Jātakam, Wiedergeburtsgeschichten

127. Die Erzählung von Kalanduka (Kalanduka-Jataka)

„Denk an die Abkunft, deinen Stand.“

 

§A. Dies erzählte der Meister, da er im Jetavana verweilte, mit Beziehung auf einen prahlerischen Mönch.

§D. Die beiden Begebenheiten gleichen den im Katahaka-Jataka [1] erzählten.

 

§B. Dort war aber dieser ein Sklave des Großkaufmanns von Benares namens Kalanduka. Als dieser davongelaufen war, die Tochter des Großkaufmanns erhalten hatte und in großem Glanze lebte, schickte der Großkaufmann von Benares, der nach ihm gesucht hatte und nicht wusste, wohin er gegangen war, seinen Sohn, einen jungen Papagei [2], weg mit den Worten: „Gehe und suche Kalanduka.“ Der junge Papagei kam da- und dorthin und gelangte auch in jene Stadt.

Zu dieser Zeit hatte Kalanduka Lust bekommen, sich auf dem Flusse zu belustigen; und er ließ viele Girlanden, Wohlgerüche und Salben, ferner feste und flüssige Speisen mitnehmen und ging zum Flusse hin. Hier bestieg er mit der Großkaufmannstochter zusammen ein Schiff und spielte im Wasser. — In diesem Lande aber pflegen die Herrenleute, wenn sie sich im Wasser belustigen wollen, Milch zu trinken, die mit scharfer Arznei vermischt ist; wenn sie dann einen Teil des Tages sich im Wasser erlustigen, schadet ihnen die Kälte nicht. Jener Kalanduka aber nahm einen Schluck Milch, spülte den Mund damit aus [3] und spie die Milch wieder aus; und als er ausspie, spie er nicht ins Wasser, sondern traf dabei die Großkaufmannstochter auf den Kopf.

Der junge Papagei war auch an das Flussufer geflogen, hatte sich auf einen Zweig eines Feigenbaumes gesetzt und schaute zu. Da erkannte er Kalanduka und sah, wie dieser auf den Kopf der Großkaufmannstochter ausspie; und er rief: „Holla, du Sklave Kalanduka, erinnere dich an deine Abstammung und deinen Wohnort! Nachdem du einen Schluck Milch genommen und den Mund dir damit ausgespült hast, speie nicht auf das Haupt dieser Großkaufmannstochter von edler Abkunft, die dir fest vertraut. Denke an deinen Stand!“ Und nach diesen Worten sprach er folgende Strophe:

§1. „Denk an die Abkunft, deinen Stand;

ich bin ein Vogel nur im Wald.

Wüsst' es dein Herr, er finge dich.

Trink deine Milch, Kalanduka!“

Auch Kalanduka erkannte den jungen Papagei und aus Furcht, er könnte ihn verraten, sprach er: „Komm, Herr! Wann bist du hergekommen?“ Der Papagei aber merkte: „Dieser ruft mich nicht, um mir etwas Gutes zu tun, sondern er will mir den Hals umdrehen und mich töten.“ Und er rief: „Ich verlange nicht nach dir“, flog davon, kehrte nach Benares zurück und erzählte, was er gesehen, ausführlich dem Großkaufmann. Der Großkaufmann sprach: „Ein Unrecht hat jener getan“; und er erließ einen Befehl gegen ihn, ließ ihn nach Benares zurückführen und gab ihm wieder die Sklavenstellung [4].

 

§C. Nachdem der Meister diese Lehrunterweisung beschlossen hatte, verband er das Jataka mit folgenden Worten: „Damals war Kalanduka dieser Mönch, der Großkaufmann von Benares aber war ich.“

Ende der Erzählung von Kalanduka


[1] Dies ist das vorletzte Jataka Nr. 125.

[2] D. h. einen jungen Papagei, den er lieb hatte, als wäre er sein eigener Sohn.

[3] Er schluckte also die Milch nicht herunter, sondern spie sie wegen ihres schlechten Geschmackes sogleich wieder aus.

[4] Vgl. zu diesem Ausdruck Jataka 125 Anm. 3.


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