumen.

Eines Tages besuchte er den Khadiravaniya. Weil sein Freund gekommen, ging Khadiravaniya mit Kandagalaka in seinen Akazienwald, bohrte einen Akazien-Stamm mit seinem Schnabel an und holte aus dem Baume die Würmer heraus, die er seinem Freunde gab. Kandagalaka zerriss alle Würmer, die er erhielt, wie süße Kuchen und verzehrte sie.

Während er aber so aß, wurde er hochmütig und dachte: „Dieser ist in der Baumpicker-Familie wiedergeboren und ich auch. Was soll mir die von ihm gegebene Nahrung? Ich werde mir selbst im Akazienwalde mein Futter suchen.“ Und er sprach zu Khadiravaniya: „Freund, dass dir kein Leid zustößt! Ich werde selbst im Akazienwalde mein Futter holen.“ Der andere aber entgegnete ihm: „Du, mein Lieber, bist in einer Familie aufgewachsen, die in kraftlosem Holze, wie in Simbali-Bäumen, süßen Obstbäumen u. dgl. ihre Nahrung sucht. Die Akazien aber sind sehr hart und fest; möge dir dies nicht gefallen.“

Kandagalaka aber dachte: „Wie, bin ich nicht auch in der Baumpicker-Familie geboren?“ Und ohne auf die Worte des anderen zu hören, ging er rasch hin und hackte auf einen Akazienbaum mit seinem Schnabel. Sogleich aber brach ihm sein Schnabel, seine Augen sahen aus, als wollten sie herausfallen, und sein Schädel zerbarst. Da er sich nicht am Stamme halten konnte, fiel er auf die Erde nieder und sprach dabei folgende erste Strophe:

§1. „Holla, was ist dies für ein Baum

mit weichen Blättern, voll von Dornen,

wo ich durch einen Schnabelhieb

mir meinen Kopf zerbrechen musste?“

Als dies Khadiravaniya hörte, sprach er folgende zweite Strophe:

§2. „Er wandelte bisher auf weichem Holze,

auf Hölzern, leicht zu spalten, ohne Kraft;

doch jetzt ging zur Akazie er, der harten,

und hier zerbrach der Vogel seinen Kopf.“

Nach diesen Worten fuhr Khadiravaniya fort: „He, Kandagalaka, der Baum, an dem du dir deinen Kopf zerschmettert hast, eine Akazie ist dieser feste Baum.“ Jener aber kam dortselbst ums Leben.

 

§C. Nachdem der Meister diese Unterweisung beschlossen, verband er das Jataka mit folgenden Worten: „Damals war Kandagalaka Devadatta, Khadiravaniya aber war ich.“

Ende der Erzählung von Kandagalaka


[1] Vgl. „Leben des Buddha“. S. 186.

[2] Khadira ist die Akazie, Acacia catechu, wegen ihres harten Holzes bekannt.


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