Vipassanā Meditation

Zehnter Morgen - Unterweisung: Bewußtsein

 

 

Eine der Grundlagen der Achtsamkeit ist Bewußtsein, die Fähigkeit zu wissen. Ein Weg, die Achtsamkeit auf das Wissen zu entwickeln ist, das Bewußtsein selbst als Meditationsobjekt zu nehmen. Bei jeder Bewegung des Körpers können Sie beginnen, die Fähigkeit des Wissens wahrzunehmen, da die physischen Objekte sehr deutlich sind. Entspannen Sie den Geist und versuchen Sie, die Fähigkeit des Wissens aufzuspüren, die zur selben Zeit aufsteigt wie die Bewegung. Es ist wichtig, daran zu erinnern, daß Wissen und Objekt zusammen aufsteigen. Sie können das Bewußtsein nicht vom Objekt trennen. Aber es ist möglich, die beiden Vorgänge zu unterscheiden, zu sehen, daß das Fließen der Objekte ein Vorgang ist und der Fluß des Bewußtseins ein anderer. Sie geschehen zusammen, haben aber zwei verschiedene Funktionen. Die Funktion des Bewußtseins ist zu wissen. Zum Beispiel, wenn wir gehen, weiß das Bein oder der Fuß nichts darüber. Es sind lediglich die materiellen Elemente, die ablaufen, Schwere oder Leichtigkeit, die das Erdelement sind, oder Bewegung, das Luftelement. Das Wissen um diese Elemente liegt im Geist oder Bewußtsein Die Bewegung ist da und das Wissen. Gleichzeitig mit der Bewegung steigt das Wissen darüber auf. Versuchen Sie nicht, daß Bewußtsein festzulegen, es genau zu definieren oder es einzuschränken. Es ist ein sehr subtiles, körperloses Objekt. Aber mit einem entspannten Geist können wir bereits den Ablauf des Bewußtseins aufspüren. Da es ein sehr subtiles Objekt ist, wird es den Geist zwingen, sehr aufmerksam zu sein. Klare Erfahrungen sind unmöglich, wenn der Geist nachlässig oder träge ist. Manchmal, wenn Sie sitzen, sollten Sie vielleicht die Aufmerksamkeit auf das Wissen lenken. Die Atmung, die wir als Ein-Aus oder Heben-Senken erfahren, ist lediglich ein materieller Vorgang. Das Wissen darum ist der Geist, das Bewußtsein. Wenn Sie still und gesammelt sind, dann richten Sie Ihre Achtsamkeit auf das "Wissen". Versuchen Sie nicht, es zu finden oder irgendwo im Körper ausfindig zu machen. Seien Sie sich auf entspannte Art des Wissensvorganges bewußt.

 

Eines der Erleuchtungsglieder ist das Ergründen des Dharma, womit die forschende Fähigkeit des Geistes gemeint ist, die untersucht und ergründet, wie die geistigen und körperlichen Elemente wirken. Zögern Sie nicht, den Geist zum Ergründen zu benutzen. Aber nicht mit Worten, nicht mit Gedanken und nicht mit Vorstellungen. Versuchen Sie ein Gespür, ein Gefühl für den Ablauf des Bewußtseins, der in Zusammenhang mit dem Objekt geschieht, zu bekommen. Diese Erfahrung befreit von dem Identifizieren mit dem Beobachter. Einsicht kommt durch die Erkenntnis, daß gesehen wird ohne einen Sehenden, wahrgenommen wird ohne einen Wahrnehmenden.


Zehnter Abend - Krieger

 

In den Büchern von Carlos Castaneda spricht Don Juan von der Notwendigkeit, daß weise Männer oder Frauen wie Krieger leben sollten. Die Vorstellung, ein Krieger zu sein, findet große Resonanz in der Meditationserfahrung. Ein Krieger nimmt alles im Leben als Herausforderung, er reagiert genau auf alles Geschehen, ohne Klage oder Bedauern. Was für die Menschen meist von großer Wichtigkeit ist, ist Bestätigung oder Gewißheit durch andere; was einem Krieger am meisten am Herzen liegt, ist die Unfehlbarkeit in seinen eigenen Augen. Unfehlbarkeit bedeutet, mit Sorgfalt und völliger Achtsamkeit zu leben. Was wir gerade tun, um uns selbst begreifen zu können, ist die edelste Tat, die getan werden kann. Es ist das Auslöschen von Gier, Haß und Nichtwissen im Geiste; und das Verstärken von Weisheit und liebendem Mitgefühl in uns selbst. Es ist schwierig und rar und bedarf großer Unfehlbarkeit. Dies bedeutet nicht notwendigerweise, daß wir in die mexikanische Wüste oder in eine Höhle im Himalaya gehen müssen. Es bedeutet vielmehr, daß wir die Eigenschaften des Geistes entwickeln müssen, die Ganzheit und Wachsamkeit in jedem Augenblick bewirken.

 

Das Buch Siddhartha von Hermann Hesse beschreibt sehr schön die Erscheinung eines Kriegers in einem ganz anderen Zusammenhang als dem von Carlos und Don Juan. Siddhartha sagte, daß seine Schulung ihm drei Kräfte gegeben habe: er könne denken, er könne warten und er könne fasten. Drei Geisteseigenschaften, drei Merkmale eines Kriegers. Die Fähigkeit zu denken bedeutet in diesem Zusammenhang; nicht unsicher oder verwirrt zu sein in bezug auf das Geschehen. Klarheit hinsichtlich des Körpers - sich der Haltungen bewußt zu sein, des Atems, des Wechselspieles der physischen Elemente und abmessen können, wieviel Essen und Schlaf wirklich notwendig sind. All die verschiedenen Arten von Körperenergien ins Gleichgewicht bringen. Klarheit in bezug auf den Geist-Empfindungen, Gedanken und die verschiedenen Geisteszustände. Nicht gefangen werden im Strudel des Geistes, im Fluß der Phänomene klar und ausgeglichen bleiben.

 

Ein anderer Aspekt der Denkkraft Siddharthas ist Mut: sich nicht den Weg durch vorgefaßte Meinungen über die Dinge blockieren zu lassen. Mutig und offen genug zu sein, um verschiedene Möglichkeiten zu akzeptieren. Siddharta glaubte nicht blindlings. Er glaubte weder seinen Freunden noch seinen Eltern, nicht einmal dem Buddha. Er wollte selbst die Wahrheit finden, und der Mut dazu eröffnete ihm ein weites Feld der Erfahrung; er blieb drei Jahre in einem Wald und praktizierte das asketische Leben; er erlebte eine wunderschöne Liebe mit Kamala, der Kurtisane; und er wurde hineingezogen in die Welt der Geschäfte und des Handels. Er war offen und mutig genug, alle Konsequenzen zu erfahren und anzunehmen, und wurde nicht mutlos durch engstirnige Gedankengänge. Die Kraft des Denkens ist die Kraft der Klarheit und des Mutes - experimentieren, untersuchen und das Geschehen prüfen.

 

In der Meditation wird der Mut eines Kriegers sowohl verlangt als auch entwickelt. Sie brauchen Mut, wenn Sie beim Sitzen Schmerzen haben und ihnen nicht ausweichen und sie nicht unterdrücken; wenn Sie nur sitzen und sich ihnen ganz stellen und die Angst überwinden. Sie brauchen Mut zum Sondieren, und dabei entdecken Sie die tiefsten Elemente von Geist und Körper. Zuerst kann es beunruhigend sein, da viele unserer geliebten Gewohnheiten über den Haufen geworfen werden. Eine Menge Mut ist nötig, um alles loszulassen und den Fluß der Vergänglichkeit zu erfahren. Sie brauchen Mut, um sich dieser grundlegenden und inhärenten Unsicherheit des geistig-körperlichen Vorgangs zu stellen. Die Tatsache zu akzeptieren, daß das, was wir sind, sich ständig, in jedem Augenblick, auflöst und dahinschwindet; daß es überhaupt keinen festen Standort gibt. Sie brauchen Mut, um zu sterben; um den Tod der Vorstellung vom Selbst zu erfahren. Es bedarf des Mutes und der Furchtlosigkeit eines unfehlbaren Kriegers, um diesen Tod zu erfahren während wir leben. Siddharta konnte denken und warten und fasten.

 

Warten bedeutet Geduld und Schweigen. Es bedeutet, sich nicht durch Begehren zum Handeln treiben zu lassen. Wenn wir nicht die Fähigkeit zu warten besitzen, wird jedes Verlangen, das im Geiste aufsteigt, uns zum Handeln zwingen, und wir bleiben an das Rad des Begehrens gefesselt. Manchmal wird Warten als Untätigkeit mißverstanden, als Nichtstun. Das ist es überhaupt nicht. Tschuang-Tse schrieb:

 

Das Nicht-Handeln des weisen Mannes ist nicht Nichtstun. Es ist nicht einstudiert. Es wird durch nichts erschüttert. Der Weise ist still, weil ihn nichts berührt, nicht weil er sich zwingt, still zu sein. Stilles Wasser ist wie Glas ... es ist eine vollkommene Fläche. Wenn Wasser schon so klar ist, so ebenmäßig, wieviel mehr der Geist des Menschen. Das Herz des weisen Mannes ist ruhig, es ist ein Spiegel für Himmel und Erde, ein Spiegel für alles. Leere, Stille, Ruhe ... Schweigen, Nicht-Handeln - dies ist die Ebene von Himmel und Erde. Dies ist vollendetes Tao. Weise Männer finden hier ihren Ruheplatz. In der Ruhe sind sie leer.

Warten bedeutet Stille des Geistes bei jedweder Aktivität. Wenn wir ständig damit beschäftigt sind, dem Dharma weiterzuhelfen, hindert dies uns daran, klar zu sehen, die Kraft und das Verständnis aufzunehmen, die aus der Stille kommen, und den inneren Dialog zu beenden. Denn solange der innere Dialog weitergeht, so lange bleiben wir in dem Gefängnis der Worte, die uns daran hindern, in einer offenen und spontanen Art und Weise auf die Welt zu reagieren - eine Welt, die völlig anders ist, als wir sie uns durch unsere vorgefaßten Ideen vorstellen. Den inneren Dialog beenden ist die Fähigkeit, zu warten und zu lauschen.

 

Es war das Lauschen auf die Stimme seines Herzens, das Siddhartha von seinem Vater zur Askese führte und dann aus dem Wald in ein weltliches Leben der Geschäfte und Liebe. Aber langsam wurde diese Kraft des Horchens getrübt durch die Hingabe an Sinnenlust. Er wurde so in das Begehren hineingezogen, daß er nicht mehr lauschen konnte. Voller Verzweiflung schleppte er sich an das Ufer eines Flusses und wollte sich gerade ertränken, als er aus dem Fluß, aus seinem Herzen, die Silbe "Aum" hörte. Dort am Flußufer blieb er viele Jahre und lernte wieder das Horchen und Warten.

 

Siddharta lauschte. Er war nun ganz Lauscher, ganz ins Zuhören vertieft, ganz leer, ganz einsaugend, er fühlte, daß er nun das Lauschen zu Ende gelernt habe. Oft schon hatte er all dies gehört, diese vielen Stimmen im Fluß, heute klang es neu. Schon konnte er die vielen Stimmen nicht mehr unterscheiden, nicht frohe von weinenden, nicht kindliche von männlichen, sie gehörten alle zusammen, Klage der Sehnsucht und Lachen des Wissenden, Schrei des Zorns und Stöhnen der Sterbenden, alles war eins, alles war ineinander verwoben und verknüpft, tausendfach verschlungen. Und alles zusammen, alle Stimmen, alle Ziele, alles Sehnen, alle Leiden. alle Lust, alles zusammen war der Fluß des Geschehens, war die Musik des Lebens. Und wenn Siddhartha aufmerksam diesem Fluß, diesem tausendstimmigen Liede lauschte, wenn er nicht auf das Leid noch auf das Lachen hörte, wenn er seine Seele nicht an irgendeine Stimme band und mit seinem Ich in sie einging, sondern alle hörte, das Ganze, die Einheit vernahm, dann bestand das große Lied der tausend Stimmen aus einem einzigen Wort - Vollendung.

Die dritte Kraft des Siddhartha war Fasten. Fasten heißt aufgeben, Abkehr, hingeben. Es bedeutet Energie und Bemühung und Kraft. Durch das Aufgeben entsteht Kraft und eine Leichtigkeit des Geistes. Oft glauben die Menschen, etwas aufzugeben oder zu fasten sei eine Bürde und eine Leidensquelle, sie erkennen nicht die Freude und Einfachheit des Unbelastetseins von unnötigen Besitztümern und unaufhörlichem Verlangen. Es bedarf nicht übermenschlicher Anstrengung, um aufzugeben; nur Energie, um Trägheit und alte Gewohnheiten zu überwinden. Durch diese Bemühung erfahren wir die Weite und Leichtigkeit des Geistes, die beim Loslassen vom Anhaften entsteht.

 

Fasten bedeutet Einfachheit. Eine der Freuden des Studiums in Indien war, obwohl es viele Schwierigkeiten in bezug auf Gesundheit und Nahrung und Unterkunft gab, die grundlegende Einfachheit des Lebens. Es war nicht belastet durch die vielen Dinge, die uns im Westen behindern. Durchreisende wunderten sich, daß wir auf so viele Dinge "verzichten'' konnten - Elektrizität und heißes, fließendes Wasser: sie verstanden nicht die Leichtigkeit dieses einfachen Lebens. Durch die Einfachheit des Lebens, durch das Aufgeben, vieles haben oder besitzen zu müssen, kommt Zufriedenheit und Frieden.

 

Fasten, Entsagung. Wir können in unserem Leben durch Freigebigkeit mit diesem Loslassen experimentieren, indem wir uns in grundlegender, sittlicher Zurückhaltung festigen und üben, die Dinge aufzugeben, die uns fesseln. Aufgeben können Sie auf allen Ebenen, nicht nur in unseren Beziehungen zu materiellen Objekten oder Menschen. Es gibt den taoistischen Begriff "Fasten des Herzens", der die Vollkommenheit inneren Aufgebens beschreibt. Tschuang-Tse schrieb:

 

Das Ziel des Fastens ist die innere Einheit. Das bedeutet hören aber nicht mit dem Ohr. Hören aber nicht mit dem Verstand vielmehr hören mit dem Geist, mit deinem ganzen Wesen. Hören mit den Ohren ist eines, hören mit dem Verstand ein anderes. Das Hören mit dem Geist dagegen ist nicht an eine bestimmte Fähigkeit gebunden, etwa an das Ohr oder an den Verstand. Deshalb verlangt das Hören mit dem Geist, daß wir alle anderen Fähigkeiten beiseite schieben. Wenn dies geschehen ist dann hören wir mit unserem ganzen Wesen, dann wissen wir, genau was richtig ist. Das Ohr und der Verstand können es uns nicht sagen. Wenn du aber mit dem Herzen fastest, dann verbannst du alle anderen Fähigkeiten weit von dir und du kennst keine Beschränkungen und keine Sorge mehr. Das Fasten des Herzens bewirkt Einheit und Freiheit.

Siddhartha konnte denken. Er konnte warten. Er konnte fasten. Dies sind die Eigenschaften des Kriegers, die entwickelt werden, wenn wir uns bemühen, uns vollkommen zu verstehen. Wenn Sie sitzen, wenn Sie gehen, wenn Sie den ganzen Tag über untadellos achtsam sind, dann werden diese Eigenschaften erweckt.

 

 

Don Juan spricht von persönlicher Macht. Wie verhält sich dies zur Übung?

Geisteskraft ist Macht. Nicht die Kraft, die zum Manipulieren benutzt wird, sondern die Kraft der durchdringenden Einsicht, die Kraft zu verstehen. Don Juan sagte, daß, sogar wenn einem die tiefsten Geheimnisse des Universums mitgeteilt würden, sie nur leere Worte wären, solange nicht genügend eigene Kraft vorhanden sei. Diese Macht bedeutet Kraft, Besonnenheit und die Fähigkeit, tief in das So-Sein der Dinge einzudringen. Sie entwickelt sich im Verlaufe der zunehmenden Sammlung des Geistes. Aus durchdringender Kraft kommt Einsicht; bei der Geisteskraft genügt ein einziges Wort, um neue Ebenen des Verständnisses zu öffnen. Während eines Meditationskurses ist es das ständige Üben, das diese Art der persönlichen Macht entwickelt.

 

 

Gibt es sichere Zeichen auf dem Wege, um Intuition und Einsicht von Einbildung unterscheiden zu können?

Intuition kommt aus dem stillen Geist; Einbildungen sind Vorstellungen. Das ist der große Unterschied. Das ist auch der Grund, warum die Entwicklung der Einsicht nicht aus dem Nachdenken über Dinge entsteht, sie kommt durch die Entwicklung der Geistesstille, in welcher ein klares Schauen, ein klares Sehen möglich ist. Der ganze Vorgang der Einsicht, die ganze Entwicklung des Verständnisses kommt zu Zeiten der Geistesstille. Dann ein plötzliches: "Aha, so ist es!" In den Zen-Lehren des Huang Po wird über die Einsicht als ein plötzliches, wortloses Verstehen gesprochen. Diese Art der Intuition ist von einer Gewißheit erfüllt, da sie nicht das Ergebnis eines Denkvorgangs oder einer Vorstellung ist, sondern vielmehr ein plötzliches, klares Erkennen des So-Seins der Dinge.

 

 

Während der Übung, wie verhält sich da das Benutzen des Geistes zum Prüfen und Erforschen zu allgemeiner Bewußtheit?

Bei manchen Arten der Einsichtsentwicklung wird eine gerichtete Bewußtheit benutzt. Wir können die Aufmerksamkeit auf diverse Aspekte des Vorgangs richten, etwa auf Körperhaltungen, Körperempfindungen oder Gedanken, als ein Weg, um ein bestimmtes Gebiet zu erforschen. Aber auch eine gerichtete Bewußtheit ist, sowie sie auf einem Gebiet ausgebildet ist, wirklich allgemeiner Art. Man entspannt sich und betrachtet, was geschieht, ohne zu werten, ohne Anhaften und Verurteilen. Manche sind sehr zaghaft beim Üben, sie suchen ständig nach Anweisungen, sie haben Angst, einen Fehler zu machen. Einsicht kommt durch Achtsamkeit, und entweder sind wir uns bewußt, was geschieht, oder nicht. Es ist unmöglich, auf falsche Art und Weise achtsam zu sein. Trainieren Sie den Geist, üben Sie Ihre Fähigkeit des Erforschens. Seien Sie äußerst achtsam darauf, wie Gedanken aus dem Nichts aufsteigen und in das Nichts verschwinden. Oder untersuchen Sie einen Schmerz, gehen Sie in ihn hinein. Trainieren Sie den Geist frei von Angst und in stiller Bewußtheit, denken Sie dabei nicht an Dinge. Der Geist kann sehr geschmeidig werden. Wenn Sie töpfern, wird der Ton durch das Bearbeiten weich und formbar. Wenn Bewußtheit und Sammlung entwickelt sind, besitzt der Geist auch diese Gestaltbarkeit und Flexibilität. Erforschen Sie alle Aspekte des geistig-körperlichen Vorgangs. Als ich in Indien war, wohnte ich im zweiten Stock eines Ashrams. Ich ging viele Male am Tag die Stufen hinauf und hinunter, jedesmal erforschte ich den Vorgang des Treppensteigens, wie sich die Kniee beugten, wie das Gewicht sich verlagerte. Es ist ein interessanter Vorgang. Bei allem, was Sie tun, sollte diese Art von Interesse vorhanden sein. Betrachten und erforschen Sie, wie die Dinge geschehen. Und dann wieder sitzen Sie bloß und tun nichts, üben die allgemeine Bewußtheit und betrachten die natürliche Entfaltung.

 

 

Wie fing dieser ganze Vorgang des Geistigen und Körperlichen an?

Es gibt eine Geschichte über einen Mann, der von einem giftigen Pfeil getroffen worden war. Seine Freunde kamen mit einem Arzt und wollten den Pfeil entfernen und die Wunde behandeln. Aber der Mann sagte: "Nein, ihr könnt ihn nicht herausnehmen, ich muß erst wissen, wer den Pfeil abschoß und woher er kam und aus welcher Baumart der Schaft des Pfeiles geschnitzt worden ist und von welchem Vogel die Pfeilfedern stammen." Ganz sicher würde dieser Mann sterben, bevor all seine Fragen beantwortet wären. Auch der Buddha sagte, daß eine Menge philosophischer Spekulationen über den Ursprung der Welt, den Ursprung des Universums, darüber, wie alles begann dem Manne gleiche, der von dem giftigen Pfeil getroffen worden war. Wir befinden uns in einer bestimmten Schwierigkeit; es ist die Schwierigkeit, ein Geist-Körper zu sein, der oft voller Ärger und Gier, Unwissenheit und Schmerz ist. Unsere Aufgabe ist es, den Pfeil zu entfernen, den Geist von diesen Eigenschaften zu reinigen und uns vom Leiden zu befreien. Die wichtigsten Fragen sind die, die sich auf das was wir im Moment erfahren, beziehen.

 

 

Warum steigt Gier auf?

Wenn wir etwas Angenehmes sehen, wollen wir es ergreifen, weil wir die Vergänglichkeit von allen Dingen nicht verstehen. Sobald wir achtsam werden, auf das achten, was geschieht, und sehen, wie alles aufsteigt und vergeht, werden Anhaften und Gier schwächer. Es gibt nichts, an das wir uns halten können. Es sind alles nur Seifenblasen. Durch die Erfahrung der Vergänglichkeit, das Auflösen aller kompakten Dinge entsteht das Loslassen, erreichen Sie den Zustand des Nicht-Haftens. Dies alles entsteht durch ständige Bewußtheit und Unfehlbarkeit.

 

Es ist anregend, ein Kämpfer zu werden. Es gibt niemanden, der es für uns tun kann. Jeder muß es für sich selber tun. Seien Sie in jedem Augenblick bewußt, achten Sie ganz und ausschließlich auf das, was geschieht. Es gibt nichts Mystisches dabei, es ist sehr einfach und direkt und geradeaus; aber es muß getan werden. Und das ist Meditation.


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