Visuddhi Magga II

1. Die Übung des Fetzenkleidträgers (pamsukūlikanga)

 

,Das von Hausleuten gegebene Gewand verwerfe ich; die Übung des Fetzenkleidträgers nehme ich als Gelübde auf mich': in einem von diesen beiden Aussprüchen nimmt man die Übung des Fetzenkleidträgers als Gelübde auf sich. Dies ist somit das Aufsichnehmen des Gelübdes.

 

Einer, der in dieser Weise die Läuterungsübung als Gelübde auf sich genommen hat, mag den einen oder anderen von den folgenden Lappen auflesen, nämlich: einen Friedhoflappen, Ladenlappen, ein Straßentuch, Kehrichttuch, Geburtstuch, Badetuch, Strandtuch, Heimkehrtuch, einen versengten Lappen, ein von Rindern, Termiten oder Ratten angefressenes Tuch, ein Tuch mit zerrissenen Rändern oder Borten, eine weggenommene Flagge, ein Opferhügeltuch, Mönchsgewand, Krönungstuch, magisch gezeugtes Gewand, das Tuch eines Wanderers, ein vom Wind fortgeblasenes Tuch, ein von Himmelswesen geschenktes Gewand, einen Meerlappen. Denselben hat er dann zu zerreißen, die mürben Stellen desselben zu entfernen und die festen Stücke zu waschen. Darauf hat er sich das Gewand anzufertigen und, das alte von Hausleuten gegebene Gewand ablegend, sich dessen zu bedienen.

 

 

Dieses nun sind hierbei die Ausübungsvorschriften.

 

 

Folgendes aber ist die Einteilung. Dreierlei Fetzenkleidträger gibt es: den hervorragenden, den mittelmäßigen und den schlaffen. Darunter gilt als der hervorragende, wer bloß einen Friedhoflappen (und ähnliche Lappen) aufliest. Wer ein Gewand aufliest, das man hingelegt hat (in der Erwartung), daß ein Mönch (Hausloser) es auflesen würde: ein solcher gilt als mittelmäßig; und wer ein Gewand nimmt, das man ihm gibt, indem man es ihm zu Füßen legt: der gilt als der schlaffe.

 

Sobald aber einer von diesen ein von Hausleuten gegebenes Gewand zu eigener Freude und Befriedigung annimmt, in diesem Augenblick gilt die Läuterungsübung als übertreten. Dies also gilt als die Übertretung.

 

Folgendes aber sind die Segnungen, nämlich: die Tatsache, daß man einen den Grundlagen (nissaya) angemessenen Wandel führt, gemäß den Ausspruch (Mahāvagga): 'Das Mönchsleben stützt sich auf das Fetzenkleid; ferner: Festigung im ersten 'edlen Brauche'; Freisein von der Sorge des Überwachens; ein von anderen unabhängiges Leben; Freisein von Furcht vor Dieben; Freisein von Genußsucht; Besitz eines den Mönchen angemessenen Bedarfsgegenstandes; Besitz eines von den Bedarfsgegenständen, die vom Erhabenen als gering, leicht erlangbar und untadelig gepriesen wurden; die Tatsache, daß man dadurch Vertrauen erweckt; das Reifen der Früchte der Bedürfnislosigkeit usw.; Pflege des rechten Wandels; Befolgung des Beispiels durch die Nachfolger.

 

Gleichwie, gerüstet mit dem Panzer,
Im Kampf der Ritter hell erstrahlt,
So strahlt der Fetzenträgermönch
Im Kampfe gegen Mahrens Heer.

 

Wer trüg' nicht gern solch Fetzenkleid,
Wie es der Weltenmeister trug,
Und wies' nicht Kasikleider (*35) ab,
Und anderen Gewänderprunk!
 
So möge denn der Bettelmönch,
Ans eigene Versprechen denkend (*36),
Am Fetzenkleide Freude finden,
Das zu dem Kampfasketen paßt,
 

 

Bis hierher nun geht hinsichtlich der Übung des Fetzenkleidträgers die Beschreibung des Aufsichnehmens als Gelübde, der Ausübungsvorschriften, Einteilung, Übertretung und Segnungen. 


(*22) Die durch solche verdienstvolle Gabe sich eine günstige Wiedergeburt sichern wollen.

(*23) Der sinh. Name (Parākr.) für Tāla-velī. Nach einigen befindet sich diese Straße in Anurādhapura, nach anderen in Mahāgāma, der alten Königsstadt bei Tissa-Mahârāma nahe der südöstlichen Meeresküste Ceylons.  

Als 'Badetuch' gilt das Tuch, das die Leute, nachdem sie vom Teufelsaustreiber (bhūta-vejja, sinh. yaka-dura) bis zum Kopfe gewaschen wurden, beim Fortgehen als unglückbringend weggeworfen haben.

(*26) Die von den Termiten im Stich gelassenen Lehmhügel bilden einen beliebten Unterschlupf für Schlangen, besonders die Brillenschlangen, die in Indien eine besondere Verehrung genießen.

(Nach buddhistischem Volksglauben wurde jedem Mönche, der in dieser, in der allerersten Zeit üblichen Weise von dem Buddha als Mönch aufgenommen wurde (,ehi-bhikkhu'-upasampadā), dieses magisch gezeugte Gewand zuteil (vgl. Kom. zu Therag. 242). Dharm. aber sagt, es sei hier gemeint ein durch die Lüfte heranschwebendes Gewand, das sich dem verdienstvollen (krtâdhi-kāra-ati) Mönch bei Erreichung der Arahatschaft umlegte.)

 (*35) Kāsi, d.i. Benares, war berühmt wegen seiner außerordentlich feinen Musselinstoffe.

 (*36) d.i. an sein bei der Mönchsweihe (upasampadā) gemachtes Versprechen, daß er das aus aufgelesenen Lappen angefertigte Fetzenkleid als Grundlage (nissaya) zu seiner Bekleidung machen wolle usw.


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