Anguttara Nikaya

3. Kapitel: vajji-sattaka-vagga

A.VII. 19 Bei Sarandada

(Die sieben zum Gedeihen eines Volkes führenden Dinge - I)

So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene bei Vesālī (im Kloster) am Sarandada-Kuppelmal. Da begaben sich zahlreiche Licchavier zum Erhabenen, und, bei ihm angelangt, begrüßten sie den Erhabenen ehrerbietig und setzten sich zur Seite nieder. Und der Erhabene sprach:

"Sieben Gedeihen bringende Dinge (aparihāniya dhammā, 'die nicht zum Niedergang führenden Dinge'), ihr Licchavier, will ich euch weisen. Darum höret und achtet wohl auf meine Worte." - "Ja, o Herr", erwiderten die Licchavier dem Erhabenen, und der Erhabene sprach:

"Welches sind nun, ihr Licchavier, die sieben Gedeihen bringenden Dinge?"

"Solange, ihr Licchavier, die Vajjier 

  1. sich häufig versammeln, oft zusammentreffen, ...

  2. einträchtig zusammentreffen, einträchtig auseinandergehen, ... 

  3. nichts Unvorschriftsmäßiges vorschreiben, die Vorschriften nicht verletzen und nach Vorschrift die alten Vajjiergesetze befolgen, ...

  4. die Ältesten ehren, achten, schätzen und hochhalten und es als ihre Pflicht betrachten, ihnen Gehör zu schenken, ...

  5. die Frauen und Töchter guter Familien nicht entführen und mit Gewalt bei sich behalten, ....

  6. die innerhalb und außerhalb (der Städte befindlichen Verehrungsstätten ehren, achten, schätzen und hochhalten und ihnen die ehemals gespendeten und dargebrachten Abgaben nicht vorenthalten, ...

  7. den Heiligen gerechten Schutz und Schirm angedeihen lassen und denken: 'Ach, möchten doch die noch nicht hierher gekommenen Heiligen in unser Land kommen und die bereits gekommenen Heiligen hier angenehm leben!',

solange haben die Vajjier nur Fortschritt zu erwarten, keinen Niedergang."

"Solange, ihr Licchavier, diese sieben Gedeihen bringenden Dinge bei den Vajjiern erhalten bleiben und sie ihnen gemäß leben, solange haben die Vajjier nur Fortschritt zu erwarten, keinen Niedergang."

(Dies ist die Lehrrede, die der Buddha in seinem Gespräch mit Vassakāra (im folg. Text 210) erwähnt. - Vgl. A.V.143.)


A.VII. 20 Vassakāra

(Die sieben zum Gedeihen eines Volkes führenden Dinge - II)

So habe ich gehört. Einst weilte der Erhabene bei Rājagaha auf der Geierspitze. Zu jener Zeit nun hatte der Māgadherkönig Ajātasattu, der Vedehi Sohn, die Absicht, die Vajjier anzugreifen. "Diese Vajjier", so sagte er, "diese so mächtigen, so gewaltigen, sie will ich vernichten, vertilgen, ins Verderben und Unglück stürzen." Und der Māgadherkönig Ajātasattu, der Sohn der Vedehi, wandte sich an den Brahmanen Vassakāra, den Māgadher Minister: "Gehe, o Brahmane, und begib dich zum Erhabenen! Verneige dich in meinem Namen zu des Erhabenen Füßen und erkundige dich nach Gesundheit, Munterkeit, Frische, Kraft und Wohlsein. Und dann berichte, dass der Māgadherkönig Ajātasattu die Absicht hat, die Vajjier anzugreifen. Was dir dann der Erhabene erwidert, das merke dir wohl und berichte es mir. Denn die Vollendeten sprechen nichts Unwahres."

"Gut, o Herr!" erwiderte der Brahmane Vassakāra, der Māgadher Minister, dem König und begab sich zum Erhabenen. Dort angekommen, wechselte er mit dem Erhabenen freundlichen Gruß, und nach Austausch höflicher, zuvorkommender Worte setzte er sich zur Seite nieder (und teilte dem Erhabenen seinen Auftrag mit).

Damals nun stand der ehrwürdige Ananda hinter dem Erhabenen, ihm Kühlung zufächelnd. Und der Erhabene wandte sich zum ehrwürdigen Ananda und sprach: "Hast du wohl davon gehört, Ananda, dass die Vajjier sich häufig versammeln, oft zusammentreffen?" - "Davon habe ich gehört, o Herr." - "Solange aber, Ananda, die Vajjier sich häufig versammeln, oft zusammentreffen, solange haben die Vajjier nur Fortschritt zu erwarten, keinen Niedergang.

"Hast du wohl davon gehört, Ananda, dass die Vajjier einträchtig zusammentreffen, einträchtig auseinandergehen?" - "Davon habe ich gehört, o Herr." - "Solange aber, Ananda, die Vajjier einträchtig zusammentreffen, einträchtig auseinandergehen, solange haben die Vajjier nur Fortschritt zu erwarten, keinen Niedergang."

"Hast du wohl davon gehört, Ananda, dass die Vajjier nichts unvorschriftsmäßiges vorschreiben, die Vorschriften nicht verletzen und nach Vorschrift die alten Vajjiergesetze befolgen?" - "Davon habe ich gehört, o Herr." - "Solange aber, Ananda, die Vajjier nichts unvorschriftsmäßjges vorschreiben, die Vorschriften nicht verletzen und nach Vorschrift die alten Vajjiergesetze befolgen, solange haben die Vajjier nur Fortschritt zu erwarten, keinen Niedergang."

"Hast du wohl davon gehört, Ananda, dass die Vajjier die Ältesten ehren, achten, schätzen, hochhalten und es als ihre Pflicht betrachten, ihnen Gehör zu schenken?" - "Davon habe ich gehört, o Herr." - "Solange aber, A6nanda, die Vajjier die Ältesten ehren, achten, schätzen, hochhalten und es als ihre Pflicht betrachten, ihnen Gehör zu schenken, solange haben die Vajjier nur Fortschritt zu erwarten, keinen Niedergang."

"Hast du wohl davon gehört, Ananda, dass die Vajjier die Frauen und Töchter guter Familien nicht entführen und mit Gewalt bei sich behalten?" - "Davon habe ich gehört, o Herr." - "Solange aber, Ananda, die Vajjier die Frauen und Töchter guter Familien nicht entführen und sie mit Gewalt bei sich behalten, solange haben die Vajjier nur Fortschritt zu erwarten, keinen Niedergang.

"Hast du wohl davon gehört, Ananda, dass die Vajjier die innerhalb und außerhalb der Städte befindlichen Verehrungsstätten ehren, achten, schätzen und hochhalten und ihnen die ehemals gespendeten und dargebrachten Abgaben nicht vorenthalten?" - "Davon habe ich gehört, o Herr." - "Solange aber, Ananda, die Vajjier die innerhalb und außerhalb der Städte befindlichen Verehrungsstätten ehren, achten, schätzen und hochhalten und ihnen die ehemals gespendeten und dargebrachten Abgaben nicht vorenthalten, solange haben die Vajjier nur Fortschritt zu erwarten, keinen Niedergang.

"Hast du wohl davon gehört, Ananda, dass die Vajjier den Heiligen gerechten Schutz und Schirm angedeihen lassen und denken: 'Ach, möchten doch die noch nicht hierher gekommenen Heiligen in unser Land kommen und die bereits gekommenen Heiligen hier angenehm leben!'?" - "Davon habe ich gehört, o Herr." - "Solange aber, Ananda, die Vajjier den Heiligen gerechten Schutz und Schirm angedeihen lassen und denken: 'Ach, möchten doch die noch nicht hierher gekommenen Heiligen in unser Land kommen und die bereits gekommenen Heiligen hier angenehm leben!' solange haben die Vajjier nur Fortschritt zu erwarten, keinen Niedergang."

Darauf wandte sich der Erhabene an den Brahmanen Vassakāra, den Māgadher Minister, und sprach:

"Einstmals, Brahmane, da weilte ich bei Vesāli im Kloster am Sarandada-Kuppelmal. Dort wies ich den Vajjiern diese sieben Gedeihen bringenden Dinge. Solange, Brahmane, diese sieben Gedeihen bringenden Dinge bei den Vajjiern erhalten bleiben und sie ihnen gemäß leben, solange, o Brahmane, haben die Vajjier nur Fortschritt zu erwarten, keinen Niedergang."

"Selbst wenn, Herr Gotama, bei den Vajjiern auch nur eines dieser Gedeihen bringenden Dinge anzutreffen ist, so ist bei ihnen nur Fortschritt zu erwarten, kein Niedergang; ganz zu schweigen von allen sieben Dingen. Nicht können, Herr Gotama, die Vajjier vom Māgadherkönig Ajātasattu, der Vedehi Sohn, besiegt werden, es sei denn durch trügerische Rede oder durch ihre Entzweiung. Ich muss nun gehen, Herr Gotama. Noch viel habe ich zu tun, viele Geschäfte zu erledigen."

"Wie es dir beliebt, Brahmane."

Und der Brahmane Vassakāra, der Māgadher Minister, durch des Erhabenen Rede befriedigt und erfreut, erhob sich von seinem Sitze und entfernte sich.

(Dieser Text findet sich auch zu Beginn des Mahā-Parinibbāna-Sutta (D.16), fällt also in die letzten Lebensmonate des Buddha.)


A.VII. 21 Zum Gedeihen für den Orden I

Auf der Geierspitze bei Rājagaha.

"Sieben Gedeihen bringende Dinge will ich euch weisen, ihr Mönche. So höret denn und achtet wohl auf meine Worte." - "Ja, o Herr!" erwiderten die Mönche. Und der Erhabene sprach:

"Welches sind nun, ihr Mönche, die sieben Gedeihen bringenden Dinge?

"Solange, ihr Mönche, die Mönche sich häufig versammeln, oft zusammentreffen, solange haben die Mönche nur Fortschritt zu erwarten, keinen Niedergang.

Solange, ihr Mönche, die Mönche einträchtig zusammentreffen, einträchtig auseinandergehen, solange haben die Mönche nur Fortschritt zu erwarten, keinen Niedergang.

Solange, ihr Mönche, die Mönche nichts Unvorschriftsmäßiges vorschreiben, die Vorschriften nicht verletzen und nach Vorschrift die Regeln der Zucht erfüllen, solange haben die Mönche nur Fortschritt zu erwarten, keinen Niedergang.

Solange, ihr Mönche, die Mönche die Ordensälteren, die auf viele Ordensjahre zurückblicken, vor langer Zeit in die Hauslosigkeit gezogen und Väter und Leiter der Mönchsgemeinde sind, ehren, achten, schätzen, hochhalten und es als ihre Pflicht betrachten, ihnen Gehör zu schenken, solange haben die Mönche nur Fortschritt zu erwarten, keinen Niedergang.

Solange, ihr Mönche, die Mönche nicht der Macht des aufsteigenden, Wiedergeburt erzeugenden Begehrens verfallen, solange haben die Mönche nur Fortschritt zu erwarten, keinen Niedergang.

Solange, ihr Mönche, die Mönche den Wunsch nach Waldbehausungen haben, solange haben die Mönche nur Fortschritt zu erwarten, keinen Niedergang.

Solange, ihr Mönche, die Mönche in sich, den Gedanken festhalten: 'Ach, möchten doch die noch nicht hierher gekommenen guten Ordensbrüder kommen und die bereits gekommenen hier angenehm leben!', solange haben die Mönche nur Fortschritt zu erwarten, keinen Niedergang.

Solange, ihr Mönche, diese sieben Gedeihen bringenden Dinge bei den Mönchen erhalten bleiben und die Mönche ihnen gemäß leben, solange haben die Mönche nur Fortschritt zu erwarten, keinen Niedergang."

(Die Texte 21-25 sind gleichfalls im ersten Teil des Mahā-Parinibbāna-Sutta (D.16) enthalten.)


A.VII. 22-25 Zum Gedeihen für den Orden II-V

Sieben Gedeihen bringende Dinge will ich euch weisen, ihr Mönche. Welches sind sie?

(22) Solange, ihr Mönche, die Mönche nicht hingegeben sind der Freude an körperlicher Beschäftigung, am Plaudern, am Schlafen und an Geselligkeit, darin keinen Genuss, keinen Gefallen daran finden; solange sie keine üblen Wünsche hegen und nicht der Macht übler Wünsche verfallen sind; solange sie keine schlechten Freunde, Gefährten und Genossen haben und nicht schon bei Erlangung eines ganz geringen Ergebnisses auf halbem Wege Halt machen - solange haben die Mönche nur Fortschritt zu erwarten, keinen Rückgang.

(23) Solange den Mönchen Vertrauen eignet, Schamgefühl, sittliche Scheu, großes Wissen, Willenskraft, Achtsamkeit und Weisheit -

(24) Solange die Mönche das Erleuchtungsglied der Achtsamkeit entfalten, das Erleuchtungsglied der Wirklichkeitsergründung, der Willenskraft, des Entzückens, der Ruhe, der Sammlung und des Gleichmuts -

(25) Solange die Mönche die Betrachtung der Vergänglichkeit pflegen, die Betrachtung der Unpersönlichkeit, der Unreinheit, des Elends, der Überwindung, der Entsüchtung und der Erlöschung -

solange haben die Mönche nur Fortschritt zu erwarten, keinen Niedergang.


A.VII. 26 Schädliches und Förderliches für den Mönch

Sieben Dinge, ihr Mönche, gereichen dem sich schulenden Mönche zum Schaden Welche sieben?

  1. Gefallen an körperlicher Beschäftigung, 
  2. Gefallen am Plaudern, 
  3. Gefallen an Schlafen, 
  4. Gefallen an Geselligkeit, 
  5. unbewachte Sinnentore, 
  6. Unmäßigkeit beim Mahle; 
  7. und wenn es da für die Mönchsgemeinde Ordensangelegenheiten zu erledigen gibt, so sagt sich der sich schulende Mönch nicht: 'Die alt-erfahrenen, vor langem in die Hauslosigkeit gezogenen, pflichteifrigen Ordensälteren, sie werden sich damit befassen', sondern bemüht sich selber um diese Angelegenheiten. Diese sieben Ding gereichen dem sich schulenden Mönch zum Schaden.

Sieben Dinge, ihr Mönche, gereichen dem sich, schulenden Mönch zur Förderung. Welche sieben?

  1. Kein Gefallen haben an körperlicher Beschäftigung, 
  2. am Plaudern, 
  3. am Schlafen und 
  4. an Geselligkeit, 
  5. Bewachtsein der Sinnentore, 
  6. Mäßigkeit beim Mahle; 
  7. und wenn es da für die Mönchsgemeinde Ordensangelegenheiten zu erledigen gibt, so sagt sich der sich schulende Mönch: 'Die alterfahrenen, vor langem in die Hauslosigkeit gezogenen, pflichteifrigen Ordensälteren, sie werden sich damit befassen, und so bemüht er sich nicht selber um diese Angelegenheiten. 

Diese sieben Dinge, ihr Mönche, gereichen dem sich schulenden Mönch zur Förderung.


A.VII. 27-30 Schädliches und Förderliches für den Laienjünger

Sieben Dinge, ihr Mönche, gereichen dem Laienjünger zum Schaden. Welche sieben?

  1. Er verabsäumt den Besuch bei den Mönchen; 
  2. er vernachlässigt das Anhören der Guten Lehre; 
  3. er übt sich nicht in hoher Sittlichkeit; 
  4. er hegt starkes Misstrauen gegen ältere, mittlere und jüngere Mönche; 
  5. mit hämischer Gesinnung hört er der Lehre zu, nach Fehlern suchend; 
  6. er sucht außerhalb nach den der Gaben Würdigen, 
  7. und dort wartet er zuerst auf. 

Diese sieben Dinge, ihr Mönche, gereichen dem Laienjünger zum Schaden, bedeuten sein Versagen (upāsakassa vipattiyo) und gereichen ihm zur Schande.

Sieben Dinge aber, ihr Mönche, gereichen dem Laienjünger zur Förderung. Welche sieben?

  1. Er verabsäumt nicht den Besuch bei den Mönchen; 
  2. vernachlässigt nicht das Hören der Guten Lehre; 
  3. übt sich in hoher Sittlichkeit; 
  4. hat großes Vertrauen zu den älteren, mittleren und jüngeren Mönchen; 
  5. nicht hört er mit hämischer Gesinnung der Lehre zu und sucht nicht nach Fehlern; 
  6. er sucht nicht außerhalb nach den der Gaben Würdigen, 
  7. und nicht wartet er dort zuerst auf. 

Diese sieben Dinge, ihr Mönche, gereichen dem Laienjünger zur Förderung, bedeuten seine Bewährung und gereichen ihm zur Ehre (*1).

Ein Laienjünger, der verschmäht,
die Selbstbezähmten zu besuchen,
zu hören die erhabenen Lehren,
sich nicht in hoher Sitte übt
Und gegen des Erhabenen Mönche
die Mißgunst immer wieder nährt;
wer nur in hämischer Gesinnung
Gehör der Guten Lehre schenkt
Und unter Fremden, außerhalb,
nach den der Gaben Würdigen späht
und eben dort zu allererst
die Gabenspende reichet dar:
Ein solcher Mensch, der diesen sieben
klar dargelegten Dingen folgt,
die ihm zum Untergang gereichen,
fällt von der guten Lehre ab.
Doch wer als Jünger nicht verschmäht,
die Selbstbezähmten zu besuchen,
zu hören die erhabenen Lehren,
in hoher Sittlichkeit sich übt,
Die Zuversicht zur Mönchsgemeinde
in sich stets stärker werden läßt,
und frei von hämischer Gesinnung
Gehör der Guten Lehre schenkt;
Nicht unter Fremden, außerhalb,
nach den der Gaben Würdigen späht,
nein, dieser Jüngerschaft vor allem
die allererste Gabe gibt:
Ein solcher Mensch, der diesen sieben
klar dargelegten Dingen folgt,
die ihn zum eigenen Heile führen,
fällt nimmermehr vom Guten ab.

(*1) sambhavā; hier wohl gleichbedeutend mit sambhāvā, als Gegensatz zu parābhāva (Schande) in Text 30.


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